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Die akustischen Randbedingungen perforierter Wandauskleidungen in Strömungskanälen

physikalische Modelle und Eduktion

Schulz, Anita

Perforierte, schallabsorbierende Wandauskleidungen werden vielfach in Strömungskanälen, z. B. Flugzeugtriebwerken, zur passiven Lärmminderung eingesetzt. Die komplizierte Wechselwirkung zwischen Schall und Strömung an der strukturierten schalldurchlässigen Wand findet in einer relativ dünnen Grenzschicht statt, so dass der Einfluss auf die Schallausbreitung in guter Näherung durch akustische Randbedingungen beschrieben werden kann, die direkt an der Wand gelten. Bei ruhendem Medium ist die akustische Wandimpedanz, d. h. das komplexwertige Verhältnis aus Druck und wandnormaler Schnelle die alles bestimmende Randbedingung. Schallfeldgrößen wie axiale Wellenzahlen oder Streufaktoren an Übergängen zwischen den hartwandigen und den ausgekleideten Kanalsegmenten können aus der Wandimpedanz berechnet werden. Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit dem inversen Fall, nämlich der Bestimmung der Wandimpedanz durch Anpassung der Impedanz an gemessene Streufaktoren mittels eines Schallfeldmodells. Vier Schallfeldmodelle mit zunehmender Vollständigkeit (Reflexionen an den Enden des ausgekleideten Kanalstücks, Nahfelder an den Stoßstellen und höhere Moden im ausgekleideten Kanal, akustische Wandgrenzschichten) werden vorgestellt und für die Anpassung der Impedanz aufbereitet. Untersucht werden die Fehler der Impedanzbestimmung, die auf die Unvollständigkeit der Modelle zurückzuführen sind. Es wird gezeigt, dass sich der Einfluss der höheren Moden am stärksten bei der Resonanz der Wandauskleidung auswirkt – um so mehr, je niedriger die Resistanz ist –, während im Bereich tiefer und hoher Frequenzen, bei denen die Wand vergleichsweise hart ist, die Vernachlässigung der Wandgrenzschichten zur dominanten Fehlerquelle wird. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich dem Einfluss der Strömung auf die Wechselwirkung zwischen Wand und Schallfeld. Der Strömungseffekt ist von kritischer Bedeutung, da er die Wirksamkeit der Schalldämpfer in negativer Weise beeinflussen oder im schlimmsten Fall infolge strömungsakustischer Instabilitäten sogar umkehren kann. Allerdings stellt seine Modellierung ein bisher noch nicht zufriedenstellend gelöstes Problem dar. So ist es in bisherigen Untersuchungen nicht gelungen, trotz streng lokal reagierender Wandauskleidungen eine Impedanz zu ermitteln, die unabhängig von der Schallfeldstruktur ist. Dies steht im Widerspruch zur lokalen Reaktion. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein physikalischer Ansatz entwickelt, der diese Diskrepanz ausräumen kann. Die akustische Randbedingung, die bisher nur durch die wandnormale (Druck-)Kraft parametrisiert wurde, wird um den Effekt des Impulstransfers erweitert, welcher durch das Abbremsen des strömenden, in die Öffnungen eindringenden Mediums verursacht wird. Letzteres führt dazu, dass die Kraft, die die Wand auf das strömende Medium ausübt, zusätzlich eine tangentiale Komponente aufweist. Der zugehörige Wandparameter, der hier Impulstransferimpedanz genannt wird, wird unter der Annahme einer lokalen Reaktion erstmals experimentell ermittelt. Die Ergebnisse zeigen im Rahmen der Messgenauigkeit physikalisch plausible Merkmale, wie z. B. einer Proportionalität mit der mittleren Machzahl im Kanal.
Perforated, sound-absorbing wall linings, so-called liners, are often used in flow ducts, e. g. aircraft engines, for passive noise reduction. The complex interaction between sound and flow at the permeable liner surface takes place in a relatively thin boundary layer. Hence, it is practical to describe the effect on the sound propagation by an acoustic boundary condition which is applied directly at the wall. When the fluid is at rest, the acoustic wall impedance, i. e. the complex ratio between pressure and wall normal velocity, is the determining boundary condition. All relevant parameters of the sound field such as axial wave numbers or the scattering coefficients at the transitions between hard-walled and lined duct segments can be calculated from the wall impedance. The first part of the thesis deals with the inverse case, namely the determination of the wall impedance by fitting the impedance to measured scattering coefficients using a sound field model. This is also called impedance eduction. Four sound field models with increasing complexity (reflections at the terminations of the lined duct section, near-field effects at the transitions, higher-order modes in the lined duct section, and acoustic boundary layers) are presented and prepared for impedance eduction. It is shown that the effectof the higher-order modes is the strongest in the resonance regime, the more the lower the resistance is. In the low and high frequency range, where the wall is comparatively sound-hard, the neglect of the boundary layers is the most dominant source of error. The second part of the thesis is concerned with the effect of the grazing mean flow on the interaction between wall and sound field. The correct modelling of the flow effect is of critical importance, as it can negatively affect the performance of the liner or, in the worst case, even reverse it due to flow-acoustic instabilities. However, the physical problem has not been satisfactorily solved, yet. Previous models, for example, have not been able to determine an impedance that is independent of the spatial structure of the sound field despite strictly locally reacting liners. In this work an approach is developed that can eliminate this discrepancy. The boundary condition, which until now has only been parameterized by the wall-normal (pressure) force at the wall, is extended by a tangential force, which origins from the momentum transfer between the wall and the mean flow due to the deceleration of the flowing medium penetrating into the perforations. This effect is parameterized by a new additional quantity, which is called momentum transfer impedance. It is determined experimentally for the first time under the assumption of a local reaction. The results show physically plausible features within the scope of measurement accuracy, such as proportionality with the average Mach number in the duct.