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Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in Syrien

Entwicklung, Rechtsgrundlagen, Institutionen und Praxis - im Vergleich zu Deutschland

Elsaleh, Abdelrahman

Syrien ist ein Land, das viele politische und wirtschaftliche Veränderungen (insb. in der künftigen Wiederaufbauphase) erlebt. Relevant sind sicherlich zahlreiche Umweltfragen und -herausforderungen. Somit sind Prüfungen verfügbarer Umweltvorsorge- bzw. Umweltschutzinstrumente und deren Effektivität von größter Bedeutung. Die UVP wurde in Syrien in der ersten Hälfte der 90er-Jahre eingeführt, danach jedoch sehr langsam entwickelt, so dass sie z.B. erst seit 2008 mit den UVP-Ausführungsbestimmungen verbunden ist. Außerdem sind Literatur und wissenschaftliche Beiträge über die UVP in Syrien leider sehr begrenzt und decken nicht alle Themen und Aspekte ab. Die vorliegende Arbeit beleuchtet eingehend den derzeitigen rechtlichen und institutionellen sowie praktischen Zustand der UVP in Syrien im Vergleich zu Deutschland. Dafür wurde auf die relevante Literatur zurückgegriffen und Kontakt mit zuständigen Behörden aufgenommen. Weiterhin wurden die erhaltenen UVP-Fallstudien für verschiedene Vorhabenstypen (insb. für Zementanlagen) deskriptiv vergleichend analysiert und bewertet. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass das UVP-System in Syrien theoretisch eine befriedigende bzw. gute Effektivität besitzt, da es einen Großteil der vierzehn von Wood 2003 entwickelten Bewertungskriterien erfüllt. Trotzdem gibt es viele Schwachpunkte und Lücken im syrischen UVP-Recht (z.B. sind einige Schutzgüter und Begriffsbestimmungen fehlend; es gibt keine Vorschriften über Behördenbeteiligung und über grenzüberschreitende UVP sowie keine zusätzlichen Rechtsgrundlagen der UVP, wie Standards für menschliche Gesundheit und Landschaft sowie Gesetzgebungen zum Bodenschutz). Aus institutioneller Sicht leiden das Umweltministerium und die vierzehn Umweltdirektionen in den Provinzen als die zuständigen Behörden für die UVP in Syrien unter vielen fachlichen und organisatorischen Problemen (z.B. Personal- und Fachkräftemangel, Mangel an Umweltinformationen, fehlende Zusammenarbeit, Mangel an UVP-Integration in bestehender Entscheidungsfindung, begrenzte Anzahl von nichtfachspezifischen Umweltverbänden, sehr junge akademische Ausbildung im Bereich der UVP, Mangel an UVP-Experten, unzureichende Umweltberatungsunternehmen). Es ist zudem statistisch belegt, dass die Schwerpunkte der UVP in Syrien sowohl im Bereich von Baustoffvorhaben (einschl. Zementanlagen) als auch in den Kategorien der Nahrungs-, Genuss- und Futtermittel sowie der landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu finden sind. Andererseits ist die Qualität einer UVS sowie eines gesamten UVP-Verfahren in Syrien nicht gut und fast nur als ausreichend anzusehen, da jeweils nur teilweise die fachlichen Anforderungen der guten Praxis anhand eines aus internationaler Literatur abgeleiteten Kriterien-Sets erfüllt sind. Der UVS in Syrien fehlen u.a. häufig detaillierte Angaben über Flora, Fauna und biologische Vielfalt sowie über die sozio-kulturelle Umwelt; weiterhin die quantitative Beschreibung einiger Schutzgüter (z.B. Luft und Böden) sowie der Umweltauswirkungen wegen nicht vorhandener benötigter Geräte und Methoden; die Berechnung von kumulativen Auswirkungen; die Prüfung von Alternativen; die Berücksichtigung weiterer Schutzgüter (z.B. Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern, Biotoptypen und Lebensräume); die Beschreibung der verwendeten Methoden zur Auswirkungsprognose und deren Auswahlgründe. So legt die vorliegende Arbeit ausführlich das Vollzugsdefizit der UVP in Syrien und seine Bestandteile (das Rechtsdefizit, das Institutionalisierung- und Professionalisierungsdefizit sowie das Praxisdefizit) fest. Sie stellt anschließend zahlreiche Empfehlungen und Maßnahmen zur Reform jedes o.g. Defizites und für jeden UVP-Schritt vom Screening bis zum Monitoring dar (z.B. Durchführung notwendiger UVP-rechtlicher Änderungen und Fort- bzw. Weiterbildungen, Errichtung eines UVP-Dokumentenzentrums und vierzehn Webseiten der Umweltdirektionen, Gründung einer nationalen UVP-Gesellschaft, Entwicklung von Checklisten zur Prüfung und Kontrolle der Qualität der UVP-Unterlagen (insb. für den Scoping-Bericht und die UVS), Verlängerung des Zeitraums der Öffentlichkeitsbeteiligung, Bedarf an Transparenz durch Veröffentlichung aller Entscheidungen und Ergebnisse des durchzuführenden Monitorings, Erklärung der Rechtsbehelfsbelehrung). Schließlich bleibt die Frage, ob Syrien in Zukunft einen tatsächlichen politischen Willen zum einen zur Optimierung der UVP und zum anderen zur Einführung anderer Umweltprüfungen (z.B. die strategische Umweltprüfung) besitzt oder nicht. Sicherlich ist es jedoch „besser spät als nie“.
Syria is a country that is experiencing many political and economic changes (especially in the future reconstruction phase). Of course, many environmental issues and challenges are relevant. Thus, testing of available environmental precaution or environmental protection instruments and their effectiveness are of utmost importance. The EIA was introduced in Syria in the first half of the 1990s, but then developed very slowly, so that it could be used, for example, only since 2008 has been linked to the EIA Implementation Regulations. In addition, literature and scientific articles on the EIA in Syria are unfortunately very limited and do not cover all topics and aspects. The present work examines the current legal, institutional and practical status of the EIA in Syria compared to Germany. For this purpose, the relevant literature was used and contact was made with competent authorities. Furthermore, the obtained EIA case studies were descriptively analyzed and evaluated for different types of projects (especially for cement plants). The results of the present work show that the EIA system in Syria has theoretically a satisfactory or good efficiency, because it fulfills a large part of the fourteen evaluation criteria developed by Wood 2003. Nevertheless, there are many weaknesses and gaps in the Syrian EIA legislation (e.g. some protective goods and definitions are missing, there are no rules on involvement of authorities and crossborder EIA, no additional legal bases of the EIA, such as standards for human health and the landscape and legislation for soil protection). From an institutional point of view, the Ministry of the Environment and the fourteen environmental directorates in the provinces, as the competent authorities for the EIA in Syria, suffer from many technical and organizational problems (e.g. staff and skills shortages, lack of environmental information, lack of cooperation, lack of EIA integration in existing decision-making, limited number of non-specialized environmental organizations, very young academic training in the field of EIA, lack of EIA experts, inadequate environmental consulting firms). It is also statistically proven that the focuses of the EIA in Syria are to be found both in the field of building materials projects (including cement plants), as well as in the categories of foodstuffs, food and feed and agricultural products. On the other hand, the quality of an EIS as well as an entire EIA procedure in Syria is not good and can only be regarded as sufficient, because the technical requirements of the good practice are only partially fulfilled by means of a set of criteria derived from international literature. The EIS in Syria lacks among other things often detailed information on flora, fauna and biodiversity as well as on the socio-cultural environment; the quantitative description of some protective goods (e.g. air and soils) and the environmental impacts by reason of non-existent needed equipment and methods; the calculation of cumulative effects; the testing of alternatives; the consideration of further protective goods (e.g. interactions between the protective goods, biotope types and habitats); the description of the methods used for impact forecasting and their selection reasons. Thus the present work sets out in detail the implementation deficit of the EIA in Syria and its components (the legal deficit, the institutionalization and professionalization deficit as well as the practical deficit). It then presents numerous recommendations and measures for the reform of each of the abovementioned deficits and for each EIA step from screening to monitoring (e.g. implementation of necessary EIA amendments and further training, establishment of an EIA document center and fourteen websites of the Environmental Directorates, establishment of a national EIA society, development of checklists to review and control the quality of the EIA documents (in particular for the scoping report and the EIS), prolonging the period of public participation, need for transparency by publishing all decisions and results of the monitoring to be carried out, explanation of the right of appeal). Finally, the question remains as to whether or not Syria will in the future have an actual political will on the one hand to optimize the EIA and on the other hand to introduce other environmental assessments (e.g. Strategic Environmental Assessment). Certainly, however, it is "better late than never".