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Untersuchungen zum Löseverhalten und zur Spinnbarkeit von Lignocellulosen in unterschiedlichen Lösungsmittelsystemen

Protz, Robert

Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen die Verarbeitung von nativen Mehrkomponentensystemen zu Regeneratfasern und der Einfluss der Einzelkomponenten auf deren Verarbeitungs-Struktur-Eigenschafts-Beziehung. Verglichen wurden die Lignocellulosen Buche, Pappel und Weizenstroh sowie Modellsysteme bestehend aus physikalischen Mischungen von Kraftlignin und einem Chemiezellstoff. Über Löslichkeitsuntersuchungen von Kraftlignin mit den Direktlösungsmitteln NMMO, EmimAc bzw. BmimChc wurden Ligninlösefenster in Abhängigkeit des Wassergehaltes erarbeitet, die das stark unterschiedliche Ligninlösevermögen der Lösungsmittel unterstreichen und eine Erklärungsgrundlage für die Delignifizierung der Regeneratfasern während des Regenerationsprozesses liefern. Ternäre Phasendiagramme von Modellsystemen auf Basis der genannten Lösungsmittel wurden erstellt. Abhängig vom Gesamtfeststoffanteil ergab sich ein bestimmtes Verhältnis von Cellulose und Lignin bei dem eine Phasenseparation einsetzte. Innerhalb dieses Mischungsfensters wurden Lösungen mit einem konstanten Gesamtfestoffanteil von 15 % hergestellt und das Cellulose-Lignin-Verhältnis über einen weiten Bereich variiert. Die erhaltenen Lösungen wurden hauptsächlich rheologisch charakterisiert, wobei erhaltene Kennwerte wie die Nullscherviskosität oder Speichermoduli über einen weiten Bereich variierten und unabhängig vom verwendeten Lösungsmittel stark von der Solvatation des Lignins und dem Ligninanteil in der Lösung abhängen. Bis zu einem Ligninanteil von 7,5 % konnten Modelllösungen aller Lösungsmittelsysteme stabil mit dem Luftspaltspinnverfahren prozessiert werden, wobei sich durch Anpassung der Spinnlösungstemperatur ein Arbeitsfenster aus den rheologischen Kennwerten Dämpfungsfaktor tan delta und dem Speichermodul G‘ ergab bei dem Spinnstabilität beobachtet wurde. Es galt zu prüfen, ob durch gezielte Einstellung dieser Kennwerte bei nativen Mehrkomponentensystem-Lösungen ein stabiler Spinnprozess beobachtet wird. Das am Fraunhofer IAP entwickelte 1-Butyl-3-methylimidazolium-Cyclohexylcarboxylat (BmimChc) erwies sich als besonders geeignet, um native Lignocellulosen ganzheitlich zu lösen und bei stabilem Spinnprozess die Fadenbildung zu ermöglichen. Diese konnte bislang mit kommerziellen ionischen Flüssigkeiten wie 1-Ethyl-3-methylimidazoliumacetat nicht erreicht werden, da zum einen die Lösungsqualität und zum anderen die elastischen Eigenschaften der Lösungen nicht ausreichend waren. Bei einer Löslichkeit von Weizenstroh in BmimChc von ca. 90 % waren noch ungelöste Bestandteile in den Spinnlösungen nachweisbar, die durch Filtration nicht vollständig entfernt werden konnten und daher auch in den Einzelfilamenten enthalten waren. Die Verarbeitbarkeit mittels dry-jet wet Technologie im Technikumsmaßstab wurde anhand von drei unterschiedlich vorbehandelten Lignocellulosen (Buche, Pappel, Weizenstroh) untersucht. Dazu wurden die Lignocellulosen unter Standardbedingungen bei 130 °C direkt in BmimChc gelöst und mittels des Luftspaltspinnverfahrens verarbeitet. Regeneratfasern aus nativem Weizenstroh ergaben die besten mechanischen Kennwerte mit einer Zugfestigkeit von 19,5 cN/tex und einem Zug-Modul von 1394 cN/tex. Die Faser ist damit hinsichtlich der Festigkeit mit kommerziellen textilen Viskosefasern vergleichbar, während der Modul deutlich höher und die Bruchdehnung geringer ist.
Ionic liquids are one of cellulose’s few non-derivatizing dissolution systems. The biopolymer makes the main component of lignocellulose. The ionic liquid 1-butyl-3-methylimidazoliumcyclohexylcarboxylate (BMIMCHC) has been developed at Fraunhofer IAP and has proven to be highly efficient in dissolving lignocellulose. The quality of this solution outperforms commercial ILs, such as 1-ethyl-methylimidazolium acetate, and produces a dope which can be used for producing endless filaments. Processing using solution spinning was proven in the pilot-plant scale where three differently treated lignocelluloses (poplar, beech, wheat straw) were investigated. Lignocellulose was dissolved directly in BMIMCHC at 130 °C under standard conditions and spun using air-gap spinning. Characterization of the mechanical properties reveals the highest tenacities and modulus for man-made fibers made from wheat straw. The filament has a tenacity of 19.5 cN / tex and a modulus of approx. 1400 cN / tex. The tenacity that is achieved is comparable to a textile viscose fiber, whereas the modulus is approximately double. Recycling the used solvents is a decisive factor when considering the economical aspects of an industrial production process. It was possible to recycle BMIMCHC from spinning baths and to reuse it as a dissolution medium for lignocellulose with hardly any loss of quality in the spinning dope.