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Rechtsprechungen zur Kostenerstattung von neuen Gesundheitstechnologien in der GKV: Eine systematische Übersicht

Ex, Patricia; Felgner, Susanne; Henschke, Cornelia

Hintergrund: Die Erstattung neuer Gesundheitstechnologien wird nicht selten über Sozialgerichte eingeklagt. Dabei liegt es nahe, dass gerichtliche Entscheidungen auch Einzelfallentscheidungen der Krankenkassen und damit den Patientenzugang insgesamt beeinflussen. Ziel der Studie: Ziel ist anhand von Rechtsprechungen zu identifizieren, welche Technologien wiederholt eingeklagt wurden und ob diese zu einer Kostenerstattung führten. Dabei liegt der Fokus auf Unterschieden zwischen Sektoren, Technologiegruppen sowie Indikationen. Auf dieser Grundlage soll exemplarisch anhand von vier Technologien analysiert werden, ob die Ergebnisse der gerichtlichen Entscheidungen zur Kostenerstattung gleicher Gesundheitstechnologien über die Jahre variieren. Methodik: Mittels einer systematischen Datenbankrecherche wurden Rechtsprechungen von deutschen Sozialgerichten zu neuen Gesundheitstechnologien der Jahre 2011 bis 2016 gesucht. Ausgewertet wurden solche Rechtsprechungen, bei denen Sozialgerichte über die Kostenerstattung von Technologien zur Behandlung einzelner Personen entschieden hatten. Ergebnisse: Die Recherche brachte 284 relevante Rechtsprechungen hervor. Bei einem Drittel der Klagen wurden die Krankenkassen zur Kostenerstattung verpflichtet, im stationären Sektor häufiger als im ambulanten. Technologien zu Erkrankungen der Augen und Ohren wurden am häufigsten bewilligt. Dabei kamen Sozialgerichte auch zu unterschiedlichen Kostenerstattungsentscheidungen bei inhaltlich und zeitlich ähnlichen Fällen. Die Rechtsprechungen stehen in Teilen im Widerspruch zu nachfolgenden Entscheidungen der Methodenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Schlussfolgerung: Die Uneinheitlichkeit der Erstattungsentscheidungen kann zu Unsicherheit darüber führen, welche Technologien den ‚allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse‘ erfüllen. Dabei erweist es sich für Patienten und Ärzte als problematisch, dass Klagen zu Behandlungsmethoden über Jahre hinweg eingereicht werden, ohne dass Nutzen und Erstattungsfähigkeit systematisch bewertet sind.
Background: In Germany reimbursement for new medical technologies is often enforced before a social court. It is likely that these judicial decisions also affect the sickness funds’ decisions on requests for reimbursement and thus patient access to new technologies in general. Objectives: The aim of this study was to identify the technologies that have repeatedly generated court actions and whether these actions have been successful. The focus was on differences between sectors, technology groups and indications. Based on this, we analysed in a case study whether judicial decisions on the reimbursement of the same technologies vary across the years. Material and methods: Based on a systematic review, we identified judicial decisions of German social courts on new technologies for the years 2011 to 2016. The analysis included social court decisions on reimbursements for technologies used in the treatment of individual patients. Results: 284 judicial decisions on new technologies were considered in the analysis. In one third of the cases, the sickness funds were required to reimburse the costs, with a higher percentage in inpatient than in outpatient care. Technologies used in treatment of diseases of the eyes and the ears were granted most frequently. In cases involving similar circumstances the social courts sometimes came to conflicting decisions; these decisions are, in part, contradictory to subsequent assessments by the Joint Federal Committee (G-BA). Conclusions: Decisions as to whether reimbursement for new technologies is granted or not do not appear to follow a systematic approach. In the context of the seemingly innovation-friendly policy in inpatient care, there is uncertainty with regard to the “generally accepted state of medical knowledge.” It is problematic for both patients and their treating physicians that over a number of years legal proceedings are being initiated for technologies that have not been subjected to a systematic assessment of their benefit.
Published in: Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, 10.1016/j.zefq.2017.12.004, Elsevier