Untersuchung von Einsatzszenarien einer automatischen Mittelpufferkupplung vorgelegt von Diplom-Ingenieur Helge Johannes Stuhr aus Berlin von der Fakultät V – Verkehrs- und Maschinensysteme der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Ingenieurwissenschaften – Dr.-Ing. – genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht Gutachter: Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Siegmann Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Bert Leerkamp Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 26.02.2013 Berlin 2013 D 83 „Die Aufgabe, eine selbsttätige Kupplung für Eisenbahnwagen zu schaffen, haben sich Fachleute wahrscheinlich schon gestellt, seit es Eisenbahnen überhaupt gibt. Sie einer endgültigen und überall anerkannten Lösung entgegenzuführen, ist bis heute nicht gelungen. Allerdings ist sie bereits vor einem halben Jahrhundert in den Vordergrund getreten, als man begann, Wettbewerbe für ihre Lösung auszuschreiben, [...]. [...] Infolgedessen ist in Europa über die Kupplungsfrage leider noch heute nicht entschieden trotz der wichtigen sozialen und wirtschaftlichen Gründe, welche dringend für ihre baldige Klärung sprechen.“ [Paap 1925, S. 1] „Bei der Zugbildung und Zugzerlegung, wo ein wesentlicher Teil der Transportzeit und damit der Kosten liegt, wird hier aber noch mit der Technik des vorletzten Jahrhunderts gearbeitet. Wenn man das Wagenhandling und die Bewegungsabläufe in den Rangierbahnhöfen und an den Ladestellen betrachtet, die notwendig sind, um einen mechanisch neu gebildeten Zug „in Bewegung zu setzen“, dann ist das Uralt-Technik mit Nostalgieeffekt, die viel Zeit und Aufwand erfordert.“ [Redeker 2008, S. 6] Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis vii Tabellenverzeichnis ix Abkürzungsverzeichnis x 1 Einleitung 1 1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.3 Begriffsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2 Voraussetzungen 9 2.1 Aufkommens- und Kapazitätsentwicklung im SGV . . . . . . . . . . . . 9 2.2 Heutige Zugdimensionen und Erhöhungsansätze . . . . . . . . . . . . . . 14 2.3 Marktanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.4 Diffusion von Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3 Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 25 3.1 Definition und Unterscheidungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.2 Übersicht verschiedener Kupplungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.2.1 Die Schraubenkupplung (SK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.2.2 Die halbautomatische Mittelpufferkupplung „Janney“ . . . . . . 29 3.2.3 Die halbautomatische Mittelpufferkupplung SA 3 . . . . . . . . . 31 3.2.4 Die halbautomatischen Mittelpufferkupplungen AK 69e und Intermat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.2.5 Die halbautomatische Zugkupplung Z-AK . . . . . . . . . . . . . 33 3.2.6 Die halbautomatische Mittelpufferkupplung C-AKv (Transpact) . 34 3.2.7 Die vollautomatische Mittelpufferkupplung „Schaku“ . . . . . . . 36 3.2.8 Die „SCHAKU-Kupplung für den Schwerlastverkehr“ . . . . . . 38 3.2.9 Weitere Kupplungstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.2.10 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.3 Vorteile einer aMPK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.4 Technische und betriebliche Aspekte des Einsatzes einer aMPK . . . . . 42 3.4.1 43 Stabilisierungsgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i Inhaltsverzeichnis ii 3.4.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.4.3 Verschleißreduktion im Rad-Schiene-Kontaktbereich . . . . . . . 45 3.4.4 Pufferverschleiß und Pufferschmieren . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.4.5 Fallbeispiel Braunkohlependel Wählitz-Schkopau . . . . . . . . . 46 3.4.6 Kupplungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.4.7 Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit . . . . . . . . . . . . . 50 3.4.8 Schienenverkehrslärm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.4.9 Kompatibilität zur SA 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.4.10 Infrastrukturanpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Umstellung und Gemischtbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.5.1 Umstellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.5.2 Gemischtbetrieb aMPK-SK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.5.3 3.5 Bremsen in Bremsstellung P Zeitaufwand beim gemischten Kuppeln . . . . . . . . . . . . . . . 58 4 Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 61 4.1 Zugbus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.2 Überlange Züge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4.3 Mehrfachtraktionssteuerung über Funk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4.4 Elektrisch angesteuerte Druckluftbremse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4.5 Automatische Bremsprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 5 Entwicklung der Bewertungsmethodik 5.1 79 79 Ablauf und Einflussfaktoren der Entscheidungsfindung . . . . . . 81 5.1.3 Sicherheitszustand des Umweltsystems . . . . . . . . . . . . . . . 82 5.1.4 Adressaten innerhalb der Bewertungsmethodik . . . . . . . . . . 84 5.1.5 Methodenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Methodenbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5.2.1 Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5.2.2 Anforderungen an die Bewertungskriterien . . . . . . . . . . . . . 89 5.2.3 Vermeidung der Mehrfachbeachtung eines Aspekts . . . . . . . . 90 5.2.4 Verknüpfungsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 5.2.5 Gewichtung der Kriterien und Sensitivitätsanalyse . . . . . . . . 92 5.2.6 Methodenkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Erstellung des Zielsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 5.3.1 Auswahl und Strukturierung der Kriterien . . . . . . . . . . . . . 95 5.3.2 Gewichtung der Beurteilungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . 108 5.3.3 5.4 Begriffsdefinitionen und Ziel der Bewertungsmethodik . . . . . . 5.1.2 5.3 79 5.1.1 5.2 Vorüberlegungen und Methodenfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operationalisierung der Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Methodenkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Inhaltsverzeichnis 6 Definition der Alternativen 6.1 iii 119 Definition der technischen Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 6.1.1 6.1.2 Definition der Basisversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 6.1.3 6.2 Definition der Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Definition der technischen Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Definition potentieller Einsatzfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 6.2.1 Auswahl der zu betrachtenden Marktbereiche unter dem Problem einer fehlenden Marktsegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . 126 6.2.2 6.2.3 Chemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 6.2.4 Automotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6.2.5 6.3 Montan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Intermodal (Kombinierter Verkehr) . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 7 Durchführung der Bewertung 7.1 160 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 7.1.1 Kriterium 1: Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 7.1.2 Kriterium 2: Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 7.1.3 Kriterium 3: Ressourceneinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 7.1.4 Kriterium 4: Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit . . . . . 172 7.1.5 Kriterium 5: Transportdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 7.1.6 Kriterium 6: Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 7.1.7 Kriterium 7: Zuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 7.1.8 Kriterium 8: Ladungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 180 7.1.9 Kriterium 9: Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 7.1.10 Kriterium 10: Komplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 7.1.11 Kriterium 11: Erprobbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 7.2 Zusammenfassung und Darstellung der Bewertungsergebnisse . . . . . . 189 7.2.1 7.2.2 Variation der Ergebnisse (Systemvorteil und Verfügbarkeit) . . . 194 7.2.3 Sensitivitätsüberprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 7.2.4 7.3 Allgemeine Ergebnisdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 8 Fazit 204 8.1 Ergebnisse und Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 8.2 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Literaturverzeichnis xii Interviewverzeichnis xxxv Inhaltsverzeichnis A Historische Entwicklung iv xxxix A.1 Vereinigte Staaten von Amerika (USA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xxxix A.2 Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xli A.3 Eisenbahnen der UdSSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xli A.4 Deutschland und Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xlii A.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xliv B Ergänzende Abbildungen und Tabellen xlv B.1 Prognose der Transportleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xlv B.2 Freizuhaltende Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xlvi B.3 Segmentierung des Güterverkehrsmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . xlvii C Bewertung xlviii Abbildungsverzeichnis 1.1 Übersicht des weltweiten Einsatzes von Kupplungssystemen . . . . . . . 2 1.2 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1 Entwicklung der Transportleistung des SGV in Deutschland 1994-2010 . 10 2.2 Erwartete Zunahme der Transportleistung in Deutschland . . . . . . . . 10 2.3 Zukünftig zu erwartende Engpassbereiche im deutschen Schienennetz . . 13 2.4 Zusammenhang zwischen Zuglänge und Zugmasse sowie Erweiterungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 15 Grafische Darstellung der Rangfolge der vier meistgenannten Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.6 Zeitlicher Verlauf im Adoptionsprozess und Adopterkategorien . . . . . 20 2.7 Diffusionsverlauf bei Netzeffekt- und Systemgütern . . . . . . . . . . . . 22 2.8 Abschätzung des technologischen Potenzials alter und neuer Technologien 23 3.1 Prinzip einer beweglichen und starren Kupplung . . . . . . . . . . . . . 27 3.2 Schraubenkupplung und Seitenpuffer im Einsatz bei Reisezugwagen . . 28 3.3 Automatische Rangierkupplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.4 Grundsätzliche Wirkungsweise der Janney-Kupplung . . . . . . . . . . . 30 3.5 AAR-Kupplung Typ E und Typ F . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3.6 Kupplungsprinzip der Willison-Kupplung . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.7 Mittelpufferkupplung AK 69 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.8 AK69-Kupplungsadapter für Rangierlokomotiven . . . . . . . . . . . . . 33 3.9 Zugkupplung Z-AK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3.10 C-AKv (Transpact) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3.11 Kupplungsprinzip der Scharfenberg-Kupplung . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.12 Scharfenbergkupplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.13 „SCHAKU-Kupplung für den Schwerlastverkehr“ . . . . . . . . . . . . . 38 3.14 Schematische Darstellung der Wirkung eines stabilen (bzw. stabilisierenden) Gelenks im Vergleich zu einem einfachen Bolzengelenk . . . . . . . 43 3.15 Stabilisierungsgelenk bei der AK 69 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.16 Verlassen des Berner Raums unter den Seitenpuffern hindurch . . . . . . 50 3.17 GZK der C-AKv, Kuppeln der HL beim gemischten Kuppeln . . . . . . 56 3.18 Abhängigkeit der Kuppelfälle vom Umrüstungsgrad der Wagen . . . . . 59 3.19 Zeitaufwand in Abhängigkeit vom Umrüstungsgrad . . . . . . . . . . . . 60 v Abbildungsverzeichnis vi 4.1 Sensor-Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4.2 Änderung der Durchsatzfähigkeit durch Verdoppelung der Zuglänge . . 65 4.3 Funktionsprinzip des Systems LOCOTROL Distributed Power . . . . . 71 4.4 Funktionsanordnungen bei der indirekten ep-Bremse . . . . . . . . . . . 73 4.5 Messaufbau bei den Versuchsfahrten zur automatische Bremsprobe beim Projekt der TU Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 5.1 Prozess der Entscheidungsfindung und Einflussfaktoren . . . . . . . . . . 81 5.2 Phasen des Innovationsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 5.3 Gewichteter Zielbaum einer Nutzwertanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 93 5.4 Hauptaufteilung des Gesamtnutzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 5.5 Aufteilung des relativen Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 5.6 Aufteilung des Systemvorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5.7 Aufteilung des Eigenvorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 5.8 Aufteilung des Kundenvorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 5.9 Aufteilung des Widerstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6.1 Umsatzverteilung im SGV nach Marktsegmenten . . . . . . . . . . . . . 128 6.2 Transportleistung im SGV nach Marktsegmenten sowie Anteil des SGV am Gesamtmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 6.3 Transportvolumen der Stahlindustrie in Deutschland nach Güterarten . 130 6.4 Erkaltende Bramme im Stahlwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 6.5 Coilverladung auf einen Güterwagen mit offenem Planenverdeck . . . . . 133 6.6 Kesselwagen des Waggonvermieters Wascosa AG . . . . . . . . . . . . . 137 6.7 Zugsysteme des BASF-Standorts Ludwigshafen . . . . . . . . . . . . . . 139 6.8 Zugsysteme der CHEMPARKS 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 6.9 Offene Autotransportwagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 6.10 Hubsystem der BLG AutoRail GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 6.11 Geschlossener Autotransportwagen mit angehobenem Dach an der Verladerampe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 6.12 Schiebebühne zur Pkw-Verladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 6.13 Prozessablauf bei der Beladung mittels Schiebebühne . . . . . . . . . . . 149 6.14 Elektrokabel zwischen zwei geschlossenen Autotransportwagen . . . . . 149 6.15 KV-Terminal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 6.16 Schematische Darstellung eines KV-Terminals . . . . . . . . . . . . . . . 152 6.17 TFG-Netzwerk 2006 und 2012 im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . 155 7.1 Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 7.2 Ergebnisdarstellung des relativen Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 7.3 Ergebnisdarstellung des Widerstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 7.4 Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts unter Zulassung überlanger Züge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 7.5 Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts unter Herausnahme des Systemvorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Abbildungsverzeichnis 7.6 vii Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts unter Herausnahme der Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 7.7 Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts mit veränderter Gewichtung in erster Ebene (relativer Vorteil 50 %, Widerstand 50 %) . . . . . . . . 196 7.8 Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts mit veränderter Gewichtung in erster Ebene (relativer Vorteil 70 %, Widerstand 30 %) . . . . . . . . 196 7.9 Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts mit veränderter Gewichtung in erster Ebene (relativer Vorteil 80 %, Widerstand 20 %) . . . . . . . . 196 7.10 Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts mit Gewichtungsänderungen im Sinne einer langfristigen Umrüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 A.1 Link and Pin-Kupplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xxxix A.2 Einrichtungen zum gemischten Kuppeln während der Einführungsphase der MPK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xlii B.1 Freizuhaltende Räume an den Fahrzeugenden . . . . . . . . . . . . . . . xlvi Tabellenverzeichnis 1.1 Zielmatrix der vorliegenden Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.1 Rangfolge der Qualitätsanforderungen an den Gütertransport . . . . . . 17 2.2 Erläuterungen zu Tabelle 2.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.3 Wichtigkeit verschiedener Entscheidungskriterien unterteilt nach Zwischen- und Enderzeugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 19 Maximale Lasten bei der gewöhnlichen Ausführung der Schraubenkupplung mit Seitenpuffern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.2 Maximale Lasten bei der SA 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.3 Maximale Lasten bei der AK 69/Intermat . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.4 Maximale Lasten bei der Z-AK mit Seitenpuffern . . . . . . . . . . . . . 34 3.5 Maximale Lasten bei der C-AKv im artreinen Betrieb ohne Seitenpuffer 36 3.6 Maximale Lasten bei der C-AKv im artreinen Betrieb mit beibehaltenen Seitenpuffern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.7 Maximale Lasten bei der Scharfenbergkupplung Typ 10 . . . . . . . . . 38 3.8 Maximale Lasten der Neuentwicklung (Voith) beim Kupplungskörper mit Bearbeitung für die GZK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9 39 Maximale Lasten der Neuentwicklung (Voith) beim Kupplungskörper in Standardausführung (SA 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.10 Einteilung von Kupplungssystemen und Zuordnung der bekanntesten Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.11 Prozesse beim Ankuppeln bei der Schraubenkupplung sowie halb- und vollautomatischen Kupplungen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3.12 Prozesse beim Abkuppeln bei der Schraubenkupplung sowie halb- und vollautomatischen Kupplungen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.13 Prozesse beim gemischten Ankuppeln SK-aMPK im Vergleich zum artreinen Kuppeln mit der SK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.14 Prozesse beim gemischten Abkuppeln SK-aMPK im Vergleich zum artreinen Abkuppeln mit der SK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.15 Zeitaufwand beim Kuppeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.1 Technische Lösungsansätze zum Fahren überlanger Güterzüge und ihre Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . viii 68 Tabellenverzeichnis 4.2 ix Wagenbedarf bei einer Reduktion der wöchentlichen Abfahrten von fünf auf drei bei gleichbleibendem Transportaufkommen . . . . . . . . . . . . 69 5.1 Zielmatrix unter Einbeziehung von ungewissen Umweltzuständen . . . . 83 5.2 Darstellung des Nutzwertschemas in tabellarischer Form . . . . . . . . . 107 5.3 Darstellung des Nutzwertschemas in tabellarischer Form mit Gewichten 111 5.4 Bewertungsleitfaden für die Kriterien des relativen Vorteils . . . . . . . 113 5.5 Bewertungsleitfaden für die Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 5.6 Bewertungsleitfaden für die Komplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.7 Bewertungsleitfaden für die Erprobbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 6.1 37 mögliche Systemvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 6.2 Technische Varianten und Optionen für die Bewertung . . . . . . . . . . 125 6.3 Zusammenstellung der vom jeweiligen potentiellen Einsatzfeld abhängigen Gewichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 7.1 Punktevergabe des Kriteriums Kapazität Strecke . . . . . . . . . . . . . 166 7.2 Punktevergabe des Kriteriums Kapazität Anlagen . . . . . . . . . . . . . 168 7.3 Punktevergabe des Kriteriums Ressourceneinsatz . . . . . . . . . . . . . 172 7.4 Punktevergabe des Kriteriums Arbeitsbedingungen und -sicherheit . . . . 174 7.5 Punktevergabe des Kriteriums Transportdauer 7.6 Punktevergabe des Kriteriums Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 7.7 Punktevergabe des Kriteriums Zuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 181 7.8 Punktevergabe des Kriteriums Ladungsanforderungen 7.9 Punktevergabe des Kriteriums Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 184 . . . . . . . . . . . . . . 176 . . . . . . . . . . 182 7.10 Punktevergabe des Kriteriums Komplexität . . . . . . . . . . . . . . . . 187 7.11 Punktevergabe des Kriteriums Erprobbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 189 7.12 Übersicht über alle Gesamtnutzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 B.1 Erwartete Zunahme der Transportleistung in Deutschland (Prozent pro Jahr) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xlv B.2 Aufteilung der Logistikähnlichkeit der Güter des Gütertransports . . . . xlvii C.1 Übersichtstabelle der Bewertungen im potentiellen Einsatzfeld Montan . xlix C.2 Übersichtstabelle der Bewertungen im potentiellen Einsatzfeld Chemie . l C.3 Übersichtstabelle der Bewertungen im potentiellen Einsatzfeld Automotive li C.4 Übersichtstabelle der Bewertungen im potentiellen Einsatzfeld KV . . . lii Abkürzungsverzeichnis AAR AK aMPK autom. BP BMBF BME BMVBS BMVBW Association of American Railroads (USA) Automatische Kupplung Automatische Mittelpufferkupplung Automatische Bremsprobe Bundesministerium für Bildung und Forschung Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, aktuelle Bezeichnung BMVBS BMWi BOA BP Brems-O C-AKv Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Verordnung über den Bau und Betrieb von Anschlussbahnen Bremsprobe Brems-Opt-Variante Kompakte, vereinfachte automatische Kupplung der Faiveley Transport Witten GmbH (Transpact) CCD Car Control Device CER Community of European Railway and Infrastructure Companies, Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften DIT DB AG Duisburg Intermodal Terminal Deutsche Bahn Aktiengesellschaft DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. EBO Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung ECP-Bremse ETCS EIU ep-Bremse ERTMS EU Electronically Controlled Pneumatic Brake European Train Control System Eisenbahninfrastrukturunternehmen Elektropneumatische Bremse European Rail Traffic Management System Europäische Union EVU Eisenbahnverkehrsunternehmen EWV Einzelwagenverkehr FEBIS Freight Electronic Brake and Information System FRA Federal Railroad Administration (USA) GZK Gemischtzugkupplung HBL Hauptluftbehälterleitung x Abkürzungsverzeichnis HKM xi Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH HL Hauptluftleitung HV Haupt-Vorsignal-System ITE Intermodale Transporteinheit km/h Kilometer pro Stunde kN Kilonewton KV Kombinierter Verkehr LE Ladeeinheit Lkw MEG MIBRAG Lastkraftwagen Mitteldeutsche Eisenbahn GmbH Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH MPK Mittelpufferkupplung MWB Mittelweserbahn GmbH NEAT Neue Eisenbahn-Alpentransversale ÖBB Österreichische Bundesbahnen ORE Forschungs- und Versuchsamt des Internationalen Eisenbahnverbandes OSShD Organisation für die Zusammenarbeit der Eisenbahnen o. A. ohne Autorenangabe o. J. ohne Jahresangabe o. S. ohne Seitenangabe Pkw Personenkraftwagen Rbf Rangierbahnhof RZD Rossijskije schelesnyje dorogi, staatliche russische Bahngesellschaft SBB Schweizerische Bundesbahnen SGV Schienengüterverkehr SK SUV t TFG Schraubenkupplung Sport Utility Vehicle Tonne Transfracht Internationale Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co KG TKS UdSSR UIC ThyssenKrupp Steel Europe AG Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Union Internationale de Chemin de Fer, Internationaler Eisenbahnverband USA VDEV vgl. Vereinigte Staaten von Amerika Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen vergleiche VPS Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter WU Wagentechnische Untersuchung Z-AK Automatische Zugkupplung Kapitel 1 Einleitung 1.1 Motivation Im europäischen Schienengüterverkehr (SGV) kommt heute noch immer – von einigen Insellösungen abgesehen – die konventionelle Schraubenkupplung (SK) in Kombination mit Seitenpuffern zum Einsatz. Zugkräfte werden dabei über die Kupplung, Druckkräfte über die Puffer übertragen. Das Kuppeln und Entkuppeln der Fahrzeuge erfordert einen sehr hohen manuellen Aufwand, der unter teilweise sehr ungünstigen Verhältnissen und hohem körperlichen Einsatz erfolgt. Pneumatische Verbindungen für die Bremse müssen separat von Hand gekuppelt werden. Da der Kupplungsbügel zum Einhängen in den Zughaken durch das Rangierpersonal von Hand angehoben werden muss, darf dieser nicht zu schwer sein. Aus dieser Massenrestriktion und der daraus folgenden begrenzten Auslegung der Kupplung ergibt sich die Begrenzung der maximalen Zuglast. Durch die Art der Druckkraftübertragung über die Seitenpuffer sind zudem den zulässigen Druckkräften im Zugverband starke Restriktionen gesetzt, um ein Entgleisen der Fahrzeuge durch das Entstehen zu hoher Querkräfte zu verhindern. Eingeführt wurde die SK in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1830 oder 1840) zunächst bei der Eisenbahn London-Birmingham [Paap 1925, S. 7]. Bis dahin kamen bei den europäischen Bahnen überwiegend einfachere Kettenkupplungen, ebenfalls im Zusammenspiel mit Seitenpuffern, zum Einsatz [Schmidt 1965a, S. 428]. Die Kupplungstechnik der Güterbahnen Europas hat sich somit seit über 170 Jahren trotz technischer Verbesserungen im Detail prinzipiell nicht weiterentwickelt. In weiten Teilen der Welt sind fortschrittlichere Kupplungssysteme im Einsatz. So wurden beispielsweise in den USA und auch in der ehemaligen Sowjetunion schon früh halbautomatische Mittelpufferkupplungen (MPK) eingeführt. Neben der Vereinfachung der Kupplungs- und Entkupplungsprozesse zeichnen sich diese Kupplungen dadurch aus, dass sie neben der Zugkraft auch die Druckkraft übertragen. Zusätzliche Seitenpuffer werden somit überflüssig; die Druckkraft wird zentrisch in den Wagenkasten eingeleitet. Die maximalen Zug- und Druckkräfte sind weitaus größer als bei der SK. Eine Übersicht über den weltweiten Einsatz dieser beiden generell zu unterscheidenden Kupplungssysteme gibt Abbildung 1.1. 1 Einleitung 2 Abbildung 1.1: Übersicht des weltweiten Einsatzes von Kupplungssystemen [Faiveley Transport o. J.] Das Festhalten an der SK in Europa liegt wesentlich an der schwierigen Migration neuer technischer Systeme im komplexen Bahnsystem. Die bereits in den sechziger Jahren für die europäischen Bahnen entwickelte halbautomatische MPK AK69e/Intermat scheiterte an den hohen Kosten einer Vollumrüstung. Die Umstellung hätte aufgrund der fehlenden Kompatibilität zur SK schlagartig bei allen Güterwagen gleichzeitig erfolgen müssen. Sie wird daher lediglich als Insellösung im schweren Erzverkehr eingesetzt. Die ab den späten achtziger Jahren entwickelte und 1999 vom Internationalen Eisenbahnverband (UIC) technisch zugelassene halbautomatische Kupplung Z-AK [Hoffmann 2000, S. 230] konnte sich ebensowenig durchsetzen, obwohl sie zur SK kompatibel ist. Bei ihr handelt es sich um eine reine Zugkraft-Kupplung, bei der die Seitenpuffer weiterhin für die Übertragung der Druckkräfte benötigt werden. Ihre maximal zulässigen Zug- und Druckkräfte gleichen denen der SK. Von der Firma SAB WABCO1 wurde mit der C-AKv eine halbautomatische MPK entwickelt, die die Vorteile der AK69e und der Z-AK vereint. Sie kann wesentlich höhere Zug- und Druckkräfte als die SK mit Seitenpuffern übertragen, sie ist jedoch wie die Z-AK mit dieser kompatibel. Neben der Zug- und Druckkupplung werden bei der C-AKv auch die Hauptluftleitung und eine optionale Elektroleitung automatisch mitgekuppelt. Bis auf zwei spezielle Einsatzfälle im Braunkohle- und im Erzverkehr ist jedoch auch diese Kupplung bislang nicht weiter verbreitet. Ein ähnliches, ebenfalls zur SK kompatibles System befindet sich derzeit bei der Voith Turbo Scharfenberg GmbH & Co. KG in Entwicklung.2 Nach diesen gescheiterten Versuchen scheint für viele Fachleute die Frage der Umstellung des Kupplungssystems ein für alle Mal geklärt zu sein, auch wenn der Vorteil modernerer Kupplungen für das Gesamtsystem des SGV nicht angezweifelt wird. Dies zeigte sich z. B. bei vielen Gesprächen mit Praktikern im Rahmen dieser Arbeit. Auf der anderen Seite wird dennoch vielfach von Seiten der Praxis3 und der Wissenschaft4 1 SAB WABCO - BSI-Verkehrstechnik GmbH, jetzt Faiveley Transport Witten GmbH Die bisherigen Absätze dieser Einleitung stellen eine auszugsweise Zusammenfassung des Kapitels 3 und des Anhangs A dar, in denen ausführliche Quellenbelege erfolgen. 3 Siehe z. B. Ollroge u. a. [2011, S. 47], Rotter[2011, S. 36] und die im Text folgenden Beispiele. 4 Siehe z. B. Siegmann in Railways [2011, S. 16], Höft [2011], FlexCargoRail [2009, S. 53ff], Intelfret [2000, S. 21] und New-OPERA [2008, S. 23, S. 86ff]. 2 Einleitung 3 auf die Notwendigkeit eines besseren Kupplungssystems hingewiesen. „Im technischen Bereich kommen die Bahnen auf Dauer nicht an der Einführung der automatischen Kupplung sowie moderner Bremssysteme vorbei“ [Bender 2011] kann z. B. Dr. Bender, Sprecher des Vorstandes der Häfen und Güterverkehr Köln AG, zitiert werden. Ähnlich eindeutig lautet es auch in einem Positionspapier der Wirtschaftsvereinigung Stahl: „In eisenbahntechnischer Hinsicht sind die Güterwagen des europäischen Normalspursystems noch auf dem Stand des 19. Jahrhunderts. Vor allem das Festhalten an der antiquierten Schraubenkupplung [. . . ] ist weder von der Wirtschaftlichkeit noch der Arbeitssicherheit her vertretbar. [. . . ] Als erster Schritt muss die EU sicherstellen, dass schnellstmöglich alle Neubauwagen nur noch mit der automatischen und mit der Schraubenkupplung „abwärtskompatiblen“ C-AKv-Kupplung ausgerüstet werden, ggf. auch mit gezielter finanzieller Unterstützung“ [WV Stahl 2009a, S. 2]. Anzeichen für eine mittelfristige europaweite Umrüstung gibt es trotz dieser Forderungen und der allgemeinen Anerkennung der Vorteile halbautomatischer und hochbelastbarer Kupplungssysteme wie in den USA oder Russland nicht. Dabei steht der SGV vor großen Herausforderungen, die allein mit organisatorischen Maßnahmen und ohne eine technische Weiterentwicklung schwerlich zu stemmen sein werden. Zur anhaltenden Konkurrenz durch andere Verkehrsträger, insbesondere der Straße, kommen weitere Problemfelder hinzu: Der Lärm der Güterzüge führt zunehmend zu Protesten der Streckenanwohner, deren Belange von der Politik immer ernster genommen werden5 ; die Erweiterung der Infrastrukturkapazität bedeutender Transportkorridore wird zukünftig nicht mit dem Verkehrswachstum Schritt halten und so zu Einschränkungen führen6 ; der demographische Wandel reduziert die Verfügbarkeit von Arbeitern, die für die schweren körperlichen Tätigkeiten in den Gleisbereichen geeignet sind [Redeker & Lohr 2009, Interview] [BASF 2009, Interview]. Die Einführung einer MPK, gegebenenfalls in Kombination mit weiteren technischen Innovationen, kann hier hinsichtlich vieler Aspekte zu Verbesserungen führen. Das wesentliche Problem ist jedoch, wie allgemein bei fahrzeuggebundenen Innovationen im SGV, in den Kosten einer Umrüstung der etwa 650 000 Güterwagen in Europa [Carrillo u. a. 2011, S. 11]7 zu sehen – obwohl nahezu alle Wagen für die Umrüstung vorbereitet sind. Der für alle Neubauwagen seit 1965 vorgeschriebene Einbauraum für die MPK stellt somit bislang einen zusätzlichen Kosten- und Gewichtsfaktor dar, ohne einen Nutzen zu generieren [Molle & Friedrichs 1992, S. 219] [Bensch 2008, Interview]. Mit der Entwicklung von MPK, die zur SK kompatibel sind, ist eine nahezu schlagartige und europaweite Umrüstung nicht mehr notwendig. Die Umrüstung kann Stück für Stück erfolgen, mit dem Ziel einer langfristigen Vollumrüstung als Endzustand. So können beispielsweise alte Wagen mit einer geringen Restlebensdauer von der kostenintensiven Umrüstung ausgespart werden. Es ist jedoch auch ein langfristiges Nebeneinander vom alten und neuen System denkbar, wenn einzelne Teilbereiche des europäischen 5 Siehe z. B. BMVBS [2011a], Hecht [2012, S. 30] und Abschnitt 3.4.7. Siehe Unterkapitel 2.1. 7 Dortige Quellenangabe: „Eurostat and UIC 2011“ 6 Einleitung 4 SGV von einer Umrüstung so stark profitieren, dass diese Vorteile mögliche Nachteile an den Schnittstellen zum alten System überkompensieren. 1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit Mit dem im vorigen Absatz skizzierten Ansatz der Umrüstung einzelner Teilbereiche des SGV, der die Vorteile einer Innovation dort ermöglicht und durch eine sukzessive Hinzunahme weiterer Teilbereiche zu einer Vollumrüstung führen kann, befasst sich die vorliegende Arbeit.8 In Form einer qualitativen Untersuchung wird den Fragen nachgegangen, in welchen Teilbereichen des SGV eine partielle Einführung anzustreben ist und welchen Funktionsumfang das neue System für einen größtmöglichen Nutzen haben sollte. Als Nutzen wird dabei der relative Vorteil gegenüber dem Status quo unter Beachtung der Widerstände, die einer Innovationseinführung entgegenstehen, gesehen. Besonderer Hintergrund dieser Neu-Untersuchung der Kupplungsfrage ist eine durch die Liberalisierung des Eisenbahnmarkts zu großen Teilen geänderte Marktstruktur des SGV. Die im vorigen Unterkapitel skizzierten gescheiterten Umrüstungsbestrebungen in den 50er bis 70er Jahren mit der AK 69/Intermat und in den 80er bis 90er Jahren mit der Z-AK9 folgten dem Prinzip einer Entscheidung für die neue Technik durch eine zentrale Instanz in einem Markt von Staatsbahnen mit nationalen Monopolen. Mit einer angestrebten schlagartigen europaweiten Umrüstung im erstgenannten Fall und einer von Deutschland ausgehenden und im endgültigen Zielzustand ebenfalls europaweiten Umrüstung im zweitgenannten Fall betrafen die Entscheidungen direkt eine sehr große Umrüstungsmasse, eine große regionale Ausdehnung sowie viele Unternehmen bzw. Unternehmensbereiche. Aus unterschiedlichen Anforderungen der Kunden an die einzelnen Unternehmen bzw. Unternehmensbereiche – z. B. unterschieden nach Region und Branchenzugehörigkeit – resultierten unterschiedliche Anforderungen an den Technikeinsatz, so dass die Umstellung nicht allen Bereichen in gleicher Form zugute gekommen wäre. Im liberalisierten Bahnmarkt existieren hingegen viele Entscheider mit Verantwortlichkeit für einzelne wirtschaftlich, rechtlich und und im gewissen Rahmen auch betrieblich unabhängige Teilbereiche des Schienengüterverkehrsmarkts, die weitestgehend autark eine Entscheidung über den Technologieeinsatz in ihrem Teilbereich treffen können. Dies wird somit als neue Chance für den benannten Ansatz einer Umrüstung in Teilbereichen des SGV gesehen. Darauf, dass dieser Ansatz zudem die Initialzündung für eine Vollumrüstung im gesamten SGV-Markt geben kann, wird mit einem Blick auf die Diffusionstheorie in Unterkapitel 2.4 eingegangen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist gemäß der in den vorigen Absätzen benannten Fragestellungen durch Tabelle 1.1 darstellbar, die es auszufüllen gilt. Die Tabellenspalten geben die zu untersuchenden Teilbereiche j mit j = 1, . . . , n des SGV wieder, 8 Siehe zur Strategie der Einführung von Innovationen in Teilbereichen bzw. abgegrenzten Untersystemen auch Engelmann [2003, S. 85] sowie die „Handlungsempfehlung 13“ aus Waibel [2008, S. 328f]: „Technologische Innovationen im Rahmen von Insellösungen wagen“. 9 Siehe Anhang A für eine ausführliche Darstellung dieser beiden gescheiterten Umrüstungsversuche. Einleitung 5 die Tabellenzeilen die zu untersuchenden Kupplungssysteme i mit i = 1, . . . , m, die sich hinsichtlich ihres Funktionsumfangs unterscheiden. Die Kombinationen aus Kupplungssystem und Teilbereich des SGV, die sich durch die Anordnung dieser beiden Komponenten in Matrixform ergeben, werden als Alternativen bezeichnet. Die Werte a11 bis amn stellen die Bewertungen dar, die angeben, welchen Nutzen die einzelnen Alternativen generieren können. Kupplungssystem Teilbereich des SGV Teilbereich 1 Teilbereich 2 ... Teilbereich n System 1 a11 a12 ... a1n System 2 a21 a22 ... a2n System 3 . . . a31 . . . a32 . . . ... .. . a3n . . . System m am1 am2 ... amn Tabelle 1.1: Zielmatrix der vorliegenden Arbeit Aus den Nutzwerten a kann somit abgelesen werden, welche Kombinationen aus Kupplungssystem und Teilbereich des SGV für eine Ersteinführung am geeignetsten erscheinen. Diese sind dann im Rahmen von quantitativen Folgeuntersuchungen weiter zu betrachten, was jedoch nicht mehr als Ziel der vorliegenden Arbeit gesehen wird. Für die vorliegende Arbeit ergeben sich somit fünf inhaltliche Schwerpunkte, die es zu bearbeiten gilt: 1. Definition der zu untersuchenden Kupplungssysteme 2. Definition der zu untersuchenden Teilbereiche des SGV 3. Entwicklung eines Bewertungsverfahrens zur Bestimmung der Nutzwerte a 4. Durchführung der Bewertung zur Bestimmung der Nutzwerte a 5. Zusammenstellung und Auswertung der Ergebnisse Diese fünf Schwerpunkte kennzeichnen wesentlich den folgend beschriebenen Aufbau der Arbeit, ohne ihn jedoch in jedem Detail vorzugeben. Der Aufbau ist – abzüglich dieses Einleitungskapitels – in Abbildung 1.2 visualisiert. Bevor im dritten Kapitel der Einstieg in die eigentliche Themenstellung erfolgt, werden im zweiten Kapitel einige Grundlagen für die weitere Bearbeitung gelegt, wie z. B. durch die Betrachtung der allgemein an den SGV gestellten Anforderungen seitens der Verlader. Des Weiteren wird noch einmal grundlegend auf die Notwendigkeit von Innovationen im SGV eingegangen und die angestrebte Strategie der Teilumrüstungen gestützt, indem u. a. auf die Aufkommens- und Kapazitätsentwicklung im SGV eingegangen und die Verbreitung von Innovationen aus diffusionstheoretischer Sicht betrachtet wird. Die Kapitel 3 und 4 stellen die technische und betriebliche Wissensbasis für die weitere Bearbeitung dar. Kapitel 3 befasst sich dabei ausführlich mit dem Thema von Einleitung 6 Abbildung 1.2: Aufbau der Arbeit Kupplungssystemen im SGV, indem Unterscheidungsmerkmale verschiedener Kupplungssysteme herausgearbeitet und wesentliche Vertreter dargestellt werden. Weiterhin werden die allgemeinen Vorteile von automatischen MPK zusammengetragen und es wird auf eine Reihe von technischen und betrieblichen Aspekten des Einsatzes derartiger Systeme sowie auf den Gemischtbetrieb mit der SK eingegangen. Kapitel 4 befasst sich mit weiteren Innovationen für den SGV, von denen die Kupplungsfrage nicht losgelöst betrachtet werden sollte, wie z. B. der automatischen Bremsprobe oder einer elektrischen Bremsansteuerung. Im fünften Kapitel erfolgt die Entwicklung der Bewertungsmethodik. Es wird zunächst die Wahl der Nutzwertanalyse als Bewertungsmethode begründet und auf wichtige Aspekte dieses Verfahrens eingegangen, ehe sie für den Fall der Bewertung von fahrzeuggebundenen Innovationen im SGV ausgearbeitet wird. Dabei wird bewusst darauf geachtet, dass eine Übertragbarkeit des ausgearbeiteten Verfahrens auf andere Anwendungsfälle als die Untersuchung von Kupplungssystemen gewährleistet ist. Dieses Kapitel deckt somit Punkt 3 der obigen Aufzählung ab. Es folgt im sechsten Kapitel die Aufstellung der zu bewertenden Alternativen durch Festlegung der zu untersuchenden Kupplungssysteme (Punkt 1) und der Teilbereiche des SGV (Punkt 2), die dort gemäß der im fünften Kapitel erfolgten Definitionen als technische Varianten und potentielle Einsatzfelder bezeichnet werden. Während sich die Definition der Kupplungssysteme aus der Wissensbasis aus den Kapiteln 3 und 4 bedienen kann, wird das notwendige Wissen zu den Teilbereichen des SGV direkt in diesem Kapitel erarbeitet und dargestellt. Die Anordnung der Alternativendefinition nach der Entwicklung der Bewertungsmethodik resultiert daraus, dass z. B. der mögliche Umfang an Alternativen und der Einleitung 7 notwendige Grad der Abgrenzung der Alternativen untereinander von der aufgestellten Methode abhängig sind. Mit Vorhandensein der Bewertungsmethodik und der zu bewertenden Alternativen wird schließlich in Kapitel 7 die Bewertung durchgeführt. Noch im selben Kapitel werden die Ergebnisse zusammengestellt und ausführlich erörtert. Kapitel 8 stellt das Fazit dieser Arbeit dar, in dem Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen gezogen werden und die Leistung der vorliegenden Arbeit resümiert wird. Betrachtet man diesen Aufbau der Arbeit, so ergibt sich neben dem Ziel des Ausfüllens der Zielmatrix und damit der Beantwortung der eigentlichen Forschungsfrage eine Reihe von zusätzlichen Teilzielen: • Zusammenstellung aller relevanten Informationen zum Thema Kupplungssysteme des SGV, ihres Zusammenhangs zu weiteren Innovationen im SGV sowie ihrer Wirkung auf Betrieb und Logistik • Zusammenstellung wesentlicher Informationen zu den „weiteren Innovationen“, inklusive Wirkungsweise und Entwicklungsstand • Entwicklung einer anforderungsgetriebenen Bewertungsmethodik, die grundlegend auch zur Bewertung anderer Innovationen für den SGV geeignet ist, d. h. eine Übertragbarkeit bietet • Herausarbeitung der wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der Betriebsabwicklung und der logistischen Anforderungen verschiedener Teilbereiche des SGV Diese Teilziele stellen alle für sich genommen wesentliche Informationsquellen dar, die für verschiedenste weitere Forschungsarbeiten herangezogen werden können. Gesondert hervorzuheben ist mit Sicherheit der dritte Punkt, da eine Methodik zur Bewertung von Innovationen im SGV unter Berücksichtigung der Struktur eines liberalisierten Bahnmarkts, wie sie in der vorliegenden Arbeit in Form einer Nutzwertanalyse erstellt wird, bislang nicht ansatzweise in dieser Ausführlichkeit vorliegt bzw. frei verfügbar ist. 1.3 Begriffsdefinition Bei vielen Gesprächen im Rahmen der Erhebungen für diese Arbeit mit Vertretern der untersuchten Branchen sowie mit Mitarbeitern verschiedener Eisenbahnunternehmen als auch von Forschungseinrichtungen hat sich gezeigt, dass die gängigen Begriffe bzw. ihre Abkürzungen „automatische Kupplung (AK)“ und „Mittelpufferkupplung (MPK)“ vielfach synonym verwendet werden. Dies ist jedoch genau genommen nicht richtig. „AK“ drückt aus, dass die Kupplung ohne manuellen Eingriff selbsttätig kuppelt (halbautomatisch) oder sogar entkuppelt (vollautomatisch), „MPK“ hingegen drückt aus, dass die Kupplung auch die Funktion eines mittig angeordneten Puffers übernimmt und somit auch Druckkräfte übertragen kann. Einleitung 8 Es gibt für beide Formen Ausprägungen, die der jeweils anderen Form nicht entsprechen.10 In der vorliegenden Arbeit wird mit einer automatischen Mittelpufferkupplung eine Ausprägung betrachtet, die beiden Begrifflichkeiten entspricht. Um diesen Sachverhalt auch bei Verwendung einer Abkürzung auszudrücken, wird die bislang nicht übliche Abkürzung „aMPK“ verwendet. Sie steht damit als Oberbegriff sowohl für halbautomatische als auch vollautomatische Mittelpufferkupplungen. 10 Siehe Kapitel 3 und Anhang A. Kapitel 2 Voraussetzungen Das vorliegenden Kapitel befasst sich zunächst mit der Aufkommens- und Kapazitätsentwicklung im SGV (Unterkapitel 2.1), bevor es darauf aufbauend auf die heute limitierenden Randbedingungen für die Zugdimensionen und die allgemeinen Ansätze zur ihrer Überwindung eingeht (Unterkapitel 2.2). Es folgt eine Betrachtung der Anforderungen, die seitens der verladenden Wirtschaft an den SGV gestellt werden (Unterkapitel 2.3). Zuletzt wird auf die Verbreitung von Innovationen aus diffusionstheoretischer Sicht eingegangen (Unterkapitel 2.4). 2.1 Aufkommens- und Kapazitätsentwicklung im SGV Der SGV hat über die letzten Jahrzehnte im Vergleich der Verkehrsträger stark an Bedeutung verloren. Lag der Anteil des SGV Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts gemessen an der Transportleistung noch über 50 Prozent, so sank er in der ersten Hälfte der 1980er Jahre unter 30 und in der ersten Hälfte der 1990er Jahre unter 20 Prozent [BMVBS 2003, S. 231, S. 238f]1 . Ab dann erfolgte eine Stabilisierung des modalen Anteils, in den Jahren 2003 bis 2008 konnten sogar wieder leichte Zugewinne von 16,5 bis auf 18,5 Prozent verzeichnet werden [BMVBS 2011b, S. 247].2 Mit Einwirkung der Wirtschaftskrise auf den Transportmarkt im Jahr 2009 wurde dieser positive Trend gestoppt. Ob er langfristig wieder greift, bleibt abzuwarten. Abbildung 2.1 zeigt die absolute Entwicklung der Transportleistung des SGV in Deutschland für die Zeit seit der Bahnreform 1994 bis zum Jahr 2010. Neben dem Anstieg der Gesamttransportleistung zeigt sich deutlich der wachsende Anteil der Wettbewerber der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (DB AG), der von 1,2 Prozent im Jahr 1994 über 4,8 Prozent im Jahr 2002 auf 25,1 Prozent im Jahr 2010 gestiegen ist [DB AG 2011, S. 17]. In Abbildung 2.2 zeigt sich anhand verschiedener aktueller Prognosen, dass sich dieser Wachstumstrend aller Voraussicht nach fortsetzen wird.3 Ebenso wie bei der Bahn 1 Angaben ohne Straßengüternahverkehr deutscher Lastkrafwagen (Lkw) Aufgrund einer Änderung in der statistischen Erfassung sind die Anteilswerte vor und nach 1998 nicht direkt miteinander vergleichbar. 3 Die Angabe von 50 Prozent für die Ifmo-Prognose entstammt dem Szenario „Globale Dynamik“. Weitere Szenarien haben niedrigere Werte [Ifmo 2010, S. 87]. Da der Vergleich der Wachstumszahlen der 2 9 Voraussetzungen 10 Abbildung 2.1: Entwicklung der Transportleistung des SGV in Deutschland 1994-2010 (DB: DB Schenker Rail Deutschland AG und ab 2006 RBH Logistics GmbH; eigene Darstellung gemäß BMVBS [2011b, S. 244f] und DB AG [2011, S. 17], dortige Quellenangabe: Statistisches Bundesamt, DB AG) werden für den Verkehrsträger Straße hohe Wachstumszahlen angenommen, was bei der derzeit bereits wesentlich höheren Transportleistung auf der Straße ein entsprechend hohes Wachstum in absoluten Zahlen bedeutet. Abbildung 2.2: Erwartete Zunahme der Transportleistung in Deutschland der Verkehrsträger Straße und Schiene sowie aller Verkehrsträger (gesamt) im Vergleich (eigene Darstellung mit Daten aus Acatech [2006], ITP/BVU [2007], InnoZ [2009], Ickert u. a. [2007] (Progtrans), Verkehrsrundschau [2011] (World Transport Report 2010/2011 der Progtrans AG), Ifmo [2010], z. T. zitiert aus [Leerkamp u. a. 2011, S. 7]) einzelnen Prognosen aufgrund der unterschiedlichen Prognosezeiträume schwierig ist, ist im Anhang B mit Tabelle B.1 ein Vergleich der jährlichen Wachstumsraten gegeben. Voraussetzungen 11 Was diese Prognosen allgemein jedoch nicht beachten, ist, ob die für den jeweiligen Prognosehorizont anzunehmende Infrastruktur überhaupt fähig ist, entsprechende Leistungszuwächse aufzunehmen.4 Eine Analyse der Auswirkung der nachfrageseitig prognostizierten Leistungszuwächse, inklusive denen des Personenverkehrs, erfolgt jedoch bei InnoZ [2009]. Es zeigt sich dort, dass gemäß dieser Prognose 2030 16 Prozent der Zugkilometer auf hochausgelasteten, sechs Prozent auf sehr hoch ausgelasteten und weitere sechs Prozent auf überlasteten Strecken verkehren werden. Besonders kritisch sind die „Streckenabschnitte Lüneburg – Uelzen (Auslastung 130%), Kassel – Fulda (120%), Bad Schandau – tschechische Grenze (120%), Emmerich – Wesel (120%) oder Karlsruhe – Rastatt (110%)“ [InnoZ 2009, S. 99]. Eine Auslastung über 100 Prozent bedeutet dabei, dass keine befriedigende Betriebsqualität mehr gewährleistet werden kann. [InnoZ 2009, S. 98f] Ebenso wurden eine Reihe von überlasteten Netzabschnitten bei der Bedarfsplanüberprüfung 2010 zum Bundesverkehrswegeplan im sogenannten Zielnetz 2025 ausgemacht. Das Zielnetz „enthält alle bereits realisierten bzw. im Bau befindlichen sowie alle als realisiert unterstellten Maßnahmen des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege, soweit sie bereits im Vorlauf zur Bedarfsplanüberprüfung positiv bewertet wurden und ihre Bewertung weniger als fünf Jahre zurück liegt" [BMVBS 2011c, S. 9] (=Bezugsfall) sowie darüber hinaus alle weiteren Maßnahmen des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege5 , die bei der Überprüfung ein Nutzen-Kosten-Verhältnis größer als eins erhalten haben. Prognostische Grundlage für das Aufkommen lieferte dabei die Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025 (siehe ITP/BVU in Abbildung 2.2). [BVU & ITP 2010, S. 1-1] [BMVBS 2011c, S. 1] Bei den überlasteten Netzabschnitten im Zielnetz handelt es sich um die folgenden [BMVBS 2011c, Anhang 6, S. 2]: • (Düsseldorf -) Gruiten - Wuppertal - Schwelm (- Hagen), Köln-West - Bad Godesberg, (Bingen -) Gau Algesheim - Mainz sowie Regensburg - Passau (abschnittsweise) • Engpässe auf den Zuläufen der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT; Gäubahn und Ausbaustrecke München-Lindau) • Engpässe zwischen Frankfurt und Karlsruhe Ebenso wie bei der Schiene werden auch bei der Straße verbleibende Engpässe trotz Netzausbaus ausgemacht [BMVBS 2011c, S. 1]. Abbildung 2.3 (Seite 13) zeigt die erwarteten Engpässe im deutschen Schienennetz gemäß einer Auftragsstudie, die an der Bergischen Universität Wuppertal und der TU 4 Siehe hierzu z. B. die Prognose von ITP/BVU [2007], die sich im Rahmen der Nachfrageermittlung vergleichsweise ausführlich mit geplanten Infrastrukturausbauten und damit Angebotsveränderungen befasst. Bei der Prognose heißt es jedoch: „Für die Ermittlung wird eine überschlägige netzweite Umlegung der Verkehrsmengen durchgeführt, die aber nur dazu dient, auf einem allgemeinen Niveau die Routenwahl zu ermitteln. Hieraus resultieren daher weder belastbare Einzelrouten noch Informationen zur Belastung oder Auslastung der unterstellten Infrastruktur, [. . . ]“ [ITP/BVU 2007, S. 19]. 5 Anlage zu § 1 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz) Voraussetzungen 12 Berlin durchgeführt wurde.6 Die Engpassanalyse basiert auf den Ist-Kapazitäten und der Ist-Auslastung des deutschen Streckennetzes gemäß Holzhey [2010, S. 57] und einer korridorspezifischen Prognose der Zunahme der Zugzahlen. Die untersuchten Korridore sind in der Abbildung farblich hinterlegt (Bezeichnungen DS, SB, OW usw.). Als korridorunspezifischer Grundwachstumsfaktor wurde auf die Prognose „WorldTrans“ aus Abbildung 2.2 zurückgegriffen, d. h. auf die Prognose mit der geringsten Wachstumserwartung. Weitere korridorspezifische Kennzahlen wurden zur Differenzierung der Korridore untereinander herangezogen. Die linke Karte gibt alle Engpässe an, die sich mit den prognostizierten Zugzahlen bei der heutigen Infrastruktur ergeben würden. Als Engpass gilt ein Streckenabschnitt, bei dem die prognostizierte Zugzahl über der nominellen Kapazität liegt. Die mittlere Karte zeigt die Engpässe an, die nach Abschätzung des Projektteams trotz Infrastrukturerweiterungen bestehen bleiben werden. Diese Abschätzungen beinhalten Annahmen darüber, welche Bedarfsplanvorhaben realistischerweise bis zum Jahr 2025 umgesetzt sind sowie über deren Wirkung auf die Streckenkapazitäten. Die rechte Karte zeigt die Engpasssituation für den unrealistischen Fall, dass bis 2025 alle Maßnahmen des aktuellen Bedarfsplans umgesetzt sind. Diese Infrastruktursituation wird – falls in dieser Form überhaupt – mit großer Sicherheit erst weit nach 2025 vorliegen, wenn auch das Verkehrsaufkommen wieder ein ganz anderes sein wird. Diese drei Beispiele von Prognosen zur Infrastrukturauslastung zeigen, dass die geplanten Infrastrukturvorhaben – deren Finanzierung zudem teilweise sehr fraglich ist – nicht ausreichen werden, um das prognostizierte Verkehrswachstum zu bewältigen. Hieraus folgt aus Sicht der Bahn, dass dringend Maßnahmen zur Erhöhung der Systemkapazität unabhängig von der Zunahme der Infrastrukturmasse notwendig sind, sofern sie nicht weitere Anteile am Modal Split verlieren will. Beachtet man weiterhin, dass gemäß der Bedarfsplanüberprüfung auch die Straße nicht fähig ist, ihre Wachstumszahlen engpassfrei abzuwickeln (s. o.), ergibt sich ein allgemeines volkswirtschaftliches Interesse an der Erhöhung der Effektivität der Verkehrsträger. Unabhängig von der verfügbaren Infrastrukturmasse kann die Leistungsfähigkeit der Bahn erhöht werden, indem die transportierte Menge pro Zug erhöht wird. Dies kann durch organisatorische Maßnahmen erfolgen, um die heutige durchschnittliche Zugauslastung näher an die technisch und betrieblich bedingte maximale Zugkapazität heranzuführen. Ein weiterer Schritt ist die Erhöhung der heute maximal zulässigen Zugdimensionen mit der Hilfe technischer und betrieblicher Innovationen über die heutigen Grenzwerte hinaus.7 Im folgenden Unterkapitel wird somit auf die heutigen Grenzwerte der Zugdimensionen eingegangen und es werden allgemeine Möglichkeiten zur ihrer Erhöhung – und damit der Erhöhung der Kapazität pro Zug – aufgezeigt. 6 Siehe Leerkamp u. a. [2011]; die dargestellten Ergebnisse basieren ausschließlich auf den Arbeiten an der TU Berlin. 7 Siehe hierzu auch Lang [2009, S. 172f] sowie Oetting & Glienicke [2010, S. 825]. Voraussetzungen 13 Abbildung 2.3: Zukünftig zu erwartende Engpassbereiche im deutschen Schienennetz (eigene Darstellung, übernommen aus Leerkamp u. a. [2011], Kartengrundlage (Hintergrund) aus DB AG [2010, S. 21]) Voraussetzungen 2.2 14 Heutige Zugdimensionen und Erhöhungsansätze Die Dimensionen eines Zuges sind durch den maximalen Fahrzeugquerschnitt, seine maximale Länge und Masse sowie die Achsanzahl limitiert. Der maximale Querschnitt der Fahrzeuge ergibt sich in Abhängigkeit vom lichten Raum der Streckeninfrastruktur. Beim heute noch üblichen Regellichtraum, „der in seinen wesentlichen Konturen bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Ursprung hat“ [Weigand, Mittmann & Fengler 2008, S. 328], sind vor allem die Einschränkungen an den oberen Ecken zu kritisieren. Diese sind eine Folge der frühen Bauweise von „Tunneln (enges Kreisprofil) und Steinbrücken in Bogenbauweise“ [Siegmann 2010, S. 206]. Um den daraus resultierenden Einschränkungen für die Höhe von Sendungen des Kombinierten Verkehrs (KV) sowie der Volumenreduktion bei gedeckten Wagen durch die Tonnendächer, die diesem Profil folgen, zu entgehen, schreibt die DB AG „beim Neubau und umfassenden Umbau von Strecken ein gegenüber dem Regellichtraum im Bereich der oberen Schrägen erweitertes Lichtraumprofil GC [. . . ] vor“ [Weigand, Mittmann & Fengler 2008, S. 330f]. Ein allgemeines Umbauprogramm für Bestandsstrecken existiert jedoch nicht, die Kosten zur Anpassung von Brücken und Tunneln sind immens. Große Erweiterungen wie die Ermöglichung des Doppelstocktransports von Containern, wie beispielsweise in den USA üblich [Carrillo u. a. 2011, S. 68f], sind allein durch die Höhe des Fahrdrahts nicht möglich [Siegmann 2010, S. 206]. Zwischen den drei Größen Zuglänge, Zugmasse und Achsanzahl gibt es Abhängigkeiten, die im Folgenden zusammen mit den jeweiligen Grenzwerten dargestellt werden. Abbildung 2.4 zeigt schematisch den Zusammenhang zwischen der Zuglänge und der Zugmasse. Die maximal zulässige Zuglänge (3)8 beträgt in Deutschland 740 Meter [DB Ril 408.0711]. Dieser Wert gilt somit als Auslegungswert für die Infrastruktur, die jedoch nicht überall diesem Standard entspricht. Aus technischer Sicht ist, zumindest unter gewissen Randbedingungen, eine Erhöhung dieses Wertes auch mit den heute eingesetzten Fahrzeugen möglich, es bedarf dafür aber infrastruktureller Anpassungen (c). Ab einer gewissen Längengrenze (4) kann ein Zug mit der heutigen Technik jedoch nicht mehr sicher gefahren werden, es sind somit fahrzeugtechnische Anpassungen erforderlich (d).9 Im Rahmen der Regelwerke der Schienennetz-Benutzungsbedingungen der DB Netz AG sind für alle Strecken bzw. Streckenabschnitte die maximalen Grenzlasten für gängige Triebfahrzeugbaureihen vorgegeben, die abhängig von der Trassierung die maximal zulässige Wagenzugmasse bezeichnen. Neben der Leistungsfähigkeit des einzelnen Triebfahrzeugs ist – z. B. bei Doppeltraktion – die Zughakengrenzlast relevant, um Zugtrennungen durch Kupplungsbruch zu vermeiden. Zusammen mit der Masse der Triebfahrzeuge ergibt sich so strecken- und triebfahrzeug-abhängig die maximal zulässige Zugmasse (1). [DB SNB 2011, Anlage 2, Regelwerk Nr. 491] [Lang 2008, S. 172] 8 Die Zahlen und Buchstaben in Klammern beziehen sich auf die jeweiligen Markierungen in der benannten Abbildung. 9 Ausführlichere Betrachtungen zur Zuglänge samt Quellenbelegen finden sich in Unterkapitel 4.2. Voraussetzungen 15 Abbildung 2.4: Zusammenhang zwischen Zuglänge und Zugmasse sowie Erweiterungsmöglichkeiten (eigene Darstellung angelehnt an CER [2007, S. 18] und Spiess [2005, S. 123f]) Für ihre Erhöhung sind fahrzeugtechnische Maßnahmen (a) notwendig, die u. a. die Traktionskraft der Triebfahrzeuge, die Bremsfähigkeit des Zuges und die Festigkeit des Kupplungssystems betreffen. Die maximal erlaubte Meterlast (2) eines Zuges ist z. B. für die Dimensionierung von Brücken relevant [Siegmann 2008, S. 25] und je nach Streckenklasse vorgegeben. Die Zuordnung der Strecken zu den Streckenklassen ist ebenfalls Bestandteil der SchienennetzBenutzungsbedingungen [DB SNB 2011, S. 11, S. 17f]. Ihre Erhöhung ist durch Anpassungen der Infrastruktur zu erreichen (b). Die hervorgehobene Fläche unterhalb der Begrenzungslinien der Meterlast und der maximalen Zugmasse, die rechts durch die maximale Zuglänge begrenzt ist, markiert somit alle erlaubten Kombinationen von Zuglänge und Zugmasse. Die untere Begrenzung (5) ergibt sich daraus, dass ein Zug unabdingbar eine Mindestmasse pro Längenmeter hat. Voraussetzungen 16 Eingezeichnet sind zudem zwei Beispielzüge mit jeweils vollständig homogenem Wagenpark und Beladungszustand.10 Im Fall A wird die maximale Zugmasse vor der maximalen Zuglänge erreicht, im Fall B ist es umgekehrt. Analog zum dargestellten Diagramm kann die Zugmasse auch über die Anzahl der Achsen eines Zuges dargestellt werden. Anstelle der im Ursprung entstehenden Geraden für die Meterlast (2) ist auf dieselbe Weise die maximale Achslast einzutragen, die ebenfalls abhängig von der jeweiligen Streckenklasse ist. Die maximale Anzahl an Achsen ist durch die zur Sicherungstechnik gehörenden infrastrukturseitigen Achszählanlagen begrenzt und beträgt in Deutschland in der Regel 250 Achsen [DB Ril 408.0711]. Eine Erhöhung der Achslast über die heutigen Grenzwerte (Streckenklasse D4 mit 22,5 Tonnen pro Achse [DB SNB 2011, S. 17f]) betrifft zunächst die Infrastruktur. Alle Fahrzeuge, die diese Erhöhung ausnutzen wollen, müssen jedoch ebenso dafür ausgelegt sein. 2.3 Marktanforderungen Eine neue Technik muss den Anforderungen ihres Einsatzfeldes genügen und nicht um ihrer selbst willen vorangetrieben oder sogar eingeführt werden. „Die Technikstrategie reiht sich in einem Betreiberunternehmen [. . . ] in erster Linie als „Dienstleister“ hierarchisch hinter den Markt- bzw. Produktanforderungen ein“, schreibt dazu Engelmann [2003, S. 60]. Die Kenntnis der genauen Markt- und Produktanforderungen ist daher wesentlich bei der Bewertung einer neuen Technik und beeinflusst maßgebend die Auswahl und Gewichtung der Bewertungskriterien des aufzustellenden Bewertungsmodells. Im Folgenden wird daher auf diese Anforderungen seitens des Marktes – und damit im Wesentlichen seitens der Transportkunden – eingegangen. Es existiert eine Reihe von Studien und Veröffentlichungen, die sich mit den Anforderungen der verladenden Wirtschaft an die Transportwirtschaft allgemein oder an den SGV im Speziellen befassen. Ziel dieses Unterkapitels ist es, in Form einer kurzen Metaanalyse die wesentlichen Anforderungen und ihre jeweilige Wichtigkeit herauszuarbeiten. Tabelle 2.1 stellt die Ergebnisse der betrachteten Untersuchungen zusammen. Die Auswahl der Kriterien in der ersten Spalte richtet sich dabei nach den Nachfragekriterien bei Trost [1999] mit leichten Anpassungen entsprechend den ausgewerteten Untersuchungen. Die zusammengestellten Daten entstammen den EU-Projekten Eufranet (Endbericht von 2001) und NewOpera (Endbericht von 2008), dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt CargoRail (Endbericht von 2003), dem Rail Freight Quality Progress Report 2007/2008 der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER), den European Rail Freight Surveys von Booz & Company zusammen mit der Deutschen Logistik-Zeitung (DVZ), International Freighting Weekly (Großbritannien) und La Vie Du Rail aus den Jahren 2008 und 2009 sowie einer Umfrage des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf 10 Unter Vernachlässigung, dass die Triebfahrzeuge eine abweichende Meterlast zu den Güterwagen haben. S. 18] für BME/DH) 3 (4,33) 5 (4,72) 3 4 (4,37) 1 (1,78) 2 (2,11) 5 (4,72) EUFRANET 2001 k. A. TA 4 1, 2 c 4d 5 4-6 b 6i 2, 7, 8 e 3 1 NewOPERA 2008 (2000) k. A. TA 3 CargoRail 2003 36 TA 6, 8 j (2,13, 1,75) 4 (4,57) 1 (3,00) 2 (2,75) 7 (2,00) 3f (2,63) 5 (2,38) 4 CER 2008 (2005) k. A. TA 5 (37 %) 7, 8 k (18 %, 4 %) 3 (44 %) 5 5 (37 %) 1 (58 %) 2 (55 %) 2 (55 %) 4g (42 %) 6 (32 %) 2 (35 %) 6s (14 %) 3 (28 %) 5 (21 %) 5 4 (23 %) 1 (38 %) 2 (72 %) 5g (46 %) 5 (58 %) 3 (70 %) 1 (78 %) Booz & Company 2008 2009 71 >250 TA P1 TA 3, 7 h (44,2 %, 20,8 %) 2, 4, 6, 8, 9, 10m 5 (33,3 %) 1a (79,2 %) 5 1a (79,2 %) BME/DH 2009 171 P2 1) Jahreszahl ohne Klammern: Jahr der zitierten Veröffentlichung, Jahreszahl in Klammern: Jahr der Erhebung (falls bekannt); 2) TA) Transportanforderungen, P1) Hauptprobleme des SGV, P2) Hauptgründe gegen SGV-Nutzung; 3) Punkte von 1 (most important) bis 8 (less important); 4) k. A. in zitierter Quelle zur Skala; 5) Prozent der Angaben, Mehrfachnennung möglich Administrative Abwicklung, Service Andere Netzdichte, Zugang, Kapazität Wagengestellung und -verfügbarkeit Information Frequenz Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit Kosten Transportgeschwindigkeit Flexibilität Bezeichnung Jahr 1 Stichprobenumfang Fragestellung 2 Voraussetzungen 17 Tabelle 2.1: Rangfolge der Qualitätsanforderungen an den Gütertransport (eigene Zu- sammenstellung aus Eufranet [2001, S. 13]; DLR, IVE, iVA [2003, S 63ff] für CargoRail; NewOpera [2008, S. 92], CER [2008a, S. 8]; Booz&Co. [2008], Booz&Co. [2009], DVZ [2008a] und DVZ [2008b] für Booz & Company 2008 und 2009, Wittenbrink [2009, Voraussetzungen 18 und Logistik (BME) e.V. zusammen mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg zum Thema Green Logistics aus dem Jahr 2009. Erläuterungen zu einigen Einträgen in Tabelle 2.1 finden sich in Tabelle 2.2. a b c d e f g h i j k l m „zu geringe Schnelligkeit/Flexibilität“ „kurzer Planungsvorlauf“ (4), „mengenmäßige Flexibilität“ (5), „zeitliche Flexibilität“ (4), „örtliche Flexibilität“ (6) „Termintreue“ (1), „Transportsicherheit“ (2) „Tag-/Nachttransporte“ „More Accessibility“ (2), „Greater Network Density“ (7), „More Loading Spots“ (8) „Available Capacity“ „Netzwerk/Präsens des Anbieters“ „zu geringer Kundenservice seitens der Bahn“ (3), „Abrechnung zu kompliziert bzw. zu kundenunfreundlich“ (7) „Product unsuitable for Rail“ „Handling Time“ (6), „Ecological Aspects“ (8) „Produkt- und Service-Innovationen“ (7), „Reputation/Image“ sowie „Andere“ (jeweils 8 mit 4 %) „Produkt- und Service-Innovationen“ „kein Gleisanschluss“ (2, 55,8 %), „zu geringes Volumen für Waggon/Wechselbrücke“ (4, 35,0 %), „Entfernungen sind zu kurz“ (6, 25,8 %), „unserer Dienstleister bietet keine Schienentransport an“ (8, 13,3 %), „keine Ansprechpartner bei den Bahnen bekannt“ (9, 12,5 %), „keine Preise bekannt“ (10, 6,7 %) Tabelle 2.2: Erläuterungen zu Tabelle 2.1 (eigene Zusammenstellung, Quellen gemäß Tabelle 2.1) Es zeigt sich in der Zusammenstellung, dass neben den Aspekten, die vom Transportsystem und der dabei eingesetzten Technik abhängig sind, die Qualität der administrativen Abwicklung und der Kundenservice allgemein als bedeutend anzusehen sind. Durch eine Änderung der beim Transportprozess eingesetzten Technik kann an dieser Stelle jedoch, wie oben bereits erwähnt, kein Einfluss genommen werden. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Aspekt ist die Information des Kunden über den Status der Sendung, insbesondere über Verspätungen. Dieser Aspekt ist zumindest zum Teil von der eingesetzten Technik abhängig, da die notwendigen Informationen beim Transportprozess generiert werden müssen. Zur Veranschaulichung der wesentlichen Ergebnisse stellt Abbildung 2.5 die Rangfolge der vier Anforderungskriterien, die in fast allen Untersuchungen mit hoher Bedeutung benannt wurden, grafisch dar. Hierbei handelt es sich um die Transportgeschwindigkeit, die Flexibilität, die Zuverlässigkeit (inklusive der Pünktlichkeit) sowie die Kosten. Vier Punkte entsprechen der höchsten, ein Punkt der niedrigsten Wichtigkeit. Zusammenfassend kann bei dieser Darstellung festgehalten werden, dass die Zuverlässigkeit sowie die Kosten mit einer Ausnahme (Zuverlässigkeit bei NewOpera) von durchgängig hoher Bedeutung sind, während die Bedeutungen der Geschwindigkeit und Voraussetzungen 19 der Flexibilität zwischen den Studien stärker variieren und insgesamt nicht derart hoch gewichtet wurden wie die beiden erstgenannten. Hervorzuheben ist neben diesen vier Anforderungen zudem die Transportfrequenz, die nach der Erhebung von Booz & Company 2008 zusammen mit den Transportkosten den zweiten Rang einnimmt. Abbildung 2.5: Grafische Darstellung der Rangfolge der vier meistgenannten Anforderungen (eigene Darstellung) Das EU-Projekt Intelfret (Endbericht von 2000) greift auf die Erhebung aus dem Projekt Eufranet zurück und stellt diese noch ausführlicher dar, indem bei der Bedeutung der einzelnen Anforderungen nach Transporten von Zwischen- und Endprodukten unterschieden wird (Tabelle 2.3). Es zeigt sich eine besondere Bedeutung der Zuverlässigkeit gerade bei Zwischenerzeugnissen, die nicht nur durch den niedrigen Mittelwert – der für eine hohe Bedeutung steht – sondern auch durch eine geringe Streuung11 von diesem Wert charakterisiert ist. Die Preissensibilität ist hingegen bei den Enderzeugnissen höher, ebenfalls mit einer geringen Streuung. Sie liegt jedoch ebenfalls hinter der Zuverlässigkeit. Weiterhin sind eine höhere Bedeutung der Geschwindigkeit bei den Zwischenerzeugnissen und eine höhere Bedeutung der Information bei Enderzeugnissen zu erkennen. Dies verwundert, da bei der Einbindung der Zwischenprodukte in ProdukZwischenerzeugnisse Enderzeugnisse Kriterium Durchschnitt Abweichung Durchschnitt Abweichung Zuverlässigkeit 1.58 0.63 1.93 2.32 Kosten 2.25 2.75 2.00 1.11 Information 4.67 1.88 4.07 2.21 Flexibilität 4.50 1.73 4.27 1.92 Transportgeschw. 4.25 2.93 5.10 2.36 Frequenz 4.67 2.24 4.77 1.96 Tabelle 2.3: Wichtigkeit verschiedener Entscheidungskriterien unterteilt nach Zwischenund Enderzeugnissen [Intelfret 2000, S. 15] 11 Aus der zitierten Quelle geht nicht die Art der angegebenen Abweichung (z. B. Standardabweichung) vom Mittelwert hervor. Voraussetzungen 20 tionsketten neben der tatsächlich höheren Bedeutung der Zuverlässigkeit auch davon ausgegangen werden könnte, dass die Information über Verspätungen sehr wichtig ist. Da die Endprodukte in der Regel höherwertig als die Zwischenprodukte sind, hätte auch bei der Transportgeschwindigkeit ein anderes Ergebnis erwartet werden können. 2.4 Diffusion von Innovationen Bei der Verbreitung von Innovationen spielt die zeitliche Komponente eine wesentliche Rolle.12 Der zeitliche Verlauf im Adoptionsprozess einer Innovation wird in der Diffusionstheorie mit der Dichtefunktion der Normalverteilung beschrieben, für die kumulierte Anzahl der Adoptoren ergibt sich somit ein S-Kurvenverlauf (Abbildung 2.6) [Rogers 2003, S. 112 und 279ff]13 . Die einzelnen Adopter – kategorisiert als Innovatoren, frühe Übernehmer, frühe und späte Mehrheit sowie Nachzügler – bilden die Mitglieder eines sozialen Systems [Mahler & Stoetzer 1995, S. 17] [Rogers 2003]. Diese verbindet dabei die Gemeinsamkeit, für dasselbe Problem eine Lösung zu suchen [Weiber 1992, S. 10] [Rogers 2003, S. 23]. Bei den Mitgliedern kann es sich um Individuen, informelle Gruppen, Organisationen und/oder Subsysteme handeln [Rogers 2003, S. 23]. Abbildung 2.6: Zeitlicher Verlauf im Adoptionsprozess und Adopterkategorien (eigene Darstellung gemäß Eckhoff [2001, S. 42], dort nach einer früheren Ausgabe von Rogers [2003]) Für den vorliegenden Fall empfiehlt es sich, den mit einer neuen Technik ausgerüsteten Güterwagen und nicht nur diese Technik selbst, d. h. beispielsweise das neue Kupplungssystem, als Innovation zu betrachten. Die Mitglieder des sozialen Systems, die die Adoptionsentscheidung treffen, sind dann die Wagenhalter. Diese können für ihre Wagen im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen (insbesondere der Zulassung) unabhängig von den anderen Wagenhaltern über eine Übernahme der neuen Technik 12 Gemäß Rogers [2003, S 11ff] sind die vier Hauptelemente bei der Diffusion von Innovationen die Innovation selbst, die Kommunikationswege, die Zeit und das soziale System: „Diffusion is the process by which (1) an innovation (2) is communicated through certain channels (3) over time (4) among the members of a social system.“ [Rogers 2003, S. 11] 13 Vgl. auch Eckhoff [2001, S. 41f], Mahler & Stoetzer [1995, S. 13ff], Weiber [1992, S. 10ff], die sich alle u. a. auf frühere Ausgaben von Rogers [2003] beziehen, sowie Holt [1983, S. 18f]. Voraussetzungen 21 entscheiden. Ob sie diese Entscheidung aus eigenem Interesse oder auf Anforderung ihrer Kunden treffen, ist aus dieser Sicht zunächst sekundär. Im heutigen liberalisierten Bahnmarkt gibt es eine Reihe von Mitgliedern des sozialen Systems, die jeweils frei über eine gewisse Anzahl von Güterwagen entscheiden können. Vor der Liberalisierung handelte es sich bei den Wagenhaltern hingegen im Wesentlichen um die Staatsbahnen und einige Privatwageneinsteller. Letztere hatten jedoch in vielen Fällen keine eigene Entscheidungskompetenz bezüglich der fahrzeugtechnischen Ausrüstung, sondern waren an die Vorgabe der Staatsbahnen gebunden.14 Der Unterschied des hinter Abbildung 2.6 stehenden Ansatzes zu den bisherigen Versuchen der Einführung einer aMPK in Europa und zu den erfolgreichen Umstellungen außerhalb Europas ist, dass dort nicht die Wagenhalter als Elemente eines sozialen Systems frei entscheiden konnten, sondern es um Vorgaben einer übergeordneten Instanz ging.15 Auch wenn die Entscheidung eines Wagenhalters über die Adoption der Innovation theoretisch unabhängig von den Entscheidungen der anderen Wagenhalter erfolgen kann, wird er sich von diesen beeinflussen lassen. Sofern die Wagen eines Wagenhalters nicht nur untereinander kuppeln, was in der Regel der Fall ist, ergibt sich ein Vorteil, wenn schon möglichst viele andere Wagen mit einer aMPK ausgerüstet sind. Als weiteres Beispiel wird es für seine Adoptionsentscheidung förderlich sein, wenn aufgrund des Einsatzes der neuen Technik durch ein anderes Mitglied des sozialen Systems schon entsprechende Instandhaltungskapazitäten vorliegen, die er mitnutzen kann (da z. B. eine unabhängige Werkstatt, die beiden Wagenhaltern ihre Dienste anbietet, schon die notwendigen Kompetenzen aufgebaut hat). In der Diffusionsforschung16 werden derartige Sachverhalte abgedeckt, indem die Innovationen in Singulär-, Netzeffekt- und Systemgüter unterteilt werden. Singulärgüter haben dabei ausschließlich einen originären Produktnutzen, womit der Verbreitungsgrad des Gutes bei der Anschaffungsentscheidung von stark untergeordneter Bedeutung ist. Netzeffektgüter haben neben dem originären Produktnutzen einen derivativen Produktnutzen, der sich aus der Verbreitung komplementärer Güter am Markt bestimmt. Systemgüter verfügen hingegen nur über einen Derivatnutzen. Der Nutzen ergibt sich aus Interaktionsbeziehungen zu anderen Mitgliedern des sozialen Systems.17 [Schoder 1995, S. 72ff] [Weiber 1992, S. 15] [Weiber 1995, S. 41ff] Sowohl bei Netzeffekt- als auch bei Systemgütern steigt somit der Nutzen für den einzelnen Nutzer mit dem Verbreitungsgrad der Innovation. Ihr Ausbreitungsmuster, 14 Siehe bezüglich der eingeschränkten Entscheidungskompetenz der Privatwageneinsteller im Bereich der ehemaligen Deutschen Bundesbahn die Dienstvorschrift DS 950/1 ( [DS 950/1, §1]). 15 Siehe hierzu Anhang A. 16 speziell in der Diffusionsforschung mit dem Fokus auf Innovationen aus dem Bereich der Telekommunikation 17 Zwischen den zitierten Quellen unterscheidet sich teilweise die Darstellungsweise, ob Systemgüter eine eigene Klasse auf der gleichen Ebene wie Singulär- und Netzeffektgüter bilden oder ob sie ein Spezialfall der Netzeffektgüter sind. Zur Unterscheidung von Netzeffekt- und Systemgütern kann weiterhin herangezogen werden, dass für Netzeffektgüter primär indirekte und für Systemgüter primär direkte Netzeffekte relevant sind [Weiber 1992, S. 17f] [Weiber 1995, S. 44]. Zur Unterscheidung von direkten und indirekten Netzeffekten siehe Schoder [1995, S. 72f]. Voraussetzungen 22 insbesondere das von Systemgütern, weicht somit wie in Abbildung 2.7 dargestellt von denen von Singulärgütern ab [Eckhoff 2001, S. 81]. Abbildung 2.7: Diffusionsverlauf bei Netzeffekt- und Systemgütern (eigene Darstellung gemäß Eckhoff [2001, S. 81], dort nach einer früheren Ausgabe von Rogers [2003]) Neben dem Verlauf der angepassten, d. h. erst flacheren und dann steileren S-Kurve, stellt Abbildung 2.7 die sogenannte kritische Masse dar. Die kritische Masse bestimmt die Mindestzahl von Anwendern, „die erforderlich ist, damit Systemgüter einen ausreichenden Nutzen für eine langfristige Verwendung bei einem Anwenderkreis entwickeln“ [Weiber 1995, S. 46]. Während nach Eckhoff [1991, S. 81] die kritische Masse selbst für Singulärgüter einen Effekt haben kann, der über die Netzeffektgüter bis zu den Systemgütern zunimmt, spricht Weiber [1992, S. 19f und 1995, S. 45f] lediglich im Zusammenhang von Systemgütern von der kritischen Masse. Rogers [2003, S. 343f] definiert die critical mass allgemein für interactive innovations als „the point after which further diffusion becomes self-sustaining“, d. h. als den Punkt, ab dem die weitere Verbreitung einer interaktiven Innovation selbsttragend verläuft. Betrachtet man, wie oben dargestellt, den einzelnen Güterwagen als das innovative Gut, handelt es sich eindeutig um ein Systemgut, da ein einziger umgerüsteter Wagen keinen Nutzen bringt. Beachtet man, dass ein Wagenhalter seine Adoptionsentscheidung immer für eine Gruppe von Güterwagen treffen wird, so dass innerhalb dieser Gruppe unabhängig von der Interaktion zu weiteren Wagen ein Nutzen entsteht, kann auch jeweils eine Gruppe von umgerüsteten Güterwagen als „innovatives Gut“ gesehen werden. Da diese Gruppe früher oder später mit Sicherheit einen Nutzen daraus ziehen wird, wenn weitere Wagengruppen im SGV umgerüstet sind, ist auch dann zumindest von einem Netzeffektgut auszugehen. In jedem Fall ist anzunehmen, dass es sich um ein Kritische-Masse-System handelt. Dieser Theorie folgend muss es daher das Ziel bei der Einführung einer aMPK sein, die kritische Masse zu erreichen, um die darauf folgende, beschleunigte und selbsttragende Verbreitung zu erreichen. Als Weg dorthin müssen gemäß Abbildung 2.6 jedoch zunächst die Innovatoren gewonnen werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit kann da- Voraussetzungen 23 her auch darin gesehen werden, den potentiellen Adoptoren eine Entscheidungshilfe zu geben, ob sie als Innovatoren in Frage kommen. Welcher Hauptwiderstand diesen Innovatoren allgemein entgegensteht, ist in Abbildung 2.8 zu erkennen. Während die anzustrebende Leistungsfähigkeit der Innovation, gemessen am Nutzen im Verhältnis zu den Kosten, weit über der Leistungsfähigkeitsgrenze der bislang eingesetzten Technologie liegt, ist im Moment der Einführung zunächst von einer Verschlechterung dieses Verhältnisses auszugehen – was einen frühen Wechsel unattraktiv macht. Auf der anderen Seite zeigt diese Abbildung jedoch auch, dass ab einem bestimmten Punkt für weitere Leistungsfähigkeitssteigerungen Systembrüche in Form des Wechsels auf eine neue Technologie notwendig sind. Abbildung 2.8: Abschätzung des technologischen Potenzials alter und neuer Technologien (eigene Darstellung gemäß Weiber, Kollmann & Pohl [2006, S. 106]) 2.5 Zusammenfassung Mit den vorangegangenen Unterkapiteln des vorliegenden Kapitels wurden wesentliche Grundlagen für die weitere Bearbeitung der gegebenen Themenstellung gelegt. Die Betrachtungen zur Aufkommens- und Kapazitätsentwicklung sowie zu den Kundenanforderungen haben dabei aufgezeigt, dass der SGV in seiner heutigen Form die an ihn gestellten Leistungs- und Qualitätsanforderungen nicht vollumfänglich bedienen kann. Hieraus wird die Notwendigkeit nach technisch-betrieblichen als auch nach organisatorischen Innovationen für den SGV abgeleitet, wobei letzteres nicht Bestandteil dieser Arbeit sein soll. Die Betrachtungen zur Aufkommens- und Kapazitätsentwicklung haben insbesondere die Notwendigkeit einer höheren durchschnittlichen Transportmenge pro Zug aufgezeigt. Neben den hier nicht zu behandelnden organisatorischen Aspekten zur Erhöhung der durchschnittlichen Auslastung der Züge im Rahmen der heutigen maximalen Zugdimensionen kann dies durch eine Erhöhung dieser Grenzwerte erfolgen. Die Ausführungen zu den heutigen Zugdimensionen und den Erhöhungsansätzen haben dabei den Zusammenhang zum verwendeten Kupplungssystem sowie zum Bremssystem auf- Voraussetzungen 24 gezeigt, welche beide – als Haupt- und als Nebenaspekt – in dieser Arbeit behandelt werden. In Form eines Exkurses zur Theorie der Diffusionsforschung wurde festgestellt, dass es sich bei der Einführung einer aMPK bzw. verallgemeinert bei fahrzeugtechnischen Innovationen, die ihre Wirkung beim Zusammenspiel mehrerer Güterwagen entfalten, um ein Kritische-Masse-System handelt. Demnach sind zunächst wenige Innovatoren von der Adoption einer aMPK zu überzeugen, denen danach frühe Übernehmer folgen sollten. Eine Aussage zur kritischen Masse (notwendige umgerüstete Wagenanzahl oder notwendige Transportleistung in umgerüsteten Wagen) kann hier nicht getroffen werden. Es ergibt sich jedoch eine Einordnung der vorliegenden Arbeit in den theoretischen Diffusionsprozess: Dies ist die Ermittlung potentieller Innovatoren bzw. der Teilbereiche des SGV, in dem diese aktiv sind. Kapitel 3 Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr Das vorliegende Kapitel gibt einleitend eine Definition, was unter dem Begriff Kupplungssystem im Detail verstanden wird und stellt dar, anhand welcher Kriterien sich Kupplungssysteme generell unterscheiden lassen (Unterkapitel 3.1). Es folgt eine Darstellung wesentlicher Vertreter verschiedener Kupplungssyteme (Unterkapitel 3.2), bevor die allgemeinen Vorteile einer aMPK zusammengefasst werden (Unterkapitel 3.3). Im Anschluss werden verschiedene technische und betriebliche Aspekte des Einsatzes einer aMPK behandelt (Unterkapitel 3.4), womit u. a. die zuvor aufgezählten Vorteile eine ausführliche Erläuterung finden. Abschließend wird auf Umstellungsverfahren sowie auf den Fall des gemischten Betriebs aMPK-SK eingegangen (Unterkapitel 3.5). 3.1 Definition und Unterscheidungsmerkmale Als Kupplungssystem wird in dieser Arbeit ein System verstanden, das die Verbindung von Eisenbahnfahrzeugen hinsichtlich der mechanischen Übertragung von Zug- und Druckkräften, der Energieübertragung in Form von Druckluft oder elektrischer Energie und der Informationsübertragung in Form der Änderung des Luftdrucks oder über elektrische Signale gewährleistet. Folgend sind wesentliche Unterscheidungsmerkmale verschiedener Kupplungssysteme zusammengefasst: Bedienung und Automatisierungsgrad: Dieses Merkmal bezieht sich auf den personellen Aufwand beim Kupplungs- und Entkupplungsvorgang. Zu unterscheiden ist zwischen manuellen, halbautomatischen und vollautomatischen Kupplungen. Bei manuellen Kupplungen erfolgt sowohl das Kuppeln als auch das Entkuppeln von Hand. Halbautomatische Kupplungen kuppeln von selbst, wenn zwei Fahrzeuge aufeinandergedrückt werden. Vollautomatische Kupplungen können zudem ferngesteuert entkuppeln. Bei halbautomatischen Kupplungen ist weiterhin zu unterscheiden, ob Luft- und ggf. Elektroleitungen automatisch mitkuppeln. Bei manuellen Kupplungen ist die automatische Leitungskupplung nicht, bei vollautomatischen Kupplungen in jedem Fall gegeben. 25 Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 26 Verteilung der Kraftübertragung: Zwischen den Fahrzeugen müssen sowohl Zugals auch Druckkräfte übertragen werden. Hieraus folgt die Unterteilung in ZugDruck- und reine Zug-Kupplungen. Bei den erstgenannten werden sowohl Zug- als auch Druckkräfte durch einen Baukörper übertragen. Die Einleitung der Kräfte in den Wagenkasten erfolgt an einem Punkt, in der Regel mittig auf der Fahrzeuglängsachse (zentrische Krafteinleitung). Man spricht daher von Mittelpufferkupplungen, was auf die mittige Anordnung und auf die Puffer-Integration hinweist. Bei reinen Zugkupplungen sind weitere Einrichtungen zur Druckübertragung notwendig. Bei der SK, die selbst nur Zugkräfte übertragen kann, erfolgt dies über die Puffer, die sich seitlich der zentrisch angebrachten SK befinden. Die Zugkräfte werden hierbei demnach zentrisch, die Druckkräfte exzentrisch übertragen. Spiel zwischen den Kupplungen: Die Unterscheidung zwischen beweglichen und starren Kupplungen resultiert aus dem vertikalen Spiel zwischen zwei gekuppelten Kupplungen. Bei beweglichen Kupplungen können sich die Kupplungsköpfe in senkrechter Richtung gegeneinander verschieben, z. B. um Höhenunterschiede der Untergestelle resultierend aus unterschiedlichen Beladungszuständen auszugleichen (Abbildung 3.1 links). Bei starren Kupplungen wird dieses Gleiten an den Kupplungsflächen durch zusätzliche Elemente am Kupplungskopf verhindert, ein Restspiel zwischen den Kupplungsköpfen in vertikaler und horizontaler Ebene bleibt jedoch vielfach bestehen. Zum Höhenausgleich unterschiedlich hoher Wagen-Untergestelle sind bei starren Kupplungen doppelte Gelenke notwendig, die neben der waagerechten eine senkrechte Bewegung der Kupplung ermöglichen (Abbildung 3.1 rechts). Zusätzliche Maßnahmen sind erforderlich, um besonders bei zweiachsigen Güterwagen keine entgleisungsgefährdenden Querkräfte bei Längsdruckkraft im Zugverband an diesen Gelenken entstehen zu lassen.1 Zudem ist eine elastische Aufhängung notwendig, um die Kupplungen im entkuppelten Zustand in der Waagerechten zu halten. Starre Kupplungen haben dafür den Vorteil eines geringeren Verschleißes an den Kupplungsflächen. Zudem bieten sie bei ausreichend geringem Spiel zwischen den Kupplungsköpfen die Möglichkeit des automatischen Mitkuppelns von pneumatischen oder elektrischen Leitungen, ohne dass diese während der Fahrt auseinandergleiten bzw. durch Relativbewegungen der Kupplungen zueinander beschädigt werden. [UIC 1965, S. 14, S. 23] [Bensch 2008, Interview] Unabhängig von der Ausführung des Kupplungssystems gemäß dieser Unterscheidungsmerkmale muss es über eine federnde Zug- und Stoßeinrichtung verfügen.2 Nach DIN EN 15566 [S. 8] ist dies ein „System, das aus einer Anordnung mechanischer Bauteile und Dämpfungselementen besteht, am Schienenfahrzeug befestigt ist und in Kompression und Traktion (Zug und Stoß) betrieben werden kann“. 1 Siehe hierzu Abschnitt 3.4.1. Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) schreibt eine solche federnde Zug- und Stoßeinrichtung an beiden Enden der Fahrzeuge vor [EBO, § 24 (1)]. 2 Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 27 Abbildung 3.1: Prinzip einer beweglichen (links) und starren Kupplung (rechts) (eigene Darstellung gemäß UIC [1965, S. 14]) 3.2 Übersicht verschiedener Kupplungssysteme In diesem Abschnitt werden verschiedene Kupplungssysteme vorgestellt, die in Europa oder in anderen Teilen der Welt großflächig verbreitet sind. Hinzu kommen mit der AK69, der C-AKv und der Z-AK drei Systeme, die sich nicht oder bislang nur in sehr spezifischen Einsatzfeldern durchsetzen konnten. Zur Vollständigkeit erfolgt weiterhin eine Darstellung der Scharfenbergkupplung, auch wenn diese fast ausschließlich für den Personenverkehr relevant ist. Wesentliche und in Europa übliche Lastparamter von Kupplungssystemen, die bei der folgenden Darstellung der Kupplungssysteme angegeben werden, sind die folgenden: Maximale Zug- und Druckkraft (Dehngrenze): Die Dehngrenze bezeichnet die maximale Belastung ohne bleibende Verformung. In der Regel ist bei den Kupplungen die Rp0,2 -Grenze angegeben. Rp bezeichnet die Dehngrenze bei plastischem Fließen, 0,2 gibt den Grad des plastischen Fließens an (0,2 Prozent). [Gobrecht 2006, S. 301]. Teilweise wird auch der Begriff der Streckgrenze bei den Kräfteangaben von Kupplungen verwendet. Mindestbruchlast: Minimale Last, die zum mechanischen Versagen führen darf. [DIN EN 15566, S. 10] Zulässige Längsdruckkraft: Die Längsdruckkraft, die auf den Wagen mindestens wirken können muss, ohne dass es zu einer Entgleisung kommt. Diese liegt bei zweiachsigen Wagen niedriger als bei Drehgestellwagen. Sie wird durch Nachschiebeversuche in einem S-Bogen mit einem Radius von 150 Metern und einer 6 Meter langen Zwischengerade bestimmt. Die genauen Versuchsbedingungen sind im UIC-Merkblatt 530-2 festgelegt. [Stieler 1995, S. 811] 3.2.1 Die Schraubenkupplung (SK) Die SK (Abbildung 3.2) im Zusammenspiel mit Seitenpuffern stellt das Standard-Kupplungssystem in Europa dar [Hecht u. a. 2008, S. 444]. Zugkräfte werden dabei durch die SK selbst, den Zughaken und das im Wagenkasten untergebrachte Federwerk, Druckkräfte durch die Seitenpuffer übernommen.3 Energie und Informationen werden durch 3 Obwohl gemäß dieser Aufzählung die SK nur ein Teil des heute üblichen Systems ist, wird in aller Regel der Begriff „Schraubenkupplung“ als Synonym für das Gesamtsystem verwendet. Dies wird auch Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 28 getrennt zu kuppelnde Luft- (z. B. Hauptluft- und Hauptluftbehälterleitung) und Elektroleitungen (z. B. UIC-Leitung, Zugsammelschiene) übertragen. Elektrische Kupplungen zum Energie- und Informationstransfer kommen fast ausschließlich beim Personenverkehr zum Einsatz. Güterwagen verfügen in der Regel nicht über die notwendige elektrische Ausrüstung. Abbildung 3.2: Schraubenkupplung und Seitenpuffer im Einsatz bei Reisezugwagen (Foto: C. Canis) Tabelle 3.1 zeigt die maximal übertragbaren Zug- und Druckkräfte (Rp0,2 -Grenze) sowie die maximal zulässige Längsdruckkraft im Zugverband (Entgleisungsgrenze) bei Einsatz der SK. Die Mindestbruchlast bei Zug beträgt 850 Kilonewton (Sollbruchstelle Kupplungslaschen, siehe Abbildung 3.2 links), die der restlichen Elemente des Kupplungssystems wie des Zughakens 1000 Kilonewton [DIN EN 15566, S. 10] [Hecht, Krause & Pollach 2005, S. Q67] [TSI CR WAG, S. L 344/34]. Gemäß der Mindestbruchlast lautet die Bezeichnung des Kupplungssystems 1 MN. Daneben gibt es verstärkte Varianten der Kupplung mit den Bezeichnungen 1,2 MN (1,02 Meganewton Mindestbruchlast der SK und 1,2 Meganewton Mindestbruchlast der Zugeinrichtung und des Zughakens) und 1,5 MN (1,35 Meganewton und 1,5 Meganewton) [DIN EN 15566, S. 10]. max. Zugkraft (Dehngrenze) 500 kN max. Druckkraft (Dehngrenze) 2000 kN Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) ca. 200 kN Tabelle 3.1: Maximale Lasten bei der gewöhnlichen Ausführung der Schraubenkupplung mit Seitenpuffern [Chatterjee & Bensch 1999, S. 36] Die Begrenzung der Bruchlast der SK – und damit auch der maximal übertragbaren Zugkräfte im Zugverband – ist eine Folge des manuellen Einhängens der SK in den Zughaken und der daraus resultierenden maximal zulässigen Masse der Kupplung [Felsing & Hoffmann 1995, S. 247] [Hecht, Krause & Pollach 2005, S. Q67].4 Zur Beschleunigung von Rangierprozessen von Fahrzeugen mit SK können die Triebfahrzeuge mit automatischen Rangierkupplungen ausgestattet werden (Abbildung 3.3). in der vorliegenden Arbeit so gehandhabt, da der Begriff Schraubenkupplungssystem gemäß DIN EN 15566 [S. 8] nicht die Stoßeinrichtung beinhaltet und somit schon anderweitig belegt ist. 4 Gemäß DIN EN 15566 [S. 13] sowie TSI CR WAG [S. L 344/34] beträgt die maximal zulässige Masse der SK 36 Kilogramm. Felsing & Hoffmann [1995, S. 247] schreiben von 35 Kilogramm, um „handhabbar zur bleiben“. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 29 Beim Auffahren wird automatisch die mechanische Verbindung zum Zughaken des Güterwagens hergestellt. Entkuppelt wird ferngesteuert. Luftleitungen sind, wenn Rangierfahrten druckluftgebremst gefahren werden müssen, von Hand zu kuppeln.5 Abbildung 3.3: Automatische Rangierkupplung (hochgeklappt) (eigenes Foto) 3.2.2 Die halbautomatische Mittelpufferkupplung „Janney“ Die sogenannte Janney-Kupplung geht auf eine Erfindung um 1870 zurück. Ihren Namen hat sie von ihrem Erfinder Eli H. Janney. Auf gesetzlichen Druck hin wurde sie mit dem Ziel der Reduzierung der Personenunfälle bei Rangierarbeiten bei den großen Güterbahnen der USA Ende des 19. Jahrhunderts großflächig eingeführt.6 Seitdem ist die Kupplung ständig weiterentwickelt worden, ihre grundsätzliche Wirkungsweise (Abbildung 3.4) jedoch gleichgeblieben [Bensch 2008, Interview]. Heutzutage handelt es sich um das weltweit am weitesten verbreitete Kupplungssystem [Wagner & Fasking 1997, S. 210]. Im Einsatz ist sie neben den USA unter anderem in Kanada, Südamerika, Südafrika, Australien, Japan7 , China und Indien [Wagner & Fasking 1997, S. 215]. Charakteristisches Merkmal der Janney-Kupplung ist der bewegliche Knuckle, ein Scharniergelenk, über das die Zugkraft übertragen wird. Der hintere Hebel des Knuckles wird nach dem vollständigen Ineinandergreifen der Kupplungsköpfe beim Aufdrücken zweier Wagen automatisch im jeweiligen Kupplungskopf arretiert. Zum Entkuppeln wird er über einen handbedienten Zugmechanismus an einer von zwei gekuppelten Kupplungen gelöst. In den USA sind verschiedene Varianten der Janney-Kupplung im Einsatz, wie z. B. die von der Association of American Railroads (AAR) definierten und im Güterverkehr eingesetzten Typen E und F (Abbildung 3.5) sowie der von der American Public Transportation Association (APTA) definierte und im Personenverkehr eingesetzte Typ H. Der einfachste Typ E aus dem Jahr 1932 weist ein großes Kupplungsspiel auf. Gemäß 5 Siehe beispielsweise Schaku Typ 55 [Voith 2007] und Faiveley Transport UNIPACT [Faiveley/SAB WABCO o. J.]. 6 Siehe zu einer ausführlicheren Darstellung der Einführung der Janney-Kupplung in den USA Anhang A.1. 7 Siehe zu einer ausführlicheren Darstellung der Einführung der Janney-Kupplung in Japan Anhang A.2. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 30 Kupplungen vor dem Eingriff, linker Knuckle gelöst, rechter Knuckle arretiert Geschlossen, beide Knuckles arretiert Abbildung 3.4: Grundsätzliche Wirkungsweise der Janney-Kupplung (eigene Darstellung gemäß Thompson [1925, S. 237]) Abbildung 3.5: AAR-Kupplung Typ E (links) und Typ F (rechts) [McConway & Torley o. J.] der Abgrenzungen aus Unterkapitel 3.1 handelt es sich um eine bewegliche Kupplung, bei der die Kupplungsköpfe in vertikaler Richtung frei ineinander gleiten können. Die Typen F und H haben ein demgegenüber reduziertes Kupplungsspiel, beim Typ H ist es mit rund zwei Millimetern besonders gering. Zudem handelt es sich bei diesen Typen um starre Kupplungen, ausgeführt durch zusätzliche Elemente wie Horn und Tasche, die ein vertikales Gleiten verhindern. [AAR M-211-00] [Bensch 2008, Interview] [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview] Die starren Kupplungsvarianten, ebenso wie spezielle Typ-E-Kupplungen mit zusätzlichen sogenannten Shelves am oberen und unteren Ende der Kupplung, dienen einer Erhöhung der Sicherheit durch Vermeidung von Zugtrennungen z. B. bei Entgleisungen, bei denen die beweglichen Kupplungen schnell auseinandergleiten können. Damit soll die Wahrscheinlichkeit des Hochscherens oder gegenseitigen Aufspießens von Güterwagen im Fall von Unfällen reduziert werden. Typ-F-Kupplungen kommen daher vielfach bei Kesselwagen mit Gefahrgut zum Einsatz. Untereinander sind die AARKupplungstypen kompatibel. Automatische Leitungskupplungen kommen im Güterverkehr nicht zum Einsatz. [Keefe 2006] [Bensch 2008, Interview] Neben der Übertragung der Zugkräfte über ein bewegliches Teil, den Knuckle, weist die Kupplung als weiteren Nachteil einen nur geringen Greifbereich auf. Durch den Greifbereich wird vorgegeben, wie gut die Kupplungen für den Kupplungsvorgang zueinander ausgerichtet sein müssen. Für europäische Verhältnisse (Wagenkonstruktionen Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 31 mit längeren Überhängen8 , enge Gleisbögen) stellt dieser geringe Greifbereich ein Problem dar. Die Kupplungen müssten vielfach in Bögen von Hand vor dem Kuppeln aufeinander ausgerichtet werden. Unter anderem aufgrund dieses Problems hat die Internationale Eisenbahnkonferenz in Bern 1907 die Janney-Kupplung für Europa als ungeeignet erklärt. [Wagner & Fasking 1997, S. 210] [Bensch 2008, Interview] Die maximalen Lasten der Typen E und F werden für den US-amerikanischen Bereich durch die von der AAR spezifizierten Zugversuche vorgegeben. Der Knuckle als schwächstes Glied wird dabei mit einer Prüflast von 400 000 Pfund (1179 Kilonewton) belastet, wobei die bleibende Verformung maximal 0,03 Zoll (0,762 Millimeter) betragen darf.9 Die Mindestbruchlast des Knuckles liegt bei 650 000 Pfund (2891 Kilonewton). Die entsprechenden Werte für den Kupplungskörper und den Gabelkopf liegen höher. [AAR M-205-00, S. B-15] [AAR M-211-00, S. B-20] 3.2.3 Die halbautomatische Mittelpufferkupplung SA 3 Die Mittelpufferkupplung SA 3 wurde in den Jahren 1935 bis 1956 im progressiven Umstellungsverfahren in der damaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) eingeführt und stellt somit auch heute die Standardkupplung in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion dar. Es handelt sich um eine auf die russischen Verhältnisse angepasste Weiterentwicklung der 1916 in den USA entwickelten Willison-Kupplung.10 [Wagner & Fasking 1997, S. 210] [Schmidt 1965a, S. 431] Ebenso wie die Janney-Kupplung in der Grundform (Typ E) handelt es sich um eine bewegliche Kupplung, die somit eine hohe Reibung an den Kupplungsflächen und den daraus resultierenden Verschleiß hat und bei der die Leitungen getrennt von Hand gekuppelt werden müssen [Bensch 2008, Interview]. Die grundlegende Wirkungsweise einer Willison-Kupplung wie der SA 3 ist in Abbildung 3.6 dargestellt. Anhand der Kupplungsgeometrie ist gut zu erkennen, dass im Gegensatz zur Janney-Kupplung die Zugkraftübertragung nicht einzig über bewegliche Elemente des Kupplungsverschlusses erfolgt. Tabelle 3.2 gibt die maximalen Lasten der Kupplung an. Abbildung 3.6: Kupplungsprinzip der Willison-Kupplung (eigene Darstellung in Anlehnung an Schmidt [1965a, S. 431]) 8 Distanz vom Drehgestellzapfen bis zur Kupplungs- bzw. Pufferebene Aufgrund der abweichenden Definition der Dehngrenze (fester Wert von 0,03 Zoll statt Rp0,2 Grenze) wird auf eine tabellarische Darstellung wie bei den anderen Kupplungstypen verzichtet. 10 Siehe zu einer ausführlicheren Darstellung der Einführung der SA 3 in der UdSSR Anhang A.3. 9 Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr max. Zugkraft (Dehngrenze) max. Druckkraft (Dehngrenze) Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) 32 2500 kN 2500 kN (3000 kN) k. A. Tabelle 3.2: Maximale Lasten bei der SA 3 [Wagner & Fasking 1997, S. 215] 3.2.4 Die halbautomatischen Mittelpufferkupplungen AK 69e und Intermat In einer abgestimmten Entwicklung zwischen den Eisenbahnverwaltungen Westeuropas, vertreten durch die UIC, und Osteuropas, vertreten durch die Organisation für die Zusammenarbeit der Eisenbahnen (OSShD), entstanden bis Mitte der 1970er Jahre die zueinander sowie zur SA 3 kompatiblen Mittelpufferkupplungen AK 69e11 (UIC) und Intermat (OSShD). [Molle & Friedrichs 1992, S. 217f] Die AK 69e und Intermat sind starre Kupplungen, bei denen die Hauptluftleitung (HL), die Hauptluftbehälterleitung (HBL) und eine elektrische Leitung automatisch mitkuppeln können [Wagner & Fasking 1997, S. 215]. Bei der AK 69e, dargestellt in Abbildung 3.712 , weist der Zusatz „e“ auf die Integration der Elektrokupplung hin. Gut zu erkennen ist links unten das Horn sowie rechts unten die Tasche, die das Horn der gegenüberliegenden Kupplung aufnimmt und so das vertikale Ineinandergleiten verhindert. Zwischen diesen Elementen sind die Leitungskupplungen zu erkennen. Im oberen Bereich entspricht die AK 69e dem Willison-Prinzip, womit sie mit der SA 3 gekuppelt werden kann. Die Leitungsverbindungen sind dann von Hand zu verbinden. Trotz der erfolgreich abgeschlossenen technischen Entwicklungen kam es nicht zur geplanten großflächigen Einführung dieser Kupplungstypen.13 [Molle & Friedrichs 1992, S. 220] Im Schwerlast-Erzverkehr konnte sich die AK 6914 jedoch etablieren. Seit den 1970er Jahren kommt sie bei der Deutschen Bundesbahn, später DB AG, und den Verkehrsbetrieben Peine-Salzgitter (VPS) zum Einsatz, wobei VPS seit den 1990er Jahren keine eigenen Wagen mit AK 69 mehr besitzt. Die Züge haben mit 36 bis 40 Wagen und Doppeltraktion eine maximale Gesamtzugmasse von 5400 Tonnen, teilweise sogar 6000 Tonnen. Gefahren werden die Verbindungen von Hamburg Hansaport nach Salzgitter und von Rotterdam nach Dillingen, von 2003 bis Ende 2010 auch von Hamburg und Rostock nach Eisenhüttenstadt. Bei den Wagen handelt es sich um sechsachsige offene Schüttgutwagen mit Schwerkraftentladung.15 Bei den Streckenlokomotiven mit AK 69 handelt es sich um Fahrzeuge der Baureihe E 151. Bei Rangierlokomotiven kommt ein von VPS entwickelter Kupplungsadapter zum Einsatz (Abbildung 3.8). [Wagner & Fas11 Teilweise wird auch die Bezeichnung „UIC-AK“ verwendet. Eine weitere Darstellung ist durch Abbildung 3.15 auf Seite 44 gegeben. 13 Siehe zu einer ausführlicheren Darstellung der Entwicklung und der gescheiterten Einführung der AK 69e und der Intermat Anhang A.4. 14 Ohne Elektrokupplung, daher ohne den Zusatz „e“ 15 Falrrs 152 und Falrrs 153 (bei den Falrrs-Wagen handelt es sich um eine Wageneinheit aus zwei mit einer Kuppelstange verbundenen Wagen der Bauart Faals 151), Faal 150 (Ausmusterung bis Ende 2009 und Ersatz durch Neubaufahrzeuge Falrrs 152 und Falrrs 153 mit C-AKv, Informationsstand Mitte 2009), anfangs auch Fals 175 und Fal 167. 12 Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 33 king 1997, S. 215f] [Molle & Friedrichs 1992, S. 220] [März 2009/2011, Interview] [Harder 2009/2010, Interview] [Hennlein 2009, Interview] [DB GW-Katalog] Neben diesem Einsatzfall der AK 69 im Erzverkehr hat sich die Intermat über mehrere Jahre im Kohleverkehr mit offenen Güterwagen mit vier Radsätzen (Gattung Eas) bewährt, bis dieser Verkehr Mitte der 90er Jahre eingestellt wurde [Wagner & Fasking 1997, S. 216f]. Tabelle 3.3 gibt die maximalen Kräfte dieser beiden Kupplungstypen an. Abbildung 3.7: Mittelpufferkupplung AK 69 (eigenes Foto) max. Zugkraft (Dehngrenze) 1000 kN max. Druckkraft (Dehngrenze) 2000 kN Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) k. A. Tabelle 3.3: Maximale Lasten bei der AK 69/Intermat [Wagner & Fasking 1997, S. 215] Abbildung 3.8: AK69-Kupplungsadapter für Rangierlokomotiven (eigene Fotos). Links betriebsbereit in den Zughaken der SK eingehängt, rechts mit freier SK für SK-Betrieb 3.2.5 Die halbautomatische Zugkupplung Z-AK Bei der Z-AK (Abbildung 3.9) handelt es sich um eine reine Zugkupplung, bei der zur Übernahme der Druckkräfte wie bei der SK Seitenpuffer notwendig sind. Entwickelt wurde sie von der Deutschen Bundesbahn, später DB AG, und der Knorr-Bremse AG ab Ende der 1980er Jahre. Trotz des Abschlusses der technischen Entwicklung in den 1990er Jahren kam sie über Probeeinsätze, z. B. bei Ton-Zügen zwischen Deutschland Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 34 und Italien, im Kalisalz-Verkehr oder auch beim CargoSprinter16 , nicht hinaus. [Störzinger 1998, S. 354] [Hoffmann 2000, S. 229f] [Engelmann 2009, Interview] Bezüglich der übertragbaren Kräfte gleicht sie weitestgehend der SK (Tabelle 3.4). Lediglich die Bruchlast der automatischen Zugkupplung wurde gegenüber der SK von 850 kN auf 1000 kN zur Reduktion der Anzahl der Zugtrennungen angehoben [Hoffmann 1997, S. 82] [Felsing & Hoffmann 1995, S. 252]. Bei der Z-AK handelt es sich um eine starre Kupplung, die über eine automatisch kuppelnde Luftkupplung für die HL verfügt [Hoffmann 2000, S. 223ff]. Elektrokupplungen zum automatischen Mitkuppeln elektrischer Leitungen lagen auf Versuchsmusterbasis vor, sowohl als konventionelle Stecker-Buchse-Technik als auch mit berührungsloser Antennentechnik [Störzinger 1998, S. 354]. Abbildung 3.9: Zugkupplung Z-AK (Bildquelle: Knorr-Bremse) max. Zugkraft (Dehngrenze) 500 kN max. Druckkraft (Dehngrenze) (Seitenpuffer) 2000 kN Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) ca. 200 kN Tabelle 3.4: Maximale Lasten bei der Z-AK mit Seitenpuffern [Chatterjee & Bensch 1999, S. 36] 3.2.6 Die halbautomatische Mittelpufferkupplung C-AKv (Transpact) Die C-AKv (Abbildung 3.10), auch Transpact genannt, stellt eine Weiterentwicklung der AK 69 und der Intermat dar, die ab 1994 durch die SAB WABCO BSI Verkehrstechnik Products GmbH (heute Faiveley Transport Witten GmbH) durchgeführt wurde [Chatterjee, Hetterscheidt & Bensch 2002, S. 207]. Durch die Übernahme des Willison-Profils und des Riegelgetriebes des Kupplungsverschlusses von der AK 69/Intermat ist sie wie diese mit der SA 3 kompatibel. Die 16 Beim CargoSprinter handelt es sich um einen mehrteiligen Gütertriebzug für Wechselbehälter und Container, von dem im Hauptlauf mehrere Einheiten zusammen gekuppelt werden können. Er wurde Mitte der 1990er Jahre entwickelt und gebaut und kam in einem Pilotverkehr zum Einsatz, der 1999 eingestellt wurde. [Barkhausen 2000, S. 217] Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 35 Abbildung 3.10: C-AKv (Transpact) [Faiveley Transport o. J.]. Dargestellt ist der Kupplungskörper samt Querbalkenabstützung, Stabilisierungsgelenk und Federwerk, Leitungsverbindungen und Bedienungseinrichtung sowie in durchscheinender Farbgebung Teile des Wagenkastens und die Seitenpuffer. Wirkungsweise der mechanischen Kupplung und der Kraftübertragung entspricht somit dem in Abbildung 3.6 dargestellten Prinzip. Hauptunterscheidungspunkte zur AK 69 bzw. der Intermat sind eine wesentlich kompaktere Bauform sowie die Integration einer Gemischtzugkupplung (GZK) zur Herstellung der Kompatibilität zur SK. [Bensch 2008, Interview] Zwei Leitungskupplungen – z. B. eine Luft- und eine Elektroleitung – sind direkt in das Willison-Profil der mechanischen Kupplung integriert. Weiterhin sind Horn und Tasche direkt am eigentlichen Kupplungskopf angebracht, wodurch sich die wesentlich kompaktere und leichtere Ausführung als bei der AK 69 oder der Intermat ergibt. Beim gemischten Kuppeln mit der AK 69 sind manuell anzubringende Adapter für die Luftkupplungen notwendig. Für die Übertragung der Druckkräfte werden im gemischt gekuppelten Fall mit der SK die Seitenpuffer weiterhin benötigt.17 [Chatterjee, Hetterscheidt & Bensch 2002, S. 207ff] [Bensch 2008, Interview] [Faiveley 2008-2010, Interview] Tabelle 3.5 gibt die übertragbaren Kräfte zwischen zwei Fahrzeugen mit C-AKv an, die nicht über zusätzliche Seitenpuffer verfügen und somit nicht mit der SK kompatibel sind. Sofern die Seitenpuffer zur Kompatibilität mit der SK noch am Fahrzeug sind, ergeben sich die in Tabelle 3.6 angegebenen Werte. Die Kuppelebene der C-AKv liegt in dieser Konfiguration 60 Millimeter vor der Pufferebene, so dass die Puffer weitestgehend außer Eingriff gehalten werden [Bartling u. a. 2006]. Für den Wechselverkehr mit der russischen Eisenbahn RZD ist eine verstärkte Version der C-AKv auf 2500 kN Zug und 3000 kN Druck (Dehngrenze, Rp0,2 ) ausgelegt [Chatterjee, Hetterscheidt & Bensch 2002, S. 208]. Für derartige Wechselverkehre ist jedoch unabhängig vom Kupplungssystem ein System zum Spurweitenwechsel notwendig. 17 Auf das Gemischtkuppeln der C-AKv mit der SK wird in Abschnitt 3.5.2 genauer eingegangen. Abbildung 3.17 auf Seite 56 im benannten Abschnitt zeigt die GZK der C-AKv. Ebenso sind dort die in das Kupplungsprofil integrierten Leitungskupplungen gut zu erkennen. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 36 Seit dem Jahr 2004 befindet sich die C-AKv im regulären Betrieb im Braunkohleverkehr zwischen dem Tagebau Profen und dem Kraftwerk Schkopau in SachsenAnhalt [Bartling u. a. 2006, S 595].18 Als Ersatzbeschaffung für alte Erzwagen mit AK 69 sind aktuell von der DB AG neue sechsachsige Wagen der Bauart Falrrs19 mit C-AKv beschafft worden [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview]. Ebenso wurden zuletzt einige Mehrsystem-Elektrolokomotiven der DB-Baureihe 189 mit der C-AKv ausgerüstet. Diese ermöglichen es, Erzzüge mit AK 69-Wagen von Rotterdam nach Dillingen ohne Lokomotivwechsel an der niederländisch-deutschen Grenze zu fahren. Zuvor wurde in den Niederlanden mit Diesel-Dreifachtraktion und Übergangswagen (SK-AK 69) und in Deutschland in Doppeltraktion mit Lokomotiven der Baureihe 151 mit AK 69 gefahren (siehe Abschnitt 3.2.4). Die Leitungskupplungen sind bei der Gemischtkupplung der C-AKv mit AK 69, d. h. zwischen Lokomotive und erstem Wagen, von Hand zu kuppeln. [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview] [Faiveley 2008-2010, Interview] [ERI 2009] Schon vor dem Einsatz in Deutschland wurden einige Exemplare der Kupplung von der französischen Bahn SNCF gekauft und erfolgreich erprobt. Über einen Verbleib dieser Kupplungen ist jedoch nichts bekannt. [Bensch 2008, Interview] [Faiveley 20082010, Interview] max. Zugkraft (Dehngrenze) 1000 kN max. Druckkraft (Dehngrenze) 2000 kN Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) ca. 700 kN Tabelle 3.5: Maximale Lasten bei der C-AKv im artreinen Betrieb ohne Seitenpuffer [Chatterjee & Bensch 1999, S. 36] max. Zugkraft (Dehngrenze) 1000 kN max. Druckkraft (Dehngrenze) (Kupplung und Seitenpuffer) 4000 kN Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) ca. 440 kN Tabelle 3.6: Maximale Lasten bei der C-AKv im artreinen Betrieb mit beibehaltenen Seitenpuffern [Chatterjee & Bensch 1999, S. 36] 3.2.7 Die vollautomatische Mittelpufferkupplung „Schaku“ Das Prinzip der Scharfenbergkupplung (Schaku)20 wurde 1903 von seinem Erfinder Karl Wilhelm Friedrich Scharfenberg zum Patent gebracht. 1925 wurde sie bei der Berliner S-Bahn und der Hamburger Hochbahn eingeführt und hat sich seitdem weltweit in verschiedenen Ausführungen in allen Bereichen des Schienenpersonenverkehrs von 18 Siehe hierzu auch Abschnitt 3.4.3 ab Seite 46. Offene Schüttgutwagen mit schlagartiger Schwerkraftentladung, bei denen jeweils zwei Wageneinheiten fest mit Kuppelstangen verbunden sind [DB GW-Katalog] 20 Scharfenberg und Schaku sind die für diesen Kupplungstyp üblichen Bezeichnungen. Sie sind jedoch eingetragene Markennamen des Voith-Konzerns. Andere Hersteller bieten entsprechende Kupplungen unter anderen Namen an, zum Beispiel Faiveley Transport unter dem Markennamen Propact. 19 Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 37 der Straßenbahn bis zum Hochgeschwindigkeitsverkehr stark verbreitet. [Fieberg 2004, S. 132, 135] [Voith 2008/2009, S. 4] Der Scharfenberg Vollbahn-Kupplungskopf Typ 10 ist Bestandteil der technischen Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) des Teilsystems „Fahrzeuge“ des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems vom 21.02.2008. Diese besagt, dass alle Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von größer oder gleich 250 km/h an den Zugenden mit Kupplungen ausgerüstet sein müssen, die geometrisch und funktional mit dem Typ 10 kompatibel sind. [TSI HS RST, S. L84/132, L84/146, L84/166] Abbildung 3.11: Kupplungsprinzip der Scharfenberg-Kupplung; von links: kuppelbereite Stellung, gekuppelte Stellung, ungekuppelte Stellung (Bildquelle: Voith Turbo Scharfenberg GmbH & Co. KG) Abbildung 3.12: Scharfenbergkupplung (Bildquelle: Voith Turbo Scharfenberg GmbH & Co. KG) Abbildung 3.11 zeigt das Kupplungsprinzip der Scharfenbergkupplung, welches ein Entkuppeln auch unter hoher Zugkraft ermöglicht. Die Kupplungen sind im gekuppelten Zustand vollständig spielfrei miteinander verbunden, was eine hohe Qualität der Luft- und Elektrokupplungen zur Folge hat (z. B. Dichtheit der Luftkupplungen) [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview]. Zur Übermittlung von elektrischen Signalen und elektrischer Leistung werden die Scharfenbergkupplungen mit Elektrokontaktkupplungen ausgerüstet. In Abbildung 3.12 sind sie auf beiden Seiten der Scharfenbergkupplung angeordnet und durch Schutzklappen verschlossen. Anordnung und Größe der Elektrokontaktkupplungen sind von den Anforderungen an die zu übertragenden Signale und Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 38 dem Einbauraum im Fahrzeug abhängig [Deine Bahn 2004, S. 111]. In vielen Zügen ist die Scharfenbergkupplung als vollautomatische Mittelpufferkupplung im Einsatz. Tabelle 3.7 zeigt die maximal übertragbaren Kräfte des Typs 10. max. Zugkraft (Dehngrenze) 1000 kN max. Druckkraft (Dehngrenze) 1500 kN (bis 2000 kN möglich) Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) k. A. Tabelle 3.7: Maximale Lasten bei der Scharfenbergkupplung Typ 10 [Deine Bahn 2004, S. 111] Die Scharfenbergkupplung ist durch die Deutsche Reichsbahn zwischen den beiden Weltkriegen im Güterverkehr probeweise zum Einsatz gekommen [Schmidt 1965a, S. 430]. Durchsetzen konnte sie sich im SGV jedoch nicht. Ihre Mechanik ist für die rauen Bedingungen beim SGV zu verschmutzungsempfindlich [Bensch 2008, Interview]. Der auf besonders hohe Belastungen in rauer Umgebung ausgelegte Scharfenberg Typ 140 kommt jedoch seit mehreren Jahrzehnten bei Spezialanwendungen bei Industriebahnen, vor allem bei Schlackewagen und Roheisen-Mischerwagen (Torpedowagen) in Hüttenwerken, zum Einsatz. Über eine Hilfskupplung am Kupplungskopf kann sie mit SK-Wagen verbunden werden. [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview] [Voith 2007] 3.2.8 Die „SCHAKU-Kupplung für den Schwerlastverkehr“ Neben den bereits dargestellten Kupplungssystemen, die am Markt verfügbar und in verschiedenen Bereichen im Einsatz sind oder deren Entwicklung oder Vermarktung eingestellt wurde, soll folgend noch kurz eine Kupplung vorgestellt werden, die sich bei der Voith Turbo Scharfenberg GmbH & Co. KG derzeit in Entwicklung befindet. Abbildung 3.13 zeigt links die Basisversion samt GZK für die Kompatibilität zur SK bei Seitenpufferbetrieb. Rechts ist eine Ausführungsform dargestellt, die inklusive der Luftleitungen zu den bestehenden Erzwagen mit AK 69 kompatibel ist [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview]. Abbildung 3.13: „SCHAKU-Kupplung für den Schwerlastverkehr“ (Bildquelle: Voith Turbo Scharfenberg GmbH & Co. KG) Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 39 Das Kupplungsprofil und der Kupplungsverschluss entsprechen, wie schon bei der AK 69 und der C-AKv, der russischen SA 3 [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview]. Die Tabellen 3.8 und 3.9 geben die maximal übertragbaren Lasten an. Die Kupplung soll, je nach konkreter Ausführungsform, ab dem Jahr 2014 verfügbar sein [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview]. max. Zugkraft (Dehngrenze) 1500 kN max. Druckkraft (Dehngrenze) 2500 kN Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) k. A. Tabelle 3.8: Maximale Lasten der Neuentwicklung (Voith) beim Kupplungskörper mit Bearbeitung für die GZK [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview] max. Zugkraft (Dehngrenze) 2500 kN max. Druckkraft (Dehngrenze) 3000 kN Zulässige Längsdruckkraft (zweiachsige Wagen) k. A. Tabelle 3.9: Maximale Lasten der Neuentwicklung (Voith) beim Kupplungskörper in Standardausführung (SA 3) [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview] 3.2.9 Weitere Kupplungstypen Neben den dargestellten Kupplungstypen existieren noch weitere Systeme, die in verschiedenen Bereichen des Schienenpersonenverkehrs oder bei regionalen Netzen und Schmalspurbahnen im Einsatz sind. Da diese jedoch keine Relevanz für den VollbahnSGV haben, wird an dieser Stelle auf weitere Darstellungen verzichtet. 3.2.10 Zusammenfassung Tabelle 3.10 gruppiert die vorgestellten Kupplungen anhand der in Abschnitt 3.1 aufgeführten Unterscheidungskriterien. Des Weiteren fasst die Tabelle die bereits gegebenen Informationen zur Möglichkeit des automatischem Leitungskuppelns, über die Kompatibilitäten zur SK und zur SA 3 sowie zur maximalen Zugkraft zusammen. Betrachtet man sowohl die Eigenschaften als auch die Kompatibilitäten, zeigt sich, dass die C-AKv derzeit als die fortschrittlichste Kupplung für den Güterverkehr anzusehen ist. Verzichtet man auf die Kompatibilität zur SA 321 , scheint sich auch die Scharfenbergkupplung – eventuell in einer modifizierten Form für den Güterverkehr im Vollbahnbereich – anzubieten. Dabei ist jedoch die Frage nach der Entgleisungssicherheit bei zweiachsigen Güterwagen zu beachten, da die Scharfenbergkupplung in den derzeit existierenden Ausführungen im Gegensatz zur AK 69, der C-AKv und der Neuentwicklung von Voith nicht über ein Stabilisierungsgelenk verfügt.22 Zudem ist 21 Zur Kompatibilität mit der SA 3 folgt in Abschnitt 3.4.9 eine Erläuterung. Zum Entgleisungsproblem und zum Stabilisierungsgelenk folgt in Abschnitt 3.4.1 eine Erläuterung. Die Angabe, dass die Scharfenbergkupplung derzeit nicht mit Stabilisierungsgelenk verfügbar und entwickelt ist, basiert auf Angaben der Hersteller Voith Turbo Scharfenberg GmbH & Co. KG [Aurich & Schüler 2010-2012, Interview] und Faiveley Transport Witten GmbH [Faiveley 2008-2010, Interview]. 22 Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 40 Kupplungen bei Güterbahnen Eigenschaften automatisch manuell halb Zug/Druck getrennt nichtstarr voll Zug/Druck zentrisch starr nichtstarr starr Relevante Vertreter SK Z-AK AAR Typ Ea SA 3 AAR Typ Fa AK 69 C-AKv (Scharfenbergb ) Automatische Leitungskupplungen x x x x Kompatibilität zur Schraubenkupplung (SK) x x x (xb ) Kompatibilität zur SA 3 x x x Maximale Zugkraft (Dehngrenze) [kN] 500 500 k. A. 2500 k. A. 1000 1000 1000 Anmerkungen: a) Formen der Janney-Kupplung b) nur bei Spezialanwendungen im Werkbahnbereich Tabelle 3.10: Einteilung von Kupplungssystemen und Zuordnung der bekanntesten Vertreter (eigene Darstellung) die Scharfenbergkupplung als vollkommen starre Kupplung gegenüber der C-AKv, die über ein Restspiel von wenigen Millimetern zwischen den Kupplungsflächen verfügt, verschmutzungsanfälliger und damit aller Erwartung nach wartungsintensiver beim freizügigen Einsatz im Güterverkehr [Bensch 2008, Interview]. Es ist jedoch nicht die Zielstellung dieser Arbeit, die vorhandenen Kupplungssysteme zu bewerten und eines davon auszuwählen, sondern die Funktionen, die in den einzelnen Branchen zweckmäßiger durch ein neues Kupplungssystem erfüllt werden sollten, zu ermitteln. 3.3 Vorteile einer aMPK Folgend werden die Vorteile einer mindestens halbautomatischen MPK mit Leitungskupplungen und Stabilisierungsgelenk, wie sie beispielsweise durch die AK 69e und die C-AKv gegeben ist, gegenüber einer SK zusammengestellt. Die Zusammenstellung gliedert sich nach den drei Bereichen Kraftübertragung, Kupplungsvorgänge und Elektrokupplung. Sofern zu einzelnen Punkten in den folgenden Unterkapiteln ausführlichere Darstellungen erfolgen, wird darauf ein Hinweis gegeben. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 41 Kraftübertragung • Erhöhung der zulässigen Längskräfte im Zugverband mit den folgenden Teilaspekten: – Steigerung der Sicherheit, insbesondere gegenüber Entgleisungen, durch Erhöhung der zulässigen Längsdruckkraft23 [Chatterjee & Bensch 1999, S. 33ff] – Mögliche Erhöhung der Zugdimensionen Länge und Masse aufgrund der höheren maximal zulässigen Zug- und Druckkräfte [Chatterjee & Bensch 1999, S. 36]. So werden auf der Strecke Hamburg-Salzgitter mit der AK 69 Erzzüge mit bis zu 6000 Bruttotonnen gefahren, während mit der verstärkten SK maximal 4000 Bruttotonnen auf dieser Strecke möglich sind [Harder 2009/2010, Interview]. – Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit durch Nutzung der Bremsstellung „Personenzug“ (P) auch bei Güterzügen, bei denen die in dieser Bremsstellung beim Bremsen aus niedrigen Geschwindigkeiten auftretenden Längsdruckkräfte im Fall der SK mit Seitenpuffern zu hoch wären.24 Eine höhere Fahrgeschwindigkeit – und damit eine Reduzierung der Geschwindigkeitsdifferenz zum Personenverkehr – wirkt sich positiv auf die Leistungsfähigkeit der Mischbetriebsstrecken aus [Breimeier 2008, S. 572]. • Reduktion des Verschleißes an Rädern und Schiene durch Reduktion der auf die Fahrzeuge wirkenden Querkräfte25 • Entfall der Problematik des Pufferverschleißes und des Pufferschmierens26 Kuppeln • Beschleunigung der Vorgänge beim Verbinden und Trennen von Fahrzeugen mit Auswirkungen auf Personal- und Triebfahrzeugeinsatzzeiten, Infrastrukturbelegungszeiten und Transportzeiten. • Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Rangierdienst und Erhöhung der Arbeitssicherheit27 • Kompatibilität zur SA 3 bei Einsatz einer aMPK mit Willisonprofil wie AK 69 oder C-AKv28 Elektrokupplung • Einbindung einer elektrischen, kabelbasierten Datenleitung (Zugbus) zum Austausch von Informationen zwischen den Fahrzeugen, z. B. für 23 Siehe Siehe 25 Siehe 26 Siehe 27 Siehe 28 Siehe 24 hierzu hierzu hierzu hierzu hierzu hierzu auch auch auch auch auch auch Abschnitt Abschnitt Abschnitt Abschnitt Abschnitt Abschnitt 3.4.1. 3.4.2. 3.4.3. 3.4.3. 3.4.7. 3.4.9. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 42 – die Nutzung einer elektro-pneumatischen Bremse (ep-Bremse)29 , – Automatisierung/Unterstützung bei der Bremsprobe (BP)30 , – Daten über Wagenreihung, Ausrichtung, Art und Eingenschaften der Fahrzeuge, – Datentransfer für verschiedene Telematikanwendungen, – Zugvollständigkeitskontrolle/Zugschlusserkennung. • Einbindung einer Zugsammelschiene zur Energieversorgung der Fahrzeuge, z. B. für – Energieversorgung der oben benannten Systeme, – temperaturgeführte Güter (Kühlwagen, Kesselwagenheizung), – Be- und Entladeeinrichtungen, Öffnen/Schließen der Seitenwände o. Ä. Welche Vorteile in welchem Umfang greifen, hängt vom jeweiligen Einsatzfall ab. Einige Vorteile können sich gegenseitig ausschließen bzw. im Wirkungsumfang reduzieren, andere wiederum können sich hinsichtlich eines Ziels auch in ihrer Wirkung verstärken. Im Bereich der Kraftübertragung reduziert sich beispielsweise der Effekt der höheren Sicherheit gegenüber Entgleisungen, wenn gleichzeitig mit der Kupplungsumstellung die Zuglänge, die Zugmasse oder die Geschwindigkeit erhöht wird. Sofern das alte Sicherheitsniveau für ausreichend gehalten wird, kann also das sich ergebende Sicherheitspotenzial aus der Erhöhung der ertragbaren Längsdruckkraft zur Erhöhung der Zugdimensionen oder auch der Geschwindigkeit ausgenutzt werden, bis wieder das alte Sicherheitsniveau erreicht wurde. Bezüglich der Elektrokupplungen ist zu beachten, dass in Abhängigkeit zum Umfang der zu übertragenden Daten und insbesondere zur benötigten Leistung bei der Energieübertragung eine Integration aller Leitungen in den Kupplungskopf, wie bei der C-AKv, nicht möglich ist. Je nach benötigter Leistung kann allein der notwendige Umfang der Energieleitung schnell so stark anwachsen, dass diese schon nicht mehr integriert werden kann. Es besteht jedoch auch beim SGV grundsätzlich die Möglichkeit, entsprechende Daten- und Leitungskupplungen außerhalb der mechanischen Kupplung anzubringen, wie es bei der Scharfenbergkupplung im Personenverkehr der Fall ist (siehe Seite 36). [Hessel 2009, Interview] 3.4 Technische und betriebliche Aspekte des Einsatzes einer aMPK Im diesem und im folgenden Unterkapitel wird auf eine Reihe technischer und betrieblicher Aspekte eingegangen, die beim Einsatz einer aMPK relevant sind. Das vorliegende Unterkapitel bezieht sich dabei auf den artreinen Betrieb einer aMPK, während das darauffolgende den Gemischtbetrieb mit der SK im Fokus hat. 29 30 Siehe hierzu auch Unterkapitel 4.4. Siehe hierzu auch Unterkapitel 4.5. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 3.4.1 43 Stabilisierungsgelenk Anfang bis Mitte der 1960er Jahre kam es bei Bremsungen von Versuchszügen mit MPK zu mehreren Entgleisungen von zweiachsigen Güterwagen. Zurückgeführt wurden diese Entgleisungen darauf, dass die bei Längsdruckkräften im Zugverband an den Anlenkpunkten der Kupplungen bzw. an den Puffern entstehenden Querkräfte beim Einsatz der MPK höher sind als beim Einsatz von Seitenpuffern. Entsprechende Probleme waren auch schon von Versuchen der Eisenbahnen der UdSSR bekannt. [Jahnke 1966, S. 351f] [Zeevenhooven 1976, S. 95] Aus dieser Problemstellung heraus resultierte die Entwicklung eines vertikal und horizontal stabilisierenden Gelenks [Saliger 1976, S. 111]. Die grundsätzliche Wirkungsweise dieses allseitigen Stabilisierungsgelenks, das im UIC-Merkblatt 523 beschrieben ist, ist in Abbildung 3.14 im Vergleich zu einem einfachen Bolzengelenk dargestellt. Die Fahrzeuge in der Abbildung sind um den Abstand s (in horizontaler oder vertikaler Ebene) verschoben. Die auf die Fahrzeuge am Kupplungsgelenk wirkenden Kräfte sind in die Komponenten in Längs- und Querrichtung zerlegt. Beim Bolzengelenk wirken die Querkräfte in Richtung einer weiteren Verschiebung, weshalb von einem labilen Gelenk gesprochen wird. Beim stabilen Gelenk wirken sie der Verschiebung entgegen, solange die Verschiebung s kleiner ist als die Breite der Abstützbasis b des Gelenks.31 Abbildung 3.14: Schematische Darstellung der Wirkung eines stabilen (bzw. stabilisierenden) Gelenks im Vergleich zu einem einfachen Bolzengelenk (eigene Zeichnung in Anlehnung an Jahnke [1966, S. 355] sowie Chatterjee & Bensch [1999, S. 34]) Ein entsprechendes Stabilisierungsgelenk findet bei der AK 69/Intermat und der CAKv Anwendung (Abbildung 3.15) [Luderer 1976, S. 104] [Chatterjee & Bensch 1999, S. 34]. Resultat des Gelenks ist, dass durch die Reduzierung bzw. sogar Umkehrung der Wirkungsrichtung der Querkräfte die Entgleisungsgefährdung nicht nur auf das Niveau der SK reduziert, sondern darüber hinaus verbessert werden konnte. Somit ist die hohe zulässige Längsdruckkraft z. B. der C-AKv von rund 700 Kilonewton im Vergleich zur bereits entgleisungskritischen Höhe von rund 150-200 Kilonewton bei der SK mit Seitenpuffern auf die Wirkung des Stabilisierungsgelenks zurückzuführen [Chatterjee, Hetterscheidt & Bensch 2002, S. 208]. 31 Für ausführliche Darstellungen zum Stabilisierungsgelenk sei auf die Veröffentlichungen von Jahnke [1966] und Luderer [1976] verwiesen. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 44 Abbildung 3.15: Stabilisierungsgelenk bei der AK 69 [Luderer 1976, S. 104]: a) Kupplungskopf, b) Kupplungsarm, c) Zuganschlag, d) Bügel, e) Kupplungsarmendfläche, f) Druckplatte, g) Federglied, h) Gelenkbolzen 3.4.2 Bremsen in Bremsstellung P Beim Einsatz eines rein pneumatischen Bremssystems, wie im SGV üblich, werden die Bremsen der einzelnen Fahrzeuge durch die Änderung des Drucks in der HL angesteuert. Das Anlegen der Bremsen wird dabei durch eine Druckabsenkung ausgelöst, das Lösen der Bremsen durch das Anheben des Luftdrucks auf das Ausgangsniveau. Da sich diese Druckänderungen in der HL lediglich mit 250 bis 280 Metern pro Sekunde in der HL ausbreiten (sogenannte Durchschlagsgeschwindigkeit, theoretisches Maximum ist die Schallgeschwindigkeit), wird eine Bremsung im hinteren Zugteil erst verspätet ausgelöst, wodurch er dem vorderen Zugteil auffährt. Hierdurch kann es zu starken Längsdruckkräften im Zugverband kommen. Beim Lösen der Bremse kommt es hingegen zu Zugkräften, wenn im hinteren Zugteil die Bremsen länger anliegen. Beide Effekte können sich aufschaukeln (Zug als Mehrmassenschwinger mit Zug-und Stoßeinrichtung als Feder/Dämpfer-Elemente) und es kann zu Zugtrennungen und LängsdruckEntgleisungen kommen. Das Problem der hohen Längsdruckkräfte tritt insbesondere bei Bremsungen aus niedrigen Geschwindigkeiten auf. [Lang 2008, S. 178f] [Stieler 1995, S. 811] Dem benannten Problem wird bei rein pneumatischen Systemen durch eine Verlängerung der Füll- und Lösezeiten der Bremszylinder und damit einem verlangsamten Aufbau der Bremskraft am Rad entgegengewirkt. Während die Füllzeit in Bremsstellung P für Reisezüge drei bis fünf Sekunden beträgt, liegt sie in Bremsstellung G für die längeren und schwereren Güterzüge bei 18 bis 30 Sekunden. Die entsprechenden Lösezeiten liegen bei 15 bis 20 bzw. 45 bis 60 Sekunden. Auf diese Weise wird der Bremskraftun- Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 45 terschied zwischen Zugspitze und Zugende reduziert.32 [Lang 2008, S. 178f] [Minde & Witte 2001, S. 257] Die lange Bremsentwicklungszeit in Bremsstellung G führt zu langen Bremswegen, woraus sich eine Beschränkung der maximalen Fahrgeschwindigkeit ergibt, damit der Zug innerhalb des Vorsignalabstandes zum Stehen kommen kann. Zur Bremswegverkürzung können Güterzüge in Abhängigkeit der Wagenzugmasse daher auch in Bremsstellung P (Lok in P, Wagenzug in P; daher auch P/P), G/P (Lok in G, Wagenzug in P) oder LL (Lok und erste 5 Wagen in G, restliche Wagen in P) gefahren werden, wobei in LL der bremswegverkürzende Effekt schon stark eingeschränkt ist. [Stieler 1995, S. 812ff] [DB Ril 408.0721] Gemäß der Richtlinie 402 der DB Netz AG ist die Bremsstellung P – und damit auch G/P und LL – bei Güterzügen mit einer Last von mehr als 1600 Tonnen nur dann zulässig, wenn alle Wagen in den Zügen definierte Mindestgewichte aufweisen. Bis zu einer Last von 2500 Tonnen beträgt das minimale Gesamtgewicht pro Wagen 32 Tonnen, darüber und bis zur Höchstgrenze für die Bremsstellung P von 4000 Tonnen muss jeder Wagen mindestens 40 Tonnen wiegen. Unabhängig von der Last, d. h. auch über 4000 Tonnen, darf Bremsstellung P jedoch Anwendung finden, „wenn alle Fahrzeuge mit Kupplung vom Typ UIC-AK (Zug-Druck-AK) ausgerüstet sind“. [DB Ril 402.0202, Bestandteil A04] Hieran zeigt sich, dass mit einer MPK wie der AK 69 oder der C-AKv die Problematik der bewussten Verlängerung der Füll- und Lösezeiten umgangen werden kann. So schreiben auch Chatterjee & Bensch [1999, S. 33] in Bezug auf die C-AKv, dass Betriebseinschränkungen wie die „Einschränkung der Bremsstellung mit der Begrenzung der Fahrgeschwindigkeit“ aufgehoben werden können und „Verbesserungen, wie [. . . ] Bremsen in Bremsstellung P/P mit höheren zulässigen Fahrgeschwindigkeiten“ möglich sind. 3.4.3 Verschleißreduktion im Rad-Schiene-Kontaktbereich Als Folge der Reduktion der auf ein Fahrzeug wirkenden Querkräfte bei Längsdruckkräften im Zugverband beim Einsatz einer MPK mit Stabilisierungsgelenk reduzieren sich auch die in dieser Situation wirkenden Querkräfte zwischen Rad und Schiene.33 Es ist zu erwarten, dass sich dieser Sachverhalt in einem verringerten Verschleiß an Rad und Schiene auswirkt. So hat sich dieser Effekt auch in nennenswertem Umfang beim Einsatzfall der Kupplung C-AKv im Braunkohleverkehr, auf das im folgenden Abschnitt 3.4.5 noch genauer eingegangen wird, gezeigt [Bartling u. a. 2006, S. 598]. Bekannt ist ein solcher Verschleiß reduzierender Effekt im Rad-Schiene-Bereich auch beim Einsatz von Gleitplatten auf den Puffertellern beim Einsatz der SK mit Seitenpuffern. Die Gleitplatten verhindern ein Ruckgleiten (Slip-Stick-Effekt) und führen nach 32 Zusätzlich existiert noch die Bremsstellung R für Züge mit hohen Geschwindigkeiten, die bei gleichen Bremskraftentwicklungszeiten wie die Stellung P höhere Bremskräfte ermöglicht [Lang 2008, S. 178f]. 33 Die im Bereich des Rad-Schiene-Kontaktes wirkenden Kräfte sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, weshalb hierauf nicht im Detail eingegangen wird. Stattdessen wird beispielsweise auf [Lang 2008, S. 123ff] verwiesen. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 46 Herstellerangaben zu einem reduzierten Querkraftniveau und damit zu einer nachweislichen Reduzierung des Spurkranzverschleißes an den Radsätzen [Schwab o. J.]. Quantifizierte Angaben zum Potenzial der Verschleißreduktion im Rad-SchieneBereich durch den Einsatz einer MPK mit Stabilisierungsgelenk liegen nicht vor.34 3.4.4 Pufferverschleiß und Pufferschmieren Um erhöhten Verschleiß oder gar Beschädigungen an den Puffern zu vermeiden und die Sicherheit gegenüber Entgleisungen zu gewährleisten, müssen die Puffer regelmäßig geschmiert werden. Gemäß des Instandhaltungsleitfadens der Vereinigung der Privatgüterwagen-Interessenten (VPI) hat die Schmierung bei jedem Werkstattaufenthalt zu erfolgen [VPI06 2008, S. 14]. Bei bestimmten Einsatzbedingungen können jedoch auch häufigere Schmierungen notwendig werden. Problematisch sind dabei Wagengarnituren, die über einen langen Zeitraum nicht auseinandergekuppelt werden [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview] [Hein 2011, Interview]. Besonders in solchen Fällen kann sich der Einsatz einer Mittelpufferkupplung als hilfreich erweisen, wie das im folgenden Abschnitt dargestellte Fallbeispiel zeigt. 3.4.5 Fallbeispiel Braunkohlependel Wählitz-Schkopau Das Fallbeispiel des Braunkohlependels zwischen Wählitz und Schkopau in SachsenAnhalt illustriert die in den vorigen beiden Abschnitten benannten Vorteile einer aMPK hinsichtlich des Verschleißes an den Radsätzen und an den Seitenpuffern. Der Kohlependel wurde 1995 mit damals neuentwickelten Sattelwagen der Bauart Falnqqs mit SK eingerichtet. Er verbindet den Tagebau Profen bei Wählitz mit dem Kraftwerk Schkopau. Die Gesamtdistanz des Verkehrs beträgt knapp 40 Kilometer, davon 31,5 Kilometer auf dem Netz der DB AG und 8 Kilometer im Werkbereich der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG). [Bartling u. a. 2006, S. 594] [Manson 1996, S. 76ff] Bis zu täglich 18 Züge werden von der Werkbahn der MIBRAG von der Verladestelle am Tagebau bis zum Übergabenbahnhof in Wählitz gefahren. Dort übernimmt die Mitteldeutsche Eisenbahn GmbH (MEG) im Auftrag von DB Schenker Rail die Wagen und bringt sie bis nach Schkopau, wo die Zustellung zur Entladung beim Kraftwerk ebenfalls durch die MEG erfolgt. [Bartling u. a. 2006, S. 594] Als problematisch erwies sich vor der Umrüstung auf die C-AKv ein hoher Verschleiß an den Gleisanlagen und am Wagenpark, dabei insbesondere an den Spurkränzen und an den Puffern. Als ursächlich dafür wurden Anhaftungen von Braunkohlestaub an den Fahrzeugen, resultierend aus der verwendeten Beladetechnologie, und die anspruchsvolle Streckenführung im Bereich der Werkbahn mit starken Neigungswechseln und engen 34 Es war das Ziel des Forschungsprojekts InnoCoupler (Projektförderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Projektparter: DB Schenker Rail Deutschland AG, Faiveley Transport Witten GmbH, TU Berlin), den erhofften Effekt durch Berechnungen an einem Mehrkörper-Simulationsmodell und durch Messungen an Demonstrationsfahrzeugen zu quantifizieren. Aus nicht-sachlichen Gründen führte das Projekt diesbezüglich jedoch zu keinen Ergebnissen. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 47 Bogenradien gesehen. [Bartling u. a. 2006, S. 594f] [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview] Um den daraus resultierenden erhöhten Instandhaltungsaufwand zu reduzieren, wurde nach technischen Abhilfen gesucht. Während durch die Schmierung der Gleise und Spurkränze der dortige Verschleiß reduziert werden konnte, ergab sich bei den Puffern keine derartige Lösung. Selbst durch Einsatz verschiedener Materialien für die Pufferteller und verschiedener Schmiermittel wurde keine wesentliche Verbesserung erreicht. Jährlich mussten rund 250 Seitenpuffer ausgetauscht werden. [Bartling u. a. 2006, S. 594ff] Daher erfolgte 2004 die Umrüstung der Wagen auf die Mittelpufferkupplung C-AKv. Aus Kostengründen wurden Dreier-Einheiten gebildet, innerhalb derer die Wagen fest miteinander verbunden sind. Hierzu kommen Kuppelstangen zum Einsatz, deren Befestigung an den Wagen (Aufhängung und Federung) identisch zur C-AKv ist; im Prinzip fehlen lediglich die Kupplungsköpfe. Gegenüber der C-AKv bringt eine Kuppelstange eine Gewichtseinsparung von 440 Kilogramm an der Kuppelstelle. [Bartling u. a. 2006, S. 595ff] Die Kupplungen sind mit automatischen Luftkupplungen für die HL und die HBL ausgestattet. Eine automatisch kuppelnde Elektroleitung ist bei dem Einsatzfall nicht notwendig. Bei den Lokomotiven der MEG wurden die SK beibehalten. Zum Kuppeln kommt hier die GZK der C-AKv zum Einsatz, weshalb die Dreier-Einheiten an den Enden weiterhin mit Seitenpuffern ausgestattet sind. [Bartling u. a. 2006, S. 595f] [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview] Der Betrieb mit der C-Akv und den Kuppelstangen unter den dargestellten erschwerten Bedingungen hat sich bewährt. Untersuchungen in der Zeit nach der Umstellung zeigten sehr positive Ergebnisse hinsichtlich der Verschleißreduktion an den Radsätzen. Gemäß Bartling et al. [2006, S. 597f] verminderte sich die Anzahl der gewechselten Radsätze auf weniger als ein Drittel im Vergleich zum Betrieb mit SK und Seitenpuffern. Eine Untersuchung, ob sich dieser enorme Effekt langfristig bewahrheitet hat, steht jedoch aus [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview]. Da die Puffer nur noch für das gemischte Kuppeln mit den Lokomotiven der MEG gebraucht werden, konnte auch hier der Verschleiß und der Schmier-Aufwand minimiert werden. Aus den benannten Gründen konnten die Lebenszykluskosten der eingesetzten Fahrzeuge wesentlich reduziert werden [Stabbert 2009, S. 15]. 3.4.6 Kupplungsvorgänge Folgend werden die notwendigen Prozessschritte zum An- und zum Abkuppeln für die SK, eine halbautomatische und eine vollautomatische Kupplung im Vergleich dargestellt. Tabelle 3.11 stellt den Vergleich der notwendigen Prozessschritte beim Ankuppeln dar. Da der Aspekt der entfallenden Fußwege des Rangierers35 zur Kuppelstelle einen 35 Als Rangierer werden in dieser Arbeit analog zur berufsgenossenschaftlichen Information Rangieren bei Eisenbahnen „alle Beschäftigten bezeichnet, die Rangierarbeiten ausführen, z. B. Triebfahrzeugführer, Lokrangierführer, Rangierbegleiter, Ortsrangierer“ [BG Bahnen 2004, S. 3]. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 48 wesentlichen Vorteil der vollautomatischen MPK darstellt, sind die Prozessschritte „Gehen zur Kuppelstelle“ und „Verlassen der Kuppelstelle“ mit aufgenommen worden. Die Dauer dieser Prozesse hängt von den zurückzulegenden Wegelängen ab, die stark variieren können. Schraubenkupplung (SK) halbautomatische MPK vollautomatische MPK (Beispiel C-AKv) Fahrzeug bei-/aufdrücken Fahrzeug aufdrücken Gehen zur Kuppelstelle Fahrzeug aufdrücken Gehen zur Kuppelstelle Berner Raum betreten SK einhängen Sichtkontrolle des korrekten Einkuppelns Spindel kurzdrehena Luftkupplungen verbinden Absperrhähne der Brems- Absperrhähne der Brems- luftleitung öffnen luftleitung öffnen Berner Raum verlassen Kuppelstelle verlassen Kuppelstelle verlassen Anmerkungen zum Ankuppeln: kursiv dargestellte Prozesse können vor Rangierfahrten in der Regel entfallen; a) Prozess kann für langsame Rangierfahrten mit wenig Fahrzeugen entfallen bzw. muss entfallen, wenn in engen Gleisbögen rangiert wird Tabelle 3.11: Prozesse beim Ankuppeln bei der Schraubenkupplung sowie halb- und vollautomatischen Kupplungen im Vergleich (eigene Zusammenstellung basierend auf Homeyer u. a. [2000, S. 72ff], EUK [2004, S. 20f], BG Bahnen [2004, S. 14ff], Hetterscheidt & Bensch [2002, S. 209] und SAB WABCO [2004, S. 24f]) Die kursiv dargestellten Prozessschritte können für Rangierfahrten entfallen, sofern sie nicht druckluftgebremst gefahren werden müssen, die Wagen nicht in Züge einzustellen und schon entsprechend vorzubereiten sind oder die Rangierfahrt nicht in eine Zugfahrt übergehen soll [Homeyer u. a. 2000, S. 74]. Druckluftgebremste Rangierfahrten können aufgrund der Neigung der Gleise oder der Zahl der bewegten Wagen notwendig werden, d. h. dann, wenn die Bremskraft des Triebfahrzeugs allein nicht ausreichend wäre [Homeyer u. a. 2000, S. 148]. Weiterhin kann dies beispielsweise in örtlichen Vorschriften generell festgelegt sein, z. B. bei Anschlussbahnen, die überwiegend Fahrzeuge mit Gefahrgut rangieren [Munder 2009, Interview]. Alternativ zum dargestellten Prozessablauf darf der Rangierer bei der SK gemäß der Unfallverhütungsvorschriften auch schon vor dem Beidrücken der Fahrzeuge im Gleis stehen. Voraussetzung ist, dass ein Fahrzeug schon steht und die Geschwindigkeit des herannahenden Fahrzeugs gering ist bzw. sichergestellt ist, dass die Fahrzeuge nach dem Aufstoßen nur ein kurzes Stück gemeinsam weiterrollen. Weiterhin sind Ausnahmen definiert, bei denen dieses Vorgehen nicht erlaubt ist, wie z. B. bei Einschränkungen des Berner Raums durch Mittelpuffer- oder Spezialkupplungen, heruntergeklappte Stirnwände und verrutschte Ladungen. Generell ist dieses Vorgehen nicht im Geltungs- Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 49 bereich der Verordnungen über den Bau und Betrieb von Anschlussbahnen (BOA) der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen gestattet. [EUK 2004, S. 20ff] [BG Bahnen 2004, S. 14ff] Beim zuvor dargestellten Einsatzbeispiel der C-AKv auf der Verbindung WählitzSchkopau (Abschnitt 3.4.5) kommt die C-AKv ohne eine selbst zentrierende Abstützung zum Einsatz. Aus diesem Grund gilt dort die Vorschrift, dass vor dem Kuppeln die Fahrzeuge auf einen Abstand von rund einem Meter gebracht werden müssen, um die gegenseitige Ausrichtung der Kupplungen zu prüfen, bevor anschließend gekuppelt wird. [SAB WABCO 2004, S. 24f] Die Prozesse beim Abkuppeln finden sich in Tabelle 3.12. Die Reihenfolge des Verlassens der Trennstelle und des Abziehens des einen Fahrzeugs kann variieren, wenn es sich beim Rangierer um einen Lokrangierführer mit Funkfernsteuerung handelt oder ein zusätzlicher Triebfahrzeugführer zum Einsatz kommt. Schraubenkupplung (SK) halbautomatische MPK vollautomatische MPK (Beispiel C-AKv) Gehen zur Trennstelle Gehen zur Trennstelle Berner Raum betreten Absperrhähne der Brems- Absperrhähne der Brems- luftleitung schließen luftleitung schließen Luftkupplungen trennen Luftkupplungen in Kupplungshalter einhängen Spindel langdrehenb SK aushängen Entriegeln der Kupplung Auslösen der ferngesteuerten Entriegelung SK in Kupplungshalter einhängenc Berner Raum verlassen Trennstelle verlassen Trennstelle verlassen Fahrzeug abziehen Fahrzeug abziehen Fahrzeug abziehen Anmerkungen zum Abkuppeln: kursiv dargestellte Prozesse entfallen nach Rangierfahrten, sofern Luftkupplungen nicht verbunden sind; b) Prozess kann entfallen, wenn Spindel nicht kurzgedreht ist; c) Prozess kann ggf. entfallen bei Fahrzeugen, die weiter in Zugbildunganlagen behandelt werden Tabelle 3.12: Prozesse beim Abkuppeln bei der Schraubenkupplung sowie halb- und vollautomatischen Kupplungen im Vergleich (eigene Zusammenstellung basierend auf Homeyer u. a. [2000, S. 72ff], EUK [2004, S. 20f], BG Bahnen [2004, S. 14ff], Hetterscheidt & Bensch [2002, S. 209] und SAB WABCO [2004, S. 24f]) Bezüglich des ferngesteuerten Auslösens der Entriegelung ist ein Unterschied des SGV zum Personenverkehr zu beachten. Im Personenfernverkehr werden beispielsweise beim ICE maximal zwei Zugeinheiten miteinander durch eine aMPK gekuppelt, was eine mögliche Trennstelle ergibt. Bei Triebzügen des Nahverkehrs kommen mehr Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 50 mögliche Trennstellen vor, die Anzahl bleibt jedoch im sehr übersichtlichen Rahmen. Ein Vollzug der Berliner S-Bahn besteht beispielsweise aus 4 kurzgekuppelten ZweierEinheiten, es ergeben sich somit drei aMPK-Trennstellen im Betrieb. Ein theoretisch möglicher Güterzug, der nur aus kurzen Es-Wagen (zweiachsige offene Wagen, Länge über Puffer zehn Meter [DB GW-Katalog]) besteht und die maximale Wagenzuglänge von 700 Metern (unter der Annahme von zwei Triebfahrzeugen) ausschöpft, hat hingegen – inklusive der Verbindung zur Lokomotive – 70 mögliche Trennstellen. Auch wenn im Regelfall aufgrund von längeren Wagen und kürzeren Wagenzuglängen die Anzahl möglicher Trennstellen geringer ist, liegt sie weit über der des Personenverkehrs. Dies erfordert die Entwicklung einer anwenderfreundlichen und sicheren Auswahlmethodik der jeweils gewünschten Trennstelle, was als große Herausforderung anzusehen ist. 3.4.7 Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit Bei der SK muss der Bahnbedienstete zum An- oder Abkuppeln den Raum zwischen den Seitenpuffern – den sogenannten Berner Raum – betreten, wozu er sich unter den Seitenpuffern hindurchbücken muss (Abbildung 3.16). Des Weiteren muss die schwere SK im Gleisbett stehend angehoben werden, um sie in den Zughaken ein- oder aus ihm auszuhängen, was eine schwere körperliche Arbeit darstellt. Dabei kann es verhältnismäßig leicht zu Verletzungen wie Quetschungen der Finger kommen. Abbildung 3.16: Verlassen des Berner Raums unter den Seitenpuffern hindurch [BG Bahnen 2004] Bei einer aMPK, bei der lediglich der Handgriff der Riegelmechanismus bedient werden muss, entfällt diese schwere Arbeit. Beispielsweise sei hier auf den Handgriff bei der C-AKv verwiesen, der in Abbildung 3.10 (Seite 35) im Bildteil rechts unten zu sehen ist. Nicht dargestellt ist der Absperrhahn der HL, der unmittelbar neben dem Bedienungshebel angebracht werden kann. Das Entfallen der Notwendigkeit zum Betreten des Berner Raums wirkt sich positiv auf die Arbeitssicherheit aus. Ausgehend von einer Auswertung aller Unfälle im Zusammenhang mit dem Anund Abkuppeln bei der schweizer Güterbahn SBB Cargo hat Fumasoli [2010, S. 38f] die Reduktion der Anzahl der Unfälle sowie der damit zusammenhängenden Ausfalltage für den Fall einer flächendeckenden Verwendung einer automatischen Kupplung in der Schweiz abgeschätzt. Unterschieden wurde zwischen halbautomatischen MPK ohne Lei- Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 51 tungskupplungen einerseits und halbautomatischen MPK mit Leitungskupplungen und vollautomatischen MPK andererseits. Weiterhin wurden die untersuchten Unfälle nach schweren Unfällen (Todesfälle, Abtrennungen – ein Prozent der Unfälle, sieben Prozent der Ausfalltage), mittelschweren Unfällen (z. B. Brüche und Quetschungen – 32 Prozent der Unfälle, 38 Prozent der Ausfalltage) und leichten Unfällen (z. B. Stauchungen und Prellungen – 67 Prozent der Unfälle, 55 Prozent der Ausfalltage) unterteilt. Fumasoli kommt zu dem Schluss, dass in allen Fällen die schweren Unfälle nahezu vollständig verhindert werden. Im Fall der halbautomatischen MPK ohne Leitungskupplungen geht die Anzahl der mittelschweren Unfälle ihm zu Folge um 55 Prozent und der leichten Unfälle um 44 Prozent zurück, im Fall der halbautomatischen MPK mit Leitungskupplung und der vollautomatischen MPK um 76 Prozent bei den mittelschweren und um 62 Prozent bei den leichten Unfällen. Die Anzahl der Ausfalltage würde sich dadurch um 44 Prozent (ohne Leitungskupplung) bzw. um 79 Prozent (mit Leitungskupplung oder vollautomatisch) verringern. Für Deutschland liegen für diese Arbeit keine entsprechenden Auswertungen, noch die dafür notwendigen statistischen Angaben zum Unfallgeschehen im Rangierbetrieb vor. Es sind jedoch keine Gründe bekannt, wieso für Deutschland generell bzw. in der Tendenz andere Aussagen als für die Schweiz zu erwarten wären. Unabhängig von der Vorteilen beim artreinen Kuppeln aMPK-aMPK sind jedoch sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Arbeitssicherheit beim gemischten Kuppeln (SK mit aMPK) kritisch zu betrachten. Hierauf wird in Abschnitt 3.5.2 eingegangen. 3.4.8 Schienenverkehrslärm Der Lärm der Güterzüge stellt aktuell eines der größten Probleme des SGV dar.36 Auch wenn keine konkreten Informationen zum Einfluss des Kupplungssystems auf die Geräuschemissionen des Zug- und Rangierbetriebs vorliegen, werden aufgrund der Aktualität des Themas folgend einige Überlegungen dazu angestellt. Im Fokus der Lärmdiskussion steht insbesondere der Lärm bei Streckenfahrt. Hierbei sind im Geschwindigkeitsbereich ab 50 bis 80 Kilometern pro Stunde die Rollgeräusche dominierend.37 Sie entstehen durch dynamische Kräfte beim Abrollen des Stahlrades auf der Stahlschiene, wodurch beide Teile zu Schwingungen angeregt werden, die sich als Luftschall und Erschütterungen ausbreiten. Maßgebend für die Stärke der Schwingungen sind die Rauhigkeit von Rad und Schiene sowie unrunde Räder. [Siegmann 1999, S. 10] [Hecht & Wiemers 1999, S. 49] Eine wesentliche Maßnahme zur Lärmreduktion ist daher der Ersatz von GraugussBremsklötzen durch sogenannte Komposit-Sohlen, die die Radlaufflächen beim Bremsvorgang weniger stark aufrauhen [Fleckenstein & Vogt 2008, S. 792]. Über den Einfluss des Kupplungssystems auf den Verschleiß und die Aufrauhung an der Lauffläche kann, 36 Siehe hierzu z. B. EBA [o. J.], Fleckenstein & Vogt [2008, S. 790], BMVBS [2011a], Hecht [2012], Speck [2012, S. 8], SZ [2012], DVZ [2012] und Bund [2012]. 37 Hecht und Wiemers [1999, S. 49] sprechen von einem Bereich ab 50 bis 300 Kilometern pro Stunde, bei dem das Rollgeräusch die dominierende Lärmquelle ist. Kwasnicki [1998, S. 62] gibt hierfür einen Bereich von 80 bis 250 Kilometern pro Stunde an. Beide Angaben unterscheiden nicht zwischen Zügen des Personen- und Güterverkehrs. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 52 wie bereits dargestellt, keine Aussage getroffen werden (siehe Abschnitt 3.4.3). Es ist jedoch zu erwarten, dass, sofern die erhoffte Verschleißminderung eintritt, dies einen positiven Effekt auf die Lärmemissionen hat, wenn auch weitaus geringer als beim benannten Ersatz der Bremssohlen. Bei einem weiteren Lärmphänomen, dem Kurvenkreischen, ist nicht von einem nennenswerten Effekt auszugehen. Kurvenkreischen tritt in engen Gleisbögen auf und ist durch seine hohe Lautstärke und sein hohes Frequenzspektrum besonders störend für die Betroffenen [Kwasnicki 1998, S. 64]. Ausgelöst wird es zu großen Teilen durch Reibgeräusche an der Rad-Schiene-Kontaktfläche, da in engen Bögen der Laufweg der Räder auf der bogeninneren Schiene kleiner ist als auf der bogenäußeren und aufgrund der starren Achse zwischen den Rädern ein Ausgleich dieses Laufweitenunterschieds nur durch Rutschbewegungen erfolgen kann [Trommer & Walz 2002, S. 51]. Eine Wirkung durch die Wahl eines anderen Kupplungssystems ist nicht zu erwarten, da es nichts an den direkten Auswirkungen einer starren Achse ändert. Neben der Lärmbelastung durch Streckenfahrten kann auch Rangierlärm z. B. in Rangierbahnhöfen oder in Gleisanschlüssen zu Belästigungen der Anwohner führen. Bei Gesprächen mit Vertretern der untersuchten Branchen (siehe Kapitel B.1) ist hier die Sorge geäußert worden, dass der Kupplungsvorgang mit aMPK eine erhöhte Lärmbelastung gegenüber dem Kuppeln mit der SK bewirken könnte. Lärmmessungen zu diesem Sachverhalt liegen nicht vor, jedoch gibt es weder beim Einsatz der AK 69 bei VPS noch beim Einsatz der C-AKv bei MEG und MIBRAG negative Erfahrungen mit dem Kupplungslärm. In beiden Fällen ist weder eine erhöhte Lärmbelastung durch das Personal bemerkt worden, noch gab es beim Einsatzfall der C-AKv Beschwerden durch Anwohner, zu denen die Betreiber nach eigenen Angaben einen guten Kontakt pflegen. Bei VPS gibt es keine Anwohner im relevanten Umkreis. [Harder 2009/2010, Interview] [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview] Keinerlei Erfahrungswerte liegen hingegen bezüglich des Lärmverhaltens einer aMPK beim Kuppeln im Ablaufbetrieb vor. Beobachtungen bei der Ablaufanlage der BASF SE in Ludwigshafen, bei der überwiegend Kesselwagen ablaufen, haben jedoch gezeigt, dass nach dem Aufstoßen des gerade abgelaufenen Wagens auf einen bereits im Richtunggleis stehenden Wagen die Flüssigkeiten in den Kesseln beider Wagen in Bewegung geraten und dadurch die Fahrzeuge mehrfach leicht vor und zurückrollen, wodurch sie noch weitere Male zusammenstoßen. Sofern schon mehrere Fahrzeuge im Richtungsgleis stehen, kann sich eine Art unkoordiniertes Managerspiel (Kugelstoßpendel) mit der entsprechenden Lärmentwicklung der vielfachen Pufferstöße ergeben. Da mit einer aMPK die Fahrzeuge mit dem ersten Kontakt fest verbunden wären, würden wiederholte Stöße nicht vorkommen. Ein positiver Lärmeffekt beim Rangierbetrieb kann sich zudem dort ergeben, wo viel rangiert wird, ohne die Spindel der SK kurzzudrehen. Die Lärmbelastung entsteht dann bei einer gezogenen Rangierfahrt dadurch, dass alle Fahrzeuge beim Anfahren aufgrund des Spiels zwischen den Puffertellern nacheinander anrucken und beim Bremsen des Triebfahrzeugs nacheinander auf das jeweils vordere Fahrzeug auflaufen, wobei es den ganzen Wagenzug entlang zum Pufferknallen kommt. Bei einer geschobenen Fahrt Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 53 treten die Effekte entsprechend umgekehrt auf. Eine derartige Lärmbelastung würde beim artreinen Betrieb mit einer aMPK entfallen. 3.4.9 Kompatibilität zur SA 3 Die Nutzung einer Kupplung mit Willisonprofil wie bei der AK 69 und der C-AKv ermöglicht die direkte Kompatibilität zur russischen SA 3. Jedoch ist beim Wechselverkehr mit Russland und den osteuropäischen Ländern mit SA 3 neben der Kupplungsproblematik der Unterschied der Spurweiten zu berücksichtigen.Hinzu kommen Unterschiede bei den Bremssystemen. [Gasanov & Hoffmann 2007, S. 318] Der einzige bekannte Fall regelmäßiger Verkehre von Wagen mit russischer SA 3 auf dem deutschen Netz erfolgt vom Ostseehafen Sassnitz (Mukran) in Richtung Bitterfeld und Wittenberg. Die Kesselwagen mit gelbem Phosphor und Paraffin kommen per Breitspur-Fähre in Sassnitz an und werden dort auf die europäische Normalspur umgespurt. Auf dem deutschen Netz werden sie dann in Gruppen zu je fünf Wagen mit Übgergangswagen an beiden Enden gefahren. Langfristig ist jedoch davon auszugehen, dass die Transporte auf Tankcontainer umgestellt werden. Alle weiteren Transporte, die in Sassnitz in russischen Breitspurwagen anlanden und per Bahn weiterlaufen, werden auf Normalspurwagen umgeladen bzw. umgepumpt. [Zoch 2009, Interview] [Langlotz 2010, Interview] Nur durch Änderung des Kupplungssystems ist somit nicht von einer nennenswerten Steigerung der durchgehenden Ost-West-Verkehre auszugehen. 3.4.10 Infrastrukturanpassungen Die Notwendigkeit nach Infrastrukturanpassungen ergibt sich nur im Bereich der Gleisabschlüsse (Prellböcke), die speziell für eine aMPK ausgelegt sein müssen [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview]. 3.5 3.5.1 Umstellung und Gemischtbetrieb Umstellungsverfahren Grundsätzlich ist zwischen zwei möglichen Umstellungsverfahren zu unterscheiden: der simultanen und der progressiven Umstellung. Bei der simultanen Umstellung werden alle Fahrzeuge gleichzeitig – d. h. innerhalb weniger Tage – umgerüstet. Bei einer großen Anzahl von Fahrzeugen sind dafür eine lange Vorbereitungszeit und eine sehr genaue Planung des Ablaufs der Umrüstung notwendig. Ein Beispiel für eine Simultanumrüstung stellt die Umrüstung in Japan dar (siehe Anhang A). Die progressive Umrüstung erstreckt sich über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren. Es kommt somit zu einem langen Nebeneinander von Fahrzeugen mit dem alten und dem neuen Kupplungssystem, was Lösungsstrategien zum gemischten Kuppeln, d. h. dem Verbinden von Fahrzeugen beider Systeme, erfordert. Die Umrüstung selbst kann dafür mit einem geringeren Aufwand erfolgen, z. B. im Rahmen Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 54 der regelmäßigen Revision. Das bekannteste Beispiel für eine erfolgreich durchgeführte Progressivumrüstung liefert Russland (siehe ebenfalls Anhang A). 3.5.2 Gemischtbetrieb aMPK-SK Die Betrachtungen zum Gemischtbetrieb erfolgen am konkreten Beispiel der zur SK kompatiblem C-AKv. Die Tabellen 3.13 und 3.14 zeigen die Prozesse beim gemischten An- und Abkuppeln analog zur Darstellung beim artreinen Kuppeln in den Tabellen 3.11 und 3.12. Grau hinterlegt sind die Prozessschritte, die zwischen den Fahrzeugen im Gleisbereich stehend – bzw. diesen Raum betretend oder verlassend – stattfinden. SK artrein aMPK-SK am Beispiel der C-AKv Ankuppeln (Fahrzeuge verbinden) Fahrzeug beidrücken Fahrzeug beidrücken Gehen zur Kuppelstelle Gehen zur Kuppelstelle GZK durch Riegelbetätigung in Stellung „lang“ bringen GZK aus dem Einhängehaken aushängen Berner Raum betreten Berner Raum betretena SK einhängen Kettenglied der GZK einhängen Spindel kurzdrehenb Gemischtluftkupplung an der Einkuppelstelle der aMPK entkuppeln Luftkupplungen verbinden Luftkupplungen verbinden Berner Raum verlassen Absperrhähne der Bremsluftleitung öff- Absperrhähne der Bremsluftleitung öff- nen nen Durch Riegelbetätigung Stellung „lang“ auflösenc Berner Raum verlassen Kuppelstelle verlassen Kuppelstelle verlassen Anmerkungen: GZK) Gemischtzugkupplung; kursiv) Prozesse können für Rangierfahrten in der Regel entfallen; a) in Gleisbögen muss in den nicht eingeschränkten Kuppelraum getreten werden; b) Prozess kann für langsame Rangierfahrten mit wenig Fahrzeugen entfallen bzw. muss entfallen, wenn in engen Gleisbögen rangiert wird; c) Prozess entfällt, wenn in engen Gleisbögen rangiert wird Tabelle 3.13: Prozesse beim gemischten Ankuppeln SK-aMPK im Vergleich zum artreinen Kuppeln mit der SK (eigene Zusammenstellung basierend auf Homeyer u. a. [2000, S. 72ff], EUK [2004, S. 20f], BG Bahnen [2004, S. 14ff], Hetterscheidt & Bensch [2002, S. 209] und SAB WABCO [2004, S. 24f]) Beim gemischten Kuppeln muss bei der C-AKv der Bügel der GZK von Hand in den Zughaken des konventionell ausgerüsteten Fahrzeugs eingehängt werden, ebenso ist die HL von Hand zu verbinden (Abbildung 3.17). Für diese Tätigkeiten muss wie beim Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr SK artrein 55 aMPK-SK am Beispiel der C-AKv Abkuppeln (Fahrzeuge trennen) Gehen zur Trennstelle Gehen zur Trennstelle Berner Raum betreten GZK durch Riegelbetätigung in Stellung „lang“ bringen Absperrhähne der Bremsluftleitung schließen Absperrhähne der Bremsluftleitung schließen Berner Raum betreten Luftkupplungen trennen Luftkupplungen trennen Luftkupplungen in Kupplungshalter ein- Gemischtluftkupplung hängen Fahrzeugs in Einkuppelstelle der aMPK des aMPK- einkuppeln Luftkupplung des SK-Fahrzeugs in Kupplungshalter einhängen Spindel langdrehena SK aushängen Kettenglied der GZK aushängen SK in Kupplungshalter einhängenb Kettenglied der GZK in Halter einhängen Berner Raum verlassen Bener Raum verlassen Durch Riegelbetätigung Stellung „lang“ auflösen Trennstelle verlassen Trennstelle verlassen Fahrzeug abziehen Fahrzeug abziehen Anmerkungen: GZK) Gemischtzugkupplung; kursiv) Prozesse entfallen nach Rangierfahrten, sofern Luftkupplungen nicht verbunden sind; a) Prozess kann entfallen, wenn Spindel nicht kurzgedreht ist; b) Prozess kann ggf. entfallen bei Fahrzeugen, die weiter in Zugbildungsanlagen behandelt werden Tabelle 3.14: Prozesse beim gemischten Abkuppeln SK-aMPK im Vergleich zum artreinen Abkuppeln mit der SK (eigene Zusammenstellung basierend auf Homeyer u. a. [2000, S. 72ff], EUK [2004, S. 20f], BG Bahnen [2004, S. 14ff], Hetterscheidt & Bensch [2002, S. 209] und SAB WABCO [2004, S. 24f]) Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 56 artreinen Kuppeln mit der SK in den Gleisbereich zwischen den Fahrzeugen getreten werden. Nach §25 Absatz 1 der EBO müssen die „Fahrzeuge [. . . ] so gestaltet sein, daß ein gefahrloses Kuppeln möglich ist". Dazu gibt die EBO in der Anlage 11 die freizuhaltenden Räume an den Fahrzeugenden – wie der Berner Raum dort offiziell heißt – an. Eine Darstellung der freizuhaltenden Räume findet sich in Anhang B.2. Da Teile der C-AKv in die freizuhaltenden Räume hineinragen, muss eine Ausnahmegenehmigung für ihren Einsatz vorliegen. Die „Zulassung einer Ausnahme von den Vorschriften des §25 Absatz 1 in Verbindung mit der Anlage 11 der EisenbahnBau- und Betriebsordnung (EBO)“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) vom 18.05.2005 erteilt diese Genehmigung unter mehreren Bedingungen.38 Die Bedingungen werden damit begründet, dass die „Abweichung von den Vorschriften der EBO [. . . ] nur zu vertreten [ist], wenn mit besonderen Maßnahmen die gleiche Sicherheit wie bei der Einhaltung der freizuhaltenden Räume nach Anlage 11 EBO gewahrt ist.“ Neben der Vorgabe zur Unterweisung des Personals und der Kennzeichnungspflicht der Fahrzeuge ist zur Bedingung gemacht, dass • die freizuhaltenden Räume zwischen den Fahrzeugen nur im Stillstand betreten werden dürfen und • beim Gemischt-Kuppeln im Gleisbogen nur der nicht eingeschränkte Kuppelraum betreten werden darf. Der zweite Aspekt resultiert daraus, dass durch die Größe des Kupplungskopfes der C-AKv der freie Raum zwischen den Puffern eingeengt ist, was die Bewegungsfreiheit beim Kuppeln einschränkt (Abbildung 3.17 rechts). Jedoch ist die Kette der GZK gegenüber der der SK wesentlich leichter (12 Kilogramm statt 36 Kilogramm) [Bartling u. a. 2006, S. 596], was wiederum eine Erleichterung bedeutet. Zudem entfällt das Kurzbzw. Langspindeln der SK. Abbildung 3.17: GZK der C-AKv in den Zughaken eines Wagens mit SK eingehängt (links), Kuppeln der HL beim gemischten Kuppeln (rechts, Standbild aus dem Präsentationsfilm „Transpact Präsentation Frankreich“ von Faiveley Transport) [Faiveley Transport o. J.] 38 Das benannte Schreiben des BMVBW an die damalige SAB WABCO GmbH (heute Faiveley Transport Witten GmbH) mit der Entscheidung der Zulassung einer Ausnahme liegt dem Autoren vor. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 57 Eigene Beobachtungen beim gemischten Kuppeln beim Braunkohleverkehr WählitzBuna haben gezeigt, dass sich die Rangierer zum Einhängen der Öse der GZK in den Haken der SK sowie zum Verbinden der Luftleitungen gar nicht im Bereich zwischen den Puffern aufrichten. Sie führen diese Handlungen stattdessen aus einer gehockten Haltung unterhalb der Puffer aus. Diese Vorgehensweise ist durch das geringe Gewicht der GZK möglich und wurde von den befragten Rangierern im Vergleich zum konventionellen Kuppeln der SK nicht negativ bewertet. Jedoch wurde darauf hingewiesen, dass das Kuppeln der GZK für korpulentere Rangierer sowie beim Tragen einer schweren Wetterjacke und bzw. oder einer umgeschnallten Lokomotiv-Funkfernbedienung gegenüber den beobachteten Vorgängen nennenswert erschwert ist. Erschwerend können zudem eingepflasterte Gleise hinzukommen, bei denen die Standfläche auf Höhe der Schienenoberkante ist.39 Bei Erprobungen der C-AKv bei der SNCF in Frankreich wurden Ergonomietests zum gemischten Kuppeln durchgeführt. Dabei wurde die physische Arbeitsbelastung der Rangierer untersucht, indem bei mehreren Probanden die Herzfrequenzen beim An- und Abkuppeln sowohl im artreinen Fall mit der SK als auch im gemischten Fall SK/C-AKv gemessen wurden. Die Untersuchungen zeigten keine erhöhte Belastung beim gemischten Kuppeln. [Faiveley Transport o. J.] Kritisiert wird in dem Untersuchungsbericht jedoch die beengte Situation beim gemischten Ankuppeln von der linken Seite der Kupplung, auf der sich das Zentrierhorn befindet. Die dabei ausgemachten Probleme veranlassten die Autoren dazu, vom gemischten Kuppeln von der linken Seite der Kupplung gänzlich abzuraten. Infolge dessen kommen sie zu der Annahme, dass aufgrund des notwendigen Seitenwechsels, bei dem unter Umständen Triebfahrzeuge zu umgehen sind, mehr Zeit zum Kuppeln notwendig wird und es bei einer höheren Anzahl umgerüsteter Wagen zu Organisationsproblemen kommen kann. [Faiveley Transport o. J.] Da im Rahmen der benannten Untersuchungen zudem festgestellt wurde, dass das Zentrierhorn das Abkuppeln einer gemischten Verbindung am Ablaufberg mit der Entkuppelstange verhindert, wurde die C-AKv im Anschluss derart angepasst, dass das Zentrierhorn verkürzt wurde. Erneute Erprobungen mit dem verkürzten Horn wurden jedoch nicht durchgeführt. [Faiveley Transport o. J.] [Faiveley 2008-2010, Interview] Gemäß den beschriebenen eigenen Beobachtungen in Wählitz und den Gesprächen mit den dort tätigen Rangierern ist ein derartiges Problem beim Kuppeln von der linken Seite nicht gegeben. Es wird dort sogar bevorzugt. Dies liegt daran, dass an der rechten Fahrzeugseite der Bedienhebel der C-AKv wegen des an dieser Stelle angebrachten Rangiertritts verkürzt ist und daher aufgrund der geringeren Hebelwirkung einen höheren Kraftaufwand bei der Bedienung erfordert. Hier sollte bei weiteren Umrüstungen bzw. bei Neubaufahrzeugen eine Lösung gefunden werden. 39 Die Aussagen beruhen auf einem Besuch am 15.09.2010 auf dem Bahnhof Wählitz, bei dem die Kohlezüge von der MIBRAG an die MEG übergeben werden, wobei letztere Lokomotiven mit SK einsetzt (siehe Abschnitt 3.4.5). Gesprochen wurde mit insgesamt sechs Mitarbeitern beider Unternehmen, die im Regelbetrieb gemischt kuppeln. Im Gegensatz zum gegenüberliegenden Endpunkt der Verbindung in Buna kommen in Wählitz keine Funkfernsteuerungen zum Einsatz. Es handelt sich um den einzigen Einsatzfall in Deutschland, bei dem im Regelbetrieb gemischt gekuppelt wird. Es wurden Zeitmessungen durchgeführt, auf die folgend noch eingegangen wird. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 58 Eine potentielle Gefährdung der Rangierer kann in Bereichen eintreten, in denen zum Kuppeln der SK der Berner Raum vor Stillstand des zweiten Fahrzeugs betreten wird. Dieses Vorgehen ist, wie in Abschnitt 3.4.6 bereits dargestellt, nicht erlaubt, sofern ein Fahrzeug mit einer aMPK ausgerüstet ist. Es ist jedoch das Szenario vorstellbar, dass ein Rangierer aus Routine oder aus Unachtsamkeit – besonders, wenn in seinem Bereich selten oder nur wenige Fahrzeuge mit aMPK verkehren – nicht rechtzeitig bemerkt, dass es sich bei dem bewegten Fahrzeug um eines mit aMPK handelt. Hier sollte für weitere Einsätze eine Gefährdungsanalyse durchgeführt werden. Gegebenenfalls kann durch gut sichtbare Markierungen an den Fahrzeugfronten, die auf die aMPK hinweisen, die Gefährdung reduziert werden. Entsprechende Markierungen existieren bereits bei Crashpuffern. Sie sollen den Rangierer davor warnen, dass die Puffer gegebenenfalls schon zusammengedrückt sind und dadurch der Berner Raum nicht mehr eingehalten wird. 3.5.3 Zeitaufwand beim gemischten Kuppeln Zum Zeitaufwand beim gemischten Kuppeln liegt keine Literatur vor. Auch vom Hersteller der C-AKv sind keine entsprechenden Daten zu erhalten. Aus diesem Grund kann lediglich auf die im letzten Abschnitt bereits erwähnten Beobachtungen beim Braunkohleverkehr Wählitz-Buna zurückgegriffen werden. Tabelle 3.15 stellt die Messergebnisse für die dabei durchgeführten Zeitmessungen im Vergleich zu Zeitaufwänden beim artreinen Kuppeln mit der SK dar.40 Aufgrund der geringen Anzahl der Messungen während des Regelbetriebs sind die Ergebnisse als Intervall angegeben, anstatt sie zu einem Durchschnittswert zusammenzufassen. Da im Regelbetrieb in Wählitz zudem immer mit Luft gekuppelt wird, liegen keine Messwerte für das Kuppeln ohne Luft vor. Ausgehend von den Arbeitsabläufen ist jedoch anzunehmen, dass die fehlenden Werte für das Kuppeln ohne Luft ebenso wie bei der SK rund 14 Sekunden (ankuppeln) bzw. sieben Sekunden (abkuppeln) unter denen des Kuppelns mit Luft liegen. Prozess ohne Luft mit Luft Dauer [Sekunden] SK-SK GZK (SK-aMPK) ankuppeln 23 abkuppeln 19 ankuppeln 37 18-23 abkuppeln 26 20-30 keine Messung Tabelle 3.15: Zeitaufwand beim Kuppeln (Ergebnisse von Einzelmessungen) Größere Relevanz als der Zeitaufwand bei einem einzelnen Kuppelvorgang hat für den potentiellen Anwender einer aMPK der Zeitverlust oder Gewinn in der Summe aller Kupplungsvorgänge. Als Voraussetzung zur Ermittlung dieser Gesamtkupplungs40 Die Angaben bei der SK sind Durchschnittswerte einer Auszubildendengruppe eines privaten Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU), die für den Autoren im Rahmen einer anderen Arbeit gemessen wurden. Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 59 dauer muss zunächst Kenntnis darüber erlangt werden, welcher Kuppelfall wie häufig vorkommt. Ausgehend von einem großen Wagenpark und vielen Kupplungsvorgängen im täglichen Betrieb, bei denen keine gezielte Steuerung für möglichst viele artreine Kuppelfälle vorgenommen wird, wird die Abhängigkeit der Anzahl der Kupplungsvorgänge SK artrein (ks ), GZK (kg ) und AK artrein (ka ) vom Anteil umgerüsteter Wagen (m) durch die folgenden drei Funktionen beschrieben: ks (m) = kg (m) = ka (m) = m 2 × 100 [%] 100 m 1− × 2 m [%] 100 m2 [%] 100 1− (3.1) (3.2) (3.3) [Delvendahl 1963, S. 73] Abbildung 3.18 zeigt die Graphen dieser drei Funktionen. Abbildung 3.18: Abhängigkeit der Kuppelfälle vom Umrüstungsgrad der Wagen (eigene Darstellung gemäß Delvendahl [1963, S. 73]) Der Zeitaufwand für das Kuppeln – ohne Wegezeiten des Rangierers zur Kuppelstelle – in Relation zum Ausgangszustand mit der SK ergibt sich dann durch die folgende Formel: t = ns × ks + ng × kg + na × ka mit ns = 1 (3.4) Die Faktoren n geben dabei das Verhältnis des Zeitaufwandes zum Kuppeln in der jeweiligen Kuppelart im Vergleich zur SK im artreinen Fall an. Da davon ausgegangen wird, dass gleich oft angekuppelt wie abgekuppelt wird, stellen die Faktoren n das arithmetische Mittel aus den jeweiligen Faktoren für das An- und Abkuppeln dar. Abbildung 3.19 stellt Gleichung 3.4 für drei mögliche Fälle bezüglich des Zeitaufwands beim gemischten Kuppeln dar. Für das artreine Kuppeln aMPK-aMPK wird für Kupplungssysteme im Eisenbahnverkehr 60 alle drei Fälle der gleiche Zeitaufwand angenommen. Da das Ankuppeln selbsttätig erfolgt, wurde hierfür kein Zeitbedarf angesetzt (ng,an = 0). Für das Bedienen der Hebel zum Abkuppeln wurden 20 Prozent der Zeit im Vergleich zur SK angenommen (rund 5 Sekunden) (ng,ab = 0, 2). Es ergibt sich somit ein Faktor na = 0, 1. Beim ersten angenommenen Fall dauert das gemischte Kuppeln sowohl beim An- als auch beim Abkuppeln ebenso lange wie beim artreinen Kuppeln der SK, es folgt somit ng = 1. Beim zweiten angenommen Fall erhöht sich der Zeitaufwand beim gemischten Kuppeln um die Hälfte gegenüber dem artreinen Kuppeln der SK (ng = 1, 5), beim dritten Fall reduziert er sich um die Hälfte (ng = 0, 5). Zusätzlich sind in grau zwei Aufwandsverläufe abgebildet, die sich aus den Werten in Tabelle 3.15 ergeben. Beim oberen Graphen wurden die beiden oberen Intervallgrenzen für das gemischte Kuppeln herangezogen, beim unteren die beiden unteren Grenzwerte. Der Faktor ng beträgt dabei 0,63 (ng,an = 0, 49 und ng,ab = 0, 77) bzw. 0,89 (ng,an = 0, 62 und ng,ab = 1, 15), na wurde weiterhin bei 0,1 konstant gehalten. Abbildung 3.19: Zeitaufwand in Abhängigkeit vom Umrüstungsgrad (eigene Darstellung) Die Fläche zwischen den beiden grauen Graphen markiert den Bereich, in dem der tatsächliche Aufwand gemäß der durchgeführten Einzelmessungen zu erwarten ist. Es zeigt sich, dass zu keinem Zeitpunkt mit einer Aufwandserhöhung zu rechnen ist und sich schon bei einem geringeren Umrüstungsgrad nennenswerte Aufwandsreduzierungen bei den Kupplungsvorgängen ergeben. Beachtet man jedoch, dass zu den betrachteten Zeitaufwänden noch der in allen Fällen gleichbleibende Fußweg zur Kuppelstelle hinzukommt, sind die zeitlichen Reduktionen des Gesamtaufwands (Gehen und Kuppeln) geringer. Kapitel 4 Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV Im vorliegenden Kapitel werden fünf Innovationen für den SGV beschrieben, für die eine aMPK eine bedeutende Voraussetzung bzw. Vereinfachung zur Implementierung darstellen kann, womit ein direkter Zusammenhang zur behandelten Thematik gegeben ist. Es sind dies der Zugbus (Unterkapitel 4.1), Züge mit einer Länge oberhalb der heutigen Grenzwerte (überlange Züge, Unterkapitel 4.2), die Mehrfachtraktionssteuerung über Funk (Unterkapitel 4.3), die elektrisch angesteuerte Druckluftbremse (Unterkapitel 4.4) und die automatische Bremsprobe (Unterkapitel 4.5).1 Zwischen den einzelnen Technologien und Innovationen existieren eine Vielzahl von Abhängigkeiten, was im Folgenden eine Reihe von Rückgriffen und teilweise auch Vorgriffen auf frühere oder spätere Unterkapitel notwendig macht. 4.1 Zugbus Als Zugbus wird ein zuginternes Kommunikationssystem verstanden, das den Austausch von Daten zwischen allen Fahrzeugen (Lokomotive und Wagen) ermöglicht. Generell ist eine Auslegung des Zugbusses über eine durchgehende Kabelverbindung oder über Funk möglich [Witte, Minde & Engelmann 2000, S. 748]. Eine Auslegung über Funk kann jedoch zu Einschränkungen führen (z. B. Übertragungssicherheit bei sicherheitsrelevanten Funktionen2 ). Der Zugbus stellt eine Grundlage für viele innovative Anwendungen dar, auf die in den folgenden Abschnitten zum Teil detaillierter eingegangen wird. Eine beispielhafte Aufzählung von Zugbus-Anwendungen ist bereits im vorigen Kapitel in Abschnitt 3.3 erfolgt. Beim Personenverkehr sind durchgehende elektrische Leitungen standardmäßig vorhanden, wie z. B. die UIC-Leitung (Steuerleitung) und die Zugsammelschiene (Ener1 Die Auswahl der Innovationen basiert auf der umfassenden Innovationszusammenstellung und untersuchung in Siegmann u. a. [2009] (siehe hierzu auch Stuhr & Bruckmann [2010]) und wird an dieser Stelle nicht näher begründet. 2 Siehe hierzu z. B. Minde & Witte [2001, S. 258] am Beispiel zusätzlicher funkangesteuerter Entlüftungsstellen des Bremssystems am Zugende. 61 Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 62 gieleitung). Im SGV ist dies jedoch nur in Ausnahmefällen bei bestimmten Anwendungen der Fall. Eine wesentliche Komponente eines Zugbussystems ist die Energieversorgung der Fahrzeugkomponenten und daran angeschlossener Systeme. Bei einem leitungsgebundenen System kann dies zentral von einer Energiequelle wie der Lokomotive erfolgen. Andernfalls ist eine fahrzeugautarke Energieversorgung notwendig. [Witte, Minde & Engelmann 2000, S. 745ff] [Minde & Witte 2001, S. 529] Nachteilig bei einem kabelgebundenen Zugbussystem ist bei Einsatz der SK der zusätzliche Aufwand beim manuellen Kuppeln der zusätzlich notwendigen Leitungen. Hinzu kommt eine hohe Fehleranfälligkeit dieser Steckverbindungen durch Verschleiß oder Korrosion im rauen Betrieb des SGV [Witte, Minde & Engelmann 2000, S. 748] [Kupke 2008, S. 1]. Bei der Implementierung einer automatischen Elektrokupplung in eine aMPK entfällt zwar der zusätzliche manuelle Aufwand, über das Verschleißverhalten und die Sicherheit einer solchen automatischen Elektrokupplung liegen bislang im SGV jedoch keine Erfahrungen vor. Als ein wesentliches Beispiel eines Versuchs zur Entwicklung und späteren Einführung eines Zugbussystems für den SGV in Deutschland ist das System FEBIS (Freight Electronic Brake and Information System) zu nennen. FEBIS war eine gemeinschaftliche Entwicklung der französischen Bahn SNCF und der DB AG, die 1999 gestartet wurde [Kupke 2008, S. 43]. „Wesentliches Entwicklungsziel [war] eine Interoperabilitätsspezifikation für ein offenes Kommunikationssystem [...], auf dessen Basis verschiedene Applikationen implementiert werden können und die elektronisch gesteuerte Bremse als primäre Anwendung umgesetzt wird“ [Minde & Witte 2001, S. 256]. Im Rahmen des Projekts sollten sowohl eine Leitungs- als auch eine funkgebundene Lösung entwickelt werden [Minde & Witte 2001, S. 259]. Neben der benannten Anwendung für die Bremse sollten weitere Anwendungen wie „Zuginitialisierung und Konfiguration“ Daten über die Fahrzeugreihenfolge, Ausrichtung, Art und Eigenschaften der Fahrzeuge bereitstellen oder auch die Zugvollständigkeit überprüfen. Letzteres ermöglicht den Betrieb eines Güterzuges mit dem European Train Control System (ETCS) Level 3 [Witte, Minde & Engelmann 2000, S. 746]. Bezüglich des Projekts FEBIS ist jedoch anzunehmen, dass es ohne Ergebnis eingestellt wurde [Kupke 2008, S. 45]. Eine ausführliche Darstellung zum Stand der Technik bei Intrazug-Kommunikationssystemen findet sich in Kupke [2008, S. 41ff]. Im Ergebnis dieser Darstellungen kommt Kupke, der sich dem Titel seiner Arbeit gemäß auf „Funkbasierte energieautarke Kommunikation für Eisenbahngüterzüge“ bezieht, zu dem Schluss, „dass aus heutiger Sicht kein die Anforderungen erfüllendes System existiert, welches energieautark ist und eine automatisch aufbauende Bustopologie (Inauguration) für eine Intrazugkommunikation bietet“ [Kupke 2008, S. 52]. Aktuell in der Entwicklung stehen selbstorganisierende bzw. ad-hoc Funksensornetzwerke. Hierbei kommunizieren auf Fahrzeugebene verschiedene Sensoren über mehrere am Wagen verteilte Sensorknoten mit einem zentralen Kommunikationsmodul (Router, Gateway oder Konzentrator genannt) des jeweiligen Fahrzeugs. Diese Kommunikation erfolgt über Funk, um eine Verkabelung am Fahrzeug zu ersparen. Somit müssen Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 63 jedoch alle Einheiten autark mit Energie versorgt werden. Auf der Ebene des Einzelfahrzeugs ist dieses Netzwerk fest konfiguriert. Das zentrale Kommunikationsmodul baut jedoch zusätzlich ein selbstorganisierendes ad-hoc-Netzwerk mit allen Fahrzeugen in Funkreichweite auf. Hierbei kommt das Multi-Hop-Prinzip zum Einsatz, bei dem zwei Module, die sich außerhalb der Reichweite des jeweils anderen befinden, über weitere Module miteinander kommunizieren (Abbildung 4.1). [de Jong & van Hoesel 2008, S. 817ff] [Baranek & Weiß-Saoumi 2010, S. 20ff] Abbildung 4.1: Sensor-Netzwerk [Baranek 2008, S. 15] Derartige Konzepte stehen jedoch am Anfang ihrer Entwicklung. Ihre Zielstellung liegt zudem derzeit nicht auf sicherheitsrelevanten Funktionen, sondern im Wesentlichen auf einer kostengünstigeren Erhebung von Identitäts-, Positions- und Zustandsdaten im Vergleich zur Datenkommunikation eines jeden einzelnen Fahrzeugs mittels Mobilfunk direkt zum zentralen Rechenzentrum. [de Jong & van Hoesel 2008, S. 818ff] [Baranek & Weiß-Saoumi 2010, S. 21ff] 4.2 Überlange Züge Nach EBO §34 (8) darf ein Zug nicht länger sein, als es seine Bremsverhältnisse, Zugund Stoßeinrichtungen und die Bahnanlagen zulassen. Gemäß Richtlinie 408 Züge fahren und Rangieren, die eine Anlage der Schienennetz-Benutzungsbedingungen der DB Netz AG ist, darf der gesamte Zug inklusive Wagenzug und Triebfahrzeuge grundsätzlich höchstens 740 Meter lang sein. Weiterhin ist die Zahl der Achsen auf 250 (in Ausnahmenfällen 252) begrenzt. [DB Ril 408.0711]3 Hierauf ist die Infrastruktur im Maximalfall ausgelegt, vielfach bieten jedoch Bahnhofs- und Überholgleise nur wesentlich kürzeren Zügen Platz. Aus technischer Sicht sind gemäß Minde & Witte [2001, S. 257] mit konventioneller Fahrzeugtechnik in Bremsstellung G Zuglängen bis 1000 Meter möglich, sofern die Züge hinsichtlich Wagenbauart und Beladungszustand homogen sind. Begrenzend wirkt sich die Zunahme der Stärke der längsdynamischen Effekte mit steigender Zuglänge und -masse aus.4 Hinzu kommt eine Verlängerung der Bremswege, da die mittlere Verzögerung aufgrund der längeren Dauer bis zum Wirken aller Bremsen abnimmt. Analog 3 In den Schienennetz-Benutzungsbedingungen der DB Netz AG 2011 sind als Ausnahme zu den oben genannten Begrenzungen erstmalig die Bedingungen zum Fahren von Güterzügen mit einer Gesamtzuglänge von 835 Metern auf dem deutschen Netz aufgeführt. Beschränkt ist diese Längenausnahme auf die Relation vom Grenzbahnhof Padborg (Dänemark) zum Rangierbahnhof Maschen bei Hamburg. [DB SNB 2010] [DB SNB 2011, S. 18f] 4 Zu längsdynamischen Effekten und Bremsstellungen siehe Abschnitt 3.4.2. Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 64 zur erhöhten Dauer bis zum Anlegen aller Bremsen verlängert sich die Lösezeit, wobei dieser Effekt durch den erhöhten Luftbedarf durch die längere HL und die erhöhte Anzahl der Vorratsluftbehälter verstärkt wird. [Minde & Witte 2001, S. 257] [Schmidt u. a. 2009, S. 358] Züge, die in nennenswertem Umfang über die derzeitigen Längengrenzwerte hinausgehen (1000 bis 1500 Meter), werden im Folgenden als überlange Züge bezeichnet. Die maximale Zuglänge ist in Europa nicht harmonisiert. In vielen Ländern liegt sie unter dem deutschen Maximalwert, wie z.B. in Belgien mit einer maximalen Wagenzuglänge von 600 Metern [Infrabel SNB 2011, S. 25]. In Dänemark und Schweden liegt sie etwas höher, so sind in Dänemark Züge mit einer Gesamtlänge von 835 Metern zulässig [EB 2010], in Schweden in Bremsstellung G bis zu 880 Metern, sonst 730 Metern [Banverket NS 2011, S. 8]. In der Schweiz werden ebenfalls auf einzelnen Strecken längere Züge als in Deutschland gefahren, so z. B. zwischen den Rangierknoten Zürich (Limmattal) und Lausanne mit Zügen von 800 Metern Länge [DIOMIS 2007, S. 55] [KombiConsult & K+P 2010, S. 70].5 Aus Frankreich wurde zuletzt von einem planmäßigen Zug mit 833 Metern Länge berichtet [Eurailpress 2012] In vielen Teilen der Welt sind weitaus längere Züge als in Europa (ohne die baltischen Staaten) üblich. Zu nennen sind beispielweise Russland, Nordamerika, Brasilien, Südafrika und Australien. Einige Züge erreichen im Regelbetrieb bis zu 260 Wagen und über drei Kilometer Länge [Vogel 2000, S. 22]. Diese langen Güterzüge werden durch eine Reihe von Unterschieden zu der Situation in Europa ermöglicht, von denen hier nur grundlegende Aspekte angesprochen werden sollen. Bei den Mischverkehrsstrecken in Europa war und ist im Sinne einer hohen Kapazität der Strecken gefordert, dass Güterzüge möglichst nah an den Geschwindigkeitsbereich der Personenzüge herankommen. Dies führte zu den verhältnismäßig kurzen Zügen mit stark wirkender Bremse. Außerhalb Europas existiert hingegen vielfach eine weitgehende Trennung vom Personen- und Güterverkehr. Die zulässigen Bremswege der Güterzüge liegen dann um ein Vielfaches über denen in Europa. In den USA betragen sie beispielsweise mehr als vier Kilometer aus einer Geschwindigkeit von 110 Kilometern pro Stunde. In Deutschland beträgt der maximal zulässige Bremsweg für Hauptbahnen hingegen generell 1000 Meter [EBO, § 35 (4)]. Durch die geringere Bremswirkung wirken sich längsdynamische Effekte im Zugverband wesentlich geringer aus als bei der in Europa gebräuchlichen Bremse nach UIC-Standard. Hinzu kommt – beim Beispiel USA bleibend – der ausschließliche Einsatz von Drehgestellwagen mit geringen Überhängen6 und Mittelpufferkupplung, wodurch höhere Längskräfte im Zugverband ertragen werden können. [Vogel 2000, S. 22] [Gerber u. a. 1999, S. 293] Kapazitätssteigerung Durch überlange Züge kann die Kapazität überlasteter Strecken gesteigert werden [Vogel 2000, S. 22]. Simulationen beim Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme 5 Generell sind die infrastrukturellen Anlagen der SBB auf maximale Gesamtzuglängen von 750 Meter dimensioniert [SBB Infrastruktur 2010, Interview]. 6 Distanz zwischen Kupplungsebene und benachbarter Achse Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 65 der ETH Zürich haben gezeigt, dass sich durch den Einsatz doppelt-langer Züge7 bezüglich des Trassenbedarfs die Kapazität um 50 Prozent steigern lässt. Die Gründe dafür, dass eine Verdoppelung der Zuglänge nicht zu einer Verdoppelung der Kapazität führt, liegen an einer längeren Belegung von Trassen durch die überlangen Züge [Wichser o. J., S. 8] [IVT 2004, S. 9]. Eine größere Kapazitätswirkung attestiert TUB u. a. [2003, S. 79ff] den überlangen Zügen mit einem Kapazitätszuwachs von rund 65 bis 80 Prozent je nach Geschwindigkeit und Zugsicherungssystem8 (Abbildung 4.2). Abbildung 4.2: Änderung der Durchsatzfähigkeit durch Verdoppelung der Wagenzuglänge von 700 auf 1400 Meter [TUB u. a. 2003, S, 87] Angaben zur Wirkung überlanger Züge auf die gesamte Netzkapazität sind stark abhängig vom angenommenen Einsatzumfang. So nimmt beispielsweise UBA [2009, S. 95] an, dass sich mittels längerer Güterzüge von 1000 oder 1500 Metern die Netzkapazität9 in Deutschland bis 2025 um 15 Prozent steigern wird. Holzhey [2010, S. 40, S. 45] geht hingegen davon aus, dass längere Güterzüge keinen nennenswerten Effekt auf die gesamte Netzkapazität haben. Primäre Einsatzfelder Die heutige Eisenbahninfrastruktur ist auf die derzeitigen maximalen Zuglängen angepasst. Dies betrifft sowohl die Nutzlängen der Gleise in Bahnhöfen und Zugbildungsan7 Ein doppelt-langer Güterzug besteht dabei aus „2 zusammengekuppelten normal langen Zügen von je ca. 600 - 750m Länge und ca. 1500 t Gewicht, oder ein Zug mit einer Länge von 1200 - 1500m und einer Anhängelast von ca. 3000 t“ [Wichser o. J., S. 5]. 8 HV: konventionelles System (Haupt-Vorsignal-System); HV opt: optimiertes konventionelles System; LZB: Linienförmige Zugbeeinflussung; ETCS 3: ETCS Level 3 „Moving Block“. Notwendige Anpassungen der Systeme für überlange Züge wurden vorausgesetzt. 9 UBA [2009, S. 95] spricht an dieser Stelle von einer Zunahme der Trassenkapazität. Nach gängiger Definition bezieht sich die Trassenkapazität jedoch auf die Anzahl der fahrbaren Trassen, welche durch längere Güterzüge jedoch nicht erhöht wird. Es erhöht sich lediglich die Menge der Güter, die über das Netz transportiert werden können, weshalb hier der Begriff Netzkapazität verwendet wird. Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 66 lagen sowie der Überholgleise als auch Elemente der Leit- und Sicherungstechnik. Zum Fahren überlanger Züge sind somit Anpassungen bei der Infrastruktur erforderlich [Voges & Sachse 1998, S. 608f] [Bahntech 2008, S. 14] [KombiConsult & K+P 2010, S. 73]. Da diese mit hohen Investitionen verbunden sind, ist eine Auswahl bestimmter Korridore für überlange Züge sinnvoll. Hierfür sind langlaufende internationale Güterverkehrskorridore sowie die Zu- und Ablaufkorridore der großen europäischen Seehäfen als bevorzugte Anwendungsfälle anzusehen. So nennt der Masterplan Schiene Seehafen-Hinterlandverkehr der DB AG die Erhöhung der Zuglängen eine langfristig realistische Option zur Kapazitätssteigerung des Schienencontainerverkehrs auf den stark belasteten Zu- und Ablaufstrecken der Seehäfen [DB AG 2007, S. 12]. Bezüglich der internationalen europäischen Güterverkehrskorridore sieht das Konzept für ein Primary European Rail Freight Network eine Verlängerung der Zuglängen auf Teilen der ERTMS10 -Korridore vor. Das von CER mit der UIC und McKinsey erstellte Konzept bezieht sich dabei auf Züge bis zu 1.000 Metern Länge ebenso wie auf eine Anpassung auf 750 Meter11 auf den Abschnitten, wo diese noch nicht zulässig sind (z.B. Korridor D Valencia-Ljubljana und E Dresden-Prag-Budapest, derzeit 600 Meter). [Findeis 2007, S. 595] [CER 2008a, S. 6, S. 61f] [CER 2008b] Ein Spezialfall der internationalen Verkehre sind die Alpentransitverkehre durch die Schweiz, bei denen längere Güterzüge die Durchlassfähigkeit der Nord-Süd-Achsen erhöhen können [Vogel 2000, S. 22] [ERI 1996, S.271f]. Nach Gerber u. a. [1999, S. 296] wird es zur Umsetzung der Alpenschutzinitiative unumgänglich sein, die maximale Zuglänge im Nord-Süd-Korridor über 750 Meter zu verlängern. So ist geplant, dass in den Alpentransittunneln (Gotthard- und Lötschberg-Basislinien, NEAT) Züge von bis zu 1.500 Metern und 4.000 Tonnen verkehren [Zbinden 1998, S. 22] [SER 2003, S. 90]. Ende 2010 wurde die Durchführung eines Feldversuchs mit (über-)langen Güterzügen in den Aktionsplan Güterverkehr und Logistik — Logistikinitiative für Deutschland des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBs) aufgenommen und als besonders wichtige Maßnahme eingestuft. Die Maßnahme soll dabei der Prüfung dienen, „ob wesentliche Kapazitätssteigerungen ohne nennenswerte Infrastrukturerweiterungen praktikabel sind“ [BMVBS 2010, S. 24]. Stattfinden soll der Versuch auf den nachfragestarken Strecken (Padborg –) Flensburg – Hamburg und (Betuweroute –) Emmerich – Duisburg und Karlsruhe – Basel. [BMVBS 2010, S. 17, S. 24] Technische Lösungsansätze Zusammenfassend sind neben den infrastrukturellen Randbedingungen die folgenden drei Aspekte maßgebend für die mögliche Zuglänge: • „Die Verbindung (Kupplung) der Triebfahrzeuge und Wagen im Zugverband; • Die Steuerung der Bremsen im Zugverband; 10 11 European Rail Traffic Management System Nutzlänge der Gleise, nicht Zuglänge Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 67 • Die (verteilte) Traktion im Zugverband als Vorspannlokomotive, mit Nachschiebebetrieb und/oder Mittellokomotiven.“ [KombiConsult & K+P 2010, S. 69] Aus diesen drei Faktoren leiten sich direkt drei Ansätze zum Fahren überlanger Güterzüge ab: die Verbesserung des Verbindungssystems zwischen den Triebfahrzeugen und Wagen im Zugverband durch Einsatz einer MPK [Chatterjee & Bensch 1999, S. 33], die elektrische Ansteuerung der Bremsen aller Wagen [Witte, Minde & Engelmann 2000, S. 748f] [Schmidt u. a. 2009, S. 360] sowie der Einsatz im Zugverband verteilter Lokomotiven, die neben der Traktion allesamt die pneumatische Bremse ansteuern [Gerber u. a. 1999, S. 294f] [Vogel 2000, S. 24] [Lang 2009, S. 173f]. Tabelle 4.1 gibt einen Überblick über diese Ansätze und ihre Wirkungsweise, ohne die jeweiligen Effekte zu quantifizieren. Ein Beispiel für den Ansatz über die Bremsansteuerung ist das bereits genannte Projekt FEBIS (siehe Abschnitt 4.1). Mit der zum System gehörenden elektrisch angesteuerten Bremse sollten Züge bis zu einer Länge von 2250 Metern gefahren werden können [Witte, Minde & Engelmann 2000, S. 749]. Wiederholte Versuche zu überlangen Zügen in der Schweiz in den Jahren 1996 bis 2003 basierten hingegen auf der verteilten Traktion [Vogel 1997, S.,338f] [Gerber u. a. 1999, S. 294f] [Vogel 2000, S. 24] [SER 2003, S. 90], ebenso Ansätze in Frankreich [Rail & Recherche 2003, S. 23ff]. Auch bei den recht aktuellen Ansätzen der DB AG auf deutscher Seite wird für Züge bis 1500 Meter auf die sogenannte verteilte Traktions- und Bremssteuerung (VTBS) gesetzt [Lang 2009, S. 173f] [Rixner & Deeg 2009, S. 22]. Ein Vorteil der Wahl der verteilten Traktion (inklusive Bremsansteuerung durch alle Lokomotiven) ist, dass an den Wagen keine Anpassungen notwendig sind. Die notwendige Zusatzausrüstung konzentriert sich – zumindest sofern die Kommunikation zwischen den Lokomotiven über Funk erfolgt – auf die Lokomotiven selbst. Die benannten Untersuchungen in der Schweiz haben gezeigt, dass die reduzierende Wirkung der synchronen Ansteuerung der HL über die Lokomotiven an mehreren Stellen des Zuges ebenso wie die elektropneumatische Bremse, die alle Wagenbremsen direkt ansteuert, auf die längsdynamischen Effekte nur bei homogenen Zügen zum Tragen kommt [Vogel 2000, S. 23f]. Bei Messfahrten im Jahr 2003 mit einem weitestgehend homogenen Zug von insgesamt 1614 Metern Länge und drei Lokomotiven (Zugspitze, Mitte, Zugende) kam es dennoch mehrfach zu Zugtrennungen, in einem Fall dabei an mehreren Stellen gleichzeitig [SER 2003, S. 90].12 Auf die verteilte Traktionssteuerung wird in Abschnitt 4.3, auf die elektrische Ansteuerung der Wagen in Abschnitt 4.4 ausführlicher eingegangen. Logistische Restriktionen Davon ausgehend, dass bei inhomogenen Zügen die längsdynamischen Probleme in erhöhtem Maß auftreten, bietet sich der Einzelwagenverkehr (EWV) zunächst weniger 12 Die Zugzusammensetzung gestaltete sich wie folgt: führende Lokomotive – Messwagen – 37 homogen beladene Xas-Wagen – Messwagen – Lokomotive – 55 leere Eaos-Wagen – Lokomotive [SER 2003, S. 90] Ansatz 2: Wirkungsweise (eigene Zusammenstellung) Notwendige Umrüstung und Zugkraftspitzen alle Wagen im Zug alle Wagen im Zug dynamischen Kräfte ja, durch Reduktion der längs- die pneumatische Bremse an- ja, wenn alle Lokomotiven (Funk-Repeater) Triebfahrzeuge, ggf. Strecke längsdynamischen Kräfte sigen Zug- und Druckkräfte ja, durch Erhöhung der zuläs- nungsgefahr) durch Druck- Probleme längs- steuern, durch Reduktion der der mal auftretenden Zugkräfte ja, durch Reduktion der maxi- verteilte Traktion Ansatz 3: (Entgleisungs- und Zugtren- dynamischen Reduktion hakengrenzlast der SK zuges durch die geringe Zug- des Kupplungssystems senbegrenzungen des Wagen- nein Kupplung (Einführung MPK) ja, durch höhere Belastbarkeit Bremsansteuerung (ep) Ansatz 1: Aufhebung der heutigen Mas- Problemfeld Technischer Lösungsansatz und Wirkungsweise Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 68 Tabelle 4.1: Technische Lösungsansätze zum Fahren überlanger Güterzüge und ihre Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 69 für überlange Züge an. Es bleiben somit Ganzzüge, die direkt vom Gleisanschluss des Versenders zu dem des Empfängers verkehren, sowie der Kombinierte Verkehr. Neben dem Problem, dass die Infrastrukturen in den Gleisanschlüssen und den Terminals des Kombinierten Verkehrs nicht auf überlangen Züge eingerichtet sind, ergeben sich die folgenden Anforderungen aus logistischer Sicht13 : • Die entsprechende Nachfrage zwischen dem Start- und Zielpunkt muss gegeben sein. • Es müssen mehr Ladung bzw. Ladeeinheiten für eine Abfahrt gesammelt und gelagert werden. • Die Abfahrfrequenz sinkt gegebenenfalls, was dem Interesse des Verladers zuwider laufen kann. • Im Kombinierten Verkehr können sich künstliche Spitzen im Anliefer- und Abholverkehr ergeben. Um den benannten Problemstellungen zumindest teilweise zu entgehen, bieten sich Produktionsverfahren wie Train-Coupling and -Sharing oder Train-Doubling an, bei denen sich Züge verschiedener Verlader bzw. KV-Terminals unterwegs treffen, dann den Großteil ihres Laufwegs als ein Zug zurücklegen und sich vor Erreichen ihrer jeweiligen Ziele wieder trennen.14 Zu beachten ist weiterhin, dass sich in Abhängigkeit der Umlaufzeit einer Verbindung und der Frequenz vor und nach der Umstellung auf längere Züge ein Mehrbedarf an Güterwagen ergeben kann. Tabelle 4.2 gibt hierzu ein Beispiel. U < 24 h 48 h < U < 72 h Kapazität 150 Wagen/Woche 150 Wagen/Woche Frequenz Mo-Fr Mo, Mi, Fr Mo-Fr Mo, Mi, Fr Züge pro Woche 5 3 5 3 Wagen pro Zug 30 50 30 50 Anzahl Wagengarnituren 1 1 3 2 Anzahl Wagen 30 50 90 100 Umlaufzeit U Mehrbedarf Wagen +67 % +11 % Tabelle 4.2: Wagenbedarf bei einer Reduktion der wöchentlichen Abfahrten von fünf auf drei bei gleichbleibendem Transportaufkommen. Angaben zu Kapazität, Frequenz und Züge pro Woche gelten je Richtung (eigene Darstellung). 4.3 Mehrfachtraktionssteuerung über Funk Die Mehrfachtraktionssteuerung über Funk dient der Ansteuerung von einer oder mehreren im Zugverband verteilten Lokomotiven von der führenden Lokomotive aus. Die 13 Aufzählung erfolgt in Anlehnung an KombiConsult & K+P [2010, S. 73f], dort in alleinigem Bezug zum Kombinierten Verkehr. 14 Siehe zu Train-Coupling and -Sharing und Train-Doubling z. B. Siegmann [1997, S. 104f]. Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 70 führende und als einzige durch Personal besetzte Lokomotive wird dabei häufig als Master-Lokomotive, alle weiteren Lokomotiven als Slave-Lokomotiven bezeichnet. Wesentliche Anforderung an ein solches System ist die Steuerung der Antriebsleistung sowie der elektrodynamischen und pneumatischen Bremse der Slave-Lokomotiven sowie weiterer Elemente und Funktionen, wie z. B. dem Hauptschalter, den Stromabnehmern oder der Sandung [Hörl 1999, S. 669] [Hörl, Pohl & Witthuhn, S. 106]. Wie im vorigen Abschnitt bereits aufgeführt, stellt ein derartiges System einen Ansatz dar, um überlange Züge zu fahren. Weitere potentielle Einsatzfälle sind schwere Güterzüge, z. B. im Kohle- und Erzverkehr, Train-Coupling and -Sharing [Hörl 1999, S. 668] oder der Nachschiebebetrieb ohne Besetzung der nachschiebenden Lokomotive bei erhöhter Sicherheit gegenüber dem konventionellen Verfahren [Prokisch & Ineichen 2002, S. 126]. Bei langer Talfahrt kann zudem durch den Einsatz der elektrischen Bremse der Slave-Lokomotive auf die sogenannte Sägezahn-Bremsmethode verzichtet werden, die einer Erschöpfung und Überhitzung der mechanischen Wagenbremsen entgegenwirkt, jedoch die Durchschnittsgeschwindigkeit des Zuges stark senkt [Gerber u. a. 1999, S. 294]. Der Lösungsansatz zum Fahren längerer oder schwerer Züge liegt in der verbesserten Verteilung der Abtriebs- und Bremsleistung im Zugverband begründet. Durch die Ansteuerung der pneumatischen Bremse über die Führerbremsventile aller SlaveLoks erfolgt die Absenkung bzw. Anhebung des Luftdrucks in der HL zum Bremsen der Wagen bzw. zum Lösen der Wagenbremsen von mehreren Stellen im Zugverband aus. Zusammen mit der verteilten Antriebsleistung führt dies zu einer Reduktion der Zuglängskräfte im vorderen Zugteil. Die schnellere Reaktion der Bremsen im hinteren Zugteil führt zu kürzeren Bremswegen. Auch die Lösezeiten werden verkürzt. [Hörl, Pohl & Witthuhn, S. 106] Die Mehrfachtraktionssteuerung über Funk setzt eine stabile und sichere Datenkommunikation zwischen der Master-Lokomotive und den Slave-Lokomotiven voraus. Es muss sichergestellt sein, dass es bei Funkunterbrechungen, z. B. bei Tunneldurchfahrten, nicht zu unzulässigen Längsdruckkräften beim Nachschieben der Slave-Lokomotiven kommt. Eine Gefährdung stellt insbesondere eine während einer Funkunterbrechung durch die führende Lokomotive eingeleitete Schnellbremsung dar. [TUB u. a. 2003, S. 73ff] Bei vielen Bahnen außerhalb Europas sind Mehrfachtraktionssteuerungen standardmäßig im Einsatz. Ein weit verbreitetes System ist LOCOTROL Distributed Power von General Electric (GE) Transportation.15 Das System wurde seit den sechziger Jahren entwickelt und war im Jahr 2002 in 20 Ländern im Einsatz [Vantuono 2002]. In Nordamerika war es laut Herstellerangaben mit Stand 2007 in über 9000 Lokomotiven installiert [GE 2007, S. 19]. Abbildung 4.3 zeigt die Wirkung des Systems auf die Längskräfte an den Kupplungen und auf die HL. 15 Aktuell wird das Produkt von GE Transportation angeboten [GE Locotrol 2010]. Zuvor war der Anbietername GE Harris oder auch GE Harris Harmon (siehe z. B. [Hörl 1999, S. 668] und [Hörl, Pohl & Witthuhn, S. 105]). Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 71 Abbildung 4.3: Funktionsprinzip des Systems LOCOTROL Distributed Power (eigene Darstellung gemäß GE [o. J.], mit Ergänzungen) Das System arbeitet unter den bereits beschriebenen Bedingungen vieler außereuropäischer Bahnen (siehe Abschnitt 4.2, Seite 64). Beim Pilotprojekt „Mehrfachfunksteuerung von Lokomotiven im Zugverband“ (FFZ) wurde es Ende er 90er Jahre im Auftrag der damaligen DB Cargo AG in einer abgewandelten Form in der Diesellokomotive BR 232 erprobt. Als Besonderheit sollte es ermöglichen, eine segmentierte anstatt der durchgehenden HL zu nutzen, bei der der Bremsbefehl über die Segmentgrenzen nur noch über Funk übertragen wird [Hörl 1999, S. 668ff]. Es liegen jedoch keine öffentlich zugänglichen Informationen über die Versuchsergebnisse vor, ein längerfristiger Betriebseinsatz in Deutschland ist nicht bekannt. Weiterhin wurde in Deutschland unter dem Namen „Cargo-Shuttle“ ein System zur drahtlosen Steuerung von unbemannten Triebfahrzeugen vom führenden Triebfahrzeug aus mit Technik des GE-Konkurrenten Theimeg (jetzt: Cattron-Theimeg) realisiert. Im Sommer 2000 wurden mit diesem System schwere Stahlverkehre aufgenommen, bei denen an jedem Zugende eine Lokomotive der Baureihe 294 fährt. Jedoch ist die maximale Geschwindigkeit auf 80 km/h und maximale Zuglänge auf 300 Meter beschränkt. [Lange 2001, S. 41ff] Bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) wurde das Thema der verteilten Traktion ab Mitte der 90er Jahre mit dem Ziel des funkferngesteuerten Nachschiebens (insbesondere am Gotthard) sowie überlanger Güterzüge für die NEAT-Strecken intensiv verfolgt. Lieferant für die Funkfernsteuerungs-Hard- und Software war auch hier GE Harris. Die Technik für das Nachschieben – mit der HL als Rückfallebene – wurde bis Ende des Jahrzehnts zur Einsatzreife gebracht und sollte mit dem Fahrplanwechsel 2000 in den Regelbetrieb übergehen. [ERI 1998] [Gerber u. a. 1999, S.293ff] Im Jahr 2000 sind die umgerüsteten Lokomotiven der Baureihe Re460 jedoch im Rahmen des Programms Bahn 2000 an den Personenverkehr übergegangen, wo die Technik schließlich wieder ausgebaut wurde. Heute wird in den Fällen, in denen nachgeschoben wird, wieder mit personalbesetzten Schiebelokomotiven gearbeitet [Bruckmann 2010, Interview]. Über weitere Hintergründe liegen keine Informationen vor. Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 72 Bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) ist Anfang der 2000er Jahre der funkferngesteuerte Nachschiebebetrieb für die Brenner-Strecke zur Einsatzreife gebracht worden. Die Technik dafür stammt aus der Schweiz von der Firma Safecom Engineering AG, die zwischenzeitlich von der Schweizer Electronic AG übernommen wurde. Besonderes Merkmal ist der geringe Einfluss von Tunneln auf die Übertragungsqualität, so dass keine ortsfesten Repeaterstationen notwendig sind. Das eigentliche Sicherheitselement im Funkbetrieb stellt jedoch weiterhin die durchgekuppelte HL dar. [Hächler 2003, S. 210] [Ineichen 2002, S. 34ff] Bei Funkabbruch stellt die Slave-Lokomotive beim ÖBB-System auf konstante Leistung. Sofern sich der Funk nach maximal 15 Sekunden nicht wieder aufgebaut hat, leiten beide Lokomotiven die Bremsung ein. Die Distanz zwischen den Lokomotiven beträgt derzeit rund 300 bis 400 Meter, kann jedoch bei entsprechender Funkleistung, für die eine Lizenz vorliegen muss, bis zu zwei Kilometer betragen. Über die Sicherheit des Zuges bei einer von der führenden Lokomotive ausgelösten Notbremsung zum Zeitpunkt einer fehlenden Funkverbindung konnten vom Hersteller keine Angaben gemacht werden. [Jordi 2010, Interview] Das System wird bei den ÖBB erfolgreich eingesetzt. Die italienischen Gewerkschaften haben jedoch durchgesetzt, dass auf italienischer Seite der Brennerstrecke auf der funkferngesteuerten Lokomotive ein zweiter Lokomotivführer mitfahren muss. [Jordi 2010, Interview] 4.4 Elektrisch angesteuerte Druckluftbremse Der Einsatz einer elektrisch angesteuerten Bremse ermöglicht einen nahezu gleichzeitigen Bremsvorgang bei allen Wagen, da das Problem der geringen Durchschlagsgeschwindigkeit der konventionellen rein pneumatischen Bremse umgangen wird. Als Vorteile ergeben sich kürzere Bremswege, eine bessere Regulierbarkeit der Bremse, eine Reduzierung der Längsdruckkräfte im Zugverband sowie eine Verringerung des Bremsverschleißes [Minde 2007a, S. 5] [Minde & Witte 2001, S. 258] [Fluid 2005, S. 40].16 Elektrisch angesteuerte Bremsen kommen überwiegend in Form der sogenannten elektropneumatischen Bremse (ep-Bremse) im Personenverkehr zum Einsatz. Bei Lokomotiven und Reisezugwagen sowie Trieb- und Hochgeschwindigkeitszügen werden dabei indirekte ep-Bremsen, bei Triebzügen und Metro-Systemen auch direkte ep-Bremsen genutzt [Haas 2008, S. 6]. Es wird folgend zunächst die indirekte elektropneumatische Bremse beschrieben, bevor in Form der Datenbus- oder Zugbus-basierten Bremsansteuerung auf Konzepte einer direkten elektropneumatische Bremse für den Güterverkehr eingegangen wird. Neben der konventionellen HL gehören zur indirekten ep-Bremse die elektrische Steuerleitung und die HBL. Ein Bremsvorgang wird wie bei der rein pneumatischen Bremsung über das Führerbremsventil ausgelöst. Über die elektrische Leitung werden 16 Auf die Auswirkungen der Nutzung der Druckluft als Signalmedium mit den hohen Durchschlagszeiten und die Folgen für die Zugdynamik und die Bremswege wurde bereits in Abschnitt 3.4.2 eingegangen. Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 73 Magnetventile der einzelnen Wagen an der HL angesteuert, die eine gleichmäßige Absenkung des Luftdrucks in der gesamten HL bewirken. Die Steuerventile der Wagen, die ausgehend von der Druckänderung in der HL die einzelnen Bremsen ansprechen, arbeiten genauso wie bei der rein pneumatischen Bremse. Aufgrund der gleichmäßigen Druckabsenkung in der HL sprechen sie im Gegensatz zur rein pneumatischen Steuerung im gesamten Zug jedoch fast gleichzeitig an. [Minde 2007a, S. 5] Um ebenfalls ein gleichmäßiges und schnelles Lösen der Bremse zu ermöglichen, werden die Vorratsluftbehälter (R-Behälter) ebenfalls über Magnetventile gesteuert über die HBL wieder aufgefüllt. Der Druck in der HBL liegt mit acht bis zehn Bar wesentlich über dem der HL (Regeldruck fünf Bar, Vollbremsung 3,5 Bar). Die Anordnung der Magnetventile und der HBL zeigt Abbildung 4.4 . [Minde 2007a, S. 4f] Abbildung 4.4: Funktionsanordnungen bei der indirekten ep-Bremse [Minde 2007b, S. 3]. HBL: Hauptluftbehälterleitung; HL: Hauptluftleitung; MgV: Magnetventil; R: Vorratsluftbehälter; Br.-Zyl.: Bremszylinder. Bei Ausfall des elektronischen Steuersystems greift das rein pneumatische System als Rückfallebene. Die von der DB Fernverkehr AG eingesetzte sogenannte DB-ep-Bremse wird hinsichtlich ihrer Funktionstüchtigkeit nicht überwacht. Sie ist daher nicht sicherheitsrelevant. Zur Signalgebung wird das IS17 - oder das Lautsprecherkabel verwendet, die notwendige Energie wird der Spannungsversorgung der Wagen entnommen. [Minde 2007a, S. 5] Bei der ep-Bremse nach UIC-Merkblatt 541-5 kommt die UIC-Steuerleitung sowohl zur Signalgebung als auch für die Energieversorgung der Magnetventile zum Einsatz, was sie auch für Wagen ohne eigene Energieversorgung einsetzbar macht [Minde 2007a, S. 5]. Nach benanntem Merkblatt kann die ep-Bremse zur Erhöhung des Bremsgewichtes angerechnet werden, womit sie als sicherheitsrelevant anzusehen ist. Ihre Funktionsfähigkeit wird daher ständig automatisch überwacht. Im Falle einer Störung der ep-Bremse muss der Triebfahrzeugführer sofort darüber Meldung erhalten. In dem Merkblatt sind zudem die durchzuführenden Reaktionen auf einen Ausfall der ep-Bremse definiert. So hat der Triebfahrzeugführer bei einem Fehler der Leitungen zur Versorgung der Magnetventile (Trennungen oder Kurzschlüsse) eine Schnellbremsung auszuführen, sofern der Fehler bei einer Bremsung auftritt. [UIC 541-5, S. 4, S. 7] 17 Informations- und Steuerleitung der Wendezugsteuerung Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 74 Die UIC-ep-Bremse nach Merkblatt 541-5 kommt beispielsweise bei der DB Regio AG zum Einsatz [Minde 2007b, S. 7]. Anwendungen mit Anrechnung eines erhöhten Bremsgewichts sind nicht bekannt. Zudem ist fraglich, ob durch eine alleinige Überwachung der Funktionsfähigkeit die Sicherheit bei erhöhtem Bremsgewicht tatsächlich gewährleistet ist, da nur die konventionelle, rein pneumatisch angesteuerte Bremse als Rückfallebene zur Verfügung steht. Der Ausfall kann durch die Überwachung zwar frühzeitig erkannt werden, es ist aber nicht ausgeschlossen, dass dies bereits in einem kritischen Zustand passiert. Minde & Witte [2001, S. 258] schreiben hierzu: „Nachteilig bleibt [. . . ] die fehlende Antwort auf Ausfallszenarien, wenn man zugdynamisch kritische Züge fahren möchte, die vom konventionellen Bremssystem, welches immer noch die Rückfallebene darstellt, nicht beherrscht werden.“ Die laut Merkblatt vorgeschriebene Einleitung einer Schnellbremsung (siehe oben) mag aufgrund der bei starker Bremsung starken längsdynamischen Effekte sogar eine zusätzlich gefährliche Situation hervorrufen. [Kölling 2010, Interview] Eine weitere Möglichkeit zur Umsetzung elektrisch angesteuerter Druckluftbremsen ist die Datenbus- oder Zugbus-basierte Bremsansteuerung. Dabei wird die „Intelligenz zur Ansteuerung der Bremsen an den einzelnen Bremssteuerungen verteilt im Zug“ [Minde & Witte 2001, S. 258] untergebracht. Als Vorteil ergibt sich, dass neben der Bremsansteuerung auch Zusatzfunktionen wie Automatisierungen, Diagnosen und Fernbestätigungen möglich sind. [Minde & Witte 2001, S. 258] Anfang der 1990er Jahre begann in den USA mit der Electronically Controlled Pneumatic Brake (ECP brake) die Entwicklung eines solchen Systems. Der erste kommerzielle Einsatz erfolgte bei der Norfolk Southern Railway im Jahr 2007, zwei weitere der großen Class I-Güterbahnen folgten bereits 2008. [FRA 2008a, S. 61514] [FRA 2008b, S. 2] Das System basiert auf einer durch den ganzen Zug führenden Elektroleitung, die zwischen den Wagen von Hand gekuppelt wird. Wie die Luftkupplung der Class IBahnen entkuppelt die Leitung automatisch bei Trennung der Wagen. Alle Wagen sind mit einem elektronischen Car Control Device (CCD) ausgestattet, das die Funktionen des konventionellen pneumatischen Steuerungsventils ersetzt. Es reguliert den Bremszylinderdruck direkt gemäß des Bremsbefehls des Triebfahrzeugführers. Die HL wird permanent auf maximalem Druck gehalten. Im Gegensatz zur bislang eingesetzten konventionellen AAR-Bremse, die einlösig ist, kann die Bremse über das CCD stufenweise gelöst werden. [FRA 2008a, S. 61514] [Vantuono 2008, S. 26] [Minde & Witte 2001, S. 259] Die Möglichkeit des stufenweisen Anlegens und Lösens der Bremse verbessert die Kontrolle über den Zug. Als weitere und daraus folgende Vorteile ergeben sich Reduktionen der Bremsweglänge von bis zu 50 Prozent, eine starke Reduktion der Zuglängskräfte, Reduktionen beim Verschleiß an den Bremsklötzen sowie an den Radsätzen und Energieeinsparungen. Der permanente hohe Druck in der HL reduziert zudem die Wahrscheinlichkeit, dass Zügen in hügeliger Landschaft aufgrund des hohen Luftverbrauchs der konventionellen Bremse förmlich die Luft ausgeht, was die Bremskraft reduziert oder ganz ausfallen lässt (sogenannte Runaway Trains). Aufgrund der Selbstdiagnosefunktio- Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 75 nen des Systems erlauben die FRA18 -Regulierungen Zugfahrten bis 3500 Meilen (rund 5600 Kilometer) ohne Zwischenstopps für routinemäßige Bremsuntersuchungen. Diese Distanz ist mehr als doppelt so hoch wie beim konventionellen Bremssystem. [FRA 2008b, S. 1f] [Vantuono 2008, S. 26] [Minde & Witte 2001, S. 259] Mit der ECP-Bremse werden Züge bis zu drei Kilometern Länge gefahren. Um diese sicher fahren zu können, ist jedoch nicht die ECP-Bremse maßgeblich. Auch mit konventioneller AAR-Bremse, die bei ECP-Ausfall die Rückfallebene darstellt, können die Züge sicher zum Anhalten gebracht werden.19 Die zuvor benannten Vorteile greifen jedoch für die amerikanischen Bahnen stark genug, um die Einführung wirtschaftlich zu begründen. [Minde & Witte 2001, S. 259] Zugbusbasierte Entwicklungen in Europa sind z. B. EBAS und das bereits mehrfach genannte Projekt FEBIS. EBAS, das beim CargoSprinter eingesetzt wurde, ist bei Zügen bis 700 Metern Länge und maximal 64 Fahrzeugen einsetzbar. Rückfallebene ist die konventionelle Bremse. [Minde & Witte 2001, S. 258f] Wie bei der amerikanischen ECP-Bremse wird bei FEBIS der Druck in der HL konstant auf Lösedruck gehalten und der Druck in den Bremszylindern durch die elektrischen Wageneinheiten geregelt. Eine Besonderheit sind jedoch die sogenannten EVA-Ventile, die eine Entlüftung der HL ermöglichen und eine wesentliche Funktion in der Rückfallebene ausüben. Erkennt eine FEBIS-Fahrzeugbremse im Fall einer fehlenden elektrischen Kommunikationsverbindung zum FEBIS-Bremssteuerungssystem des Triebfahrzeugs eine Druckwelle in der HL – ausgelöst vom Triebfahrzeugführer oder durch eine Zugtrennung – wird das EVA-Ventil angesteuert und entnimmt lokal Luft aus der HL. Gleichzeitig wird von der erkennenden FEBIS-Fahrzeugbremse eine Schnellbremsansforderung an alle erreichbaren FEBIS-Fahrzeugbremsen gesendet, wodurch auch dort die EVA-Ventile angesprochen werden. Durch den Druckabfall in der HL reagieren die konventionellen pneumatischen Steuerventile und füllen die Bremszylinder. Auf diese Weise soll auch bei Verbindungsabbrüchen des elektrischen Kommunikationssystems zwischen einzelnen Fahrzeugen eine segmentweise Gleichzeitigkeit gegeben sein. So soll auch bei schweren und überlangen Zügen bis zu 2250 Metern Zuglänge jederzeit sicher gebremst werden können. [Minde & Witte 2001, S. 259ff] Zuletzt war bezüglich einer elektrisch angesteuerten pneumatischen Bremse für den SGV Europas von einem Projekt namens Tauruss zu hören, an dem die UIC beteiligt ist. Hintergrund ist eine Anpassung der Bremsfähigkeit von Güterzügen an Personenzüge, um auf stark befahrenen Streckenabschnitten im Bereich von Ballungsräumen die Kapazität im Mischverkehr zu erhöhen [Maestrini & Geissler 2011, Interview]. Details zu technischen Ansätzen im Projekt sind nicht bekannt. 18 Federal Railroad Administration, US-amerikanische Behörde Auf die Unterschiede des amerikanischen zum europäischen Gütereisenbahnsystem, die die Unterschiede in den möglichen Zuglängen begründen, ist in den ersten Absätzen von Abschnitt 4.2 eingegangen worden. 19 Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 4.5 76 Automatische Bremsprobe „Bevor ein mit durchgehender Bremse fahrender Zug den Anfangsbahnhof verläßt, ist eine Bremsprobe vorzunehmen. Die Bremsprobe ist zu wiederholen, so oft der Führerstand gewechselt oder der Zug ergänzt oder getrennt wird, es sei denn, daß Fahrzeuge nur am Schluß abgehängt werden. [. . . ]“ [EBO, §35 (7)] Zu unterscheiden ist zwischen der vollen und der vereinfachten Bremsprobe. „Eine volle Bremsprobe muss [. . . ] am neu gebildeten Zug, frühestens 24 Stunden vor der Abfahrt, [. . . ] wenn ein Zug länger als 24 Stunden abgestellt war [sowie] am unverändert gebliebenen Zug, der mehrere Tage wiederverwendet wird, einmal täglich, im Regelfall vor der ersten Zugfahrt“ [VDV 757/DB Ril 915, Modul 0103, S. 1] durchgeführt werden.20 Eine vereinfachte Bremsprobe ist beispielsweise notwendig, „wenn die vorgeschriebene volle Bremsprobe nicht mit dem während der Zugfahrt zu bedienenden Führerbremsventil ausgeführt wurde, [. . . ] wenn ein Zug ergänzt oder vorübergehend getrennt wurde, [. . . ] wenn ein Zug abgestellt war [. . . und] wenn beim Rangieren Fahrzeuge an die HL angeschlossen sein müssen [. . . ]“ [VDV 757/DB Ril 915, Modul 0104, S. 1]. Die vereinfachte Bremsprobe ist demnach z. B. durchzuführen, wenn die volle Bremsprobe an einem Wagenzug mit einer stationären Bremsprobeeinrichtung durchgeführt wurde und erst danach das Triebfahrzeug angekuppelt wird. Das Durchführen der Bremsproben, insbesondere der vollen Bremsprobe, bedeutet einen hohen Zeitaufwand. Bei der vollen Bremsprobe muss der gesamte Zug mehrfach abgelaufen werden, um den Zustand der Bremsen auf Schäden sowie um das korrekte Anlegen der Bremsen und das korrekte Lösen an jedem Wagen zu prüfen. Sofern die HL zu Beginn der Bremsprobe noch nicht durchgängig gekuppelt und gefüllt ist21 , ergeben sich mindestens drei Gänge entlang des Zuges. Dies sind der kombinierte Zustands- und Lösegang, bei dem der Zustand der Bremsanlagen der Fahrzeuge sowie der Lösezustand der Bremsen überprüft wird, der Anlegegang, bei dem nach Anlegen der Bremsen das tatsächliche Anliegen aller aktiven Bremsen festgestellt werden muss sowie anschließend wieder ein Lösegang, um das Funktionieren des vollständigen Lösens aller Bremsen zu überprüfen. Wird die Bremsprobe zusammen mit der Wagentechnischen Untersuchung (WU)22 ausgeführt, bei der der Zug auf beiden Seiten untersucht werden muss, oder wenn eine Person allein die Bremsprobe ausführt und nicht über eine Funkfernsteuerung verfügt, mit der sie auch vom Zugende aus die Bremssteuerung des Triebfahrzeugs oder der stationären Bremsprobeeinrichtung bedienen kann, kommen weitere Gänge – bis zu insgesamt sechs – hinzu. Ist die HL bereits durchgängig gekuppelt und gefüllt, kann der Zustandsgang zusammen mit dem Anlegegang erfol20 Weiterhin sind Spezifizierungen bei Unregelmäßigkeiten und vor Gefällestrecken gegeben. Eine weitere, hier weggelassene Bedingung bezieht sich auf den Spezialfall von Bremsproben mit einem HL-Druck von nur 4,8 Bar. 22 Die Wagentechnische Untersuchung „beinhaltet die alles umfassende Untersuchung auf Betriebssicherheit unter Verwendung von Werkzeugen und Meßgeräten“ [VDV/DB Ril 936.0102, S. 3]. „Jeder Güterwagen muß je Last- und Leerlauf mindestens eine Wagentechnische Untersuchung erhalten“ [VDV/DB Ril 936.0102, S. 6]. Sie ist „in der Regel mit der Bremstechnischen Untersuchung zu kombinieren“ [VDV/DB Ril 936.0113, S. 1]. 21 Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 77 gen. Im Anschluss ist dann nur ein Lösegang notwendig. [VDV 757/DB Ril 915, Modul 0103, S. 1, Anhänge A01-A02] [VDV/DB Ril 936.0102] [Kölling 2010, Interview] Zur Verringerung des zeitlichen Aufwands der Bremsprobe kann diese automatisch bzw. technisch unterstützt durchgeführt werden. Die Anwendung ist sowohl bei der vollen als auch bei der vereinfachten Bremsprobe möglich. Bei der Automatisierung kann nach bestehendem Regelwerk zwischen der benutzergeführten und der automatischen Bremsprobe unterschieden werden. Im Falle einer benutzergeführten Bremsprobe müssen die im Triebfahrzeugführerraum angezeigten Schritte zur Bremsprobe von Hand eingeleitet werden. Ist dies erfolgt, werden die Ergebnisse angezeigt und vom Triebfahrzeugführer oder auch automatisch kontrolliert. Aufgrund der Betätigung der notwendigen Bedienelemente ist die Funktionsprüfung dieser Elemente bereits integriert. Bei der automatischen Bremsprobe führt das System selbständig einen Prüflauf durch. Der Ablauf und die Ergebnisse der Bremsprobe werden in den entsprechenden Anzeigen des Triebfahrzeugführers dargestellt. Im Gegensatz zur benutzergeführten Bremsprobe muss unter Anwesenheit eines Triebfahrzeugführers eine Funktionsprüfung der für die Zugfahrt erforderlichen Bedienelemente erfolgen. [VDV 757/DB Ril 915, Modul 0101, S. 6] [Minde 2007a, S. 9] Derartige Systeme werden beim Personenverkehr erfolgreich eingesetzt. Bei Verkehren des SGV kommt die automatische Bremsprobe noch nicht zum Einsatz. Durch das Fachgebiet Schienenfahrzeuge der TU Berlin wurde bis 2007 in Zusammenarbeit mit der Knorr Bremse AG und der Havelländischen Eisenbahn AG (HVLE) die Anwendung der automatischen Bremsprobe im SGV untersucht. Das System basiert auf einer Überwachung des Druck-Zeit-Verlaufs in den Bremszylinderleitungen der einzelnen Wagen bei den Löse- und Anlegevorgängen der Bremsen bei der Bremsprobe. Eine untersuchte Konzeption sieht dabei vor, dass durch einen Druckschalter an der HL das wagenseitige System durch einen Füllstoß aktiviert wird, wodurch das Sensormodul an der Bremszylinderleitung mit der Druckmessung beginnt (Abbildung 4.5). Die Bremsprobe wird ausgeführt (Bremse lösen, Bremse anlegen, Bremse lösen), wobei die Daten des Sensormoduls an die Telematikbox (System NavMaster der Eureka AG) übertragen werden. Nach Abschluss der Messungen überträgt sie die Telematikbox über ein GSM-Mobilfunknetz an einen zentralen Server, auf dem die Daten ausgewertet und Druckverläufe, die auf einen Fehler in der Bremsanlage hinweisen, ermittelt werden. Der Triebfahrzeugführer erhält schließlich auf einem GSM-Handy eine Meldung über die Ergebnisse der Auswertung. Die Nutzung eines Funknetzes wie GSM resultiert aus dem Nicht-Vorhandensein einer elektrischen Leitung durch den Zug. [Hecht, Beika & Luther 2007, S. 39ff] [Luther 2011, Interview] Die bereits benannten Zugbus-basierten Entwicklungen zur Bremssteuerung EBAS und FEBIS beinhalten jeweils auch Systemkomponenten zur Automatisierung der Bremsprobe. Der Zeitaufwand bei der Bremsprobe bei FEBIS sollte bei einer Überprüfung des konventionellen Bremssystems und der FEBIS-Bremssteuerung unter zehn Minuten betragen. [Minde & Witte 2001, S. 261] [Sonder 1998, S. 486] Neben den Zeitvorteilen ist vom Einsatz einer vollständig oder teilweise automatischen Bremsprobe mit automatischer Dokumentation der Ergebnisse ein Sicherheitsge- Die aMPK im Kontext weiterer Innovationen im SGV 78 Abbildung 4.5: Messaufbau bei den Versuchsfahrten zur automatischen Bremsprobe beim Projekt der TU Berlin (Bildquelle: TU Berlin, Fachgebiet Schienenfahrzeuge) winn zu erwarten. Zugunfälle resultierend aus unzureichend, d. h. fehlerhaft oder gar nicht durchgeführten Bremsproben, können besser verhindert werden. Zudem werden die Arbeitsbedingungen des für die Bremsprobe zuständigen Personals, welches bislang zur Bremsprobe bei allen Wetter- und Lichtbedingungen mehrfach am Zug entlanglaufen muss, verbessert. Kapitel 5 Entwicklung der Bewertungsmethodik Nachdem sich die beiden vorangehenden Kapitel mit dem Thema automatischer Kupplungen und weiterer Innovationen aus technischer Sicht befasst haben, beginnt mit diesem Kapitel der methodische Teil der Arbeit. Unterkapitel 5.1 zeigt dabei einleitend auf, wie es aus den bisherigen Kapiteln heraus zu einem Entscheidungsproblem kommt, behandelt für ein solches Problem grundlegende Aspekte und mündet schließlich in der Wahl eines geeigneten Verfahrens zur Lösung des Problems. Es folgt in Unterkapitel 5.2 die Beschreibung des Verfahrens, bevor es in Unterkapitel 5.3 für den vorliegenden Fall thematisch ausgefüllt wird. Die Unterkapitel 5.1 und 5.2 sind dabei bewusst so weit wie möglich allgemeingültig gehalten worden, um eine Anpassung auf andere Anwendungsfälle zu erleichtern. Auch Unterkapitel 5.3 ist derart gestaltet, dass eine leichte Übertragbarkeit zur Untersuchung anderer Innovationen für den SGV bestehen bleibt. Das Ziel des Kapitels ist es somit, ein so weit wie möglich allgemeingültiges Verfahren zur Innovationsuntersuchung im SGV zu erstellen. Nur an den Stellen, wo eine Aufrechterhaltung dieser Allgemeingültigkeit zu einem wesentlich höheren Aufwand und einer wesentlich höheren Komplexität des Verfahrens führen würde, ohne bei der anschließenden Anwendung in dieser Arbeit einen Vorteil zu bringen, finden direkte fallspezifische Adaptionen statt. 5.1 Vorüberlegungen und Methodenfindung 5.1.1 Begriffsdefinitionen und Ziel der Bewertungsmethodik Aus den vorigen Kapiteln und den Ergänzungen in Anhang A ergeben sich die folgenden Schlussfolgerungen: • Von einer großflächigen und simultan durchgeführten Einführung einer aMPK ist auf absehbare Zeit nicht auszugehen. Sofern dennoch eine Einführung gewünscht ist, muss diese progressiv erfolgen, indem die aMPK sukzessive in immer mehr Teilbereichen des SGV eingeführt wird. 79 Entwicklung der Bewertungsmethodik 80 • Es existieren bereits eine Vielzahl von aMPK mit verschiedenen Eigenschaften. Zudem können aMPK mit weiteren innovativen Technologien für den SGV kombiniert werden, was den Nutzen erhöht. Aus diesen beiden Erkenntnissen ergeben sich die folgenden Fragestellungen: • Welche Teilbereiche des SGV stellen erfolgversprechende potentielle Einsatzfelder einer aMPK dar? • Welche Eigenschaften der aMPK sind für die Einführung in den einzelnen potenziellen Einsatzfeldern anzustreben, gegebenenfalls in Kombination mit einer oder mehreren weiteren Innovationen? Diese Fragen ergeben zusammen das zu behandelnde Entscheidungsproblem. Jede sinnvolle Kombination aus einem potentiellen Einsatzfeld und einer Zusammenstellung von technischen Eigenschaften stellt eine zu untersuchende Alternative des Entscheidungsproblems dar. Die Ergebnisse der Untersuchung sind demnach, wie in der Einleitung dieser Arbeit bereits dargestellt, in die Zielmatrix (Tabelle 1.1, Seite 5) einzutragen. Es ergeben sich die folgenden sprachlichen Festlegungen: Potentielles Einsatzfeld: Teilbereich des SGV, für den eine Umrüstung auf eine aMPK zu untersuchen ist Technische Variante: Zusammenstellung von sinnvoll kombinierbaren technischen Eigenschaften einer aMPK und gegebenenfalls weiterer Innovationen Alternative: Kombination aus potenziellem Einsatzfeld und technischer Variante Das Ziel des vorliegenden Kapitels ist daher, eine Methodik zur Lösung dieses Entscheidungsproblems zu finden und anzupassen bzw. weiterzuentwickeln. Dabei wird die Vereinfachung getroffen, dass nur die für die Ersteinführung am besten geeignete Alternative gesucht wird. Es ist demnach nicht das Ziel eine Migrationsstrategie zu entwickeln, die die Alternativen in eine Rangordnung entsprechend einer sukzessiven Umrüstung sortiert. Aus der Zielmatrix kann zwar eine Rangfolge der Alternativen abgelesen werden, diese beachtet jedoch keinen zeitlichen Ablauf. Sobald eine Alternative umgesetzt ist, müsste für die anderen geprüft werden, ob dies einen Einfluss auf ihre Bewertung hat. Gegebenenfalls wäre dann eine Neubewertung der verbleibenden Alternativen notwendig.1 Durch diese Festlegung wird auch die Bedingung, dass sich die Alternativen im Entscheidungsproblem gegenseitig ausschließen müssen [Eisenführ & Weber 1999, S. 18], 1 Hierzu soll ein kurzes Beispiel gegeben werden. Drei Alternativen A, B und C wurden in der Rangordnung A besser als B besser als C bewertet. C ist schlechter als B bewertet worden, da das Einsatzfeld bei C so klein ist, dass sich die notwendige Werkstattinfrastruktur dafür allein nicht lohnt. Wird jetzt die Alternative A umgesetzt, kann sich der folgende Sachverhalt ergeben: C kann die Werkstattinfrastruktur des Einsatzfeldes von A mitnutzen, wodurch sich die Bewertung von C verbessert. B kann hingegen nicht von A profitieren, die Bewertung bleibt gleich. Bei ausreichender Höhe des Effekts ändert sich somit die Rangordnung von B besser als C (bei A nicht umgesetzt) zu C besser als B (bei A umgesetzt). Entwicklung der Bewertungsmethodik 81 erfüllt. Bei der Erstellung einer sukzessiven Migrationsstrategie wäre dies nicht gegeben, da die Einsatzfelder nicht abhängig voneinander sind und sich damit – unabhängig von der jeweiligen technischen Variante – nicht ausschließen.2 5.1.2 Ablauf und Einflussfaktoren der Entscheidungsfindung Abbildung 5.1 zeigt den grundlegenden Ablauf einer Entscheidungsfindung, aufgeteilt in einzelne Problemschritte. Eine derartige Dekomposition der Problemstellung hilft, das Entscheidungsproblem in seiner Komplexität zu reduzieren und besser handhabbar zu machen, indem jeder Problemschritt einzeln modelliert wird.3 Weiterhin ist in der Abbildung zu erkennen, wie der Auswahlprozess von der Umwelt abhängig ist, in die die Entscheidungssituation eingebunden ist. Abbildung 5.1: Prozess der Entscheidungsfindung und Einflussfaktoren (eigene Darstellung gemäß Sander [1997, S. 341]) Während es sich beim Umweltsystem um einen objektiven Einflussfaktor handelt, sind das Informations-, das Wert- und das Entscheidungssystem4 von der Willensbildung des Entscheidungsträgers abhängig und somit subjektiv [Zangemeister 1976, 2 Daher wäre dort der Begriff „Alternative“ auch nicht angebracht, da er schon den gegenseitigen Ausschluss beinhaltet [Eisenführ & Weber 1999, S. 18]. 3 Siehe Eisenführ & Weber [1999, S. 9], die jedoch eine leicht abgewandelte Aufteilung mit vier Komponenten angeben. 4 Zangemeister [1976] spricht von der Entscheidungslogik. Entwicklung der Bewertungsmethodik 82 S. 38ff]. Somit ist die genaue Kenntnis darüber wichtig, wer oder was der Entscheidungsträger ist. Hierauf wird in Abschnitt 5.1.4 eingegangen. Die Auswahl der in das Entscheidungsmodell zu übernehmenden Umweltzustände5 ist fallabhängig [Bamberg & Coenenberg 2000, S. 18]. Im vorliegenden Fall ergeben sie sich insbesondere aus dem System des SGV – d. h. seinen technischen, produktionstechnischen und betrieblichen Qualitäten und Anforderungen – sowie aus den Gegebenheiten des jeweiligen potentiellen Einsatzfeldes – hier insbesondere aus den dort herrschenden logistischen Anforderungen. Aus dieser Abhängigkeit des Umweltsystems von dem jeweils betrachteten potentiellen Einsatzfeld zeigt sich, dass in der vorliegenden Arbeit nicht die Verwendung eines einzigen, für alle Alternativen gültigen Umweltsystems ausreichend ist. Dies ist im Folgenden bei der Entwicklung der Bewertungsmethodik zu beachten. Ein weiterer wichtiger Aspekt bezüglich des Umweltsystems ist der Sicherheitszustand, auf den folgend eingegangen wird. 5.1.3 Sicherheitszustand des Umweltsystems Für den vorliegenden Fall wird davon ausgegangen, dass die Einflüsse des Umweltsystems bekannt und feststehend sind, d. h. dass sie keiner Unsicherheit unterliegen. Ausnahmen werden weiter unten benannt. Somit kann von der Wahl einer Alternative eindeutig auf die daraus resultierenden Konsequenzen geschlossen werden. Demnach handelt es sich um eine Entscheidung unter Sicherheit bzw. um eine Sicherheitssituation. Die Sicherheitssituation grenzt sich von der Ungewißheitssituation ab, bei der ein beliebiger Umweltzustand eintreten kann, sowie von der Risikosituation, bei der Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten der verschiedenen Zustände bekannt sind bzw. angenommen werden können. [Eisenführ & Weber 1999, S. 20] [Bamberg & Coenenberg 2000, S. 19, S. 44] Die grundlegende Wahl einer Sicherheitssituation in dieser Arbeit ist eine Festlegung, die den Aufwand bei der Modellbildung eingrenzen soll. Wenn beispielsweise ermittelt wird, dass die Transportgeschwindigkeit im potentiellen Einsatzfeld A von besonderer und im potentiellen Einsatzfeld B nur von vergleichsweise geringer Bedeutung ist, so wird davon ausgegangen, dass dieser Zustand für den gesamten relevanten Zeitraum anhält. Es wird also ausgeschlossen, dass ein besonderer Umweltzustand dazu führen kann, dass sich im benannten Beispiel die jeweiligen Bedeutungen der Transportgeschwindigkeiten ändern. Bezüglich anderer Sachverhalte existiert jedoch tatsächlich Ungewissheit. So ist beim derzeitigen Kenntnisstand beispielsweise nicht bekannt, ob die Reduktion der Verschleißerscheinungen an Rad und Schiene tatsächlich vom bereits existierenden Einsatzfeld Wählitz-Buna6 auf andere mögliche Einsatzfelder übertragbar ist. Für diese 5 Bamberg & Coenenberg [2000, S. 18] benutzen in diesem Zusammenhang den Begriff „Umfeld“ und darauf aufbauend „Zustandsraum“ als Menge aller relevanten Umfeldzustände. Umfelddaten sind demnach beispielsweise die Produktionsstruktur, die Marktstruktur oder die konjunkturelle Entwicklung. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch einheitlich und gemäß der weiteren verwendeten Quellen von „Umwelt“ statt „Umfeld“ gesprochen. 6 Siehe Abschnitt 3.4.3. Entwicklung der Bewertungsmethodik 83 Fälle können auch keine Wahrscheinlichkeiten angenommen werden, sie wären vollkommen willkürlich. Ein weiteres Beispiel stellt die Frage dar, ob die notwendigen Anpassungen der Infrastruktur für überlange Züge stattfinden. Akzeptiert man mehrere ungewisse Umweltzustände, erweitert sich die Zielmatrix dieser Arbeit, die bereits im einleitenden Kapitel (Tabelle 1.1 auf Seite 5) dargestellt wurde, zu Tabelle 5.1. Entsprechend der eingangs in diesem Kapitel gemachten Definitionen sind zudem die Begriffe „Kupplungssystem“ und „Teilbereich des SGV“ durch „technische Variante“ und „potentielles Einsatzfeld“ ersetzt. Es bleiben die Varianten i mit i = 1, . . . , m und die potentiellen Einsatzfelder j mit j = 1, . . . , n wie in Tabelle 1.1, neu hinzu kommt der unsichere Umweltfaktor k mit k = 1, . . . , l. Marktbereich j und unsicherer Umweltfaktor k ergeben zusammen den Umweltzustand, in dem die jeweilige Variante i zu bewerten ist. Ergebnis der Bewertung ist dann die Maßzahl aij,k . Hieran wird schnell deutlich, dass die Anzahl der zugelassenen unsicheren Umweltfaktoren möglichst gering gehalten werden sollte, um den Umfang der Bewertungsfälle in Grenzen zu halten. Technische Variante potentielles Einsatzfeld pot. Einsatzfeld 1 ... pot. Einsatzfeld n k=1 k=2 ... k=l ... k=1 k=2 ... k=l Variante 1 a11,1 a11,2 ... a11,l ... a1n,1 a1n,2 ... a1n,l Variante 2 a21,1 a21,2 ... a21,l ... a2n,1 a2n,2 ... a2n,l Variante 3 . . . a31,1 a31,2 ... a31,l ... .. . a3n,1 a3n,2 ... a3n,l Variante m am1,1 ... amn,1 ... amn,l . . . am1,2 ... am1,l . . . amn,2 Tabelle 5.1: Zielmatrix unter Einbeziehung von ungewissen Umweltzuständen (eigene Darstellung) Die Zulassung mehrerer ungewisser Umweltzustände führt nicht nur zu einem erhöhten Aufwand, da sich die Anzahl der Alternativen erhöht und damit mehr Bewertungen ermittelt werden müssen. Sie führt auch dazu, dass nur unter besonderen Umständen eine optimale Alternative ermittelt werden kann. Im Folgenden wird zur einfacheren Erläuterung nur das potentielle Einsatzfeld 1 gemäß Tabelle 5.1 betrachtet. Zwei Varianten7 sind dann unmittelbar miteinander vergleichbar, wenn unabhängig vom Umweltzustand eine Variante besser als oder gleich ist wie die andere. Betrachtet man also eine Variante p und eine Variante q mit p, q ∈ {1, . . . , m}, dann sind diese unmittelbar miteinander vergleichbar, wenn ap1,k ≥ aq1,k oder ap1,k ≤ aq1,k für alle k. Gilt ap1,k ≥ aq1,k für alle k, ist Variante p mindestens so gut wie die Variante q. Existiert dabei ein t ∈ {1, . . . , l}, für das ap1,t > aq1,t , so ist Variante p besser als Variante q.8 7 Innerhalb eines potentiellen Einsatzfeldes wurde gemäß der Definitionen in Abschnitt 5.1.1 die beste technische Variante gesucht, weshalb bei der Erläuterung anhand des potentiellen Einsatzfeldes 1 der Begriff Variante und nicht Alternative benutzt wird. 8 Vgl. hierzu Bamberg & Coenenberg [2000, S. 129f]. Entwicklung der Bewertungsmethodik 84 Ist eine Variante mindestens so gut wie jede andere Variante, so handelt es sich um eine dominante Variante. Trotz mehrerer möglicher Umweltsysteme und trotz Unvergleichbarkeit mehrerer Varianten liegt im Fall einer dominanten Variante mit dieser eine eindeutige optimale Lösung vor. [Bamberg & Coenenberg 2000, S. 130] Liegt keine dominante Variante vor, kann man sich gegebenenfalls damit begnügen, die ineffizienten Varianten auszusortieren. Ineffizient sind Varianten, wenn eine andere Variante gemäß obiger Definition besser ist. Es kann jedoch vorkommen, dass alle Varianten effizient sind. [Bamberg & Coenenberg 2000, S. 130] 5.1.4 Adressaten innerhalb der Bewertungsmethodik Bei der Erstellung des Bewertungsschemas ist es wichtig zu wissen, welcher übergeordneten Zielstellung das Schema Genüge leisten soll. Es ergeben sich zwei grundlegende Möglichkeiten: 1. Ausschließliche Orientierung an den Interessen der direkt an der Umrüstung beteiligten Unternehmen 2. Zusätzliche Einbeziehung von Bewertungsfaktoren, die keinem dieser Unternehmen direkt oder eindeutig zuzuordnen sind, jedoch einen Einfluss auf das Gesamtsystem des SGV haben Entsprechend dieser Aufteilung werden die Begriffe der aktiven und der passiven Adressaten der Vorteile einer aMPK eingeführt: • Zu 1.: Unternehmen, die sich selbst aktiv an der Umrüstung beteiligt haben (z. B. finanziell) und/oder die umgerüsteten Fahrzeuge selbst nutzen, werden als aktive Adressaten bezeichnet. • zu 2.: Unternehmen, auf die sich die Umrüstung auswirkt, ohne dass sie an ihr mitgewirkt haben oder umgerüstete Fahrzeuge nutzen, werden als passive Adressaten bezeichnet. Bei passiven Adressaten kann es sich um Transportkunden, Wagenhalter, Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) handeln, wobei ein Unternehmen gleichzeitig mehrere dieser Funktionen ausüben kann. Wagenhalter und EVU können zudem als aktive Adressaten in Erscheinung treten. Ebenso können dies die Transportkunden, wenn sie entsprechend auf das EVU oder den Wagenhalter einwirken und bereit sind, entsprechende Kosten zu tragen.9 9 Sofern das EIU – wie in Deutschland mit der DB Netz AG der Fall – in staatlichem Eigentum ist, kann auch der Staat als passiver Adressat angesehen werden. Sofern eine hohe Infrastrukturkapazität für die Gesamtwirtschaft von Bedeutung ist, ergibt sich hieraus ein direktes staatliches Interesse. Bezüglich der Möglichkeit des Auftretens der Wagenhalter in Form von Vermietgesellschaften als aktive Adressaten zeigt die Erfahrung, dass dieser Fall eher unrealistisch ist. Beim Beispiel der VTG AG besteht zwar die generelle Bereitschaft, Wagen umzurüsten, jedoch nur unter vollständiger Kostenübernahme durch den Mieter, der ebenso jegliches Risiko bezüglich der Weiterverwendung der Wagen nach dem initialen Einsatzfall mit aMPK zu tragen hat [Hillmann 2009, Interview]. Die Transwaggon GmbH gibt auf Anfrage zu dem Thema aMPK nur an, dass das Thema nicht im Fokus einer praxisnahen Umsetzung ist (Mail vom 26.06.2009). Seitens des Schweizer Waggonvermieters Wascosa AG ist die Entwicklung der Bewertungsmethodik 85 Die erste Betrachtungsweise – d. h. die ausschließliche Fokussierung auf die aktiven Adressaten – ist also eine rein marktwirtschaftliche Betrachtung aus Sicht des Unternehmens oder der Unternehmen, die sich für eine Umrüstung entscheiden und die Kosten dafür tragen. Es geht demnach allein um die Frage, ob die Umrüstung für diese Unternehmen rentabel ist. Alle Faktoren und Auswirkungen der Umrüstung, die nicht direkt in die Kostenrechnung des Unternehmens aufgenommen werden können oder sonstigen strategischen Zielen des Unternehmens entsprechen, werden dabei vernachlässigt. Diese Methode spiegelt den eigentlichen Tenor der vorliegenden Arbeit wider: Die Kupplung soll zunächst in Inselbetrieben eingeführt werden, bei dem die agierenden Unternehmen aus eigenem wirtschaftlichen Interesse bereit sind, die notwendigen Investitionen zu tragen. Bei dieser Betrachtungs- und Bewertungsweise gehen jedoch einige Auswirkungen eines neuen Kupplungssystems verloren. Es handelt sich dabei um Auswirkungen, die das System SGV als Ganzes betreffen – oder sogar noch eine Ebene darüber den gesamten Eisenbahnverkehr. Die daraus resultierenden Vor- oder auch Nachteile betreffen eine Vielzahl von Marktakteuren – sei es auf horizontaler Ebene (z. B. andere EVU bei einem umrüstenden EVU) oder auf vertikaler Ebene (z. B. der Transportkunde und das EIU bei einem umrüstenden EVU) – sowie die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems. Ein Teil dieser Effekte kann auch wieder Rückwirkungen auf den aktiven Adressaten haben. Ein Beispiel für einen solchen Fall von Rückwirkungen kann mit der Netzkapazität gegeben werden. Wenn ein Unternehmen aufgrund der höheren Zuglasten des neuen Kupplungssystems auf einer Relation längere und damit bei gleichbleibendem Aufkommen weniger Züge fährt, werden Zugtrassen für weitere Züge frei. Hiervon profitieren zunächst zusätzliche Trassennutzer sowie das EIU, das dadurch zusätzliche Einnahmen generiert. Es können sich jedoch auch indirekte und kaum messbare positive Rückwirkungen auf das Unternehmen selbst ergeben. Sofern die zusätzlichen Trassen nicht belegt werden, kann sich beispielsweise bei stark frequentierten Strecken aufgrund der daraus resultierenden Entspannung der Trassenlagen die Verspätungswahrscheinlichkeit des eigenen Zuges reduzieren. Während die erste Betrachtungsweise strikter der Eingangsthese der Einführung aus Eigeninteresse folgt, gibt die zweite ein umfassenderes Bild der Gesamtsituation ab. Entscheider könnte in diesem Fall z. B. der Staat oder der in seinem Besitz befindliche Netz-Infrastrukturbetreiber sein, der im Sinne einer maximalen Ausnutzung der von ihm gestellten Infrastruktur neue Technologien zum Beispiel durch Förderungen so zum Einsatz bringen will, dass sie vom jeweiligen Einsatzfeld aus Eigeninteresse möglichst einfach angenommen werden und so, dass der Kapazitätseffekt auf dem Netz möglichst groß ist. Es ist daher anzustreben, eine Bewertungsmethodik zu verwenden, die beide Betrachtungsweisen gleichermaßen abdeckt. Dies soll erfolgen, indem die Bewertung zuAussage bekannt, dass das Thema automatischer Kupplungen im SGV als endgültig gescheitert angesehen wird, was ebenso auf eine geringe Bereitschaft für die Rolle eines aktiven Adressaten schließen lässt. Entwicklung der Bewertungsmethodik 86 nächst gemäß der zweiten, umfänglicheren Betrachtungsweise durchgeführt wird. Anschließend sind die Systemeffekte herauszunehmen, so dass letztendlich die Ergebnisse beider Betrachtungsweisen vorliegen und vergleichbar sind. Bei der Wahl der Bewertungsmethodik im folgenden Unterkapitel ist diese Anforderung zu berücksichtigen. 5.1.5 Methodenauswahl Bevor eine geeignete Methode für das vorliegende Entscheidungsproblem gesucht wird, soll zunächst durch Abbildung 5.2 dargestellt werden, in welcher Phase innerhalb eines Innovationsprozesses das gesuchte Verfahren einzuordnen ist. Problemerkenntnis ⇓ Ideenfindung ⇓ Selektion, Bewertung ⇓ Strategische und operative Entwicklung ⇓ Einführung, Durchsetzung Abbildung 5.2: Phasen des Innovationsprozesses (eigene, gekürzte Darstellung angelehnt an Trommsdorff & Steinhoff [2007, S. 211], Sander [2004, S. 365] und Homburg & Krohmer [2006, S. 164].) Die Problemerkenntnis (Probleme der Leistungsfähigkeit und Qualität des SGV) und die Ideenfindung (Einsatz zeitgemäßer Fahrzeugtechnik im Güterwagenbereich und dabei im Speziellen Einsatz einer aMPK) sind bereits erfolgt bzw. werden im folgenden Kapitel durch die Aufstellung der technischen Varianten konkretisiert. Es folgt demnach nun die Selektion und Bewertung, für die es ein formales Verfahren zu finden gilt. Die folgenden Schritte, d. h. die strategische und operative Entwicklung sowie die Einführung und Durchsetzung sind bereits nicht mehr Bestandteil der vorliegenden Arbeit. Nach Weiber, Kollmann & Pohl [2006, S. 130ff] ist beim Prozess der Bewertung weiter zwischen den vier Stufen Grobauswahl, Feinauswahl, Konzepterprobung und Wirtschaftlichkeitsanalyse zu unterscheiden. Die Feinauswahl ist dabei das Ziel der vorliegenden Arbeit. Die Grobauswahl, d. h. die Prüfung der Erfüllung von K.O.-Kriterien [Weiber, Kollmann & Pohl 2006, S. 131], wird mit der Aufstellung der Alternativen, d. h. der Auswahl der technischen Varianten und der Auswahl der zu betrachtenden potentiellen Einsatzfelder, bereits abgedeckt. Die Konzepterprobung kann im Nachgang an die Arbeit in der oder den am besten bewerteten Alternativen stattfinden. Ebenso ist eine Wirtschaftlichkeitsanalyse notwendig, ehe eine endgültige Empfehlung ausgesprochen werden kann. Diese ist jedoch nicht mehr Teil der vorliegenden Arbeit. Ihr Ziel ist es zu ermitteln, für welche Alternativen eine aufwändige Wirtschaftlichkeitsanalyse sinnvoll erscheint. Entwicklung der Bewertungsmethodik 87 Für die Bewertung bzw. Feinauswahl existieren eine Reihe quantitativer und qualitativer Verfahren. Als Mittelweg kommen semiquantitative Verfahren hinzu [Specht, Beckmann & Amelingmeyer 2002, S. 216f]. Quantitative Bewertungsverfahren, die sich überwiegend investitionstheoretischer Methoden bedienen, sind vor allem bei kurzfristig realisierbaren Anpassungs- und Verbesserungsentwicklungen gut einsetzbar, während sie „nur in beschränkten Maße in der Lage [sind], Probleme bei F&E-Projekten, die in der Regel mehrere Zielgrößen enthalten, angemessen zu beurteilen, da sie den realen Projektwert nur teilweise wiederspiegeln“ [Specht, Beckmann & Amelingmeyer 2002, S. 216]. Ihr Vorteil liegt in einer hohen Eindeutigkeit der Ergebnisse. Bei semiquantitativen und qualitativen Verfahren können hingegen in höherem Maße situationsorientiert mehrere Ziele bzw. Bewertungskriterien eingebunden werden. [Specht, Beckmann & Amelingmeyer 2002, S. 216f] Während für die Wirtschaftlichkeitsanalyse z. B. mit einem Verfahren aus der Investitionsrechnung ein quantitatives Verfahren zu wählen ist, bietet sich für die in der vorliegenden Arbeit durchzuführende Feinauswahl ein qualitatives oder semiquantitatives Verfahren an. Die Vielzahl der Kriterien und die notwendige Fähigkeit zur Situationsanpassung des Verfahrens ergibt sich aus dem komplexen Aufbau des Entscheidungsproblems mit den Einzelaspekten potentielles Einsatzfeld, technische Variante und Adressat. Zudem sind beim heutigen Kenntnisstand über die in die Bewertung aufzunehmenden Innovationen viele Nutzeneffekte und die jeweiligen Kostenaspekte nicht mit ausreichender Genauigkeit für ein quantitatives Verfahren erfassbar. Um hier für jeden Aspekt eine ausreichend qualifizierte quantitative Abschätzung durchzuführen, ist der Untersuchungsumfang zu groß. Als geläufige Methoden für die Selektion und Bewertung werden in der Marketingliteratur die Nutzwertanalyse bzw. Scoring-Modelle bei multikriteriellen Entscheidungsproblemen auf qualitativer und semiquantitativer Ebene benannt.10 Einer der wesentlichen Vorteile der Nutzwertanalyse ist die Zerlegung des Entscheidungsproblems in Teilbereiche, wodurch die Komplexität reduziert wird [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 323].Damit grenzt sie sich von ganzheitlichen Bewertungsverfahren ab, die ebenfalls den qualitativen Verfahren zuzuordnen sind und die Innovationsideen bewerten, ohne sie in Teilaspekte zu zerlegen. [Specht, Beckmann & Amelingmeyer 2002, S. 216] [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 327] 10 Vgl. beispielsweise Specht, Beckmann & Amelingmeyer [2002, S. 215ff], Trommsdorff & Steinhoff [2007, S 321ff], Brockhoff [1999, S. 343], Homburg & Krohmer [2006, S. 164, S. 168ff] sowie Sander [2004, S. 372ff]. Letzterer ordnet die Nutzwertanalyse der Grobauswahl zu, jedoch kommt bei ihm im Ablauf des Innovationsprozesses im Gegensatz zum dargestellten Ablauf gemäß Weiber, Kollmann & Pohl [2006, S. 130ff] keine Feinauswahl vor. Er unterteilt in Gewinnung der Produktideen, Grobauswahl von Produktideen, Konzept und Strategieentwicklung, Wirtschaftlichkeitsanalyse und weitere, so dass die Nutzwertanalyse gemäß dieser Struktur dennoch geeignet für den vorliegenden Fall ist. Weiterhin ist zu beachten, dass gemäß Trommsdorff & Steinhoff [2007, S 327] die Begriffe Punktbewertungsverfahren, Scoring-Modell und Nutzwertanalyse Synonyme sind. Andere Autoren sehen zwischen diesen Begriffen Unterschiede. So ist nach Specht, Beckmann & Amelingmeyer [2002, S. 216] die Nutzwertanalyse ein semiquantitatives Bewertungsverfahren, während sie Scoring-Modelle den qualitativen Bewertungsverfahren zuordnen. Für die vorliegende Arbeit wird jedoch eine einheitliche Betrachtung als eine Methode wie bei Trommsdorff & Steinhoff als ausreichend angesehen und einheitlich der Begriff Nutzwertanalyse genutzt, sofern nicht gerade direkt oder indirekt aus einer Quelle mit anderer Wortwahl zitiert wird. Entwicklung der Bewertungsmethodik 88 Aufgrund ihres einfachen Aufbaus kann die Nutzwertanalyse zudem gut an Spezialfälle angepasst bzw. für diese erweitert werden. Durch die Dekomposition können einzelne Teilaspekte der Bewertung herausgenommen und wieder eingefügt werden. Hiermit erfüllt die Nutzwertanalyse die im vorigen Abschnitt 5.1.4 aufgestellte Forderung der Möglichkeit der nachträglichen Herausnahme der Kriterien, die sich ausschließlich auf passive Adressaten beziehen. Als weiteres geläufiges semiquantitatives Verfahren muss an dieser Stelle noch die Kosten-Nutzen-Analyse genannt werden.11 Bei diesem Verfahren werden alle gesamtwirtschaftlich relevanten Aspekte – d. h. direkte und indirekte Projekteffekte – monetarisiert und unter Verwendung von Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung bewertet [Aberle 2009, S. 472f]. Aufgrund der oben erläuterten Nicht-Verfügbarkeit hinreichender Kostendaten kommt diese Methode jedoch für die vorliegende Arbeit nicht in Frage, weshalb die Nutzwertanalyse gewählt wurde. 5.2 Methodenbeschreibung In diesem Unterkapitel werden zunächst die allgemeine Vorgehensweise und weitere relevante Aspekte einer Nutzwertanalyse dargestellt, bevor im folgenden Unterkapitel 5.3 die Anpassung und Ausgestaltung dieses Verfahrens für den vorliegenden Fall erfolgt. 5.2.1 Vorgehen Der Ablauf einer Nutzwertanalyse gestaltet sich wie folgt:12 Aufstellung der Beurteilungskriterien: Die Beurteilungskriterien werden aus den verfolgten Zielen problemspezifisch abgeleitet. Sie müssen dabei einer Reihe von Anforderungen genügen, die im Folgenden Abschnitt 5.2.2 dargestellt werden. Gewichtung der Beurteilungskriterien: Den einzelnen Kriterien wird gemäß ihrer Bedeutung ein Gewichtungsfaktor zugeordnet. Dazu kann eine mehrstufige Zielhierarchie gebildet werden, so dass sich ein gewichteter Zielbaum ergibt. Operationalisierung der Beurteilungskriterien: Für jedes Kriterium werden verbale Ausprägungen aufgestellt und einer einheitlichen Bewertungsskala zugeordnet. Bewertung: Es wird bestimmt bzw. abgeschätzt, wie jede Alternative hinsichtlich der einzelnen Beurteilungskriterien zu beurteilen ist (Bildung der Teilnutzwerte). Aggregation der Teilnutzwerte: Es erfolgt die Berechnung des Gesamtnutzens jeder Alternative aus den Teilnutzwerten entsprechend der Gewichtungsfaktoren. Die Verknüpfung der gewichteten Teilnutzwerte erfolgt in der Regel durch Addition, sie kann jedoch auch multiplikativ erfolgen.13 11 Zur Eingruppierung der Kosten-Nutzen-Analyse als semiquantitatives Verfahren siehe Specht, Beckmann & Amelingmeyer [2002, S. 216]. 12 Siehe z. B. [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 327ff], [Sander 2004, S. 372ff] und [Götze 2008, S. 181ff]. 13 Siehe zur Verknüpfungsform Abschnitt 5.2.4. Entwicklung der Bewertungsmethodik 89 Rangfolgenbildung und Bestenauswahl: Die Alternativen werden entsprechend ihrer Gesamtnutzwerte in eine Reihenfolge gebracht. An der Rangfolge können die besten Alternativen abgelesen werden. Abschließend empfehlen sich eine Plausibilitäts- sowie eine Sensitivitätsanalyse14 [Nicolai 1994, S. 423ff] [Lindemann 2009, S. 286]. 5.2.2 Anforderungen an die Bewertungskriterien Gemäß Trommsdorff & Steinhoff [2007, S. 328] müssen die Bewertungskriterien den folgenden Anforderungen genügen:15 • Die Kriterien müssen für die Auswahl der Alternativen relevant sein, gleichzeitig müssen alle relevanten Kriterien berücksichtigt werden (Relevanz und Vollständigkeit). • Die Kriterien müssen voneinander unabhängig sein, d. h. sie dürfen sich in ihren Ausprägungen nicht gegenseitig beeinflussen (Unabhängigkeit). Bei gegenseitigen Abhängigkeiten müssen sie zu einem übergeordneten Kriterium zusammengefasst werden. • Zwischen den Alternativen müssen sich die Ausprägungen der Kriterien unterscheiden (Diskriminanz). • Die Kriterien müssen sich gegenseitig hinsichtlich ihrer Bewertung kompensieren können (Kompensatorik). Eine Ausnahme stellen Ausschlusskriterien dar, deren Nicht-Erfüllung zum Ausschluss der Alternative führt. Zur genaueren Erläuterung der Unabhängigkeit16 dient das folgende Zitat von Zangemeister [1976, S. 77f]:17 „Die multidimensionale Bewertung von Alternativen durch eindimensionale Zielurteile ist entscheidungstheoretisch nur zulässig, wenn die Zuordnung eines Teil[nutz]wertes nij aufgrund eines Zielertrages kij unabhängig von den übrigen Zielerträgen der Alternative Ai vorgenommen werden kann. Es muß also gewährleistet sein, daß ein Zielertrag kij für sich allein und nicht erst in Verbindung mit anderen Zielerträgen einen Beitrag zum Nutzwert 14 auch Sensibilitätsanalyse genannt Siehe hierzu beispielsweise auch Eisenführ & Weber [1999, S. 60ff], die mit allgemeinem Bezug zu rationalen Entscheidungen, d. h. ohne speziellen Bezug auf die Nutzwertanalyse, mit teilweise anderen Begrifflichkeiten und Aufteilungen weitestgehend die gleichen Anforderungen für Zielsysteme wiedergeben. Dort zusätzlich aufgeführt ist die Einfachheit, die sich nicht auf ein Einzelziel bzw. -kriterium, sondern auf das ganze Zielsystem bezieht. „Je weniger Ziele ein Zielsystem umfasst, um so weniger aufwendig ist das weitere Verfahren der Präferenzstrukturierung und Alternativenbewertung“ [Eisenführ & Weber 1999, S. 61]. 16 Zur formalen (mathematischen) Definition der Unabhängigkeit siehe beispielsweise Bamberg & Coenenberg [2000, S 49ff] („Präferenzunabhängigkeit“) sowie French [1986, S. 106ff, S. 119] („Preferential Independence“). 17 Anmerkung zur Nomenklatur bei Zangemeister [1976]: Für den Begriff Zielertrag schreibt er auch Zielkriterium (kj ). Er ist gemäß obiger Aufzählung mit dem Begriff Kriterium gleichzusetzen. Der Index i bezieht sich auf die Alternativen, der Index j auf die Kriterien. 15 Entwicklung der Bewertungsmethodik 90 der Alternative liefert. [. . . ] Nutzenunabhängigkeit ist nicht gleichbedeutend mit kausaler-technologischer oder stochastischer Unabhängigkeit. [. . . ] In konkreten Auswahlsituationen dürfte die Annahme vollkommener Nutzenunabhängigkeit (Nutzenortogonalität) der Kriterien bei einer multidimensionalen Bewertung von Alternativen allerdings eine irrationale Hypothese darstellen.“ Ein Beispiel zur Unabhängigkeit aus dem SGV soll anhand der Kriterien Geschwindigkeit und Pünktlichkeit einer Güterzugverbindung gegeben werden. Voraussetzung für die Bewertung mittels einer Nutzwertanalyse ist gemäß der Unabhängigkeits-Bedingung, dass für den Entscheider (z. B. den Versender) die Wichtigkeit der Pünktlichkeit der durch das EVU angebotenen Leistung unabhängig davon ist, welche Geschwindigkeit bzw. daraus folgend welche Transportdauer ihm angeboten wird (und umgekehrt). Er muss beide Aspekte bewerten können, ohne jeweils Kenntnis über die Werte des jeweils anderen Aspekts zu haben. Bei einer Präferenzstruktur mit der folgenden Aussage „bei einer hohen Transportgeschwindigkeit ist mir die Pünktlichkeit nicht mehr so wichtig“ müssten beide Aspekte zu einem übergeordneten Kriterium zusammengefasst werden. 5.2.3 Vermeidung der Mehrfachbeachtung eines Aspekts Zusätzlich zu den im vorigen Abschnitt benannten Anforderungen an die Kriterien sollen in diesem Abschnitt noch zwei Sachverhalte betrachtet werden, die helfen, Mehrfachbeachtungen eines Aspekts über mehrere Kriterien zu vermeiden. Eine solche Mehrfachbeachtung kann einem Aspekt in der Gesamtbewertung unbemerkt ein ungewollt hohes Gewicht geben. Eliminierung von Mittel-Ziel-Beziehungen Bei den Zielen (aus denen sich die Kriterien ableiten) ist zwischen Fundamental- und Instrumentalzielen zu unterschieden. Ein Fundamentalziel wird – für einen gegebenen Kontext – um seiner selbst willen verfolgt. Ein Instrumentalziel wird hingegen verfolgt, um damit eine positive Wirkung auf ein fundamentaleres Ziel zu bewirken. [Eisenführ & Weber 1999, S. 56] „Kommen in einem Zielsystem ein Fundamentalziel Y und ein (für Y instrumentales) Ziel X vor, so führt das zur „Doppelzählung““ [Eisenführ & Weber 1999, S. 56]. Um diese Doppelzählung auszuschließen, muss bei jedem Ziel bzw. dem daraus folgenden Kriterium geprüft werden, ob es sich um ein Instrumentalziel für ein anderes Ziel bzw. Kriterium handelt. Ein einfaches Beispiel kann mit der Fahrgeschwindigkeit und der Fahrzeit gegeben werden. Im Güterverkehr ist in aller Regel die Erhöhung der Geschwindigkeit als Instrumentalziel für das fundamentalere Ziel der Fahrzeitverkürzung zu sehen. Gegenüber dem Ziel der Verkürzung der Gesamttransportdauer ist die Fahrzeitverkürzung wieder instrumental. Entwicklung der Bewertungsmethodik 91 Symmetrische Komplementarität Während bezüglich der Bewertung durch den Entscheider die Kriterien unabhängig voneinander sein müssen (siehe Abschnitt 5.2.2 sowie dortiges Beispiel), können aus technologischer Sicht Beziehungen zwischen ihnen bestehen. Beim obigen Beispiel mit der Geschwindigkeit und der Pünktlichkeit einer Güterzugverbindung könnten sie daraus resultieren, dass bei hoher Geschwindigkeit die Systemanforderungen stark steigen und damit auch die Systemkomplexität. Mit der Komplexität steigt auch die Fehlerwahrscheinlichkeit, was letztendlich zu mehr Verspätungen führen kann. Existieren keine derartigen gegenseitigen Auswirkungen, liegt Zielindifferenz vor. Wenn hingegen ein Ertragszuwachs bezüglich des Teilnutzwertes eines Kriteriums automatisch zu einer Ertragsabnahme bei einem anderen Kriterium führt, spricht man von Zielkonkurrenz. Ein Beispiel hierfür ist soeben gegeben worden. Zielkomplementarität liegt hingegen vor, wenn der Ertragszuwachs bei einem Kriterium gleichzeitig einen Ertragszuwachs bei einem anderen Kriterium mit sich bringt. [Zangemeister 1976, S. 95ff] Die Zielkomplementarität kann weiterhin in die symmetrische und die asymmetrische Komplementarität unterteilt werden. Bei der symmetrischen Komplementarität folgt aus der Zunahme eines der beiden Erträge die Zunahme des jeweils anderen, d. h. die Auswirkung gilt in beide Richtungen. Bei der asymmetrischen Komplementarität liegt diese Auswirkung nur in eine Richtung vor. Es handelt sich dann um eine Mittel-Ziel-Beziehung (siehe oben). Die Zunahme des Ertrages des Instrumentalziels führt zur Erhöhung des Ertrages des Fundamentalziels, während aus einer Erhöhung des Fundamentalziels nicht auf die Erhöhung eines bestimmten, diesem zugeordneten Instrumentalziels geschlossen werden kann. [Zangemeister 1976, S. 99f] Bei symmetrischer Komplementarität zweier Ziele sollte der Bewertung gemäß Zangemeister [1976, S. 101] nur eines der beiden Ziele zugrunde gelegt werden. Dies reduziert zum einen den Problemumfang, zum anderen – und das war der Ausgangspunkt dieses Abschnitts – wird damit vermieden, dass derselbe Zielaspekt unbewusst mit zu hohem Gewicht in den Gesamtnutzwert eingeht. 5.2.4 Verknüpfungsregel Die Verknüpfung der gewichteten Teilnutzwerte kann sowohl durch Addition als auch durch Multiplikation erfolgen.18 Dabei geht die Gewichtung bei additiver Verknüpfung als Faktor und bei multiplikativer Verknüpfung als Exponent ein: • Additive Verknüpfung: Ni = m gj nij j=1 • Multiplikative Verknüpfung: Ni = m j=1 g j nij 18 Zu den mathematischen bzw. formalen entscheidungstheoretischen Bedingungen, die für den jeweiligen Fall gegeben sein müssen, siehe Zangemeister [1976, S. 252-283]. Durch Beachtung der in Abschnitt 5.2.2 aufgestellten Bedingungen an die Bewertungskriterien sowie die in Unterkapitel 5.3 aufzustellenden Bewertungsskalen mit gemeinsamem Skalenursprung und gemeinsamer Skaleneinheit (soweit das bei einer subjektiven Skalenbildung möglich ist), werden diese Bedingungen in der vorliegenden Arbeit als erfüllt angesehen, ohne darauf weiter einzugehen. Entwicklung der Bewertungsmethodik 92 mit jeweils Ni als den Gesamtnutzwert der Alternative i, nij als den Teilnutzwert der Alternative i bezüglich des Kriteriums j und gj als den Gewichtungsfaktor oder -exponenten des Kriteriums j. [Zangemeister 1976, S. 278ff] Wie bereits in Abschnitt 5.2.1 erwähnt, stellt die additive Verknüpfung den Regelfall dar. Sie empfiehlt sich, wenn die Kriterien ein stark unterschiedliches Gewicht aufweisen. Die multiplikative Verknüpfung empfiehlt sich bei Kriterien mit gleicher oder ähnlicher Gewichtung, da bereits durch eine besonders hohe oder niedrige Teilbewertung bei einem Kriterium das Gesamtergebnis maßgeblich beeinflusst wird. Die additive Verknüpfung reagiert hingegen weniger stark auf positive oder negative Extrembewertungen, d. h. sie werden bei der additiven Verknüpfung stärker kompensiert. [Specht, Beckmann & Amelingmeyer 2002, S. 220f] [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 329] Als beispielhafte Begründung für die Wahl des Sonderfalls der multiplikativen Verknüpfung soll auf ein Beispiel der Bewertung von IT-Systemen nach der Sicherheit (Authentizität der beteiligten Partner, Autorisierung der Nutzer, Vertraulichkeit, Verschlüsselung) gemäß Neubauer & Stummer [2008, o. S.] eingegangen werden: „Die multiplikative (anstelle einer additiven) Verknüpfung wurde gewählt, da die Sicherheit typischerweise am „schwächsten Glied in der Kette“ festgemacht wird und daher ein besonders schlechtes Abschneiden in einem Teilkriterium stärker sanktioniert werden soll. Ein Service mit durchschnittlichen Werten in allen Teilkriterien soll deshalb einen besseren Wert erhalten als eine mit sehr guten Werten in zwei Teilkriterien, aber schwachen Werten in den beiden anderen.“ Alternativ, so schreiben Neubauer & Stummer [2008] weiter, hätte auch der schlechteste der vier Werte als Indikator für die Gesamtsicherheit herangezogen werden können. Beim vorliegenden Fall wird jedoch davon ausgegangen, dass alle sicherheitsrelevanten Aspekte (Gefährdung des Eisenbahnbetriebs und des Personals) bei der Entwicklung und Zulassung der Kupplung ausreichend beachtet werden und demnach in dieser Arbeit keine Sicherheitsbewertung vorgenommen werden muss. Alternativen mit hohem Zusatzaufwand erhalten demnach gegebenenfalls eine schlechtere Bewertung im Bereich der Kriterien, in die der Aufwand einfließt (z. B. ein reduzierter Nutzen bei den Personaleinsparungen). Es liegen auch keine anderen Sachverhalte vor, die dafür sprechen, Extrembewertungen oder „Ausreißer“ im Gesamtergebnis besonders stark zu gewichten. Werden Mindestanforderungen bei einem Kriterium nicht erfüllt, kommt es zum Abbruch der Alternative. Aus den vorgenannten Gründen wird in der vorliegenden Bewertung auf den Standardfall der Nutzwertanalyse, die additive Verknüpfung, zurückgegriffen. 5.2.5 Gewichtung der Kriterien und Sensitivitätsanalyse Als zweiter Schritt bei der Nutzwertanalyse erfolgt die Gewichtung der Kriterien (Abschnitt 5.2.1). Bei einer mehrstufigen Zielhierarchie (d.h. einem Zielbaum) erfolgt die Gewichtung für jede Gruppe von Kriterien in jeder Stufe der Hierarchie einzeln und ist Entwicklung der Bewertungsmethodik 93 dort auf 1 (bzw. 100 %) zu normieren (Abbildung 5.3). Die Ermittlung des absoluten Gewichts eines Kriteriums erfolgt durch die Multiplikation der jeweiligen spezifischen Gewichte entlang aller Stufen des jeweiligen Astes der Zielhierarchie. [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 328f] Kriterium A1 (0,6) 0,6 * 0,6 = 0,36 Kriterium A (0,6) 0,6 Kriterium A2 (0,3) 0,6 * 0,3 = 0,18 Kriterium A3 (0,1) 0,6 * 0,1 = 0,06 Nutzen Kriterium B (0,4) 0,4 Kriterium B1 (0,8) 0,4 * 0,8 = 0,32 Kriterium B2 (0,2) 0,4 * 0,2 = 0,08 Kriterium B1.1 (0,7) 0,32 * 0,7 = 0,224 Kriterium B1.2 (0,3) 0,32 * 0,3 = 0,096 Zahlenwerte in Klammern: spezifisches Gewicht Zahlenwerte ohen Klammern: absolutes Gewicht Abbildung 5.3: Gewichteter Zielbaum einer Nutzwertanalyse (eigene Darstellung) Alternativ oder in Ergänzung zu diesem Verfahren (z. B. zur Verteilung der Gewichte in den einzelnen Stufen) existieren eine Reihe von formalen Gewichtungsverfahren wie z. B. Trade Off, Swing, Direkt Ratio, Sukzessive Vergleiche oder Analytical Hirarchy Process (AHP)19 . [Eisenführ & Weber 1999, S. 123ff] [Sander 1994, S. 346ff] Für die vorliegende Arbeit wird auf derart formale und zusätzliche Verfahren verzichtet, da die Anzahl der Kriterien pro Gruppe sehr gering gehalten und so eine direkte Einschätzung der Gewichte (pro Gruppe und Stufe) als hinreichend genau angenommen wird. Um dennoch die Fehlerwahrscheinlichkeit durch falsche oder schlechte Gewichtungen zu minimieren, wird im Anschluss an die Bewertung eine Plausibilitäts- und Sensitivitätsanalyse durchgeführt. Neben der Prüfung auf formale Fehler in der Durchführung der Bewertung und bezüglich der Vollständigkeit der zu beachtenden Aspekte dient die Plausibilitätsüberprüfung wesentlich dazu, die ermittelten Ergebnisse mit den intuitiven Erwartungen zu vergleichen. Sollte hier eine große Differenz bestehen, die nicht auf korrigierbare Fehler in der Bewertung zurückzuführen ist, sind zumindest Begründungen für die Abweichungen zu finden. [Lindemann 2009, S. 290f] Die Sensitivitätsanalyse dient der Ermittlung der Auswirkungen von Änderungen in der Gewichtung und von Punktwerten (Teilnutzwerten) auf das Gesamtergebnis, d. h. auf die Reihenfolge der Alternativen. Das Ziel ist in diesem Fall die Überprüfung, ob selbst bei geänderten Annahmen (z. B. hinsichtlich der Gewichtung der einzelnen 19 AHP ist ein eigenes Verfahren zur Entscheidungsfindung, das alternativ zur Nutzwertanalyse genutzt werden kann. Es kann jedoch mit der Nutzwertanalyse kombiniert werden und dort zur Kriteriengewichtung herangezogen werden. [Götze 2008, S. 204] Entwicklung der Bewertungsmethodik 94 Kriterien) die Reihenfolge der Alternativen gleich bleibt. Als weiteres Ziel liefert die Sensitivitätsanalyse die Erkenntnis, welche Parameteränderungen welche Auswirkungen auf das Ergebnis haben. [Lindemann 2009, S. 306] [Schierenbeck 2003, S. 171] Die Änderungen der Gewichte sollten sowohl durch geringe Variationen von 10-20 % als auch radikal erfolgen [Lindemann 2009, S. 306]. Es ist dabei zu beachten, dass die Erhöhung eines einzelnen Gewichts zur Reduzierung anderer Gewichte führen muss, damit die Normierung auf eins (bzw. 100 %) erhalten bleibt. Eine mögliche Lösung ist, die Gewichte der gerade nicht explizit variierten Kriterien derart zu reduzieren, dass sie dasselbe Verhältnis zueinander haben wie in der Ausgangssituation [Eisenführ & Weber 1999, S. 136f]. 5.2.6 Methodenkritik Die Nutzwertanalyse ist eines der bedeutendsten Verfahren zur Bewertung von Innovationsideen. Wesentliche Vorteile sind die vergleichsweise einfache Anwendbarkeit und die gute Nachvollziehbarkeit bzw. Transparenz der Methode, die auf einer systematischen Strukturierung des untersuchten Problems basiert. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist, dass mit ihr sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien abgedeckt werden können. [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 330] [Götze 2008, S. 187] Ein Problem des Verfahrens ist hingegen, dass sich viele notwendige Daten nicht eindeutig und objektiv bestimmen lassen. Dies betrifft sowohl die Auswahl der zu beachtenden Kriterien, die Gewichtung dieser Kriterien als auch die Schätzung der Teilnutzwerte der einzelnen Alternativen [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 330]. Sander [2004, S. 376] spricht hier von „subjektiv bedingte[n] Verzerrungen“, die „sich nicht gänzlich vermeiden lassen“. Nicolai [1994, S. 425] fasst zusammen, dass die „Nutzwertanalyse [. . . ] eine Objektivität bei der Entscheidungsfindung vor[täuscht], die keinesfalls der Realität entspricht“. Problematisch sind weiterhin mögliche Korrelationen zwischen Bewertungskriterien, die nicht erkannt bzw. ausgeschlossen wurden, wodurch Alternativen mehrfach (und damit mit höherem Gewicht als beabsichtigt) hinsichtlich eines Aspekts bewertet werden können. Auch bei der Wahl und den Bedingungen für eine additive Gesamtnutzenfunktion können sich Probleme ergeben. [Nicolai 1994, S. 425] [Götze 2008, S. 187f] Trotz – und unter Kenntnis und Beachtung – der Kritikpunkte wird die Nutzwertanalyse als ein bewährtes und hochwertiges Verfahren angesehen. [Nicolai 1994, S. 425] [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 330] 5.3 Erstellung des Zielsystems Das vorliegende Unterkapitel befasst sich mit der Auswahl und Strukturierung der Ziele bzw. der Kriterien, die sich aus den Zielen ableiten und diese beschreiben sollen (Abschnitt 5.3.1). Im Anschluss erfolgt die Gewichtung der Kriterien (Abschnitt 5.3.2) und ihre Operationalisierung (Abschnitt 5.3.3). Entwicklung der Bewertungsmethodik 95 Bevor damit begonnen wird, soll jedoch zunächst noch einmal anhand eines Zitats von Zangemeister [1976, S. 93f] auf die Bedeutung eines modell- und situationsgerechten Zielsystems eingegangen werden: „Die Zielformulierung muss [. . . ] in konkreten Entscheidungssituationen mit größter Sorgfalt vorgenommen werden. Das bedeutet allerdings nicht, daß in jedem Fall ein stark spezifiziertes Zielsystem notwendigerweise auch zu besseren Ergebnissen der Nutzwertanalyse führen. Ins Detail gehende Zielkriterien sind überflüssig, wenn nicht entsprechend genaue Informationen über die voraussichtlichen Projektwirkungen beschafft werden können. Darüber hinaus nützen diesbezügliche Genauigkeiten nichts, wenn auf der anderen Seite wesentliche entscheidungsrelevante Tatbestände übersehen werden. Ein grobes, dafür aber vollständiges Zielsystem ist als Bewertungsgrundlage einem detailliert, aber unvollständig formulierten Zielsystem im Hinblick auf die Gefahr einer möglichen Fehlentscheidung in jedem Fall vorzuziehen.“ 5.3.1 Auswahl und Strukturierung der Kriterien In Abschnitt 2.4 ist bereits bezüglich kritischer Masse-Systeme auf die Diffusionstheorie eingegangen und der Zusammenhang zur vorliegenden Arbeit dargestellt worden. Folgend wird dieser Zusammenhang wieder aufgegriffen. Gemäß der Diffusionsforschung kommt den Eigenschaften einer Innovation – bzw. der subjektiven Wahrnehmung dieser Eigenschaften durch den potenziellen Adopter – eine besondere Bedeutung für den Diffusionsverlauf zu [Mahler & Stoetzer 1995, S. 7]. Diese „subjektiv wahrgenommene[n] Produktattribute“ [Weiber 1992, S. 5] werden nach Rogers [2003, S. 222 & 229ff] wie folgt klassifiziert:20 • Der relative Vorteil gibt das Ausmaß an, in dem die Innovation besser als die bestehenden Lösungen (Produkte, Prozesse. . . ) wahrgenommen wird. Sie kann sich dabei durch den ökonomischen Vorteil, durch soziales Prestige oder weiteres ausdrücken. • Die Kompatibilität bezieht sich auf die subjektive Wahrnehmung hinsichtlich der Verträglichkeit mit bestehenden Werten, Normen, Strukturen und Erfahrungen. • Die Komplexität gibt den Grad der Schwierigkeit an, eine Innovation zu verstehen und zu nutzen. Sie bezieht sich demnach darauf, ob „eine Innovation als schwer oder leicht faßbar wahrgenommen wird und damit dem Verwender Schwierigkeiten bereitet, die zentralen Eigenschaften und den Nutzen des Produktes zu begreifen und es sinnvoll zu verwenden“ [Weiber 1992, S. 6]. 20 Vgl. auch Eckhoff [2001, S. 34], Mahler & Stoetzer [1995, S. 7f] und Weiber [1992, S. 5f], die mit verschiedenen Ergänzungen oder Zusammenfassungen frühere Ausgaben von Rogers [2003] zitieren. Entwicklung der Bewertungsmethodik 96 • Bei der Erprobbarkeit wird bewertet, in welchem Maß der potentielle Adopter die Innovation vor der eigentlichen Übernahme mit beschränktem Aufwand testen kann. • Die Beobachtbarkeit gibt das Ausmaß an, in dem es „für potentielle Adoptoren [möglich] ist, die Innovation und deren Ergebnisse zu beobachten" [Mahler & Stoetzer 1995, S. 8].21 Mit der Ausnahme der Komplexität führt bei allen aufgezählten Produktattributen ein hohes Gradmaß zu einer hohen Adoptionsgeschwindigkeit. Im Fall der Komplexität ist es genau umgekehrt, eine hohe Komplexität reduziert die Verbreitungsgeschwindigkeit. Sowohl in der Konsumgüter- als auch in der Investitionsgüter-Diffusionsforschung wird dem relativen Vorteil die größte Bedeutung beigemessen [Weiber 1992, S. 6]. Der relative Vorteil stellt den Grund dar, warum ein Interesse daran besteht, eine Innovation einzuführen und zu nutzen: In irgendeinem Aspekt ist die Innovation besser als die bisherige Lösung. Dies unterscheidet den relativen Vorteil von den weiteren vier aufgezählten Produktattributen. Eine hohe Kompatibilität zum Bestehenden – um nur ein Beispiel herauszugreifen – ist für sich genommen kein Grund für die Einführung einer Innovation, eine geringe Kompatibilität würde der Innovation jedoch entgegenstehen und damit einen Gegenpol zu ihrem relativen Vorteil bilden. Es gibt daher mit dem relativen Vorteil ein Produktattribut, das generell für eine Innovation spricht, während alle anderen generell die Einführung verhindern oder zumindest erschweren können. Aus diesen Betrachtungen heraus wird für die erste Ebene des zu erstellenden Zielbaums eine Zweiteilung gewählt, die die beiden Kriterien relativer Vorteil und Widerstand enthält (Abbildung 5.4). Abbildung 5.4: Hauptaufteilung des Gesamtnutzens Im Folgenden wird zunächst auf den relativen Vorteil und alle diesem Aspekt untergeordneten Ebenen im Zielbaum eingegangen, bevor sich mit dem Einführungswiderstand befasst wird. Der fertige Zielbaum findet sich schließlich in tabellarischer Form in Tabelle 5.2 auf Seite 107. 21 Übernommen wurde die Bezeichnung „Beobachtbarkeit“ aus Mahler & Stoetzer [1995, S. 8]. Weiber [1992, S. 6] verwendet den Begriff „Kommunizierbarkeit“, Eckhoff [2001, S. 34] spricht von „Erklärbarkeit“. Die originale englische Bezeichnung nach Rogers [2003, S. 258] (bzw. frühere Ausgaben) lautet „observability“. Entwicklung der Bewertungsmethodik 97 Der relative Vorteil Der relative Vorteil wird zunächst in den Systemvorteil und den Unternehmensvorteil unterteilt. Diese Unterteilung greift die Unterscheidung nach aktiven und passiven Adressaten aus Abschnitt 5.1.4 auf. Der Unternehmensvorteil beinhaltet alle für die aktiven Adressaten relevanten Kriterien. Hier fließen demnach alle Aspekte ein, die nur für die aktiv an der Umrüstung beteiligten sowie für die umgerüstete Fahrzeuge nutzenden Unternehmen sowie deren Kunden wirksam sind. Der Systemvorteil bezieht sich hingegen auf die Wirkungen auf die passiven Adressaten. Hier finden sich somit alle Aspekte, die für die Gesamtheit der Marktteilnehmer bzw. für das Gesamtsystem des SGV relevant sind, ohne bereits durch den Unternehmensvorteil abgedeckt zu sein. Beim Unternehmensvorteil wird weiterhin unterschieden, ob der Vorteil in erster Linie dem Unternehmen oder seinen Kunden zugutekommt. Der Eigenvorteil des Unternehmens kommt z. B. zustande, wenn das Unternehmen aufgrund der Innovation die gleiche Leistung mit einem geringeren Ressourcenaufwand erbringen kann. Der Kundenvorteil manifestiert sich in einer besseren Erfüllung der Qualitätsansprüche der Kunden und führt damit zu einer Verbesserung der Wettbewerbsposition des Unternehmens im intra- und intermodalen Wettbewerb (Abbildung 5.5). Es folgt zunächst die Betrachtung des Systemvorteils, bevor ausführlicher auf den Eigen- und Kundenvorteil eingegangen wird. Abbildung 5.5: Aufteilung des relativen Vorteils Der Systemnutzen gilt, wie soeben dargestellt, auch für Marktteilnehmer, die nicht an der Umrüstung beteiligt sind und die die Innovation selbst nicht nutzen (passive Adressaten). Zur Existenz des Systemnutzens muss es also eine Schnittstelle zwischen den aktiven und den passiven Adressaten geben, durch die die passiven Adressaten in den Wirkungsbereich der Innovation kommen. Diese Schnittstelle ist bei der Betrachtung von fahrzeuggebundenen Innovationen im SGV durch die gemeinsam genutzte Infrastruktur gegeben. Hierdurch ergibt sich der direkte Zusammenhang des Systemvorteils mit der Infrastrukturnutzung. Wichtigster Aspekt der Infrastrukturnutzung ist die Infrastrukturbelegung, da ein Infrastrukturabschnitt immer nur durch einen Akteur genutzt werden kann. Bei einer begrenzten Kapazität des Netzes ist es für alle Marktteilnehmer von Vorteil, wenn Entwicklung der Bewertungsmethodik 98 der einzelne zur Erbringung seiner Transportleistung in möglichst geringem Umfang Kapazitäten auf der Strecke oder in Rangier- und Umschlaganlagen benötigt. Das Ziel ist eine möglichst hohe Gesamtkapazität des Netzes gemessen in Tonnenkilometern. Ein zweiter Aspekt der Infrastrukturnutzung ist die Infrastrukturabnutzung, d. h. der Verschleiß. Je weniger der einzelne Akteur zur Erbringung seiner Transportleistung die Infrastruktur abnutzt, desto geringer ist der Instandhaltungsaufwand, der durch das Gesamtsystem getragen werden muss. Es ergibt sich somit die in Abbildung 5.6 dargestellte Spezifizierung des Systemvorteils. Die Abbildung zeigt weiterhin eine Unterteilung der Infrastrukturbelegung in die Punkte Strecke und Anlagen. Der Punkt Strecke beinhaltet dabei alle Effekte der Innovation, die sich zwischen Zugbildung und Zugauflösung, d. h. auf der Fahrt des Zuges, abspielen können. Die Nutzung des Begriffs „Strecke“ erfolgt hier demnach nicht gemäß der Definition im bahnbetrieblichen Sinn. Der Punkt Anlagen beinhaltet alle Aspekte der Zugbildung, Wagensortierung und -austausch, Be- und Entladung usw., d. h. der Infrastrukturbelegung in Umschlaganlagen, Zugbildungsbahnhöfen und sonstigen Bahnhöfen, sofern diese nicht lediglich als Zugfahrt durchfahren werden und sofern die Anlagen öffentlich sind und nicht ausschließlich durch den aktiven Adressaten genutzt werden22 . Hintergrund dieser Unterteilung ist, dass aufgrund der unterschiedlichen Prozesse in diesen beiden Bereichen unterschiedliche Anforderungen an die eingesetzte Technik herrschen und eine Innovation somit nicht zwingend in beiden Bereichen gleichermaßen zu Änderungen führt. Zu beantworten ist bezüglich der Kapazität die folgende Frage: Führt die Innovation zu einer Erhöhung der Netzleistungsfähigkeit, ohne dass dafür zusätzliche Infrastrukturerweiterungen (drittes Gleis usw.) notwendig werden? Bezüglich des Verschleißes müsste die Frage lauten: Führt die Innovation zu einer Reduzierung des Instandhaltungsaufwands der gemeinsam genutzten Infrastruktur? Da zum Einfluss des Kupplungssystems auf den Verschleiß, wie in Abschnitt 3.4.3 dargestellt, keine konkrete Aussage getroffen werden kann, kann die gestellte Frage jedoch nicht zielführend beantwortet werden. Es kann zwar im Sinne einer Fallunterscheidung (siehe 5.1.3) eine Übertragbarkeit der Verschleißeffekte des Einsatzfalls der C-AKv beim Braunkohlependel Wählitz-Buna angenommen und die Ergebnisse mit dem Fall der Annahme einer fehlenden Übertragbarkeit verglichen werden, jedoch fehlen fundierte Argumente für eine Diversifikation der Bewertungen zwischen den Alternativen im Fall der Annahme eines solchen Effekts. Es würden somit alle Alternativen lediglich gleichsam angehoben werden. Derartige Argumente wären beispielsweise die eines höheren Verschleißminderungseffekts bei schweren gegenüber leichten, langen gegenüber kurzen, schnellen gegenüber langsamen Zügen – oder dass es stattdessen z. B. fast ausschließlich auf die Trassierung der befahrenen Strecken oder die Zahl der Bremsungen ankommt. Wären die zuerst benannten beispielhaften Argumente belegbar, könnten diese in der folgenden Bewertung in Abhängigkeit der einzelnen potentiellen Einsatzfelder heran22 Handelt es sich um nichtöffentliche Anlagen der aktiven Adressaten, so sind mögliche Effekte dem Unternehmensvorteil zuzuordnen. Entwicklung der Bewertungsmethodik 99 gezogen werden. Die alternativ benannten Argumente würden hingegen eine in dieser Arbeit nicht angestrebte detaillierte Einzelfallbetrachtung erfordern. Da jedoch kein Argument belegbar ist, wird auf die Fragestellung nach einem Verschleißminderungseffekt – bzw. in Folge dessen nach dem Instandhaltungsaufwand – in der Bewertung vollends verzichtet. In Abbildung 5.6 ist der Aspekt Verschleiß daher in Klammern dargestellt. Abbildung 5.6: Aufteilung des Systemvorteils Ein weiterer Punkt, der generell für fahrzeugtechnische Innovationen von Bedeutung ist, aber aus analogen Gründen wie beim Verschleiß-Aspekt nicht aufgenommen werden kann, ist der Schienenverkehrslärm. Unabhängig davon, ob der Einsatz von Fahrzeugen mit lärmreduzierenden Innovationen über z. B. lärmabhängige Trassenpreise einen direkten Vorteil für den jeweiligen aktiven Adressaten bedeutet, greift dieser Aspekt allgemein beim Systemvorteil. Dies liegt daran, dass das Gesamtsystem Widerstände seitens lärmbelasteter Anwohner der Bahnanlagen z. B. bei Ausbau- oder Neubauvorhaben erfährt, welche nicht nur Auswirkungen auf die hauptsächlichen Lärmverursacher haben, sondern den gesamten Systemaufwand durch verlängerte Planungszeiten für Infrastrukturprojekte, erhöhte Kosten für Schallschutzmaßnahmen usw. erhöhen. Die Frage müsste hier lauten: Führt die Innovation zu einer Reduktion der von einer Zugfahrt ausgehenden Lärmbelastung? Wie in Abschnitt 3.4.8 dargestellt, können zu den Lärmwirkungen – wie beim Verschleiß – jedoch keine fundierten Aussagen herangezogen werden, die als Begründung für unterschiedliche Bewertungen verschiedener Alternativen tauglich sind. Ausgehend von Abbildung 5.5 wird nun auf den unteren Zweig, den Unternehmensvorteil, und dabei zunächst auf den Eigenvorteil eingegangen (Abbildung 5.7). Der erste Aspekt beim Eigenvorteil ist der Ressourceneinsatz. Eine Innovation birgt für ein Unternehmen generell einen Vorteil, wenn es mithilfe dieser Innovation die gleiche Leistung mit einem geringeren Ressourcenaufwand erbringen kann. Bei der Ressource kann es sich dabei um Personal, Material (z. B. Rollmaterial), Anlagen oder Entwicklung der Bewertungsmethodik 100 Anlagenentgelte (z. B. unternehmenseigene Gleisinfrastruktur oder Trassennutzungsgebühren) und Energie (Treibstoff oder Strom) handeln. Zu beachten ist, dass solch ein Vorteil für das Unternehmen gegebenenfalls nicht relevant ist, wenn die Reduktion der zeitlichen Bindung einer Ressource für einen Transportvorgang keine positiven monetären Auswirkungen hat, da sie für die freigewordene Zeit keiner anderen Verwendung zugeführt werden kann und weiterhin entsprechende Kapital- oder Personalkosten anfallen. Es ergibt sich für den Eigenvorteil die Fragestellung: Reduziert sich durch die Innovation der bei gleicher Leistung benötigte Ressourcenaufwand bezüglich Personal, Material und Energieverbrauch, so dass diese Leistung mit einem geringeren Kostenaufwand erbracht werden kann? Als zweiter Aspekt des Eigenvorteils kommt der Verschleiß zum Tragen. Die Abgrenzung zum Verschleißkriterium beim Systemvorteil ergibt sich aus dem Wirkungspunkt des Effekts. Handelte es sich beim Systemvorteil um die öffentliche und gemeinsam genutzte Infrastruktur, so geht es hier um die durch den aktiven Adressaten eingesetzten Fahrzeuge und, falls vorhanden, seine eigene bzw. die in seiner Verantwortung stehende Infrastruktur. Verringert sich hier der Verschleiß, reduziert dies die durch den aktiven Adressaten aufzubringenden Instandhaltungsaufwendungen. Solange es kein verschleißabhängiges Trassenpreissystem für die öffentliche Infrastruktur gibt, bei der der Einsatz infrastrukturschonender Fahrzeuge honoriert wird, hat der Verschleißeffekt an den eigenen Fahrzeugen und der eigenen Infrastruktur eine wesentlich stärkere finanzielle Rückwirkung auf den Nutzer der Innovation als die Effekte an der öffentlichen Infrastruktur, die ohne ein derartiges Entgeltsystem auf alle Infrastrukturnutzer gleichsam verteilt werden. Als Frage müsste demnach gestellt werden: Reduziert sich der Instandhaltungsaufwand an den mit der Innovation ausgestatteten Fahrzeugen und an der Infrastruktur, für die der aktive Adressat instandhaltungspflichtig ist? Wie beim Verschleiß-Kriterium beim Systemvorteil existiert jedoch keine Grundlage für Unterscheidungen in der Bewertung zwischen den Alternativen, so dass der Verschleißeffekt auch hier nicht weiterzuverfolgen ist. Neben diesen harten, d. h. prinzipiell messbaren Unternehmensvorteilen kommt noch ein weicher, kaum quantifizierbarer Vorteil hinzu. Es handelt sich hierbei um die Arbeitsbedingungen allgemein und die Arbeitssicherheit im Speziellen. Verhältnismäßig einfach messbar ist dabei die Arbeitssicherheit, wenn man davon ausgeht, dass sich mit einer Innovation die Unfallhäufigkeit und damit Personalausfalltage aufgrund von Arbeitsunfällen um einen gewissen Prozentsatz reduzieren. Schwieriger zu ermitteln ist hingegen der Aspekt der allgemeinen Arbeitsbedingungen, die zum Beispiel einen Einfluss darauf haben, ob überhaupt ausreichend Personal für die notwendigen Tätigkeiten gewonnen werden kann. Bei einem zunehmenden Anteil älterer Arbeitskräfte ist es daher z. B. von Vorteil, die Schwere körperlicher Arbeit zu reduzieren, um das zur Verfügung stehende Personal dort überhaupt noch einsetzen zu können. Bei der vorliegenden qualitativen Bewertung werden die beiden Aspekte Arbeitsbedingungen und -sicherheit zusammengefasst abgeschätzt. Als Frage formuliert lautet dies: Führt die Entwicklung der Bewertungsmethodik 101 Innovation zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitssicherheit, so dass sich dies positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt? Abbildung 5.7: Aufteilung des Eigenvorteils Wie bereits erwähnt ergibt sich der Kundenvorteil aus einer Besser-Erfüllung der durch die Kunden gestellten Anforderungen an den Transportvorgang. Neben speziellen Anforderungen, die aus den spezifischen Eigenschaften des Ladeguts resultieren, drücken sich diese Anforderungen in den Qualitätskriterien aus, auf die bereits in Unterkapitel 2.3 eingegangen wurde. Als die bedeutendsten Anforderungen wurden dort die Transportgeschwindigkeit, die Flexibilität, die Zuverlässigkeit und die Transportkosten ermittelt. Da letztere jedoch genau genommen nicht unter den Begriff der Qualität fallen, werden sie an dieser Stelle nicht aufgenommen. Kostenvorteile, die sich in der Produktion der Transportleistung durch die Innovation ergeben und an die Kunden weitergegeben werden können – was in einer Marktsituation auch der Fall sein sollte – werden zudem bereits im Rahmen des Eigenvorteils erfasst und dürfen daher beim Kundenvorteil nicht ein zweites Mal bewertet werden. Aus den benannten Qualitätsaspekten ergibt sich, zusammen mit der Erfüllung besonderer Ladungsanforderungen, unmittelbar die weitere Unterteilung des Kundenvorteils (Abbildung 5.8). Im Folgenden werden die vier Kriterien genauer beschrieben und wie schon zuvor zu jedem Kriterium eine Frage formuliert. Das Kriterium Transportdauer bezieht sich auf die Reduzierung der Dauer eines Transports vom Versender zum Empfänger. Relevant ist dabei z. B. der Zeitbedarf des Fahrens auf der Strecke, beim Be- und Entladen, beim Rangieren und Sortieren sowie bei der Zugvorbereitung. Es stellt sich demnach die grundlegende Frage: Leistet die Innovation einen Beitrag zur Reduzierung der Transportdauer vom Versender zum Empfänger? Die Flexibilität beschreibt die Reaktionsfähigkeit eines Anbieters von SGV-Leistungen auf neue oder sich ändernde Transportanfragen bzw. -aufträge durch die Verlader. Relevante Aspekte hierbei sind z. B. der Zeitaufwand zur beladungsgerechten Bereitstellung der Güterwagen an der Ladestelle ab Auftragseingang bzw. -änderung und die Fähigkeit, schnell auf Änderungswünsche in der Wagenkonfiguration zu reagieren. Vor- Entwicklung der Bewertungsmethodik 102 Abbildung 5.8: Aufteilung des Kundenvorteils aussetzung ist jeweils das generelle Vorhandensein des entsprechenden Wagenmaterials. Somit wird bewusst die Reaktionsfähigkeit auf vollständig neue Kundenwünsche herausgenommen, die aus gänzlich neuartigen Transportanforderungen resultieren.23 Die Frage lautet somit: Ermöglicht es die Innovation den Eisenbahnunternehmen flexibler auf Kundenwünsche zu reagieren? Bei der Bewertung der Zuverlässigkeit ist neben der physischen Sicherheit der Sendungen insbesondere die Berechenbarkeit der Start- und Endzeiten der Transporte von Bedeutung. Zu Letzterem zählt die Pünktlichkeit sowie im Fall von Planabweichungen die Informationsverfügbarkeit des Versenders oder Empfängers über Ist- und Prognosewerte. Zusammengefasst wird jede Innovation wie folgt hinterfragt: Leistet die Innovation einen Beitrag zur Erhöhung der Zuverlässigkeit gegenüber dem Kunden, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung von Sollwerten und der frühzeitigen Information im Falle von Abweichungen? Die Erfüllung besonderer Ladungsanforderungen dient der Bewertung, ob einzelne Prozesse bei der Be- oder Entladung durch Technologieeinsatz verbessert werden können oder ob Voraussetzungen für die Kontrolle oder Behandlung der Ladung während des Transports verbessert werden. Als Beispiel kann hierfür eine durchgehende elektrische Leitung zur Energieversorgung genannt werden, so dass zur Be- und Entladung Ladeklappen oder Seitenwände elektrisch angetrieben öffnen und schließen können. Ebenso kann eine solche Leitung zum temperaturgeführten Transport der Ladung Verwendung finden und damit zu einer Besser-Erfüllung der Kundenwünsche beitragen. Zusammenfassend kann daraus die folgende Frage formuliert werden: Hilft die Innovation, den Transportvorgang in Abhängigkeit von der Beschaffenheit und den Anforderungen des Transportguts sowie den Verfahren bei der Be- oder Entladung zu verbessern? Der Widerstand Eine Unterteilung basierend auf der Unterscheidung nach aktiven und passiven Adressaten, wie es beim relativen Vorteil erfolgt ist, ist beim Widerstand nicht notwendig, 23 Ein Beispiel hierfür ist die Anforderung, leichte großvolumige Güter gestapelt zu transportieren, wofür zum Teil erst Güterwagen mit größerer Ladehöhe entwickelt werden mussten. Entwicklung der Bewertungsmethodik 103 da die Widerstände bei einer Innovationseinführung in jedem Fall allein auf die aktiven Adressaten wirken. Demnach beziehen sich alle Aspekte des Widerstands ausschließlich auf die aktiven Adressaten. Eingangs ist in diesem Abschnitt (Seite 95) bereits dargestellt worden, dass die Kriterien Kompatibilität, Komplexität sowie Erprob- und Beobachtbarkeit zum Widerstand gehören. Wenn eine Innovation an bzw. in einem Fahrzeug implementiert wird, so ist die Frage der Kompatibilität allgemein bei fahrzeuggebundenen Innovationen in Bezug auf die nachfolgenden vier Punkte zu beachten [Siegmann u. a. 2009, S. 12]: • Infrastruktur des Fahrwegs (z. B. Oberbau, Lichtraumprofil und Sicherungstechnik) (kurz: Fahrweg) • Infrastruktur der Be- und Entladung und des Umschlags (kurz: Umschlag) • Konventionelle Fahrzeuge (d. h. Fahrzeuge ohne die betrachtete Innovation) • Instandhaltungssystem (Einrichtungen in den Werkstätten sowie Aspekte der Zuführung zu den Werkstätten und der Instandhaltungsfristen) Es ergibt sich daraus die folgende Fragestellung: Ist die Kompatibilität der mit der Innovation ausgerüsteten Fahrzeuge zum bestehenden System gegeben, insbesondere bezüglich der Subsysteme Fahrweg, Fahrzeuge, Be- und Entladung sowie Instandhaltung, oder entsteht zur Gewährleistung ein zusätzlicher Aufwand? Wie groß ist dieser? Durch einen Vorgriff auf die Definition der technischen Varianten im folgenden Kapitel soll jedoch schon an dieser Stelle gezeigt werden, dass die Kompatibilität für den vorliegenden Fall nicht relevant ist. Die Kompatibilität zur Fahrweg-Infrastruktur ist bei allen zugelassenen Varianten vollständig gewährleistet. Ebenso kommt es bei keiner der aufgenommenen Varianten zu einem Kompatibilitätsproblem in Bezug auf den Umschlag. Einzelne Varianten bieten gegebenenfalls Voraussetzungen, im Bereich des Umschlags Verbesserungen zu erreichen. Dies erfährt dann jedoch beim relativen Vorteil eine Bewertung und betrifft nicht die Kompatibilität. Etwas komplizierter gestaltet sich der Aspekt der Kompatibilität zu konventionellen Fahrzeugen. Alle Varianten bauen auf einer Basisversion auf, die die Kompatibilität zu konventionellen Fahrzeugen mit SK und Seitenpuffern sicherstellt (Abschnitt 6.1.2). Lediglich Funktionen, die über die Grundfunktionen der Basisversion hinausgehen (z. B. das Kuppeln einer elektrischen Leitung), sind zu konventionellen Fahrzeugen nicht kompatibel. Das bedeutet, dass die umgerüsteten Fahrzeuge aufgrund der vorhandenen und kompatiblen Grundfunktionen mit konventionellen Fahrzeugen verbunden werden und prinzipiell wie konventionelle Fahrzeuge behandelt werden können, die zusätzlichen Funktionen dann jedoch nicht oder nur eingeschränkt nutzbar sind. Wird also eine Variante im Rahmen eines Umweltsystems bewertet, in dem das gemischte Kuppeln häufig zu erwarten ist und sich der Nutzen der Zusatzfunktionen dadurch einschränkt, hat dies eine negative Auswirkung auf die Bewertung des relativen Vorteils. Eine nochmalige Bewertung im Rahmen der Kompatibilität ist jedoch nicht geboten. Entwicklung der Bewertungsmethodik 104 Es verbleibt somit zunächst die Kompatibilität zum Instandhaltungssystem. Die notwendigen Anpassungen in den Werkstätten (z. B. Vorhaltung der notwendigen Werkzeuge) werden bei der Basisversion der Kupplung, die nur mechanische und pneumatische Komponenten enthält, jedoch als kein kritischer Faktor für eine Einführung gesehen. Die notwendige Personalschulung kann in das folgende Kriterium, die Komplexität, integriert werden. Komplizierter ist die Instandhaltung der Elemente, die über die der Basisversion hinausgehen. Hier kann es sich ergeben, dass es sich erst ab einer kritischen Menge an entsprechenden Fahrzeugen lohnt, die notwendige Ausrüstung und Kompetenz vorzuhalten. Für eine sehr kleine umzurüstende Flotte kann dies schon zum Ausschlusskriterium werden. Ansonsten kann es auch zu längeren Zuführungswegen zur Instandhaltung führen, wenn nur ausgewählte Werkstätten für diese speziellen Tätigkeiten in Frage kommen. Die Kompatibilität der Grundfunktion zu konventionellen Wagen stellt jedoch sicher, dass die Zuführung zur Instandhaltung nicht für die umgerüsteten Wagen getrennt erfolgen muss. Bezüglich der Instandhaltungsfristen ist davon auszugehen, dass die Basisversion keine kürzeren Instandhaltungszyklen verlangt als für Güterwagen derzeit bereits gelten, wie das Beispiel der Einsatzfälle der C-AKv zeigt [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview]. Für die Zusatzfunktionen sind die technischen Entwicklungen noch nicht so weit vorangeschritten, dass hier endgültig eine Aussage zu Instandhaltungsfristen getroffen werden kann. Es wird daher an dieser Stelle die Festlegung getroffen, dass dies eine Mindestanforderung an die Umsetzung der Zusatzfunktionen ist. Es verbleiben somit als kritische Punkte bezüglich der Kompatibilität ein möglicher erhöhter Aufwand bei der Zuführung zu den Werkstätten im Zusammenhang mit der Auswahl der in Frage kommenden und entsprechend auszurüstenden Werkstätten. Diese Fragestellung geht jedoch über die Tiefe dieser Arbeit hinaus. Es ergibt sich also, dass die Kompatibilität wegen fehlender Relevanz24 für den vorliegenden Fall nicht in die Zielstruktur zu übernehmen ist.25 Der zweite Aspekt des Widerstands ist, wie bereits dargestellt, die Komplexität. Für den Fall der Innovationsbetrachtung im SGV wird dabei jedoch weniger der Aspekt des Verstehens, sondern stärker der des Verwendens der neuen Technik – oder wie Eckhoff [2001, S. 34] schreibt: die „Schwierigkeit, das Produkt in den Zustand seiner Nutzenentfaltung zu bringen“ – als bedeutend angesehen. Dies wird damit begründet, dass es sich bei den Entscheidungsträgern, die über den Einsatz der Innovation zu befinden haben, um Fachleute handelt – oder die Entscheider zumindest von Fachleuten beraten sein sollten – und somit der Aspekt des Verstehens auch bei in ihrer Wirkung undurchsichtigeren Innovationen nicht der maßgebende Aspekt sein dürfte. Ein wichtiger Aspekt bezüglich des Verwendens ist das Personal, das die neue Technik bedienen soll und dafür geschult sein muss. Hier spielt die Größe und Verteilung dieses Personenkreises eine Rolle – z. B. in Abhängigkeit davon, ob die umgerüsteten Fahrzeuge den EWV nutzen und an jedem Ort einer möglichen Umstellung das gesamte 24 Siehe Abschnitt 5.2.2. Ein Beispiel mit Relevanz der Kompatibilität ist z. B. bei Stuhr & Bruckmann [2010, S. 270] dargestellt. 25 Entwicklung der Bewertungsmethodik 105 Personal vorbereitet sein muss, auch wenn solch ein Wagen nur sehr unregelmäßig dort auftaucht, oder ob es sich um eine Shuttle-Verbindung handelt, wo nur an beiden Endpunkten jeweils ein paar Mitarbeiter auf den Umgang mit der neuen Technik geschult werden müssen. Ein weiteres Beispiel ergibt sich durch die Frage der Struktur der an einem Transport beteiligten Unternehmen. Die Komplexität einer Umrüstung und Einführung einer neuen Technik ist vergleichsweise gering, wenn es sich beim Versender, dem Wagenhalter und eventuell sogar dem EVU um dasselbe Unternehmen bzw. um sehr eng miteinander vernetzte Unternehmen handelt. Die Komplexität ist jedoch wesentlich höher, wenn beispielsweise die Wagen von verschiedenen Vermietgesellschaften zu unterschiedlichen Konditionen vom Versender gemietet und von mehreren EVU gefahren werden. Hier steigt der Abstimmungs- und Überzeugungsaufwand. Die folgenden Fragen fassen die Komplexität zusammen, erheben aufgrund der sprichwörtlichen Komplexität des Kriteriums jedoch keinen Anspruch darauf, alle möglichen Aspekte zu benennen: Wie groß ist der Aufwand, um das notwendige Personal für den Einsatz der neuen Komponenten zu schulen? Wie groß ist der Kreis der einzuweisenden bzw. zu schulenden Personen? Wie viele Unternehmen und Standorte sind einzubinden? Der dritte Aspekt des Widerstands ist die Erprobbarkeit. Im Güterwagenbereich herrscht ein sehr hoher Preisdruck, weshalb es wichtig ist, vor einer großflächigen Einführung einer Innovation die Funktionalität und die Ausfallsicherheit der Innovation in kleinerem Umfang mit möglichst geringem finanziellem Risiko zu testen. Ob sinnvolle Testverkehre mit geringem Aufwand durchführbar sind, hängt jedoch mit der Struktur der Verkehre in den einzelnen Branchen und der Art der Innovation zusammen. Es ist auch zu unterscheiden, ob mit der Erprobung gezeigt werden soll, ob die neue Technik die erhofften Vorteile bringt, wie z. B. Effizienzgewinne, oder ob lediglich die technische Alltagstauglichkeit überprüft werden soll. Im zweiten Fall kann bereits die Umrüstung von wenigen Fahrzeugen ausreichen, während die erhofften Vorteile gegebenenfalls auch im Test erst mit einem Umrüstungsgrad nahe dem angestrebten endgültigen Zustand nachgewiesen werden können. Die Frage lautet: Kann die neue Technik mit verhältnismäßig geringem Aufwand (Anzahl umzurüstender Wagen, Änderungen in der Betriebsorganisation usw.) unter möglichst realitätsnahen Bedingungen erprobt und hinsichtlich ihrer Alltagstauglichkeit und ihres Nutzens geprüft werden? Es folgt als letzter der von Rogers [2003] übernommenen Aspekte des Widerstands die Beobachtbarkeit. Der Unterschied von Innovationen hinsichtlich der Beobachtbarkeit soll kurz anhand zweier Beispiele erläutert werden. Ob ein Wagen mit Sensoren für die zustandsabhängige Instandhaltung ausgerüstet ist, ist von außen nicht oder so gut wie nicht zu sehen. Ob der Wagen damit seltener in die Werkstatt muss, die Arbeiten dort gezielter ausgeführt werden können und die Ausfallrate im Betrieb sinkt, ist für einen Beobachter von außen ebenso wenig ersichtlich. Die Beobachtbarkeit ist somit vergleichsweise gering. Ein Wagen mit einer aMPK fällt dem Fachmann hingegen sofort auf. Werden solche Wagen auf einer öffentlichen Infrastruktur rangiert, kann dies direkt von anderen Betreibern beobachtet und zu einem gewissen Grad in direkter Entwicklung der Bewertungsmethodik 106 Folge daraus bewertet werden. Die Beobachtbarkeit ist somit wesentlich höher als bei der zustandsabhängigen Instandhaltung. Wie diese und ebenso die Beispiele bei Rogers [2003, S. 258f, S. 264] zeigen, ist die Beobachtbarkeit vor allem für die Weiterverbreitung und nicht für die Gewinnung von Erstanwendern von Bedeutung. Das Finden von Erstanwendern ist jedoch genau das Ziel des vorliegenden Entscheidungsproblems (siehe Unterkapitel 5.1.1), weshalb die Beobachtbarkeit nicht übernommen wird. Bei der Betrachtung der Kriterien des Widerstands gemäß Rogers [2003] zeigt sich jedoch, dass sie für den vorliegenden Fall nicht ausreichend sind. Dies liegt daran, dass in die Bewertung neue Technologien aufgenommen werden, die noch nicht zugelassen sind oder deren technische Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist.Will man beachten, dass eine heute verfügbare und zugelassene Technologie zumindest kurzfristig einfacher einzuführen ist als eine, die erst noch ihren Entwicklungs- und Zulassungsprozess durchlaufen muss, ist dies ebenfalls im Rahmen des Widerstands in das Modell zu integrieren. Dies geschieht, indem noch vor der Aufteilung des Widerstands in die ausgewählten drei Kriterien gemäß Rogers [2003] die Aufteilung in die Verfügbarkeit und die Einführung erfolgt, wobei letztere die Kriterien gemäß Rogers [2003] subsummiert. Es ergibt sich somit die in der Abbildung 5.9 dargestellte Baumstruktur für den Widerstand, wobei die ausgeschlossenen Kriterien in Klammern dargestellt sind. Ist eine Einführung einer Innovation geplant, muss diese spätestens zu Beginn der Implementationsphase, jedoch besser mit einem gewissen Vorlauf, lieferbar sein. Somit ist bei der Frage der Verfügbarkeit festzulegen, für welchen Zeitpunkt eine Implementation angestrebt wird. Für den vorliegenden Fall wird der Zeitraum bis zu dieser Phase relativ kurz festgelegt, die Frage lautet demnach: Ist die Innovation bei einem angestrebten kurzfristigen Einführungsbeginn von rund fünf Jahren aller Voraussicht nach technisch verfügbar und zugelassen? Abbildung 5.9: Aufteilung des Widerstands Potenzial 0. Ebene Widerstand Einführung (9) Verfügbarkeit vorteil (Beobachtbarkeit) (11) Erprobbarkeit (10) Komplexität (Kompatibilität) Kundenvorteil (Instandhaltungssystem) (Fahrzeuge) (Umschlag) (Fahrweg) (8) Ladungsanforderungen (7) Zuverlässigkeit (6) Flexibilität (5) Transportdauer (4) Arbeitsbedingungen und -sicherheit (Verschleiß) Eigenvorteil (Schienenverkehrslärm) Vorteil Unternehmens- (2) Anlagen (1) Strecke 4. Ebene (Verschleiß öffentlicher Infrastruktur) Kapazität 3. Ebene (3) Ressourceneinsatz Systemvorteil 2. Ebene relativer 1. Ebene Entwicklung der Bewertungsmethodik 107 Zusammenfassung Tabelle 5.2 zeigt den soeben erarbeiteten Zielbaum in tabellarischer Form. Kriterien, die allgemein für fahrzeugseitige technische Innovationen gelten, für den vorliegenden Fall jedoch nicht relevant bzw. nicht bewertbar sind und daher im Folgenden nicht weiter beachtet werden, sind in Klammern dargestellt. Alle anderen Kriterien der jeweils letzten Ebene sind durchnummeriert. Tabelle 5.2: Darstellung des Nutzwertschemas in tabellarischer Form Entwicklung der Bewertungsmethodik 5.3.2 108 Gewichtung der Beurteilungskriterien Gemäß des Ablaufs einer Nutzwertanalyse (siehe Abschnitt 5.2.1) folgt an dieser Stelle die Gewichtung der Kriterien. Da die Kriterien bereits in Form eines Zielbaums hergeleitet wurden, können die Gewichtungen einfach anhand dieses Zielbaums in seine einzelnen Ebenen eingefügt werden. Das Vorgehen dazu ist in Abschnitt 5.2.5 dargestellt worden. In Abschnitt 5.1.2 wurde bereits auf die Abhängigkeit des Umweltsystems vom jeweiligen potentiellen Einsatzfeld hingewiesen. Dies wird bei der Gewichtung wieder aufgegriffen, indem unterschiedliche Gewichtungen in Abhängigkeit des jeweils zu bewertenden potentiellen Einsatzfelds zugelassen werden. Folgend wird bestimmt, welche Kriteriengewichte als abhängig und welche als unabhängig von den Einsatzfeldern zu sehen sind. Es ist dabei jedoch zu beachten, dass innerhalb einer jeden Gruppe von Kriterien in jeder Ebene auf 100 Prozent zu normieren ist (siehe Abschnitt 5.2.5), d. h. dass in Abhängigkeit der vom Einsatzfeld abhängigen Kriterien andere Kriterien gegebenenfalls auch ihre Gewichtung ändern müssen. Es erfolgt daher eine Beschränkung der Einsatzfeld-Abhängigkeit auf die vier Kriterien in der vierten Ebene des Kundenvorteils (siehe Tabelle 5.2). Somit werden sowohl der Systemvorteil und der Eigenvorteil als auch der gesamte Bereich des Widerstands als für alle potentiellen Einsatzfelder in gleicher Weise wichtig angesehen. Es folgt eine kurze Begründung für diese Festlegung. Der Systemvorteil bezieht sich auf das Gesamtsystem des SGV. Er unterliegt somit nicht der Präferenzstruktur der Entscheider eines einzelnen potentiellen Einsatzfeldes, sondern gewissermaßen einer übergeordneten Präferenzstruktur eines Einsatzfeldunabhängigen Entscheiders, wie zum Beispiel des Netzbetreibers oder des Staates (siehe Abschnitt 5.1.4). Ebenso wenig ist der Widerstand von den Präferenzstrukturen in den einzelnen potentiellen Einsatzfeldern abhängig. Es ist oder wäre hingegen die Präferenz der dortigen aktiven Adressaten, dass es gar keinen Widerstand gibt. Es gilt jedoch gleichsam für alle, dass einer Innovation die benannten Wiederstände entgegenstehen und dass sie für eine Einführung überwunden werden müssen. Schwieriger ist bereits die Begründung für die Abgrenzung des Eigenvorteils und des Kundenvorteils voneinander im Bereich des Unternehmensvorteils. Der Kundenvorteil ist dabei noch eindeutig abhängig vom jeweiligen potentiellen Einsatzfeld. So kann in einer Branche, der ein potentielles Einsatzfeld zuzuordnen ist, die Transportdauer von besonderer Bedeutung sein, während es in einer anderen beispielweise die Zuverlässigkeit ist. Hier sind demnach die Gewichtungen zwischen den vier Kriterien Transportdauer, Flexibilität, Zuverlässigkeit und Ladungsanforderungen zu variieren. Im Bereich des Eigenvorteils mögen zwar einzelne bewertungsrelevante Aspekte zwischen den einzelnen potentiellen Einsatzfeldern Unterschiede zeigen, im Grunde ist jedoch jedes Unternehmen unabhängig von der Branchenzugehörigkeit bestrebt, seinen Ressourceneinsatz und damit seine Ausgaben zu minimieren und ein möglichst sicheres und arbeitnehmerfreundliches Umfeld für seine Mitarbeiter zu schaffen. Insofern wird – für die Tiefe der Betrachtungen in dieser Arbeit – die Gewichtung der Kriterien Entwicklung der Bewertungsmethodik 109 des Eigenvorteils in der vierten Ebene ebenso wie das Verhältnis zwischen Eigen- und Kundenvorteil über alle potentiellen Einsatzfelder konstant gehalten. In Abschnitt 5.1.4 ist festgelegt worden, dass mit der Bewertungsmethodik das Entscheidungsproblem zunächst aus Gesamtsystemsicht und anschließend zum Vergleich aus der beschränkteren Sicht der aktiven Adressaten betrachtet werden soll. Hieraus folgte die Aufteilung des relativen Vorteils in den Systemvorteil und den Unternehmensvorteil, wobei der Systemvorteil nur im Fall der Betrachtung aus Gesamtsystemsicht relevant ist (siehe Abschnitt 5.3.1, Seite 95). Die folgend aufzustellende Gewichtung bezieht sich daher auf den Fall der Gesamtsystemsicht, d. h. der Systemvorteil erhält in jedem Fall einen Gewichtungsfaktor größer null. Eine Variation der Gewichtungen, bei der der Gewichtungsfaktor des Systemvorteils auf null gesetzt wird, erfolgt erst nach der vollständigen Durchführung der Bewertung aus Gesamtsystemsicht in Abschnitt 7.2.2. Tabelle 5.3 zeigt das Nutzwertschema samt Gewichtungsfaktoren nach Herausnahme der nicht bewertbaren oder zu bewertenden Kriterien. Die Gewichte der vier Kriterien des Kundenvorteils sind in Klammern dargestellt, da sie ausgehend von diesen Werten nach Auswahl und Beschreibung der potentiellen Einsatzfelder angepasst werden. Es folgen Erläuterungen bezüglich der Wahl der dargestellten Gewichte. Zunächst wird die Gewichtung in der ersten Ebene zwischen dem relativen Vorteil und dem Widerstand betrachtet. Es muss dazu noch einmal festgehalten werden, dass die Bewertung auf der Annahme einer relativ kurzfristigen Einführung der neuen Technologie beruht und es sich somit bei den der Bewertung zugrunde gelegten Umweltzuständen um heutige und nicht um für die Zukunft prognostizierte Zustände handelt. Bei einer kurzfristigen Einführung sind die Widerstände jedoch als relativ hoch anzusehen, da unter anderem die Zeit für langfristige Vorbereitungen und Anpassungen entfällt, sowohl im physischen Sinn als auch mental bei den Akteuren der sehr innovationsträgen SGV-Branche. Da jedoch prinzipiell Änderungen in bestehende komplexe Systeme nicht widerstandslos zu integrieren sind und der Treiber dahinter immer der relative Vorteil ist, soll bei der zu wählenden Gewichtung der Widerstand trotz seiner hohen Bedeutung nicht dominierend sein. Daraus folgt die dargestellte Gewichtung von 60 Prozent für den relativen Vorteil und 40 Prozent für den Widerstand.26 Die zweite große Festlegung betrifft das Verhältnis zwischen dem System- und dem Unternehmensvorteil. Durch Herausnahme der Kriterien Verschleiß und Lärm besteht der Systemvorteil nur noch aus den Kapazitätseffekten auf der Strecke und in den Anlagen. Somit wird hier das Gewicht vergleichsweise niedrig angesetzt, der Unternehmensvorteil dominiert mit einem Verhältnis von 80 Prozent zu 20 Prozent relativ stark. Innerhalb des Systemvorteils wird die Bedeutung der Streckenkapazität unter Verweis auf die Darstellungen in Unterkapitel 2.1 als deutlich höher als bei den Anlagen gesehen, woraus die Gewichtung von 70 Prozent zu 30 Prozent resultiert. Beim Unternehmensvorteil zeichnet sich die Bedeutung des Kundenvorteils dadurch aus, dass die dort subsummierten Punkte wesentlich die Wettbewerbsfähigkeit des je26 Vgl. hierzu auch Siegmann u. a. [2009], wo für ein Zieljahr 2030 ein Verhältnis von 70/30 und für 2050 von 90/10 gewählt wurde (öffentliche Kurzfassung in Stuhr & Bruckmann [2010]). Entwicklung der Bewertungsmethodik 110 weiligen Transportanbieters kennzeichnen. Indirekt ist jedoch auch der Eigenvorteil wettbewerbsrelevant, da die vom Kunden zu tragenden Transportkosten wesentlich vom „eigenen“ Ressourcenaufwand abhängen. Hinzu kommt beim Eigenvorteil, dass der Aspekt der Arbeitsbedingungen existenziell werden kann, wenn bei den vorherrschenden Bedingungen nicht mehr ausreichend Personal gefunden wird (siehe Unterkapitel 1.1). Dennoch wird dem Kundenvorteil eine leicht höhere Bedeutung zugesprochen, die Aufteilung ist, wie in Tabelle 5.3 dargestellt, 40 Prozent zu 60 Prozent. Aufgrund der hohen Bedeutung des Ressourceneinsatzes für den Transportpreis als Wettbewerbsfaktor gegenüber dem Transportkunden als auch der hohen Bedeutung der Arbeitsbedingungen und -sicherheit als Wettbewerbsfaktor gegenüber Arbeitnehmern für den Rangierdienst findet eine Gleichgewichtung dieser beiden Aspekte statt. Die Gewichtungsfaktoren für die vier Kriterien des Kundenvorteils sind, wie oben bereits angemerkt, vorläufige Werte, die nach der Auswahl und Beschreibung der potentiellen Einsatzfelder ausgehend von den hier festgelegten Werten angepasst werden. Wie in Unterkapitel 2.3 dargestellt, gehen die Ergebnisse von Umfragen zu den HauptKundenanforderungen an den SGV teilweise weit auseinander. Insgesamt zeigte sich dort für die hier zu gewichtenden Kriterien jedoch der Trend zu einer besonders hohen Bedeutung der Zuverlässigkeit, während die Geschwindigkeit und Flexibilität zwar auch von besonderer Bedeutung sind, jedoch hinter der Zuverlässigkeit stehen. Die Bedeutung besonderer Ladungsanforderungen taucht in den ausgewerteten Erhebungen nicht explizit auf, indirekt besteht jedoch ein Zusammenhang zur Wagenverfügbarkeit, da es sich um die Verfügbarkeit von Wagen handelt, die die (Mindest-)Ladungsanforderungen der Verlader erfüllen. Die Bedeutung ist somit vergleichsweise gering anzusetzen. Festgelegt werden somit die Gewichte von 35 Prozent für die Zuverlässigkeit, jeweils 25 Prozent für die Transportdauer und die Flexibilität und 15 Prozent für die Ladungsanforderungen. Es folgen die Gewichtungen innerhalb des Widerstands zwischen der Verfügbarkeit und der Einführung. Wie bereits dargestellt, dient die Verfügbarkeit der Abwertung von Alternativen, die am Markt nicht bzw. noch nicht einsatzreif verfügbar sind. Ihre Bedeutung ist somit abhängig vom geplanten Implementationszeitpunkt der neuen Technologie. Ist eine Ad-hoc-Einführung geplant, ist die Bedeutung sehr hoch bzw. die momentane Verfügbarkeit wird zum Ausschlusskriterium, die Nicht-Verfügbarkeit ist dann der Ausschlussgrund der Alternative. Mit zunehmender Entfernung des geplanten Einführungsbeginns ist aus Sicht des Entscheiders von einer Reduktion der Bedeutung der Verfügbarkeitsfrage auszugehen. Die momentane Verfügbarkeit zählt immer weniger, die Bedeutung der für den geplanten Implementierungsbeginn angenommenen Verfügbarkeit richtet sich mitunter nach der Risikobereitschaft des Entscheiders, womöglich auf eine Alternative zu setzen, die dann doch nicht möglich – da nicht verfügbar – ist. Wie bereits dargestellt, wird der Bewertung ein relativ kurzfristiger Implementationsbeginn zugrunde gelegt, was für eine tendenziell hohe Bedeutung der Verfügbarkeit spricht. Die Bedeutung der Verfügbarkeit ist der Bedeutung der Widerstände bei der Einführung gegenüberzustellen. Es handelt sich hierbei um eine Gewichtung zwischen einem Potenzial 0. Ebene 2. Ebene 40 % 60 % Widerstand Vorteil relativer 50 % 50 % 80 % Einführung Verfügbarkeit vorteil Unternehmens- Systemvorteil mit Gewichtung 20 % mit Gewichtung 1. Ebene Komplexität Kundenvorteil Erprobbarkeit 70 % 60 % Eigenvorteil 30 % Flexibilität Zuverlässigkeit Ladungsanforderungen (35 %) (15 %) Transportdauer Arbeitsbed./Sicherheit Ressourceneinsatz (25 %) (25 %) 50 % 50 % Kapazität Anlagen 30 % 40 % Kapazität Strecke mit Gewichtung 4. Ebene 70 % mit Gewichtung 3. Ebene 13 12 11 10 9 8 7 6 4 2 1 lfd. Nr. 6% 14 % 20 % (4 %) (10 %) (7 %) (7 %) 10 % 10 % 4% 8% gewichtung Gesamt- Entwicklung der Bewertungsmethodik 111 Tabelle 5.3: Darstellung des Nutzwertschemas in tabellarischer Form mit Gewichten Entwicklung der Bewertungsmethodik 112 Risiko-Aspekt, der bei der Einführung nur vielleicht relevant wird, und einem Aspekt, der in jedem Fall greift. Plausible Argumente für die Höhergewichtung des einen oder anderen Aspekts sind somit schwer zu finden, woraus eine Gleichgewichtung beider Aspekte resultiert. Es wird jedoch, im Sinne einer Frage nach der langfristig besten Technologie, bei den Auswertungs-Variationen in Unterkapitel 7.2.2 die Bedeutung der Verfügbarkeit bis auf null Prozent heruntergesetzt. Innerhalb der Einführung wird der Komplexität eine höhere Bedeutung gegenüber der Erprobbarkeit zugesprochen, da die Erprobung notfalls unter hinnehmbaren Einschränkungen in anderen Einsatzfeldern als dem geplanten erfolgen kann. Zudem stellt die Frage der Erprobbarkeit ein Problem mit begrenzter Zeitdauer dar, während sich die Komplexität auf Aspekte bezieht, die sich zwar auch zum großen Teil in der Einführungsphase konzentrieren können, jedoch über die gesamte Nutzungsdauer der Innovation fortdauern. Das gewählte Verhältnis ist 70 zu 30 Prozent. 5.3.3 Operationalisierung der Kriterien Nachdem alle relevanten Kriterien detektiert, mit einer Fragestellung belegt und in einem mehrstufigen Modell gewichtet worden sind, werden im Folgenden mögliche Ausprägungen für die jeweilige Antwort gegeben. Durch die Antworttabellen – im Folgenden als Bewertungsleitfäden bezeichnet – erfolgt die Zuordnung der verbalen Antwortmöglichkeiten zu den Zahlenwerten einer einheitlichen Nutzwert-Skala. Es wird eine Skala gewählt, die jeweils durch fünf verbale Ausprägungen beschrieben wird. Da eine Innovation bezüglich einzelner Kriterien sowohl negative als auch positive oder auch gar keine Auswirkungen haben kann, wird der mittlere Wert als neutral definiert und erhält den Nutzwert Null. Negative Nutzwerte stehen dann für Verschlechterungen gegenüber dem Ausgangszustand, positive für Verbesserungen. Zwischen die Werte mit verbaler Beschreibung wurde zunächst ein weiterer Wert eingefügt, der bei Unschlüssigkeit gewählt werden sollte. Es zeigte sich in der Bewertung jedoch, dass die daraus resultierende Skala mit neun Werten von -4 bis +4 nicht ausreichend ist, um bei allen Kriterien alle Alternativen sowohl absolut auf der Skala passend zu platzieren (Vorteil, neutral, Nachteil) als auch alle zum Teil sehr feinen Unterschiede zwischen den Alternativen ausreichend in der Bewertung abzubilden. Liegen, wie bei der folgenden Bewertung, 28 Alternativen vor, die beispielsweise bei einem Kriterium alle positiv zu bewerten sind, wären auf der Neuner-Skala von -4 bis +4 nur vier Punkte verfügbar (+1 bis +4), um diese 28 Alternativen abzubilden. Aus diesem Grund werden weitere Zwischenwerte eingefügt, so dass sich eine Skala von -8 bis +8 ergibt, mit fünf verbal definierten Werten (-8, -4, 0, 4, 8), geradzahligen Zwischenwerten im Unschlüssigkeitsfall (-6, -2, 2, 6) und ungeradzahligen Zwischenwerten, die nur im Fall einer sonst nicht abzubildenden Differenzierung zwischen sehr ähnlich zu bewertenden Alternativen heranzuziehen sind. Die Reihenfolge der folgenden Operationalisierungen entspricht der Reihenfolge der Kriterien in Tabelle 5.2. Im Sinne der Übersichtlichkeit werden die bereits in Unter- Entwicklung der Bewertungsmethodik 113 abschnitt 5.3.1 aufgestellten Frageformulierungen dabei noch einmal Zusammenfassend dargestellt. Leitfaden für die Kriterien des relativen Vorteils Für alle Kriterien des relativen Vorteils kann ein einheitlicher, mit entsprechender Allgemeingültigkeit formulierter Bewertungsleitfaden herangezogen werden. Die Unterschiede zwischen den Kriterien werden hier ausreichend durch die Fragestellungen abgedeckt. Nutzwert verbale Beschreibung -8 starker negativer Einfluss -4 leichter bis mittlerer negativer Einfluss oder starker negativer Einfluss, der jedoch durch weitere Innovationen oder sonstige Maßnahmen zumindest teilweise relativiert werden kann 0 kein nennenswerter Einfluss 4 leichter positiver Einfluss oder mittlerer positiver Einfluss, abhängig von zusätzlichen Innovationen oder sonstigen Maßnahmen 8 starker positiver Einfluss, ggf. in Kombination mit zusätzlichen Innovationen oder sonstigen Maßnahmen oder mittlerer positiver Einfluss, unabhängig von zusätzlichen Innovationen oder sonstigen Maßnahmen Tabelle 5.4: Bewertungsleitfaden für die Kriterien des relativen Vorteils Der Leitfaden ist in Tabelle 5.4 wiedergegeben. Die Fragestellungen sind die folgenden: Kriterium 1 und 2: Kapazität der Strecke und Kapazität der Anlagen Führt die Innovation zu einer Erhöhung der Netzleistungsfähigkeit, ohne dass dafür zusätzliche Infrastrukturerweiterungen (drittes Gleis usw.) notwendig werden? Kriterium 3: Ressourceneinsatz Reduziert sich durch die Innovation der bei gleicher Leistung benötigte Ressourcenaufwand bezüglich Personal, Material und Energieverbrauch, so dass diese Leistung mit einem geringeren Kostenaufwand erbracht werden kann? Kriterium 4: Arbeitsbedingungen und -sicherheit Führt die Innovation zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitssicherheit, so dass sich dies positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt? Kriterium 5: Transportdauer Leistet die Innovation einen Beitrag zur Reduzierung der Transportdauer vom Versender zum Empfänger? Kriterium 6: Flexibilität Ermöglicht es die Innovation den Eisenbahnunternehmen flexibler auf Kundenwünsche zu reagieren? Entwicklung der Bewertungsmethodik 114 Kriterium 7: Zuverlässigkeit Leistet die Innovation einen Beitrag zur Erhöhung der Zuverlässigkeit gegenüber dem Kunden, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung von Sollwerten und der frühzeitigen Information im Falle von Abweichungen? Kriterium 8: Ladungsanforderungen Hilft die Innovation, den Transportvorgang in Abhängigkeit von der Beschaffenheit und den Anforderungen des Transportguts sowie den Verfahren bei der Beoder Entladung zu verbessern? Leitfäden für die Kriterien des Widerstands Beim Widerstand lassen sich im Gegensatz zum relativen Vorteil nicht alle Kriterien durch einen einheitlichen Bewertungsleitfaden abdecken. Durch die Tabellen 5.5 bis 5.7 wird daher zu jedem Kriterium die bereits aufgestellte Fragestellung wiederholt und direkt dazu der jeweilige Leitfaden angegeben. Für die Komplexität (Tabelle 5.6) sind keine Beschreibungen für die Werte -4 und 4 angegeben. Aufgrund der Vielschichtigkeit der unter diesem Begriff subsummierten Aspekte würden diese Beschreibungen zu lang und unübersichtlich, wie es sich auch schon bei der Beschreibung des Werts null andeutet. Die äußeren Grenzen und der neutrale Wert beschreiben jedoch hinreichend genau das mögliche Bewertungsfeld, so dass die Werte ohne Beschreibung als zusätzliche Zwischenwerte angenommen werden können. Kriterium 9: Verfügbarkeit Ist die Innovation bei einem angestrebten kurzfristigen Einführungsbeginn von rund fünf Jahren aller Voraussicht nach technisch verfügbar und zugelassen? Nutzwert -8 verbale Beschreibung Mit großer Sicherheit nicht; mehrere Komponenten derzeit nicht verfügbar, kurzfristige Zulassungsreife unwahrscheinlich -4 Wahrscheinlich nicht; mehrere Komponenten derzeit nicht verfügbar, kurzfristige Zulassungsreife kritisch 0 Verfügbarkeit möglich; alle Komponenten technisch verfügbar, teilweise ohne Zulassung, generell keine Probleme bei kurzfristiger Zulassung erwartet 4 Verfügbarkeit ist anzunehmen; alle Komponenten sind heute bereits technisch verfügbar und der Großteil zugelassen, kurzfristige Erteilung der fehlenden Zulassungen realistisch 8 Verfügbarkeit ist gesichert; alle Komponenten bereits heute mit Zulassung verfügbar Tabelle 5.5: Bewertungsleitfaden für die Verfügbarkeit Entwicklung der Bewertungsmethodik 115 Kriterium 10: Komplexität Wie groß ist der Aufwand, um das notwendige Personal für den Einsatz der neuen Komponenten zu schulen? Wie groß ist der Kreis der einzuweisenden bzw. zu schulenden Personen? Wie viele Unternehmen und Standorte sind einzubinden? Nutzwert -8 verbale Beschreibung Hoher Schulungsaufwand einer großen, schwer abzugrenzenden Personengruppe, Einbindung vieler Unternehmen und Standorte -4 - Interpolation - 0 Mittlerer Schulungsaufwand einer mittelgroßen, gut abgrenzbaren Personengruppe unter Beteiligung einer übersichtlichen Zahl an Unternehmen und Standorten oder hoher Schulungsaufwand einer stark eingegrenzten Personengruppe unter Einbezug einer geringen Zahl an Unternehmen und Standorten oder geringer Schulungsaufwand einer großen, schwer abzugrenzenden Personengruppe, Einbindung vieler Unternehmen und Standorte 4 - Interpolation - 8 Geringer Schulungsaufwand einer stark eingegrenzten Personengruppe unter Einbezug einer sehr geringen Zahl an Unternehmen und Standorten Tabelle 5.6: Bewertungsleitfaden für die Komplexität Kriterium 11: Erprobbarkeit Kann die neue Technik mit verhältnismäßig geringem Aufwand (Anzahl umzurüstender Wagen, Änderungen in der Betriebsorganisation usw.) unter möglichst realitätsnahen Bedingungen erprobt und hinsichtlich ihrer Alltagstauglichkeit und ihres Nutzens geprüft werden? Nutzwert -8 verbale Beschreibung Nein, bereits die Erprobung zur technischen Alltagstauglichkeit setzt einen Umrüstungsaufwand voraus, der im Falle negativer Erprobungsergebnisse nicht tragbar ist -4 Erprobung der technischen Alltagstauglichkeit mit hohem Aufwand möglich, dabei jedoch geringer Erkenntnisgewinn zum Nutzen 0 Geringer Aufwand für eine hohe Qualität der Erprobungsergebnisse bezüglich der technischen Alltagstauglichkeit notwendig; dabei jedoch weiterhin geringer Erkenntnisgewinn zum Nutzen 4 Geringer Aufwand für eine hohe Qualität der Erprobungsergebnisse bezüglich der technischen Alltagstauglichkeit notwendig; Ergebnisse dienen ebenso zur Stützung theoretischer Nutzennachweise 8 Ja, nur sehr geringer Aufwand für eine hohe Qualität der Erprobungsergebnisse bezüglich der technischen Alltagstauglichkeit und des Nutzens notwendig Tabelle 5.7: Bewertungsleitfaden für die Erprobbarkeit Entwicklung der Bewertungsmethodik 5.4 116 Methodenkritik Ein formales Verfahren für eine Entscheidungsfindung soll dazu dienen, den Entscheidungsprozess zu strukturieren und das komplexe Gesamtproblem in Teilaspekte aufzuteilen, damit die Entscheidungsfindung übersichtlich und nachvollziehbar ist. Eine absolut und objektiv richtige Entscheidung kann jedoch auch durch den umfänglichsten Methodeneinsatz nicht erreicht werden. „Eine rein objektive Bewertung von Projektvorschlägen ist wegen der Zukunftsunsicherheiten selbstverständlich nicht möglich. Praktikable Verfahren begnügen sich mit einem möglichst transparenten, widerspruchsfreien und intersubjektiv nachvollziehbaren Auswahlprozess“ [Trommsdorff & Steinhoff 2007, S. 323]. Das Ziel ist eine „weitgehend widerspruchsfreie, vergleichbare und sachlich zutreffende Bewertung“ [Specht, Beckmann & Amelingmeyer 2002, S. 215].27 Als Voraussetzung für eine derartige transparente und sachliche Bewertung wurden ein umfangreiches Bewertungsschema aufgestellt und die Hintergründe für die Wahl eines jeden Kriteriums ausführlich begründet. Zusammenfassend soll dazu explizit festgehalten werden, dass das Schema anforderungs- und nicht technikgetrieben erstellt wurde. Dies bedeutet, dass sich das Bewertungsschema an der Fragestellung orientiert, was für Anforderungen seitens der Akteure und der Kunden des SGV vorliegen und nicht daran, was die zu untersuchende Technik bieten kann. Es erfolgte somit eine Zweiteilung der Fragestellung des Entscheidungsproblems: Frage 1: Welche Anforderungen liegen vor? Frage 2: Welche davon werden in welchem Umfang durch den Einsatz der zu untersuchenden Technik besser erfüllt? Frage 1 war somit die Leitfrage bei der Erstellung des Zielsystems, Frage 2 wird die Leitfrage bei der Bewertung in Kapitel 7 sein. Diese Vorgehensweise grenzt sich bewusst von der Behandlung der folgenden Fragestellungen ab: Frage 1*: Was sind die generellen Vorteile der zu untersuchenden Technik? Frage 2*: Welche davon greifen tatsächlich in den einzelnen potentiellen Einsatzfeldern? Die erste Frage der zweiten Vorgehensweise (Frage 1*) verleitet dazu, alle möglichen Vorteile zu sammeln, die eventuell jedoch nur in bestimmten Einzelfällen und womöglich nie alle gleichzeitig wirken. Frage 2*, sofern sie nicht einfach ausgelassen wird, muss also klären, ob diese allgemeinen Vorteile in konkreten Einsatzfällen tatsächlich eintreten und, ebenso wichtig, ob sie dort überhaupt von Interesse sind. Neben der Gefahr, bei dieser zweiten Vorgehensweise technikgetrieben oder sogar „technikverliebt“ nur Vorteile ohne Einschränkungen zu sehen, bietet sie nicht die Möglichkeit der Übertragbarkeit auf andere Untersuchungsfälle, da sich schon die erste Frage konkret auf den Untersuchungsgegenstand, d. h. die innovative Technik, bezieht. 27 Zur Erreichung valider Ergebnisse ist es gemäß Specht, Beckmann & Amelingmeyer [2002, S. 215] weiterhin notwendig, mehrere Bewertungsverfahren für ein und dieselbe Bewertungsaufgabe heranzuziehen. Dies würde jedoch über den Umfang der vorliegenden Arbeit hinausgehen. Entwicklung der Bewertungsmethodik 117 Ein Nachteil der gewählten Vorgehensweise ist ein mit Sicherheit höherer Bewertungsaufwand, da zusätzlich Kenntnis über alle generellen Möglichkeiten der neuen Technik vor Beantwortung der zweiten Frage erlangt werden muss. Zudem teilen sich die Wirkungen einzelner Vorteile auf verschiedene Kriterien auf, was einen Komplexitätszuwachs mit sich bringt. Als Beispiel muss die generelle Möglichkeit, schwerere Züge zu fahren, bei den Kriterien Kapazität Strecke (möglicher positiver Kapazitätseffekt durch erhöhte Zugauslastung), Ressourcen (z. B. weniger Triebfahrzeugführer für gleiche Transportmenge) und Flexibilität (z. B. Abfahren von Aufkommensspitzen ohne zusätzliche Züge) Beachtung finden. Bei der zweiten Vorgehensweise würde die Möglichkeit schwererer Züge am Stück umfassend betrachtet werden. Die methodisch strikte Trennung zwischen den Fragestellungen „Welche Anforderungen liegen vor?“ mit Eingang in die Gewichtungsfaktoren und „Welche davon werden in welchem Umfang durch den Einsatz der zu untersuchenden Technik besser erfüllt?“ führt zudem zur Zulassung der branchenabhängigen Gewichtungsfaktoren bei den Kriterien des Kundenvorteils. Hintergrund ist, dass eine Bewertung in der Form „die Technik ermöglicht in den potentiellen Einsatzfeldern A und B aus technischer Sicht jeweils den Vorteil X (und zwar in gleichem Umfang); im potentiellen Einsatzfeld A ist das jedoch wesentlich stärker von Bedeutung, weshalb es bei der Bewertung eine höhere Punktzahl erhält“ durch diese strikte Trennung ausgeschlossen ist. Bei gleichem Vorteil aus technischer oder bahnbetrieblicher Sicht ist die gleiche Punkteanzahl zu vergeben, unterschiedliche Bedeutungen sind abhängig von den Anforderungen (erste Frage) und somit ausschließlich über die Gewichtungen zu regeln – woraus die Notwendigkeit der Zulassung der variablen Gewichte resultiert. Diese Gewichtungsvariationen können jedoch dazu führen, dass bei einer relativen Stimmigkeit der Gewichtungsfaktoren untereinander in einem potentiellen Einsatzfeld der absolute Vergleich der Bedeutungen einzelner Kriterien zwischen den potentiellen Einsatzfeldern unzutreffend ist. Sind z. B. in einem potentiellen Einsatzfeld alle vier Kundenanforderungen gleich wichtig, bekommen sie jeweils 25 Prozent in der vierten Ebene und damit sieben Prozent in der Gesamtgewichtung. Sticht in einem anderen potentiellen Einsatzfeld hingegen die Bedeutung der Transportgeschwindigkeit gegenüber den anderen hervor und bekommt daher 50 Prozent in der vierten Ebene und damit 14 Prozent in der Gesamtgewichtung, so liegt ein Widerspruch vor, wenn eigentlich die Bedeutung der Transportgeschwindigkeit im ersten potentiellen Einsatzfeld im Vergleich zum zweiten höher ist. Um dies auszugleichen, müssten auch Gewichtungen in den oberen Ebenen angepasst werden. Ein Ansatzpunkt wäre dabei, bei potentiellen Einsatzfeldern mit insgesamt sehr hohen Kundenansprüchen die Gewichtung des Widerstands als Ausgleich auf Basis der Argumentation zu reduzieren, dass die Akteure bei hohen Forderungen der Kunden eher bereit sind bzw. im Wettbewerb auch mit anderen Verkehrsträgern bereit sein müssen, Widerstände zu überwinden. Methodisch kann dieser Fehler beim Festhalten an der ausschließlichen Variation der Gewichte des Kundenvorteils nicht ausgeschlossen werden. Durch einen Vorgriff auf das folgende Kapitel, wo die vom jeweiligen potentiellen Einsatzfeld abhängigen Entwicklung der Bewertungsmethodik 118 Gewichte festgelegt werden, ist jedoch festzuhalten, dass der Fehler im vorliegenden Fall als nicht relevant angesehen wird. Ein weiterer Kritikpunkt der Methode ist darin zu sehen, dass die Bewertungsleitfäden zu einem gewissen Grad vage sind. Es muss jedoch klar sein, dass die Bewertungsleitfäden nicht alle möglichen Bewertungsfälle im Vornherein eins zu eins abdecken können. Sie sind vielmehr als Orientierungen zu verstehen, die für den konkreten Fall gegebenenfalls neu ausgelegt werden müssen. Wichtig ist dabei lediglich ein einheitliches Vorgehen über alle zu bewertenden Alternativen. Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten, dass mit der aufgestellten Methodik, insbesondere durch die begründete Beschränkung auf eine rein qualitative Bewertung, keine abschließende Empfehlung an einen Branchenvertreter, Wagenhalter oder ein EVU ausgesprochen werden kann, in seinem jeweiligen Aktionsbereich eine aMPK einzuführen. Hier sind in jedem Fall weitergehende quantitative (monetäre) Falluntersuchungen notwendig, wie es bei der Methodenauswahl in Abschnitt 5.1.5 bereits dargestellt wurde. Sie kann den benannten Marktteilnehmern jedoch eingrenzend aufzeigen, in welchen Bereichen und für welche Technologien derartige tiefgreifende und aufwändige Detailuntersuchungen sinnvoll sind. Diese Eingrenzung ist darüber hinaus z. B. auch für Kupplungshersteller und Hersteller anderer Eisenbahnkomponenten interessant, die daraus Strategien zur Weiterentwicklung und Platzierung ihrer Produkte ableiten können. Im Fall der Integration des Systemvorteils kann diese Fragestellung auch aus der Sicht einer übergeordneten Instanz, die Verantwortung für alle Branchen und die Gesamtwirtschaft trägt, d. h. beispielsweise einer staatlichen oder supranationalen Einrichtung wie der Europäischen Union, gesehen werden. Die Fragestellung lautet dann wie folgt: „Wenn ich, die übergeordnete Instanz, das Ziel der Einführung einer aMPK verfolge, in welcher Branche sollte ich dann mit der Einführung beginnen, Pilotanwendungen etablieren oder zunächst auch nur Detailuntersuchungen durchführen lassen? Welchen Funktionsumfang sollte ich dabei empfehlen oder vorgeben, um maximalen Erfolg zu haben?“ Die Frage ist z. B. relevant, um Fördermittel möglichst gezielt und effektiv einzusetzen oder auch um politische Leitlinien fundiert festzulegen. Kapitel 6 Definition der Alternativen Nach Abschluss der Erstellung des Bewertungsverfahrens im vorigen Kapitel werden nun die zu bewertenden Alternativen festgelegt. Diese setzen sich, wie in Abschnitt 5.1.1 dargestellt, aus technischen Varianten und potentiellen Einsatzfeldern zusammen. Folgend werden zunächst die technischen Varianten behandelt (Unterkapitel 6.1), bevor sich mit den potentiellen Einsatzfeldern befasst wird (Unterkapitel 6.2). Im Anschluss erfolgt eine Zusammenfassung (Unterkapitel 6.3). 6.1 Definition der technischen Varianten Als erster Schritt zur Definition der technischen Varianten wird eine Auflistung möglicher Funktionen erstellt, die das Eigenschafts- und Funktionsspektrum einer aMPK beschreiben (Abschnitt 6.1.1). Anschließend wird eine Basisversion der aMPK definiert, indem ihr eine Auswahl der zuvor aufgestellten Funktionen zugeordnet wird (Abschnitt 6.1.2). Auf diese Weise sind die Basisfunktionen definiert. Darauf aufbauend erfolgt die Definition der technischen Varianten, indem weitere Funktionen zur Basisversion hinzugenommen werden (Abschnitt 6.1.3). Auf diese Weise bauen alle Varianten auf einer Basisversion auf, die alle für einen Regelbetrieb technisch und betrieblich notwendigen Funktionen in weitestgehender Analogie zur SK umfasst und die Kompatibilität hinsichtlich der Basisfunktionen gewährleistet.1 6.1.1 Definition der Funktionen Die Aufzählung der Funktionen basiert auf den Darstellungen in den vorigen Kapiteln. Aus funktionaler Sicht sind die aufgezählten Funktionen unabhängig voneinander. Aus Sicht der technischen Umsetzung oder des bestrieblichen Nutzens bestehen hingegen teilweise Zusammenhänge, auf die folgend zur Eingrenzung der Anzahl der zugelassenen technischen Varianten auch z. T. zurückgegriffen wird. 1 Vgl. die Definition des Funktionskomplexes einer Grundausführung der AK in ORE [1986, S. 13f]. Ebendort wird die Möglichkeit dargestellt, über diese Grundausführung hinaus „mit entsprechenden Mehrkosten Varianten [. . . zu] konzipieren, die zur Ausrüstung bestimmter Fahrzeuge vorgesehen werden könnten, soweit dies technisch oder betrieblich von Nutzen ist“. 119 Definition der Alternativen 120 1. Selbsttätiges Einkuppeln 2. Automatische Kontrolle des vollständigen und sicheren Einkuppelns (Zustandskontrolle) 3. Ferngesteuertes Abkuppeln 4. Automatisches Kuppeln der HL 5. Automatisches Kuppeln der HBL 6. Automatisches Kuppeln einer Zugbus-Leitung (Daten, Energie für Datenverarbeitungs- und Steuersysteme, Sensoren, Kleinverbraucher usw.) 7. Automatisches Kuppeln einer Elektroleitung für größere Verbraucher (Temperaturaggregate, Antriebe beweglicher Wagenteile usw.) 8. Übertragung höherer Zug- und Drucklasten gegenüber der SK 9. Kompatibilität zur SK 10. Kompatibilität zur SA 3 Erweitert man die Liste der Funktionen um solche Funktionen, die nicht mehr allein mit dem Kupplungssystem zu tun haben, aber – wie in Kapitel 4 dargestellt – in engem Zusammenhang dazu stehen, kommen die folgenden beiden Punkte hinzu: 11. Elektrische Bremsansteuerung (ep-Bremse)2 12. Automatische Bremsprobe 6.1.2 Definition der Basisversion Folgende Funktionen werden der Basisversion zugeordnet: • Selbsttätiges Einkuppeln (1) • Automatisches Kuppeln der HL (4) • Übertragung höherer Zug- und Drucklasten gegenüber der SK (8) • Kompatibilität zur SK (9) • Kompatibilität zur SA 3 (10) Es ergibt sich somit eine halbautomatische, starre Mittelpufferkupplung nach dem Willisonprofil mit Stabilisierungsgelenk und integrierter GZK. Die übertragbaren Lasten sollen denen der C-AKv bzw. der AK 69 entsprechen, womit sich an das Lastenheft der DB AG, das auf dem UIC-Lastenheft (Merkblatt 522-1) aufbaut [Chatterjee, Hetterscheidt & Bensch 2002, S. 208], angelehnt wird. Begründet wird diese Festlegung damit, 2 Es wird als Abkürzung für die elektrische Bremsansteuerung im Folgenden ep-Bremse verwendet, auch wenn es sich dabei um eine Zugbus-gesteuerte Bremse und nicht um eine ep-Bremse im klassischen Sinn, wie in Unterkapitel 4.4 beschrieben, handeln kann. Definition der Alternativen 121 dass es keinen oder nur einen sehr geringen finanziellen Vorteil bietet, eine aMPK zu beschaffen, die gegenüber den derzeit verfügbaren Systemen wie der C-AKv geringere Kräfte übertragen kann. Lediglich einzelne Komponenten der Kupplung könnten etwas leichter ausgelegt werden, wodurch sich leichte Kosteneinsparungen durch einen geringeren Materialbedarf ergäben. Der sonstige Aufwand zur Herstellung der Kupplung bliebe jedoch unbeeinflusst, so dass sich in Summe keine nennenswerten Kostenreduktionen ergäben [Faiveley 2008-2010]. An der in den sechziger Jahren von der UIC aufgestellten Forderung der Kompatibilität zur SA 3 [Schroeter 1973, S. 230] wird mit der letztgenannten Funktion der Basisversion, der Kompatibilität zur SA 3, im Sinne einer langfristigen Perspektive festgehalten. Mit der Kompatibilität ist jedoch nicht gemeint, die ertragbaren Lasten auf das Niveau der russischen Bahn RZD anzuheben (vergleiche hierzu die Daten zur verstärkten Version der C-AKv im Text auf Seite 35 und in Tabelle 3.5). Für die in Kapitel 7 durchzuführende Bewertung ist der Aspekt der Kompatibilität zur SA 3 jedoch irrelevant. Die C-AKv ist die einzige derzeit verfügbare Kupplung, die alle benannten BasisFunktionen erfüllt. 6.1.3 Definition der technischen Varianten Die erste und einfachste technische Variante ist die Basisversion selbst. Das technische Fahrzeugsystem entspricht dabei dem heutigen Stand – rein pneumatisches Bremssystem, keine elektrische Verbindung zwischen den Wagen – nur das Kupplungssystem ändert sich. Die weiteren technischen Varianten entstehen durch die Hinzunahme der Funktionen 2, 3, 5, 6, 7, 11 und 12. Geht man davon aus, dass beliebig viele dieser Funktionen hinzugenommen werden können und diese beliebig miteinander kombinierbar sind, ergeben sich 7 k=0 7 k = 27 = 128 mögliche technische Varianten inklusive der Basisversion. Reduktion der Variantenanzahl durch Festlegungen Da mit dieser Anzahl nicht zweckdienlich weitergearbeitet werden kann, muss sie durch sinnvolle Einschränkungen reduziert werden. In einem ersten Schritt werden die folgenden Festlegungen getroffen: • Der kabelbasierte Zugbus (6) stellt eine Voraussetzung für die Zustandskontrolle (2), die ep-Bremse (11) und die automatische Bremsprobe (12) dar. • Eine technische Variante mit der ferngesteuerten Abkupplung (3) beinhaltet in jedem Fall auch die Zustandskontrolle (2). • Die ep-Bremse (11) benötigt eine HBL (5). Definition der Alternativen 122 Für eine Vereinfachung des Modells wird also durch die erste Festlegung ausgeschlossen, dass entsprechende Systeme auch über Funk ausgeführt werden können, obwohl entsprechende Ansätze generell möglich sind. Bei Vorhandensein einer aMPK, die einen kabelbasierten Zugbus problemlos mitkuppeln kann, werden Funklösungen jedoch als nicht sinnvoll erachtet. Die Kopplung der ferngesteuerten Abkupplung an die Zustandskontrolle folgt dem Schluss, dass zum ferngesteuerten Abkuppeln der Zustand vor und nach dem ferngesteuerten Vorgang bekannt sein sollte, ohne dass dies vor Ort personell kontrolliert werden muss, was die Fernsteuerung obsolet machen würde. Zudem wird beim technischen Aufwand für eine ferngesteuerte Entkupplung ohne Zustandskonstrolle gegenüber dem der gewählten Kombination keine relevante Kosteneinsparung bei den notwendigen Komponenten gesehen. Die Abhängigkeit einer ep-Bremse von der HBL folgt im Sinne einer Variantenreduktion dem UIC-Merkblatt 541-5, obwohl bekannt ist, dass mit einer Zugbus-basierten Bremsansteuerung auf eine HBL verzichtet werden kann (siehe Unterabschnitt 4.4). Durch die drei benannten Festlegungen reduziert sich die Anzahl der möglichen technischen Varianten auf 37, die in Tabelle 6.1 dargestellt sind. Nummer eins stellt die Basisvariante dar. Die Klammern um die „x“ zeigen an, dass die jeweilige Funktion gemäß der obigen Festlegungen durch die Wahl einer anderen Funktion automatisch mit dabei ist. Auf die grauen Hinterlegungen wird im Folgenden eingegangen. Da diese Zahl immer noch bei weitem zu hoch ist, müssen weitere Festlegungen getroffen werden. Zu den ersten drei Festlegungen, die mit technischen Abhängigkeiten gut begründet werden konnten, kommen daher weitere hinzu, deren Charakter weniger zwingend ist: • Wenn eine automatische Bremsprobe (12) vorhanden ist, sollte auch der Zustand der Kupplung automatisch kontrolliert werden (2). Durch diesen Punkt reduziert sich die Anzahl der möglichen Varianten um weitere sechs (in Tabelle 6.1 hellgrau hinterlegt). Begründbar ist diese Festlegung damit, dass sich der ersparte Zeitaufwand durch eine automatische Bremsprobe dadurch wieder reduzieren kann, wenn trotzdem am Zug entlang gegangen werden muss, um den Zustand der Kupplungen zu überprüfen. Im Einzelfall ist dies aber davon abhängig, ob und in welcher Form eine WU stattfinden muss, bei der unabhängig von Automatisierungen bei der Bremsprobe und der Kupplungszustands-Überprüfung am Zug entlang gegangen werden muss. Weitere elf Varianten (in Tabelle 6.1 dunkelgrau hinterlegt) entfallen durch die folgende Festlegung: • Wenn ferngesteuertes Abkuppeln (3) möglich ist, soll auch eine ep-Bremse (11) und eine automatische Bremsprobe (12) vorhanden sein. Die Knüpfung der automatische Bremsprobe an das ferngesteuerte Abkuppeln kann dabei noch damit begründet werden, dass die eingesparte Zeit durch das automatische 3 4 x x 23 (3) Ferng. Entkuppeln (11) ep-Bremse x x x (12) autom. BP (2) Zustandskontrolle (7) Energieleitung (x) (x) x x (x) x 24 (x) x 25 (x) x x 26 (x) (x) x x 27 x (x) x x x x x x x (x) x 28 x (x) x (x) x 29 x (x) (x) x x x (x) x 13 14 (6) Zugbus x x x x 11 12 (5) HBL 22 x 9 10 (x) x x 7 8 (x) (x) (x) x 5 6 Nummer (6) Zugbus x (x) 21 1 2 (12) autom. BP (11) ep-Bremse (3) Ferng. Entkuppeln (2) Zustandskontrolle (7) Energieleitung 123 20 (5) HBL Nummer Definition der Alternativen x x 30 (x) x x (x) x x 31 (x) x (x) x x x (x) x x (x) x 15 (x) x 32 x (x) (x) (x) x 33 (x) x (x) x x x x x x (x) x (x) x 34 (x) (x) x (x) x 35 (x) (x) x x 36 (x) (x) (x) x x x x 37 (x) (x) (x) x x x 16 x (x) 17 (x) (x) 18 (x) (x) 19 (x) (x) x x x x x Tabelle 6.1: 37 mögliche Systemvarianten Kuppeln – und dabei insbesondere die Zeiteinsparung durch den entfallenden Fußweg zur Kuppelstelle – dadurch wieder reduziert werden kann, wenn weiterhin zu den abgekuppelten Wagen gegangen werden muss, um diese gegen Wegrollen zu sichern. Insofern ist es für viele Fälle sinnvoll, die Fahrzeuge mit vollautomatischer Kupplung auch mit einem System für eine zumindest zeitweise Festbremsung über Entlüften der HL auszurüsten.3 Diese Entlüftung könnte direkt am Kupplungskopf an der Trennstelle erfolgen. Die Fähigkeit des automatischen Öffnens und Schließens der Luftabsperrhähne ist sowieso als eine Funktion einer vollautomatischen MPK mit automatischer Entkupplung zu sehen. Bei einem derartigen Festbremsungs-System hilft die Technik der automatischen Bremsprobe, den sicheren festgebremsten Zustand zu überprüfen. Für die zusätzliche Integration der ep-Bremse kann keine betriebliche Begründung geliefert werden. Da jedoch mit ferngesteuertem Abkuppeln und automatischer BP 3 „Wenn das Abstellen der Fahrzeuge nur bis zu 60 Minuten dauert, darf eine Hand- oder Feststellbremse durch drei wirkende Druckluftbremsen ersetzt werden.“ [Homeyer u. a. 2000, S. 168] Definition der Alternativen 124 schon ein sehr hoch gerüstetes Fahrzeug vorliegt und zudem ein Eingriff in das konventionelle Bremssystem stattgefunden hat, wird der Schritt zu einer zusätzlichen Integration der ep-Bremse als nicht allzu groß angesehen. Faktisch werden so im Sinne der notwendigen Reduktion der Varianten ab einem bestimmten Grad der Komplexität des neuen Systems alle neuen Funktionen in einer Maximal-Variante zusammengefasst. Mit den getroffenen Festlegungen konnte die Anzahl der Varianten inzwischen von 128 auf 20 reduziert werden. Da diese Zahl weiterhin zu hoch ist und die Festlegungen bereits hinsichtlich ihres Beliebigkeitsgrads zunehmen, muss eine weitere Strategie hinzugenommen werden. Reduktion der Variantenanzahl durch Optionen Die Bildung von Optionen stellt im Wesentlichen einen Trick dar, um die Variantenanzahl durch Zusammenführung mehrerer Varianten zu reduzieren. Dabei werden jedoch nicht mehrere Varianten einfach zusammengelegt, sondern aus den zusammenzuführenden Varianten wird eine Variante ausgewählt und die zusätzlichen Funktionen der anderen Varianten werden als Optionen hinzugefügt. Die Bewertung dieser neuen Varianten erfolgt dann für jedes potentielle Einsatzfeld unter Hinzunahme der Optionen, die als sinnvoll für das jeweilige potentielle Einsatzfeld angesehen werden. Folgende zwei Funktionen werden zu Optionen erklärt: • Automatisches Kuppeln der HBL (5): Im Fall von Varianten unter Einbindung der ep-Bremse (11) kann diese Option zu einer „Zwangsoption“ werden.4 In den meisten weiteren anzunehmenden Fällen stellt die HBL eine Versorgungsleitung für spezielle Fahrzeugeinrichtungen dar, die der Be- oder Entladung dienen und in vielen Fällen heute schon im Einsatz und weitestgehend unabhängig vom Kupplungssystem sind. Die Einbindung einer HBL, die keinen zusätzlichen manuellen Kupplungsaufwand bedeutet, mag jedoch in einzelnen potentiellen Einsatzfeldern darauf aufbauende Funktionen interessant werden lassen. • Automatisches Kuppeln einer Elektroleitung für größere Verbraucher (7): Ebenso wie die HBL dient diese in den meisten anzunehmenden Fällen der Energieversorgung ladegutspezifischer Fahrzeugeinrichtungen zur Be- oder Entladung oder sonstiger Funktionen (z. B. Temperaturführung) und nicht für Systemfunktionen aus eisenbahnfahrzeugtechnischer oder eisenbahnbetrieblicher Sicht. Hinzugenommen wird an dieser Stelle eine weitere Option, auf die bislang noch gar nicht eingegangen wurde. Bei Kesselwagen für flüssige Stoffe und Gase (sowie Batteriewagen) sind seit einigen Jahren laut der europäischen Gefahrgutverordnung RID sogenannte Crashpuffer Pflicht, die gegenüber konventionellen Puffern im Falle des Zusammenstoßes zweier Fahrzeuge eine größere Energiemenge verzehren können [Schneider & Mawick 2011, S. 21] [RID 2007, S. 6-8.26]. Nach Angabe des Herstellers der C-AKv 4 Bei Einführung einer elektrischen Bremsansteuerung in Analogie zur DB- oder zur UIC-ep-Bremse ist eine HBL notwendig, bei einer Zugbus-basierten Bremsansteuerung nicht, siehe Unterkapitel 4.4. Definition der Alternativen 125 ist die Integration derartiger Crashelemente in die Aufhängung einer aMPK am Wagenkasten technisch zu realisieren [Faiveley 2008-2010, Interview]. Bei der zusätzlichen Option handelt es sich somit um eine Crash-Funktion analog zu den Crashpuffern bei der SK.5 Eine Übersicht der verbleibenden Varianten samt der Optionen findet sich in Tabelle 6.2. Die Option HBL ist bei den technischen Varianten mit ep-Bremse mit „(x)“ gekennzeichnet, da sie – wie bereits erwähnt – je nach Ausführung der elektrisch angesteuerten Bremse zu einer zwingenden Option für diese technischen Varianten werden kann. Alle weiteren Optionen sind mit einem „o“ gekennzeichnet. Basisversion 3 II Zugbus-Variante x 9 III Zustandskontroll-Variante x 17 IV ep-Variante x 25 V BP-Variante x x 35 VI Brems-Opt-Variante x x 36 VII Maximal-Variante x x o o o o o o o (x) o o x o o o x x (x) o o x x (x) o o (12) autom. BP o (11) ep-Bremse o (6) Zugbus (-) Crash-Elemente I (7) Energieleitung 1 Optionen (5) HBL Variantenname (3) Ferng. Entkuppeln neue Nummerierung (2) Zustandskontrolle Funktionen alte Nummerierung1 Bezeichnung x x x 1) gemäß Tabelle 6.1 Tabelle 6.2: Technische Varianten und Optionen für die Bewertung Bevor sich mit den potentiellen Einsatzfeldern beschäftigt wird, soll noch kurz der Zusammenhang der technischen Varianten mit den in den Tabellen 3.11 und 3.12 dargestellten Prozessen bei den Kupplungsvorgängen hergestellt werden. Bezüglich der Vorgänge beim An- und Abkuppeln entsprechen die Basisversion, die Zugbus- und die ep-Variante der halbautomatischen MPK, während einzig die Maximal-Variante der vollautomatischen MPK entspricht. Die weiteren Varianten mit Zustandskontrolle (Zustandskontroll-, BP und Brems-Opt-Variante) entsprechen hinsichtlich des Ankuppelns für Rangierfahrten ohne Kupplung der Bremsluftleitung der vollautomatischen MPK. Soll die Verbindung der Bremsluftleitung hergestellt werden, wird der Schritt 5 Die Fahrzeuge sollten dann zusätzlich über Crash-Seitenpuffer verfügen, da, selbst wenn der Regeleinsatz keine Berührungspunkte mit AK-Wagen vorsieht, ein ungewolltes Zusammentreffen mit AKWagen aller Voraussicht nach nicht sicher ausgeschlossen werden kann und bei einem Zusammenprall mit diesen Wagen ein ausschließliches Crash-Element in der aMPK keinen Nutzen bringt. Dieser Sachverhalt zeigt im umgekehrten Fall jedoch auch auf, dass AK-Wagen immer mit zumindest konventionellen Seitenpuffern ausgerüstet sein sollten, solange nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Wagen mit AK-Wagen in Kontakt kommen können, die Aufgrund eines gefährlichen Transportguts mit Crashpuffern ausgerüstet sind. Definition der Alternativen 126 des Öffnens der Absperrhähne und damit auch das Gehen zur und das Verlassen der Kuppelstelle notwendig. Bezüglich des Abkuppelns verhalten sich diese Varianten in allen Fällen wie die halbautomatische MPK. 6.2 Definition potentieller Einsatzfelder Es erfolgt im vorliegenden Unterkapitel zunächst die Auswahl der zu betrachtenden Marktbereiche in Abschnitt 6.2.1. Dabei wird explizit auf das Fehlen einer allgemeinen Marktsegmentierung und ihre Folgen für die vorliegende Arbeit eingegangen. Es folgt in den Abschnitten 6.2.2 bis 6.2.5 die eigentliche Definition der zu untersuchenden potentiellen Einsatzfelder auf Basis der zuvor ausgewählten Marktbereiche. 6.2.1 Auswahl der zu betrachtenden Marktbereiche unter dem Problem einer fehlenden Marktsegmentierung Eine methodisch ausführliche Auswahl der zu untersuchenden Einsatzfelder setzt eine Marktsegmentierung voraus, die einerseits den gesamten Markt lückenlos abdeckt und andererseits die logistischen und technischen Anforderungen in Abhängigkeit des Transportguts berücksichtigt. Aus dieser können dann begründet einzelne Segmente oder Segmentgruppen ausgewählt werden, die direkt oder nach zweckmäßigen Modifikationen bezüglich der exakten Abgrenzung o. ä. die zu untersuchenden potentiellen Einsatzfelder abbilden. Es gibt jedoch keine standardisierte und allgemein anerkannte Segmentierung des Güterverkehrsmarkts, auf die für diesen Zweck zurückgegriffen werden kann.6 Eine Möglichkeit wäre es daher, sich auf Segmentierungen aus der Verkehrsstatistik zu stützen. Diese haben jedoch den Nachteil, dass sie „nicht die Ähnlichkeit der einzelnen Güter mit Hinblick auf den Transport“ [Schmidt & Kille 2008, S. 63] berücksichtigen.7 Zur Umgehung des Problems könnten aus dem eigenen Erfahrungsschatz, gestützt durch Experteninterviews, Bereiche benannt werden, bei denen eine Einführung bzw. zumindest die Untersuchung der Einführung besonders zweckmäßig erscheint. Diese Methode hätte jedoch den gravierenden Nachteil, dass jede Nachvollziehbarkeit dahingehend fehlen würde, ob die Betrachtung anderer Bereiche nicht zweckmäßiger gewesen wäre. Das Fehlen einer gängigen und für den vorliegenden Fall passenden Segmentierung in der Verkehrsstatistik sowie der wissenschaftlichen Literatur und die Unzulänglichkeit der freien Auswahl bezüglich der Nachvollziehbarkeit führt daher zu dem pragmatischen 6 Siehe zum Fehlen einer solchen Standard-Segmentierung des Güterverkehrs- bzw. Logistikmarkts beispielsweise Hofmann & Wessely [2009, S. 424] sowie Wiss. Beirat des BMVBS [2007]. 7 Schmidt & Kille [2008] beziehen sich in ihrer Aussage auf eine Aufteilung gemäß des Güterverzeichnisses für die Verkehrsstatistik, Ausgabe 1969. Sie ist jedoch für andere Segmentierungen der Verkehrsstatistik (z. B. NST-2007 oder der Güterbereiche gemäß des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW)) analog zu verstehen. Schmidt & Kille [2008] schlagen eine Aufteilung in 18 Gruppen vor, die die „Logistikähnlichkeit der Güter des Gütertransports“ [Schmidt & Kille 2008, S. 63] berücksichtigt (Tabelle B.2 in Anhang B.3). Für den vorliegenden Fall ist diese Aufteilung aufgrund mehrerer Gruppen ohne Relevanz für den SGV jedoch ebenfalls nicht zielführend. Definition der Alternativen 127 Ansatz, die Segmentierung der Vertriebsstruktur der DB Schenker Rail Deutschland AG heranzuziehen. Als Nachfolgeunternehmen des ehemaligen Bahn-Monopolisten, der Deutschen Bundesbahn, bedient dieses Güter-EVU alle Marktsegmente, während sich die privaten Wettbewerber vielfach auf einzelne Bereiche konzentrieren.8 Die Vertriebsstruktur des Unternehmens gestaltet sich wie folgt [DB Schenker Rail]: • Montan (Stahl, Kohle, Erze, Schrott, Nichteisenmetalle) • Baustoffe/Industriegüter (Baustoffe, Entsorgung, Kalk/Gips/Slurry, Industrie/Konsumgüter, Pulp & Paper, Agrar sowie Holz) • Chemie/Mineralöl (inkl. Düngemittel) • Automotive • Intermodal Es ist auf diese Weise zunächst eine Aufteilung des Gesamtmarkts gegeben, die mit nur fünf Bereichen jedoch sehr grob ist. Um als potentielle Einsatzfelder im Sinne dieser Arbeit fungieren zu können, müssen diese eine feinere Ein- und Abgrenzung erfahren, wozu nun doch auf den eigenen Erfahrungsschatz und auf eine Reihe von Interviews von Marktexperten und Fachleuten aus dem SGV-Bereich zurückgegriffen werden kann. Der verfolgte Ansatz stellt somit in gewisser Weise eine Kombination der Methoden der Auswahl aus einer gegeben und umfänglichen (d. h. mit großer Sicherheit den ganzen Markt umfassenden) Segmentierung und der freien Auswahl aufgrund von Expertenwissen dar. In einer recht ähnlichen Aufteilung zur Marktaufteilulng von DB Schenker Rail gibt Abbildung 6.1 die Bedeutung der einzelnen Segmente für den deutschen Gesamtmarkt anhand des Umsatzes wieder. Zum Vergleich mit der soeben dargestellten VertriebsSegmentierung von DB Schenker Rail sind die Segmente Baustoffe, Entsorgung sowie Land-/Forstwirtschaft/Papier und „andere Güter“ zu Baustoffe/Industriegüter zusammenzufassen. Die Bedeutung der Segmente gemessen an der Transportleistung zeigt Abbildung 6.2 für die Jahre 2004, 2009 und als Prognose für 2025. Hierzu wurden die zehn Güterabteilungen der Verkehrsstatistik den fünf Segmenten zugeordnet.9 Da sich die Segmente Automotive und Intermodal beide aus der Güterabteilung „Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren“ speisen, sind sie zusammengefasst dargestellt. Das große prognostizierte Wachstum in diesem Segment ist den Halb- und Fertigwaren zuzuschreiben [ITP/BVU 2007, S. 230]. 8 Vgl. hierzu beispielsweise die jeweiligen Angebotsportfolios der nicht zum DB-Konzern gehörenden Güter-EVU. 9 Feste Brennstoffe (2), Erze und Metallabfälle (4) sowie Eisen, Stahl und NE-Metalle (5) zu Montan; Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse (0), Nahrungs- und Futtermittel (1) sowie Steine und Erden (6) zu Baustoffe/Industriegüter; Erdöl, Mineralölerzeugnisse (3), Düngemittel (7) sowie chemische Erzeugnisse (8) zu Chemie/Mineralöl; Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren (9) zu Automotive/Intermodal (in Klammern: Nummer der Güterabteilung). Siehe zur Zuordnung der Güterabteilung 9 zu Intermodal ITP/BVU [2007 S. 229]. Definition der Alternativen 128 Abbildung 6.1: Umsatzverteilung im SGV nach Marktsegmenten, basierend auf einer Befragung unter 82 EVU und Bahnspeditionen Anfang 2007 (eigene Darstellung gemäß Goldhammer [2007, S. 1110]) Abbildung 6.2: Transportleistung nach Marktsegmenten sowie Anteil des SGV am Gesamtmarkt im jeweiligen Segment(Werte in Klammern) (eigene Zusammenfassung und Darstellung mit Werten aus ITP/BVU [2007, S. 230] für 2004 und 2025 und Destatis [o. J. a] für 2009) Für die weitere Analyse werden aus diesen fünf Segmenten die Segmente Montan, Chemie/Mineralöl, Automotive und Intermodal ausgewählt. Der Bereich Baustoffe/Industriegüter ist, wie die Zuordnung der verschiedenen Untergruppen von Baustoffen bis zu Papier zeigt, zu inhomogen für die angestrebten Betrachtungen. In den folgenden Abschnitten werden die ausgewählten potentiellen Einsatzfelder ausführlicher dargestellt. Es erfolgt jeweils nach Angabe der Quellengrundlage zunächst eine genauere Eingrenzung der betrachteten Marktsegmente, was sozusagen den Übergang vom Marktsegment bzw. der Branche zum potentiellen Einsatzfeld ausmacht. Diese Eingrenzungen basieren in vielen Fällen auf einer Reihe von Experteninterviews10 . Hintergrund für eine weitere Eingrenzung kann dabei z. B. sein, dass das gesamte Seg10 Siehe zum Bereich Montan z. B. Brockel [2009, Interview], Fleischmann [2009, Interview], Prätorius [2009, Interview], Redeker, Lohr [2009, Interview]; zum Bereich Chemie/Mineralöl z. B. BASF [2009, Interview], Gasser [2009, Interview], Marg [2011, Interview], Munder [2009, Interview], Zoch [2010, Interview], zum Bereich Automotive z. B. BLG [2009, Interview], Kumm [2009, Interview], DB Schenker Rail [2008-2010, Interview], Gasser [2009, Interview], von Steimker [2009, Interview] Definition der Alternativen 129 ment für die Darstellung und Bewertung zu umfangreich ist sowie dass einzelne Teilbereiche der jeweiligen Segmente als wesentlich weniger aussichtsreich in Bezug auf die Einführung einer aMPK anzusehen sind als andere. Auf die eingegrenzten Bereiche bezieht sich die anschließende umfassende Darstellung, bei der zum Teil auf Fallbeispiele zurückgegriffen wird. Am Ende eines jeden Abschnitts folgt schließlich eine Szenarienbildung, bei der die potentiellen Einsatzfelder für die Bewertung noch stärker eingegrenzt werden, sowie die noch offene Gewichtung der Kriterien des Kundenvorteils. 6.2.2 Montan Zur Informationsrecherche zum Montanbereich wurden persönliche Interviews mit Mitarbeitern und Führungskräften von Eisenbahnbetrieben an den großen Stahlstandorten in Deutschland geführt. Betrachtet werden somit Eisenbahnverkehre der Stahlhersteller ThyssenKrupp Steel Europe AG (TKS) in Duisburg über deren Tochtergesellschaft Eisenbahn und Häfen GmbH11 , Verkehre der Salzgitter AG in Salzgitter über deren Tochtergesellschaft Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter GmbH sowie Verkehre der ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH in Eisenhüttenstadt über deren Tochtergesellschaft EKO Transportgesellschaft mbH12 . Weiterhin fand ein Gespräch mit der Leitung des Flottenmanagements Montan der DB Schenker Rail Deutschland AG im Kundenservicezentrum in Duisburg statt. Die folgenden Darstellungen zur Branche Montan beruhen somit auf den gemachten Interviews und den zitierten Literaturquellen. Ein Anspruch auf Allgemeingültigkeit, die alle Akteure in den benannten Bereichen mit einbezieht, wird nicht erhoben. Eingrenzung Hauptgüter im Empfang von Stahlwerken sind als Rohstoffe Kohle und Koks, Erz sowie Stahlschrott. Im Warenausgang der Stahlwerke finden sich, inklusive der Zwischenwerksverkehre, überwiegend Stahlhalbzeuge wie Brammen sowie als Endprodukte der Stahlindustrie u. a. Bandstahl, Stahlrohre, Stabstahl sowie Walzdraht. Hinzu kommen Transporte von verschiedenen Zuschlagstoffen für die Stahlproduktion sowie von Hüttensand, der bei der Roheisenproduktion anfällt. Abbildung 6.3 zeigt eine Mengenverteilung der einzelnen Güterarten der Stahlindustrie und den jeweiligen Modal Split. [Ameling 2006, S. 20] [WV Stahl 2009b, S. 2] [Brockel 2009, Interview] Ausgehend von den durchgeführten Interviews13 erfolgt eine Eingrenzung der ausführlichen Betrachtungen und der Aufnahme in die Nutzwertbetrachtung auf den Transport von Stahlbrammen und -coils. Die großen Bereiche der Erz- und Brennstoffverkehre (Kohle und Koks) werden nicht betrachtet, da in diesen Bereichen bereits aMPK im 11 Die Eisenbahn und Häfen GmbH wurde im Juni 2011 mit der ThyssenKrupp Steel Europe AG verschmolzen [TKS 2011]. 12 Seit März 2011 ArcelorMittal Eisenhüttenstadt Transport GmbH [AMEH TRANS o. J.] 13 Siehe z. B. Redeker & Lohr [2009, Interview], Brockel [2009, Interview], Fleischmann [2009, Interview], Prätorius [2009, Interview], Harder [2009/2010, Interview]. Definition der Alternativen 130 Abbildung 6.3: Transportvolumen der Stahlindustrie in Deutschland nach Güterarten (in Mio. t) [WV Stahl 2009b, S. 2] Einsatz sind (siehe Seite 32 und Seite 36).14 Ebenso ausgeklammert werden Schrottverkehre, da diese mit wenigen Ausnahmen über den EWV laufen [Redeker & Lohr 2009, Interview] [Niederhofer 2005] [Railways 2009b]. Auch kleinteiligere Verkehre mit verhältnismäßig geringem Aufkommen wie der Transport von Zuschlagstoffen und Hüttensand, die in Abbildung 6.3 unter „Sonstige“ zusammengefasst sind, werden nicht betrachtet.15 Gemessen an der Transportleistung im Bereich Montan gemäß Abbildung 6.2 kommen die betrachteten Bereiche auf einen Anteil von annähernd 20 Prozent (Güterhauptgruppen Stahlhalbzeug und Stahlblech, Bandstahl)16 , gemessen an der GesamtTransportleistung der Bahn über alle Güterabteilungen sind es rund fünf Prozent.17 Darstellung von Brammentransporten Brammen sind kompakte Rohstahlblöcke, wie sie als Produkt des Gießprozesses in Stahlwerken entstehen (Abbildung 6.4). Sie dienen als Vormaterial für die Erzeugung von Warmband (u. a.) in Walzwerken [TKS Glossar]. Transportiert werden sie mit der Bahn mit offenen Drehgestellflachwagen, die mit sechs Achsen eine Tragfähigkeit von bis zu 107 Tonnen haben [Brockel 2009, Interview]. Transporte von Brammen im Zwischenwerksverkehr finden sich vielfach im nationalen Kurzstreckenbereich. Beispiele sind der Dreiecksverkehr zwischen den TKSStandorten im Norden Duisburgs und in Bochum und den Werken der Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH (HKM) im Süden Duisburgs, zwischen denen abhängig von der Bestelllage, den Kapazitäten und der Stahlgüte ein „wilder Brammentausch“ [Brockel 2009, Interview] besteht, sowie der Verkehr vom Standort Salzgitter der Salzgitter 14 Bezüglich der Masse ist zudem bei den Brennstofftransporten die SK ausreichend, die Züge verkehren in aller Regel als Ganzzüge, die auch zur Be- und Entladung nicht getrennt werden, womit zwei wesentliche Vorteile der aMPK nicht greifen [Prätorius 2009, Interview] [Redeker & Lohr 2009, Interview]. 15 Transporte von Kalk und Sanden sind zudem gemäß der übernommenen Segmentierung von DB Schenker Rail dem Bereich Baustoffe/Industriegüter zugeordnet. 16 Allein die Brennstoffe und die Erze kommen hier auf einen Anteil von rund 50 Prozent. 17 Eigene Berechnungen auf Basis von Destatis [o. J. b], Angaben für 2009 Definition der Alternativen 131 Abbildung 6.4: Erkaltende Bramme im Stahlwerk [Stahl Online o. J.] AG (Salzgitter Flachstahl GmbH) zum Standort in Ilsenburg/Harz (Salzgitter Grobblech GmbH). [Brockel 2009, Interview] [Harder 2009/2010, Interview] [Salzgitter AG o. J.] Neben diesen Kurzstreckentransporten, die in Luftlinie unter 50 Kilometer liegen, finden jedoch auch internationale Brammentransporte statt, teils mit Startpunkten in Übersee. So produziert ThyssenKrupp seit 2010 in einem Hüttenwerk in Brasilien Brammen, die unter anderem in Walzwerken im Ruhrgebiet weiterverarbeitet werden. Der Transport ab dem Seehafen Rotterdam bis nach Duisburg erfolgt jedoch per Binnenschiff [TK 2010] [Cassing, Pohl & Steger, S. 81]. Auch die Werke der Salzgitter AG erhalten Brammen aus Übersee, wenn auch nur in Form von Spotverkehren. Distanzen mit der Bahn ab den Seehäfen Hamburg und Brake bis zu den Werken liegen im Bereich um 200 Kilometer [Harder 2009/2010, Interview]. Tatsächliche Ferntransporte mit der Bahn finden beispielsweise beim Arcelor-Mittal-Konzern statt. Diese stellen jedoch auch hier nicht den Regelfall dar, sondern werden z. B. im Fall des Herunterfahrens eines Hochofens zu Instandhaltungszwecken spontan eingerichtet. Über diese europaweiten Verkehre wird die Versorgungssicherheit der Walzwerke auch im benannten Fall aufrecht erhalten [Prätorius 2009, Interview]. Die Brammentransporte erfolgen überwiegend in Ganzzügen. Die Wagen gehören großenteils der DB AG, die aus einem Wagenpool heraus die Verkehre verschiedener Kunden bedient. Bei den Transporten der ArcerlorMittal kommt ein größerer Anteil von Wagen von CFL Cargo hinzu.18 Die Fahrzeuge werden demnach – aus Sicht der einzelnen Nutzer – regelmäßig durchgetauscht. Für die Zuführung der Leerwagen zu den Kunden wird der EWV genutzt. [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview] [Prätorius 2009, Interview] Als Spezialfall ist die Verbindung Salzgitter-Ilsenburg zu sehen. Die Gestellung der Wagen in Salzgitter erfolgt über den EWV. Nach Beladung mit Brammen fahren sie als Ganzzug nach Ilsenburg. Dort werden sie entladen und mit Grobblechen wieder beladen, bevor sie als ein Zug zurück nach Salzgitter fahren, wo der Zugverband aufgelöst wird und die beladenen Wagen über den EWV die Kunden der Bleche erreichen. [Harder 2009/2010, Interview] 18 CFL Cargo ist ein Joint Venture der Nationalen Luxemburgischen Eisenbahngesellschaft CFL (2/3) und von ArcelorMittal (1/3 der Anteile) [CFL o. J.]. Definition der Alternativen 132 Maßgeblich für die Zuglängen ist im Fall des Duisburg-Bochumer-Dreiecksverkehrs die vorhandene Infrastruktur zur Be- und Entladung. Auf den kurzen Strecken wird es nicht als erstrebenswert angesehen, längere Züge als derzeit zu fahren, da zum einen der Rangieraufwand für Zugteilungen an den Ladestellen und zum anderen bei den niedrigeren Zugfrequenzen bei längeren Zügen der Wagenbedarf steigen würde19 [Brockel 2009, Interview]. Beim Verkehr Salzgitter-Ilsenburg ist die Nutzlänge der Gleise im Bahnhof Ringelheim (280 Meter) maßgeblich, da die Züge dort Kopf machen müssen. Hinzu kommt eine Massenrestriktion wegen der Steigungen im Harz-Gebiet. Die Grenzlast liegt dort bei 2000 Tonnen, wobei die Traktionskraft in Doppeltraktion und nicht die Zughakengrenzlast maßgeblich ist [Harder 2009/2010, Interview]. Bei den über längere Strecken laufenden Brammenverkehren von ArcelorMittal Eisenhüttenstadt ist die maximale Zuglänge überwiegend durch die Streckenfahrt und nicht durch die Werkslogistik oder -infrastruktur vorgegeben. Maßgebend sind die Grenzlasten der jeweiligen Strecken [Prätorius 2009, Interview]. Darstellung von Coiltransporten Bei Coils handelt es sich um Bandstahlrollen, die bis zu 36 Tonnen schwer sein können [Bögli 2009, S. 34]. Sie sind nach Warmband und Kaltband zu unterscheiden. Warmband entsteht durch Warmwalzen aus Brammen. Kaltband wiederum entsteht durch Kaltwalzen aus Warmband. [Meyer 1988, S. 1f] Beim Bahntransport von Warmbandcoils kommen spezielle offene Drehgestellflachwagen für Coiltransporte mit Lademulden zum Einsatz (Gattung S). Da Kaltband im Gegensatz zu Warmband nässeempfindlich ist, werden hier geschlossene Wagen genutzt, die zusätzlich zu den Lademulden mit verschiebbaren Teleskophauben bzw. im Fall neuerer Fahrzeuge mit verschiebbarem Planenverdeck (Abbildung 6.5) ausgerüstet sind. [Brockel 2009, Interview] Im Gegensatz zum Transport der Brammen, der sich auf Relationen zwischen Stahlund Walzwerken konzentriert, sind die Coil-Transporte vielschichtiger. Warmband- und Kaltbandcoils werden von den Walzwerken zu den Endabnehmern, z. B. in der Automobilindustrie, der Energietechnik oder der Haushaltsgeräteindustrie, bzw. im Fall des Warmbandes auch von Warmwalz- zu Kaltwalzwerken transportiert [Meyer 1988, S. 1f]. Der Anteil internationaler Lieferverkehre ist dabei sehr hoch, die Empfänger der Bahntransporte finden sich in großen Teilen Europas [Fleischmann 2009, Interview]. Gerade beim Transport zu den Endabnehmern kommt vielfach der EWV zum Einsatz – so z. B. bei den Transporten von Coils und anderen Endprodukten ab den Werken von TKS, wodurch täglich rund 20 Einzelwagenzüge im Werksausgang zu finden sind [Railways 2009a, S. 20]. Gemessen über alle versendeten Endprodukte der Stahlindustrie in Deutschland ist jeder zweite ausgehende Wagen ein Einzelwagen [WV Stahl 2009a, S. 3]. Wie bei den Flachwagen für den Brammentransport werden die Wagen für Coils zu großen Teilen von den Nachfolgeunternehmen der Staatsbahnen, in Deutschland 19 Siehe hierzu auch Tabelle 4.2 in Unterkapitel 4.2 (Seite 69). Definition der Alternativen 133 Abbildung 6.5: Coilverladung auf einen Güterwagen mit offenem Planenverdeck (Foto: Deutsche Bahn AG/Michael Neuhaus) also DB Schenker Rail, gehalten. Aus getrennten Pools von offenen Wagen für Warmband und geschlossenen Wagen für Kaltband werden verschiedene Kunden bedient, die Wagen rotieren dabei zwischen den verschiedenen Kunden durch. [Redeker & Lohr 2009, Interview] [Brockel 2009, Interview] Als weitere Ähnlichkeit zu den Brammenverkehren sind bei Ganzzügen mit Warmband im Zwischenwerksverkehr die Transportdistanzen vielfach relativ kurz. So laufen die Hauptverbindungen von TKS in Duisburg nach Duisburg Süd (HKM), Dortmund, Bochum, Neuwied und Andernach, wobei die beiden letztgenannten mit je rund 130 Kilometern Luftlinie als einzige die bereits bei den Brammen genannte 50-KilometerLuftlinien-Grenze überschreiten. Insgesamt vereinigen sich auf diese Ziele rund 400 000 bis 500 000 Tonnen pro Monat. Die Zuglängen richten sich nach den Aufnahmekapazitäten der Ladestellen, wo die Notwendigkeit einer Zugteilung vermieden werden soll. Sie erreichen so 10-20 Wagen, die Zugmassen liegen bei bis zu 2 400 Bruttotonnen. Eine Ausnahme stellt die Verbindung nach Andernach da, wo Züge mit bis zu 30 Wagen und einer Zugmasse von bis zu 4 000 Bruttotonnen verkehren. Zur Entladung in Andernach werden die Züge zu Wagengruppen mit je zehn Wagen geteilt. [Redeker & Lohr 2009, Interview] [Brockel 2009, Interview] Betrieb in Werkbahnen der Stahlwerke Typisch für Werkbahnen der Stahlindustrie sind Gleisbereiche mit vielen Lade- und Umschlagstellen, in denen eine Reihe von zeit- und kostenaufwändigen Vorgängen zum Sammeln, Sortieren und Verteilen von Wagen oder Wagengruppen erfolgen [Redeker 2008, S. 6]. Definition der Alternativen 134 Szenarienbildung Das der Bewertung zu Grunde zu legende Szenario sieht eine Umrüstung der gesamten Pools für Brammen- und Coilwagen des in Deutschland größten und nach wie vor monopolartigen Halters für diese Wagengattungen, DB Schenker Rail, vor.20 Gewichtung der Kriterien des Kundenvorteils Bei den Transportprozessen der Stahlindustrie steht die Zuverlässigkeit an erster Stelle, um die Versorgung der Werke jederzeit zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Reaktionsfähigkeit z. B. auf unregelmäßige Produktionsrhythmen und sich ändernde Transportrelationen. Aufgrund der Anpassung an die komplexen Produktionsstrukturen der Stahlwerke und vielfach begrenzter Lager- und Umschlagkapazitäten ist die Fehlertoleranz der Versorgungstransporte der Stahlwerke gering, die Zeitfenster für die Anlieferung von Vor- und Zwischenprodukten sind eng und verlässlich einzuhalten. Analog sind die Produkte der Stahlindustrie produktionsrelevant für deren Kunden, womit auch hier die Zuverlässigkeitsanforderung hoch ist. [Kuhn, Würdemann & Weh 2005, S. 28] [Wilting 2008, S. 22] [WV Stahl 2009b, S. 3] [Ameling 2006, S. 21] Charakteristisch sind daneben große Transportvolumina und eine hohe Frachtkostenempfindlichkeit. Die Transportdauer ist hingegen sekundär. Teilweise wird der Transport von z. B. Brammen mit der Bahn auch als „rollendes Lager“ gesehen. [WV Stahl 2009b, S. 3] [Ameling 2006, S. 21] [Brockel 2009, Interview] [Prätorius 2009, Interview]. Es erfolgt somit eine Reduzierung der Bedeutung der Transportdauer von den allgemein festgelegten 25 Prozent auf zehn Prozent. Ebenso wird die Gewichtung der Ladungsanforderungen von zuvor 15 auf zehn Prozent reduziert, da vor allem bei Brammen von stark unterdurchschnittlichen Anforderungen auszugehen ist. Lediglich bei den Kaltbandcoils, die witterungsempfindlich sind, sind die Ladungsanforderungen etwas höher. Die freien Prozentpunkte werden der Zuverlässigkeit (plus 15 Punkte) und der Flexibilität (plus fünf Punkte) zugeschlagen. Mit einem Gewicht von dann 50 Prozent ist die herausragende Bedeutung der Zuverlässigkeit in der Stahlindustrie abgebildet. Es folgen die Flexibilität mit 30 Prozent und, wie soeben dargestellt, die Transportdauer und die Ladungsanforderungen mit jeweils zehn Prozent. 6.2.3 Chemie Die Informationen zur Branche Chemie basieren neben den zitierten Literaturquellen insbesondere auf einem zweiwöchigen Aufenthalt bei der BASF SE in Ludwigshafen. Im Rahmen dieses Aufenthalts beim weltgrößten Chemiewerk [Matthies 2011, S. 48] wurden neben Besichtigungen verschiedener Betriebsteile eine Reihe von Interviews mit Mitarbeitern der Bereiche Bahnbetrieb und Bahnlogistik von der Managementebene bis hin zum Kuppler am Ablaufberg geführt. Des Weiteren wurde der BASF-Standort 20 Auf Auswirkungen dieser Entscheidung wird kurz in der Methodenkritik in Unterkapitel 7.3 eingegangen. Definition der Alternativen 135 Schwarzheide besucht. Eine Besichtigung samt Interview fand zudem bei der Chemion Logistik GmbH im CHEMPARK Dormagen (ehemals „Bayerwerk“ der Bayer AG) statt. Chemion ist neben Dormagen an den CHEMPARK-Standorten in KrefeldUerdingen und Leverkusen für Logistik- und Transportaufgaben verantwortlich, so dass deren Verkehre durch das Interview mit erfasst wurden. Auf diese Weise konnten die großen deutschen Standorte der beiden größten deutschen Chemieunternehmen21 abgedeckt werden. Weiterhin fanden Gespräche mit Mitarbeitern des Marktbereichs Chemie/Mineralöl/Düngemittel der DB Schenker Rail Deutschland AG statt. Eingrenzung Gemäß der dargestellten Vertriebssegmentierung von DB Schenker Rail sind die Branchen Chemie (inkl. Düngemittel) und Mineralöl in einem Segment zusammengefasst. Bei den Chemieverkehren (ohne Düngemittel) dominieren flüssige, gasförmige oder verflüssigte Güter in Kesselwagen. Entsprechend des Bedarfs der großen Chemieunternehmen gibt es hier große Netzwerke von Werksverkehren, die sowohl mit Ganzzügen, im EWV und ganzzugartigen Zugsystemen abgewickelt werden. Innerhalb der großen Chemiestandorte werden die Züge vielfach als Einzelwagen oder kleine Wagengruppen einer großen Anzahl an Ladestellen zugeführt. Dies erfordert einen hohen Sortierund Zugbildungsaufwand sowie einen hohen Aufwand in der Wagendisposition. Diese Eigenheiten der Chemieindustrie sind in den folgenden Fallbeispielen zu sehen. Die chemischen Erzeugnisse haben einen Anteil von 43 Prozent von der Transportleistung im Segment Chemie/Mineralöl und neun Prozent an der Gesamt-Transportleistung der Bahn.22 Im Mineralölbereich ist die Eisenbahn in Form von Kesselwagen-Ganzzügen insbesondere bei der Versorgung von Großtanklagern relevant [MWV 1999, S. 7, S. 12]. Die Betreiber der Lager haben ihre Eisenbahninfrastruktur entsprechend den heutigen Zugdimensionen und ihren eigenen Anforderungen ausgelegt. Von einer Anpassungsbereitschaft für längere Kesselwagen-Ganzzüge als heute ist nicht auszugehen [Marg 2011, Interview]. Insofern ist der Bedarf an schwereren und längeren Zügen mittels einer aMPK sehr gering. Auch ein möglicher Mehrwert durch andere aMPK-basierte Innovationen ist in diesem Bereich als nicht besonders hoch einzuschätzen [Marg 2011, Interview] [Gasser 2009, Interview]. Obwohl die Mineralölverkehre mit 50 Prozent einen höheren Anteil an der Transportleistung im Segment Chemie/Mineralöl als die chemischen Erzeugnisse ausmachen, werden sie aufgrund des geringer einzuschätzenden Nutzens einer aMPK nicht weiter betrachtet.23 Im Bereich Düngemittel deckt die DB AG nahezu den gesamten Markt ab, da fast ausschließlich sie über entsprechende Wagen der Gattung T verfügt. Neben einzelnen Schwerpunktverkehren (z. B. Kali-Verkehre zum Kalikai in Hamburg) handelt es sich 21 Bei der BASF SE und der Bayer AG handelt es sich um das größte und das viertgrößte Chemieunternehmen weltweit (nach Umsatz 2009) [Handelsblatt 2010]. 22 Eigene Berechnungen auf Basis von Destatis [o. J. b], Angaben für 2009 23 Eigene Berechnungen auf Basis von Destatis [o. J. b], Angaben für 2009 Definition der Alternativen 136 um recht vielfältige, heterogene Verkehre, bei denen die universelle Verwendbarkeit der Wagen für einen Wagenaustausch zwischen den einzelnen Verkehren sehr wichtig ist. Es verkehren zum überwiegenden Teil Ganzzüge. Die Zugdimensionen richten sich wesentlich nach den Be- und Entlademöglichkeiten und können mit derzeitiger Technik abgedeckt werden. Alle Verkehre, d. h. auch die Schwerpunktverkehre, unterliegen starken jahreszeitlichen Aufkommensschwankungen, wodurch sich lange Standzeiten der Wagenflotten ergeben. Auf den Einsatz robuster und möglichst einfacher Wagentechnik wird seitens aller Beteiligten besonderer Wert gelegt. Obwohl die Schwerpunktverkehre stark von anderen Verkehren abgegrenzt sind und damit für Insellösungen mit aMPK in Frage kommen, wird hier ein geringerer möglicher Nutzen als bei den Chemieverkehren mit Kesselwagen erwartet. [Zoch 2009, Interview]. Mit einem Anteil von 6,5 Prozent am Segment Chemie/Mineralöl und 1,4 Prozent an der Gesamt-Transportleistung der Bahn ist die Bedeutung der Düngemittel-Verkehre zudem wesentlich geringer.24 Es erfolgt somit eine Eingrenzung auf Chemieverkehre flüssiger, gasförmiger oder verflüssigter Güter in Kesselwagen. Generelle Struktur der Chemietransporte Die Chemieindustrie hat seit Beginn der 1990er Jahre, ausgelöst durch Marktöffnungen in z. B. Osteuropa und China und einen verstärkten weltweiten Wettbewerb, eine starke Neustrukturierung erfahren. Im Zuge dieses Umbruchs entstand aus ehemals geschlossenen Werksstandorten in Deutschland eine Reihe von sogenannten Chemieparks, bei denen es sich um zusammenhängende Areale handelt, auf denen mehrere Unternehmen der Chemiebranche tätig sind. In den Chemieparks können sich „die produzierenden Unternehmen voll auf die Herstellung chemischer Erzeugnisse konzentrieren [. . . ], während andere die für einen reibungslosen Ablauf der Produktion notwendigen Unterstützungsleistungen erbringen“ [Grap & Milnikel 2011, S. 12]. Eine der typischen Standortdienstleistungen ist die Logistik. Die Zahl der Chemieparks in Deutschland liegt mittlerweile bei über 40. [Grap & Milnikel 2011, S. 12f] [Grigat 2011, S. 113f] „Die chemische Industrie ist ihr eigener bester Kunde“ [Koppelmann 2001, S. 226]. So war im Jahr 2007 die chemisch-pharmazeutische Industrie mit einem Absatzanteil von 58,5 Prozent, gemessen am Warenwert, ihr eigener größter inländischer Produktabnehmer. Es folgen der private und staatliche Konsum (14,2 Prozent) und verschiedene Industriezweige, so z. B. an dritter Stelle die Gummi- und Kunststoffindustrie mit fünf Prozent und an sechster Stelle der Fahrzeugbau mit 2,2 Prozent [VCI 2011, S. 49]. Hintergrund für den hohen Anteil des Produktaustauschs innerhalb der Branche ist die Verbund- und Kuppelproduktion25 , die zu einer Reihe von Vor- und Zwischenprodukten führt [Koppelmann 2001, S. 226]. Produkte oder Nebenprodukte eines Produktionsbetriebs werden oft in einem anderen weiterverarbeitet. Es resultieren daraus eine Reihe 24 Eigene Berechnungen auf Basis von Destatis [o. J. b], Angaben für 2009 „Unter Kuppelproduktion versteht man die material- oder verfahrensmäßig aus einem einzigen, gemeinsamen Produktionsprozess zwangsläufig miteinander verbundene Herstellung von zwei oder mehreren Gütern.“ [Brudermüller & Langguth 2001, S. 288] 25 Definition der Alternativen 137 von Transportprozessen zwischen verschiedenen Produktionsbetrieben innerhalb der einzelnen Chemieparks oder Chemiewerke, bei flüssigen Gütern häufig mit Pipelines abgewickelt, sowie zwischen den einzelnen Chemiepark- oder Werksstandorten [BASF 2009, Interview]. Zu beachten ist, dass Werkverkehre zwischen zwei Standorten eines Chemieunternehmens – sei es innerhalb eines Werks bzw. Chemieparks oder über größere Distanzen – nicht in den soeben genannten Werten auftauchen. „Für den Binnenlandtransport großer Mengen von Flüssigprodukten sind Schiene oder Wasserweg die üblichen Transportwege“ [Matthies 2011, S. 30]. Beim Bahntransport sind die Transportmengen jedoch vielfach nicht für den Einsatz von Ganzzügen ausreichend, so dass die für diese Güter eingesetzten Kesselwagen (Abbildung 6.6) vielfach einzeln oder in Wagengruppen verkehren [LCP 2007]. So nutzt auch das Branchenprodukt für die Chemieindustrie der DB Schenker Rail Deutschland AG, „DB SCHENKERchem-solution“, das unternehmenseigene Einzelwagenverkehrssystem. Jedoch kommt hier eine spezielle Wagenlaufüberwachung zum Einsatz, um die von den Kunden geforderte Pünktlichkeit und Servicequalität zu erfüllen. Lediglich rund ein Viertel der Chemietransporte über DB Schenker Rail erfolgen durch Ganzzüge. [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview] Im Folgenden soll anhand eines ausführlichen und eines kurzgehaltenen Fallbeispiels dargestellt werden, wie die Transporte zwischen den Chemiestandorten mit speziellen Zugsystemen unter Einbindung verschiedener EVU alternativ zur (ausschließlichen) Nutzung des EWV abgewickelt werden. Abbildung 6.6: Kesselwagen des Waggonvermieters Wascosa AG [Wascosa o. J.] Fallbeispiel des Bahnverkehrs des BASF-Standorts Ludwigshafen Alle Informationen zum Fallbeispiel des Bahnverkehrs des BASF-Standorts Ludwigshafen basieren auf oben genannter Erhebung aus dem Jahr 2009, d. h. einer Reihe von Gesprächen mit Mitarbeitern vor Ort26 , eigenen Beobachtungen und von der BASF SE zur Verfügung gestellten Unterlagen. Lediglich davon abweichende Quellen werden im Folgenden angegeben. Sofern Änderungen gegenüber dem Erhebungszeitpunkt bekannt sind, werden diese in Form kurzer Fußnoten angemerkt. Als für die Bewertung relevant werden diese Änderungen allesamt nicht gesehen. 26 Siehe BASF [2009, Interview]. Definition der Alternativen 138 Das Chemiewerk in Ludwigshafen ist, wie oben bereits dargestellt, der größte Verbundstandort weltweit. Er verfügt über mehr als 200 Produktionsbetriebe [Railways 2010a, S. 10]. Die Bahnanlagen im Werk umfassen eine Gleislänge von 213 Kilometern mit ca. 800 Weichen. 297 Ladestellen verteilen sich auf 40 Werkstraßen, hinzu kommt ein zentraler Werksbahnhof mit Ablaufanlage mit kombinierter Ein- und Ausfahrgruppe und weiteren Gleisen der Bahnhofshinterstellung. Auf dem Werksgelände befindet sich mit dem Kombiterminal Ludwigshafen weiterhin ein KV-Terminal, das auch anderen Unternehmen offen steht. Der Rangierbetrieb erfolgt durch 17 Diesellokomotiven und 11 Zweiwegefahrzeuge, mit denen täglich rund 850 Güterwagen rangiert werden. 64 ein- und ausgehende Züge verzeichnet das Werk pro Tag, darunter 34 KV-Züge für das Kombiterminal. Am Güterein- und Ausgang im Jahr 2007 von 15,8 Mio. Tonnen hatte die konventionelle Bahn (ohne KV), auf die sich bei den folgenden Darstellungen beschränkt wird, mit 2,8 Mio. Tonnen einen Anteil von 18 Prozent. Hinzu kommen 1,6 Mio. Tonnen im innerwerklichen Verkehr.27 Bei den konventionellen Bahnverkehren handelt es sich fast ausschließlich um Transporte flüssiger oder verflüssigter Güter in Chemie- oder Druckgaskesselwagen. Um Chemiekesselwagen für verschiedene Güter nutzen zu können, betreibt BASF auf dem Werksgelände eine eigene Kesselwagenreinigungsanlage. In der Regel wird jedoch bei Chemieverkehren mit der Bahn versucht, die Wagen möglichst für ein Transportgut einzusetzen, um den Aufwand für eine Reinigung zu umgehen. Neben den Kesselwagen kommen noch zu einem sehr geringen, jedoch zunehmenden Anteil Tankcontainer zum Einsatz, die samt Tragwagen den Ladestellen über die Werkbahn zugeführt werden. Abbildung 6.7 gibt eine Übersicht über regelmäßig bediente Zugverbindungen ab Ludwigshafen, zu denen folgend weitere Erläuterungen gegeben werden. Die Verbindung zwischen Ludwigshafen und Antwerpen wird fünf Mal in der Woche bedient.28 Frachtführer ist BASF, Traktionär zwischen Ludwigshafen und dem Grenzübergang Aachen (Deutschland) – Montzen (Belgien) ist die Rail4Chem Eisenbahnverkehrsgesellschaft mbH. Traktionär auf belgischer Seite ist die B-Cargo Group29 , die Güterverkehrssparte der ehemaligen belgischen Staatsbahn (SNCB Holding). Innerhalb des Werks in Antwerpen erfolgen die Wagenbewegungen wie im Werk Ludwigshafen durch die Werkbahn. In Richtung Ludwigshafen startet der Zug im Werk Antwerpen und wird zunächst durch B-Cargo bis zum 15 Kilometer entfernten Rangierbahnhof (Rbf)Antwerpen Nord gebracht. Dort werden weitere Wagen in den Zug eingestellt, die aus dem gesamten Einzelwagennetz von B-Cargo stammen können. Quelle vieler Wagen sind Lager von BASF Ludwigshafen und BASF Antwerpen, die sich im Einzugsgebiet des Rangierbahnhofs befinden. Neben Lieferungen für BASF werden auch Drittmengen30 in den Zug ein27 Siehe als öffentlich zugängliche Quelle der Zahlenangaben auch Bieker [2009, S. 5f]. Alle Angaben gelten jeweils für beide Richtungen. 29 nach Umstrukturierung SNCB Logistics genannt 30 Von Drittmengen wird gesprochen, wenn im Zug Wagen mitlaufen, bei denen weder die Quelle noch die Senke des Transports zu BASF gehören. BASF vermarktet die freien Kapazitäten in den Zügen, um insgesamt eine höhere Auslastung zu erzielen und somit die Transportkosten für die eigenen Transporte zu senken. 28 Definition der Alternativen 139 Abbildung 6.7: Zugsysteme des BASF-Standorts Ludwigshafen [Bieker 2009, S. 19] (eigene leichte Bearbeitung). Abkürzungen: DU - Duisburg, K - Köln, WO - Worms, WI - Wiesbaden, DA - Darmstadt, DPW-GER - Germersheim. gestellt. Vom Rbf Antwerpen Nord geht es ohne verkehrlichen Zwischenhalt bis zum Werk in Ludwigshafen. An der deutschen Grenze erfolgt ein betrieblicher Halt zum Umspannen auf die Lokomotive von Rail4Chem. Der Ablauf in umgekehrter Richtung erfolgt analog. Nach der Zugbildung im Werk Ludwigshafen verkehrt der Zug ohne verkehrlichen Zwischenhalt bis Antwerpen, mit Umspannen in Aachen/Montzen. Im Rbf Antwerpen Nord werden Wagen ausgestellt und über den EWV von B-Cargo verteilt. Der verbleibende Wagenzug wird in das Werk Antwerpen gebracht. Der Zug erreicht in beiden Richtungen eine hohe Auslastung, wobei in Richtung Ludwigshafen häufiger die Lastgrenze und in Richtung Antwerpen die Längengrenze relevant wird. Zur Bewältigung des Aufkommens wurden 2008 neben den regulären Zügen mehrere Sonderzüge gefahren.31 Die Verbindung von und nach Schwarzheide (Abgangs- bzw. Zielbahnhof Ruhland) wird sechs Mal in der Woche bedient. Die Traktion erfolgt auf der gesamten Strecke durch Rail4Chem. Frachtführer ist wie bei der Verbindung nach Antwerpen BASF selbst. In Großkorbetha erfolgt ein verkehrlicher Zwischenhalt, bei dem Wagengruppen (6-10 Wagen pro Zug) in beiden Richtungen aufgenommen und abgegeben werden. Der Halt erfolgt auf Infrastruktur der DB Netz AG im Bahnhof Großkorbetha, die Rangiertätigkeiten werden durch die Infraleuna GmbH ausgeführt. Von Ruhland aus 31 Seit März 2010 wird die Verbindung durch DB Schenker Rail zusammen mit B-Cargo, gesteuert durch DB Schenker Rail, bedient. Die Frequenz beträgt dabei und auch zuletzt vor dem Wechsel sechs reguläre Fahrten pro Woche. [Rail Business 2010a] [Rail Business 2010b] [Railways 2010a, S. 10] Definition der Alternativen 140 können die Transporte weiter Richtung Osten, z. B. nach Polen, geführt werden. Hierfür wird ab Ruhland unter anderem auf den EWV von DB Schenker Rail zurückgegriffen.32 Der Zug nach Basel fährt fünf Mal wöchentlich ab Ludwigshafen direkt bis zum Rangierbahnhof Basel SBB. Traktionär ist die SBB Cargo Deutschland GmbH, die Vermarktung erfolgt durch die ChemOil Logistics AG. Beide Unternehmen gehören zur Schweizer SBB Cargo AG. In Basel wird der Zug zerlegt und die Wagen gehen in den EWV über. Teilmengen laufen so weiter nach Italien. In der umgekehrten Richtung erfolgt der Ablauf analog. Der Zug nach Lauterbourg, kurz hinter der französischen Grenze, verkehrt drei bis fünf Mal in der Woche. Die Wagen werden in Ludwigshafen gesammelt und als ein durchgehender Zug nach Lauterbourg gebracht, wo sie in den französischen EWV der SNCF übergehen. Für die Fahrt nach Lauterbourg ist BASF als Frachtführer verantwortlich (Trasseneinkauf), die Traktion erfolgt jedoch durchgängig durch SNCF. Die Gegenrichtung erfolgt analog. Die aus dem französischen EWV kommenden Wagen werden in Lauterbourg zu einem durchgehenden Zug nach Ludwigshafen zusammengestellt und die Zugfahrt wird mit Traktion durch SNCF durchgeführt. Der Ringzug Ludwigshafen – Worms – Darmstadt – Worms – Ludwigshafen verkehrt an fünf Tagen in der Woche, wobei an drei Tagen die Mittelweserbahn GmbH (MWB) und an zwei Tagen BASF die Traktion übernimmt. Im Fall der Traktion durch MWB wird die Vermarktung durch die Log-O-Rail Gesellschaft für Schienenlogistik mbH übernommen, sonst durch BASF selbst. Beim Zwischenhalt in Worms werden durch den jeweiligen Traktionär Wagen ausund eingestellt. Die Verteilung zu und Sammlung von den Gleisanschlüssen erfolgt durch die Wincanton GmbH. Weiterhin können in Worms Wagen in einen Direktzug nach Rotterdam eingestellt werden, der von ChemOil vermarktet wird. Worms stellt den zentralen Hub von SBB Cargo Deutschland dar. In Darmstadt erfolgt die regionale Sammlung und Verteilung (u.a. Darmstadt, Frankfurt Main, Wiesbaden, Köln) durch Log-o-Rail mit Traktion durch die MWB. Prinzipiell können über die MWB, die am EccoCargo-Netzwerk beteiligt ist, Wagen weiter nach Süddeutschland und nach Österreich transportiert werden, was jedoch nicht genutzt wird.33 Das Werk in Ludwigshafen wird je nach Bedarf mehrfach in der Woche mit Flüssigschwefel-Ganzzügen aus Barenburg, Großenkneten und Osnabrück (Niedersachsen) und zusätzlich aus Leuna (Sachsen-Anhalt) versorgt (ohne Darstellung in Abbildung 6.7). Bei der Befüllung hat der Schwefel eine Temperatur von über 130 Grad Celsius. Zur Entladung darf seine Temperatur nicht unter 120 Grad Celsius sinken, da er bei geringeren Temperaturen nicht gepumpt werden kann. Hat sich der Schwefel bis zu seiner Entladung stärker abgekühlt, wird er zur Entladung mittels Heißdampf wieder 32 Seit März 2010 erfolgt die Bedienung der Verbindung durch SBB Cargo zusammen mit ChemOil [Rail Business 2010b]. 33 Die Log-O-Rail Gesellschaft für Schienenlogistik mbH wurde zwischenzeitlich von der Transpetrol GmbH Internationale Eisenbahnspedition übernommen. Transpetrol hat dabei die Log-O-Rail-Kunden und -Lieferantenverträge ebenfalls übernommen und führt zusammen mit der MWB große Teile des Zugsystems weiter. [Transpetrol 2010] [Rail Business 2010c] Definition der Alternativen 141 aufgeheizt. Dazu steht bei der Entladestelle eine Heißdampfanlage zur Verfügung, an die bis zu drei Kesselwagen gleichzeitig angeschlossen werden können. Entladen werden ebenfalls jeweils drei Wagen gleichzeitig, was ein bis zwei Stunden in Anspruch nimmt. Anschließend wird der Zug um drei Wagen verschoben, so dass die nächsten drei Wagen entladen werden können. Eine Trennung des Wagenzuges für die Entladung ist nicht notwendig. Das Aufheizen kommt mit rund einem Mal pro Monat relativ selten vor. Solange die Zeit zwischen Be- und Entladung des einzelnen Wagens rund 24 Stunden nicht überschreitet, ist der Temperaturverlust für gewöhnlich nicht zu hoch. Diese Zeitspanne kann in der Regel eingehalten werden. Die 24 Stunden setzen sich ungefähr aus neun Stunden Beladezeit, sechs bis sieben Stunden Transportzeit und acht Stunden Entladezeit zusammen. Die Züge erreichen das Werk in Ludwigshafen früh morgens und verlassen es wieder am Nachmittag. Traktionär ist DB Schenker Rail, die Disposition erfolgt in Absprache mit dem Einkauf von BASF durch den Lieferanten. Weitere regelmäßige Verkehre sind Ganzzüge mit Ethylendichlorid (EDC) nach Millingen (ohne Darstellung in Abbildung 6.7), die drei Mal pro Woche mit 16 Wagen verkehren. Die Zuglänge ergibt sich aus der Kapazität des Beladebetriebs, der nur acht Wagen pro Tag beladen kann. Bei der Verbindung nach Germersheim fährt BASF mit eigener Traktion. Im Gegensatz zu den vorher dargestellten Verbindungen, bei denen fast ausschließlich Kesselwagen zum Einsatz kommen, werden hier unabhängig vom Kombiterminal Ludwigshafen Container zum trimodalen Terminal im Rheinhafen von Germersheim gefahren, von wo aus sie per Binnenschiff oder weiteren Bahnverbindungen nach Rotterdam verbracht werden. Zusätzlich zu den benannten Verbindungen ist das Werk in Ludwigshafen an das EWV-Netz von DB Schenker Rail angebunden. Die Bedienung erfolgt mehrmals täglich über den Rangierbahnhof Mannheim. Mit Ausnahme der Ganzzüge, die in Abhängigkeit von der Ladestellengröße am Stück oder geteilt zu den Ladestellen gebracht werden, erfolgt nach Ankunft der Züge im zentralen Werksbahnhof die Zerlegung am Ablaufberg. Dabei werden die Wagen für die Ladestellenbedienung sortiert bzw. im Fall von Durchläufern34 für den Weitertransport bereitgestellt. Die Verteilung im Werk erfolgt durch Rangierfahrten, vorzugsweise nach Werkstraßen gebündelt. Dabei sind die zeitlichen Anforderungen der Produktionsbetriebe zu beachten. Deren Ladestellen nehmen vielfach nur einzelne Wagen auf, woraus ein hoher Sortier- und Bedienungsaufwand resultiert. Für ausgehende Züge erfolgt die richtungsspezifische Sortierung nach Sammlung im Werk analog über die Ablaufanlage mit anschließender Zugvorbereitung in der kombinierten Ein- und Ausfahrgruppe. Die Bedienfahrten im Werk zur Sammlung und Ver34 Bei Durchläufern handelt es sich um Güterwagen, die den Werksbahnhof mit einer der dargestellten Verbindungen erreichen und mit einer anderen wieder verlassen, ohne dass eine Be- oder Entladung stattgefunden hat. Dabei kann es sich um Transporte von BASF oder um Drittmengen handeln. Definition der Alternativen 142 teilung erfolgen in der Regel getrennt. Es werden im Schnitt vier Wagen pro LokomotivEinsatzstunden rangiert. Ziel ist eine Verdopplung dieses Werts. Bei kleineren Standorten (z. B. Schwarzheide) laufen die Prozesse weitestgehend analog in kleinerem Umfang ab. Statt über eine Ablaufanlage finden die Sortierprozesse jedoch über Umsetzen mit Rangierlokomotiven statt. Fallbeispiel des Bahnverkehrs der CHEMPARKS Alle Angaben zu diesem Fallbeispiel beziehen sich, sofern nicht anders ausgewiesen, auf die oben genannte Besichtigung des CHEMPARK-Standorts Dormagen und das dort geführte Interview (siehe Munder [2009, Interview]). Die CHEMPARK-Standorte in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen sind zusammen mit einer Fläche von elf Quadratkilometern [Currenta 2008, S. 6] in etwa so groß wie der BASF-Standort Ludwigshafen, der allein zehn Quadratkilometer umfasst [BASF o. J.]. Abbildung 6.8 zeigt die Zugverbindungen des Regionalsystems der Chemion Logistik AG für die CHEMPARKS. Kernstück bildet dabei der CHEMPARK-Shuttle, der die drei Standorte miteinander verbindet und durch Chemion selbst mit Diesellokomotiven traktioniert wird.35 Der Shuttle verkehrt seit 2004 werktäglich über die rund 80 Kilometer lange Strecke [Bauer 2006, S. 34]. Aktuelle Bahnverkehre Chemion 2008 Duisburg Ruhrort Duisburg Ruhrort Beteiligte EVU Gladbeck Gladbeck - Chemion DuisburgRheinhausen (Duisport Rail) - Duisport Rail DuisburgRheinhausen (Duisport Rail) Duisburg- Marl DuisburgHamborn Hamborn - RSVG - HVLE - SBB Cargo Uerdingen - Log-o-Rail / MWB OberhausenSterkrade Kempen OberhausenSterkrade Emmerich Kempen Uerdingen Dormagen Frankfurt Marl Spreewitz Düsseldorf Reisholz Frankfurt Leverkusen Mainz Ludwigshafen Köln-Eifeltor Berlin / Wustermark Dormagen Köln-Eifeltor Schwerte Gremberg Emmerich Menden Troisdorf Düsseldorf Siegburg Reisholz Lülsdorf (RSVG) Basel Schweiz Köln-Kalk Nord Leverkusen Schwerte Abbildung 6.8: Zugsysteme der CHEMPARKS 2008 (Bildquelle: Chemion Logistik Ludwigshafen Mainz Gremberg GmbH, eigene leichte Bearbeitung; vgl. auch Hardt, Clemens & Hinterlang [2011, S. 238]) Basel Die Zugverbindung wird von Chemion als Shuttle bezeichnet, auch wenn sie Köln-Kalk Definition nicht der Nord Schweiz entspricht, dass ein Shuttle mit feststehender Wagenkonfiguration verkehrt. 35 - Menden Troisdorf Definition der Alternativen 143 Angebunden an den Shuttle sind eine Reihe weiterer Verbindungen unter Einbindung verschiedener EVU, die z. B. mehrere Stationen im Rheinland und im Sauerland anbinden [Hardt, Clemens & Hinterlang 2011, S. 239] sowie Verknüpfungen zu überregionalen Destinationen bieten. Das System funktioniert weitestgehend analog zu dem von BASF, indem die Güterwagen je nach Start und Ziel von einer Zugverbindung auf eine andere übergehen. Hinzu kommen, wie beim Fallbeispiel BASF, verschiedene Ganzzüge für einzelne Produkte mit entsprechend hohem Aufkommen sowie die Nutzung des EWV von DB Schenker Rail. Innerhalb der Chemieparks laufen die Bedien- und Sortierprozesse ebenfalls weitestgehend analog zu den BASF-Standorten. Ein Unterschied, der zumindest für den CHEMPARK Dormagen gilt, ist, dass alle Rangierfahrten im Chemiepark mit gekuppelter HL erfolgen, damit zur Erhöhung der Sicherheit aufgrund des hohen Gefahrgutanteils alle Bremsen einer Rangiereinheit und nicht lediglich die der Rangierlokomoitive wirken. Wie auch bei den BASF-Standorten sind die Rangierlokomotiven mit Funkfernsteuerungen ausgerüstet, so dass auch bei geschobenen Fahrten die Rangierverbandsspitze besetzt werden kann. Szenarienbildung Trotz eigener Zugsysteme und z. T. eigener Wagen ist eine abgegrenzte Umrüstung z. B. nur der Kesselwagen im Eigentum der BASF SE bzw. langfristig durch das Unternehmen gemieteter Wagen nicht sinnvoll, da die eigenen oder fest gemieteten Wagen nur einen Teil der für diese Werke genutzten Wagen darstellen. Das Gleiche gilt generell für andere Unternehmen und Standorte. Innerhalb der Werkstandorte oder Chemieparks sowie in den Zügen der beschriebenen Zugsysteme wären dann aufgrund einer Mischung von aMPK- und SK-Wagen kaum Vorteile zu generieren. Das „Herauspicken“ einzelner Ganzzugverbindungen mit fest eingegrenztem Wagenpark, wie z. B. die beschriebenen Flüssigschwefel- oder EDC-Züge im Fallbeispiel von BASF, wird im Sinne der einleitend dargestellten Zielstellung einer größeren Diffusion einer aMPK bis hin zur kritischen Masse (siehe Unterkapitel 2.4) als nicht zweckdienlich angesehen. Diese singulären Verbindungen würden aller Erwartung nach langfristig abgeschlossene aMPK-Inseln darstellen. Das Szenario sieht daher die Umrüstung aller Chemie- und Druckgaskesselwagen, die im Verkehr mit Start- und Zielpunkten in Deutschland im Einsatz sind, vor. Gewichtung der Kriterien des Kundenvorteils Da es sich bei den Transporten von chemischen Stoffen auf der Bahn zwischen verschiedenen Werkstandorten zum überwiegenden Teil um Zwischenerzeugnisse handelt, die für nachgelagerte Produktionsschritte benötigt werden, ist die Zuverlässigkeit der Transporte besonders bedeutsam. „Hohe Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sind für uns essenziell wichtig, weil schon geringe Verspätungen Störungen im Produktionsablauf verursachen können“ so Dr. Heyder, Leiter des Servicezentrums Bahn von BASF Definition der Alternativen 144 in Railways [2010a, S. 10]. Schon eine Verspätung von einer halben Stunde hat „spürbare Auswirkungen auf die nachgelagerten BASF-internen Logistikprozesse“ [Railways 2010a, S. 13]. Die Transportgeschwindigkeit ist, mit der Ausnahme temperaturkritischer Güter, in vielen Fällen nicht derart relevant. So wird der Transport mit der Bahn teilweise als rollendes Lager gesehen. Schon die Abfüllung in die Kesselwagen erfolgt teilweise direkt aus der Produktion mit teilweise mehrtägigen Standzeiten an der Ladestelle [BASF 2009, Interview]. Eine hohe Flexibilität ist durch die beschriebenen Zugsysteme und durch die Nutzung des EWV gegeben. Einzelne Wagen oder Wagengruppen können so flexibel zwischen verschiedenen Quellen und Senken transportiert werden. Der Schlüsselfaktor ist hier eher die Wagenverfügbarkeit. So herrschte im Vorkrisenjahr 2007 eine akute Kesselwagenknappheit mit entsprechendem Planungsaufwand zur Durchführung von Transporten [LCP 2007, S. 11]. Die vorherrschenden Ladungsanforderungen werden durch verschiedene Arten von Kesselwagen mit verschiedenen Tankwerkstoffen oder Isolierungen erfüllt – so ist neben dem beschriebenen Fall heiß zu haltender Güter bei anderen Stoffen zu verhindern, dass sie sich durch Sonneneinstrahlung auf den Tank zu stark erhitzen und es so zu chemischen Reaktionen, zu Überdruck oder sogar Explosionen führen kann [LCP 2007, S. 11]. Im Sinne eines flexiblen Fahrzeugeinsatzes mit einer geringen Anzahl von Leerfahrten kommt es so auch zum Einsatz von Spezialkesselwagen für Güter, die lediglich einfachere Wagen benötigen würden, sowie zur vermehrten Innenreinigung von Kesselwagen [BASF 2009, Interview]. Eine Wunschanforderung wäre somit ein flexibel einsetzbarer Standardkesselwagen zu geringen Kosten. Besonders hohe Anforderungen an den Transport stellen die benannten Güter mit strikten Temperaturanforderungen, was derzeit jedoch mit speziellen Laufüberwachungen zur Einhaltung der möglichen Zeitfenster im Kesselwagen geregelt wird. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Zuverlässigkeit wird sie, wie beim potentiellen Einsatzfeld Montan, auf 50 Prozent angehoben. Die notwendigen Punkte kommen von der Transportdauer (minus zehn Punkte) sowie von den Ladungsanforderungen (minus fünf Punkte), bezüglich derer bis auf den Fall des günstigen „RundumSpezialwagens“ durch fahrzeugtechnische Innovationen kein allzu großes Potential besteht. 6.2.4 Automotive Detailinformationen zu Transportabläufen der Branche Automotive wurden durch Besichtigungen und Interviews beim Werk der Volkswagen AG in Wolfsburg, dem BLG36 AutoTerminal am größten deutschen Autoumschlagshafen Bremerhaven, der Mosolf Automotive Railway GmbH am Hauptsitz in Frankfurt am Main sowie beim Standort Neuseddin der Werner Egerland Automobillogistik GmbH & Co. KG erhoben. Hinzu kommen persönliche und telefonische Gespräche mit Mitarbeitern der DB-Tochterun36 BLG Logistics Group AG & Co. KG Definition der Alternativen 145 ternehmen ATG Autotransportlogistic GmbH (ATG) und Schenker Automotive RailNet GmbH (SAR)37 . Eingrenzung Das Segment Automotive ist in die Bereiche Fahrzeugdistribution und Transporte von Autoteilen und -komponenten im Zwischenwerks- und Zulieferverkehr zu unterteilen. Hinzu kommen weitere Bahnverkehre von und zu den großen Automobilwerken, wie zum Beispiel Brennstofftransporte im Falle eigener Kraftwerke (wie beim VW-Werk in Wolfsburg) sowie die Belieferung mit Stahlcoils und die Entsorgung von Stahlschrott [von Steimker 2009, Interview].38 Während der Komponentenverkehr in Europa noch überwiegend in der Hand der ehemaligen Staatsbahnen ist [Richter 2011], sind im Bereich der Fahrzeugdistribution einige private Anbieter mit Ganzzügen aktiv. Die DB AG bedient beide Bereiche teilweise mit Ganzzügen und teilweise im EWV [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview]. Bei den Autotransportwagen handelt es sich um Spezialfahrzeuge (siehe folgende Beschreibung), vielfach sind jedoch auch die Wagen für Autoteile- und Komponenten speziell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Transportguts und des Transportkunden ausgerichtet. Es erfolgt – überwiegend aufgrund einer besseren Informationsverfügbarkeit durch private Akteure – eine Beschränkung der weiteren Betrachtung auf den Bereich der Fahrzeugdistribution. Dieser Bereich kommt gemäß der Verkehrsstatistik bei der Bahn auf einen Anteil von knapp neun Prozent gemessen am Segment Automotive/Intermodal gemäß Abbildung 6.2 bzw. auf 3,6 Prozent gemessen an der Gesamt-Transportleistung der Bahn.39 Darstellung des Fahrzeugdistributions-Verkehrs Die Transportstruktur der Fahrzeugdistribution ist gekennzeichnet durch eine geringe Anzahl zentraler, großer Aufkommensquellen in Form von Automobilwerken und Seehäfen auf der einen und einer großen Anzahl kleiner und flächig verteilter Senken in Form der Automobilhändler auf der anderen Seite. Eine Ausnahme hinsichtlich der Größe auf Seiten der Senken stellen die Seehäfen dar, zu denen große Exportströme ab den Werken laufen. [Gasser 2009, Interview] Die benannte Struktur des Verkehrs von wenigen großen Quellen zu einer Flächenverteilung führt in aller Regel zu einer Zweiteilung des Distributionswegs. Ab den Werken oder Seehäfen erfolgt ein gebündelter Transport zu Verteilzentren, den sogenannten Compounds. Diese haben idealtypisch eine Abstellkapazität für rund 5 000 bis 10 000 Personenkraftwagen (Pkw) [VDA 2008, S. 9] und bieten neben der Lagerung und Sortierung Zusatzdienste wie z. B. Reparaturen kleinerer Transportschäden oder 37 ATG (Fertigwagentransporte) und SAR (Komponententransporte) wurden zwischenzeitlich unter dem Namen DB Schenker Rail Automotive GmbH zusammengeführt [Railways 2010b]. 38 Ungefähr 50 Prozent des angelieferten Blechs verlässt ein Automobilwerk wieder als Stahlschrott aufgrund von Verlusten beim Ausstanzen [von Steimker 2009, Interview]. 39 Eigene Berechnungen auf Basis von Destatis [o. J. b], Angaben für 2009 Definition der Alternativen 146 den Austausch oder den Einbau von Komponenten wie Navigationsgeräten an. Von den Compounds aus erfolgt die Feinverteilung in die Fläche in jedem Fall per Lkw. Die Zweiteilung des Distributionswegs ermöglicht es der Bahn, überhaupt in nennenswertem Umfang bei der Fahrzeugdistribution aktiv sein zu können. Im Bereich der gebündelten Streckenverkehre kommt sie auf einen Anteil von 50 Prozent am Modal Split [Binz 2011]. [Gasser 2009, Interview] Für den Transport mit der Bahn kommen Spezialwagen zum Einsatz, bei denen die Pkw in der Regel in zwei Ladeebenen transportiert werden können. Zu unterscheiden ist zwischen offenen Wagen (Abbildung 6.9) und geschlossenen Wagen (Abbildung 6.11), die einen besseren Schutz der Pkw gegenüber Witterungseinflüssen, Flugrost oder auch Diebstahl und Vandalismus bieten. Europaweit sind laut RailBusiness [o. A. 2012a] etwa 16 500 Autotransportwagen im Einsatz, davon knapp 1 500 geschlossene Wagen, die jedoch über die letzten Jahre vermehrt in den Einsatz gekommen sind [Rail Business 2011a]. Abbildung 6.9: Offene Autotransportwagen (Foto: Deutsche Bahn AG/Wolfgang Klee) Die Wagen befinden sich überwiegend im Besitz der Automobillogistiker bzw. Speditionen, die teilweise selbst als EVU agieren [Rail Business 2011c] [von Steimker 2009, Interview]. Ihr Kreis ist stark begrenzt, die benannten 16 500 Wagen verteilen sich auf 14 Unternehmen, die sich über das eigene Wagenmaterial den Zugang zum Markt sichern [Rail Business 2011c]. Da die Zahl der Automobilhersteller in Europa auch stark begrenzt ist, steht in dem Markt ein kleiner Anbieterkreis einem kleinen Kundenkreis gegenüber [Gasser 2009, Interview]. Mit Ausnahme der DB AG und zum Teil der ARS Altmann AG Automobillogistik, die mit Wagengruppen den EWV nutzen, werden überwiegend Ganzzüge gefahren [Gasser 2009, Interview].40 Ein Trend ist jedoch weg von Direktzügen hin zu kleinen HubSystemen zu erkennen. Beispiele sind die BLG AutoRail GmbH, die sich eigens einen alten Rangierbahnhof bei Falkenberg/Elster gekauft hat und dort Verkehre aus osteuropäischen Produktionsstandorten bündelt und von dort zu Umschlagspunkten in Deutschland und zu den Nordseehäfen verbringt (Abbildung 6.10), sowie die Einrichtung von zwei Hubs in Bremen und München durch ARS Altmann [Binz 2011] [Rail Business 2011b]. 40 Die beiden benannten Unternehmen stellen jedoch mit zusammen 5 900 Wagen [Rail Business 2011c] die größten Flotten im deutschen Markt. Definition der Alternativen 147 Abbildung 6.10: Hubsystem der BLG AutoRail GmbH (Bildquelle: Rail Business 2011, www.eurailpress.de, siehe auch [Binz 2011]) Vorteile solcher Hubsysteme sind, dass die Hersteller die Pkw nicht bis zu einer Ganzzug-Stärke bündeln und damit zwischenpuffern müssen sowie eine höhere Abfahrfrequenz auf den einzelnen Relationen in gemischten Zügen mit daraus folgenden kürzeren Transportzeiten [Rail Business 2011b] [Binz 2011]. Bei der klassischen Strangverladung werden die Autotransportwagen über eine Rampe am Gleisende, d. h. kopfseitig, verladen. Die Pkw fahren dabei mit eigenem Antrieb. Je nach verfügbarer Ladegleislänge werden die Züge über eine einzige Rampe auf voller Länge beladen oder einfach oder mehrfach geteilt und gleichzeitig oder nacheinander einer oder mehreren Rampen zugeführt [BLG 2009, Interview]. Bei geschlossenen Wagen wird zur Be- und Entladung das Dach angehoben, damit die Abgase der Pkw schnell entweichen und sich die Fahrer in der oberen Ebene sicher bewegen können (Abbildung 6.11). Nach Abstellung und Sicherung der Pkw41 verlassen die Fahrer die Autotransportwagen an der Wagenseite und werden dann teilweise von Kleinbussen eingesammelt und zurück zum Pkw-Depot gefahren – bei der Entladung werden sie entsprechend entlang des Zuges verteilt. Während zuglange Ladegleise den Vorteil eines bahnseitig geringen Rangieraufwands haben, steigt dabei die Länge der Pkw-Fahrstrecken auf dem Zug und der Aufwand für das Einsammeln bzw. Hinbringen der Fahrer. 41 Die Pkw werden vielfach durch einfach zu handhabende Vorlegebügel gesichert. Es existieren jedoch auch geschlossene Wagen mit rutschsicherem Belag, wo neben der Pkw-Bremse keine weitere Sicherung erfolgt [BLG 2009, Interview]. Definition der Alternativen 148 Abbildung 6.11: Geschlossener Autotransportwagen (Hccrrs) mit angehobenem Dach an der Verladerampe (eigene Fotos) Eine alternative zur Strangverladung, die überwiegend in den Werken des Volkswagen-Konzerns Verwendung findet [von Steimker 2009, Interview], ist die Beladung mittels Schiebebühne (Abbildung 6.12). Der Prozessfluss dieser Verladestrategie ist in Abbildung 6.13 dargestellt. Bahnseitig werden auf einem mittleren Gleis leere Wagen bereitgestellt, entkuppelt und für die Verladung vorbereitet. Ein Rangierroboter, der auf zwei Ebenen von Pkw überfahren werden kann, zieht die Wagen einzeln auf die Schiebebühne und an die Verladerampe. Nach der Verladung der Pkw auf den Wagen wird dieser nach Querverschub der Schiebebühne von dem Rangierroboter auf das Richtungsgleis des jeweiligen Zielbahnhofs geschoben, wo somit die Züge Wagen für Wagen zielrein gebildet werden. Vorteil dieser Strategie ist, dass die Pkw aus der Produktion kommend immer nur für einen Güterwagen und nicht für einen ganzen zielreinen Zug gesammelt und gepuffert werden müssen. Die Pufferung bis zur Zugstärke findet somit automatisiert bahnseitig statt. In Ergänzung zur schematischen Darstellung in Abbildung 6.13 können auch zwei parallele Schiebebühnen gleichzeitig arbeiten, wie z. B. in Abbildung 6.12. [von Steimker 2009, Interview]42 Abbildung 6.12: Schiebebühne zur Pkw-Verladung (Foto: Vollert Anlagenbau GmbH) Gemäß Herold [2005, S. 137] konnte mit Einführung der Verladung mittels Schiebebühne die Distributionszeit um einen halben Tag verkürzt werden. Ein Nachteil des Systems ist, dass es nicht mit geschlossenen Autotransportwagen nutzbar ist [von Steimker 2009, Interview]. 42 sowie eigene Besichtigung der Schiebebühne im VW-Werk Wolfsburg Definition der Alternativen 149 Abbildung 6.13: Prozessablauf bei der Beladung mittels Schiebebühne (eigene Darstellung in Anlehnung an Herold [2005, S. 136]) Während bei den offenen Autotransportwagen die oberen Ladeebenen in der Regel per Handkurbeln in der Höhe zu verstellen sind, erfolgt dies bei den geschlossenen Einheiten wie der Hccrrs von ARS Altmann und Hcceerrs von DB Schenker Rail elektrisch (bzw. elektro-hydraulisch). Für die dabei notwendige Energieversorgung sind die Wagen untereinander mit per Hand zu kuppelnden Elektroleitungen verbunden (Abbildung 6.14). Die Energieversorgung erfolgt stationär, indem die Kopframpe über einen Stromanschluss verfügt. [BLG 2009, Interview] Abbildung 6.14: Elektrokabel (vordere Leitung) zwischen zwei geschlossenen Autotransportwagen der Bauart Hccrrs (eigenes Foto) Die durchgängige Höhenanpassbarkeit der oberen Ladeebene hat bei einer wachsenden Anzahl an hohen Pkw (z. B. Vans und SUV43 ) an Bedeutung gewonnen. Viele alte, offene Autotransportwagen können die Höhe der oberen Ebene nur an den Wagenenden zur Höhenanpassung an eine Kopframpe verstellen und bieten so nur noch eine geringe Einsatzflexibilität. Aus diesem Grund sowie wegen eines allgemein hohen 43 Sport Utility Vehicle, Geländelimousine Definition der Alternativen 150 Flottenalters laufen bei mehreren Haltern aktuell große Wagenbeschaffungsprogramme. Andere, stark an einen Automobilhersteller gekoppelte oder in deren Besitz befindliche Anbieter mit altem Wagenpark werden voraussichtlich zusammen mit ihren Wagen in absehbarer Zeit den Markt komplett verlassen. [Gasser 2009, Interview] Szenarienbildung Das Szenario im potentiellen Einsatzfeld Automotive sieht vor, dass mindestens eine Automobil-Spedition ihre Wagenflotte umrüstet und ihre Verkehre mit der neuen Technik abwickelt. Ausgenommen sind Automobilspeditionen, die zu großen Teilen den EWV nutzen, d. h. es wird im Szenario von einem Einsatz der neuen Technik im Ganzzugverkehr oder bei Hubsystemen ausgegangen. Vorstellbar ist auch, dass eine Spedition, die den EWV und Ganzzüge bzw. Hubsysteme nutzt, nur einen Teil ihrer Wagen umrüstet. Diese Szenarienbildung führt dazu, dass die Verladetechnologie mittels Schiebebühne für die Bewertung wenig relevant ist, da sie überwiegend oder sogar ausschließlich44 bei Transporten des VW-Konzerns zum Einsatz kommt. Rund 90 Prozent des Aufkommens dieses Konzerns wird jedoch von der ATG GmbH gefahren45 , welche den EWV nutzt. Effekte an der Schiebebühne finden daher bei der Bewertung Erwähnung, zählen jedoch nicht in die Punktevergabe. Gewichtung der Kriterien des Kundenvorteils Ausgehend von einer immer stärkeren Angleichung des Qualitäts- und Preisniveaus sowie des Designs der Produkte der führenden Automobilhersteller gewinnt der Wettbewerbsfaktor Kundenzufriedenheit immer stärker an Bedeutung [Herold 2005, S. 6f]. Wesentliche Einflussgrößen der Kundenzufriedenheit sind, neben der Bedienung mit einem individuellen Produkt, die Lieferzeit und die Liefertreue [Herold 2005, S. 10]. Auch wenn die Distribution nur einen Teil der Tätigkeiten von der (individuellen) Bestellung bis zur Übergabe an den Kunden ausmacht, leitet sich hieraus die besondere Bedeutung der Transportdauer und der Zuverlässigkeit beim Transport ab. Ziel ist, dass der Kunde sein Fahrzeug möglichst schnell und vor allem zum vereinbarten Zeitpunkt erhalten kann. Ein Beispiel für eine Verkürzung der Distributionszeit durch Technikeinsatz wurde bereits mit dem Einsatz der Schiebebühne gegeben. Dieses Beispiel zeigt, dass auch vergleichsweise kurz erscheinende Zeiteinsparungen als relevant zu erachten sind. Betrachtet man die Struktur der Bahnverkehre mit wenigen Quellen und wenigen Zielen, die zudem zeitlich quasi statisch sind, scheint die Flexibilität bezüglich der Aufnahme neuer Transportrelationen mit der Bahn zunächst sekundär. Aufgrund kurzer Vertragslaufzeiten, die die Verlader in der Regel lediglich abschließen [Rail Business 2011a], sowie aufgrund von Aufkommensschwankungen, wie im Extremfall verursacht durch die letzte Wirtschaftskrise, wird den Spediteuren dennoch eine gewisse Flexibi44 45 Es sind keine Einsatzfälle außerhalb des VW-Konzerns bekannt. Zeitpunkt der Erhebung, inzwischen anderer Name und andere Unternehmensstruktur, s. o. Definition der Alternativen 151 lität zur Aufnahme bzw. Übernahme von Verkehren und zur Aufkommensanpassung abverlangt. Während die Ladungsanforderungen lange Zeit als gering einzustufen waren – offene Wagen mit Höhenanpassung der oberen Ebene nur an den Enden – ist hier eine Steigerung der Anforderungen hin zu einer größeren Einsatzflexibilität durch eine vollständig höhenverstellbare obere Ebene und zu einem witterungsgeschützten Transport zu verzeichnen. Es zeigt sich also, dass prinzipiell alle vier Kriterien bei der Fahrzeugdistribution eine hohe Bedeutung haben. Da sie modellbedingt jedoch weiterhin zusammen 100 Prozent ergeben müssen, kann nicht einfach eine Anhebung aller vier Werte erfolgen, sondern es muss eine relative Anpassung untereinander stattfinden. Eine besonders herausstechende Bedeutung wird gemäß obigen Darstellungen bei der Transportdauer und der Zuverlässigkeit gesehen, Abstriche sind hingegen bei der Flexibilität möglich. Umgesetzt wird dies durch eine Anhebung des Gewichtungswerts der Transportdauer auf Kosten der Gewichtung der Flexibilität um zehn Prozentpunkte, so dass sie ebenso wie die Zuverlässigkeit einen Gewichtungsfaktor von 35 Prozent erhält. Die Flexibilität und die Ladungsanforderungen kommen so beide auf jeweils 15 Prozent. 6.2.5 Intermodal (Kombinierter Verkehr) Der Kombinierte Verkehr (KV) ist im Gegensatz zu den vorigen Branchen nicht als solche zu bezeichnen. Er wird als für alle offenes System hingegen von vielen Branchen genutzt. Das Wissen über den KV ist somit auch kein Branchen-Spezialwissen, es findet sich hingegen vielfach in der Literatur aus der Forschung und dem Praxisbereich. Im Gegensatz zu den vorigen drei Branchenverkehren ist hier demnach auf persönliche Interviews verzichtet worden. Terminalbesichtigungen fanden im Berliner Westhafen, in Großbeeren bei Berlin sowie im Duisburg Intermodal Terminal (DIT) statt. Definition und Eingrenzung Gemäß UN/ECE [2001, S. 16ff] handelt es sich beim KV um „Intermodale[n] Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird“. Intermodaler Verkehr ist gemäß benannter Quelle der „Transport von Gütern in ein und derselben Ladeeinheit oder demselben Straßenfahrzeug mit zwei oder mehreren Verkehrsträgern, wobei ein Wechsel der Ladeeinheit, aber kein Umschlag der transportierten Güter selbst erfolgt“. Beim KV wird der Transport vom Versender zum Empfänger also in mehrere Abschnitte unterteilt, bei denen verschiedene Verkehrsträger zum Einsatz kommen. Es ergibt sich so eine dreigliedrige Transportkette mit dem Vor-, dem Haupt- und dem Nachlauf. Der Vorlauf stellt den Straßentransport vom Versender zur Umschlaganlage (Terminal, Abbildung 6.15 und 6.16) des KVs dar. Im Terminal werden mehrere Sendungen gesammelt und dann auf den Verkehrsträger des Hauptlaufs, im vorliegen- Definition der Alternativen 152 den Fall die Eisenbahn, geladen. Dies kann erfolgen, indem das gesamte Straßenfahrzeug verladen wird und der Fahrer im Zug mitfährt (begleiteter KV) oder indem nur die intermodale Transporteinheit (ITE) auf den Zug kommt (unbegleiteter KV). Beim Hauptlauf werden mehrere Sendungen gebündelt transportiert. Am Zielterminal angekommen wird die Bündelung wieder aufgelöst. Die Zustellung der einzelnen Sendungen zu ihren Empfängern erfolgt wieder per Straßentransport. Abbildung 6.15: KV-Terminal (eigenes Foto) Abbildung 6.16: Schematische Darstellung eines KV-Terminals (eigene Darstellung) Im Segment Intermodal wird der unbegleitete KV ohne eine weitere Unterteilung betrachtet. Der begleitete KV stellt einen Sonderfall mit vergleichsweise geringer Bedeutung dar. Folgend wird sich somit ohne explizite Erwähnung ausschließlich auf den unbegleiteten KV bezogen. Der KV war bereits in den letzten Jahren ein überproportional wachstumsstarkes Segment im SGV [Reim 2009, S. 586f]. Gemäß mehrerer Prognosen hält dieses starke Wachstum bzw. der Trend zur Containerisierung auch zukünftig weiter an [ITP/BVU 2007, S. 12] [Ifmo 2010, S. 37, S. 72] [Ickert u. a. 2007, S. 24]. Der Anteil des KV an der gesamten Verkehrsleistung der Bahn steigt demnach von rund 27 Prozent 2004 bis 2025 auf rund 37 Prozent [ITP/BVU 2007, S. 12]. Definition der Alternativen 153 ITE unterteilen sich in drei Gruppen: Container, Wechselbehälter und Sattelauflieger. Container und Wechselbehälter werden dabei auch als Ladeeinheit (LE) bezeichnet [UN/ECE 2001, S. 43]. Gemäß oben wiedergegebener Definition zählt der Container-Hinterlandverkehr der Seehäfen mit der Eisenbahn nicht zum KV, da an der Hafen-Seite des Bahn-Hauptlaufs der Vor- oder Nachlauf auf der Straße fehlt. Für die vorliegende Arbeit wird er jedoch, wie auch im allgemeinen Sprachgebrauch vielfach üblich, dem KV zugerechnet. Es wird somit folgend auch vom potentiellen Einsatzfeld KV (und nicht Intermodal) gesprochen. KV-Produktionssysteme Für den Hauptlauf mit der Bahn kommen verschiedene Produktionssysteme in Frage. Diomis [2007, S. 8ff] gruppiert die einzelnen Produktionssysteme zu zwei Gruppen, den full-trainload production systems, die auf Relationen in Frage kommen, auf denen das Aufkommen für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen ohne verkehrliche Zwischenbehandlung der Züge ausreichend groß ist, und den less-than-trainload production systems, bei denen das Aufkommen mehrerer Relationen an einem Zwischenpunkt gebündelt oder aufgeteilt wird, d. h. in irgendeiner Form zwischen Start- und Zielterminal einer Sendung eine verkehrliche Zwischenbehandlung erfolgt. Der Direktzug, der zu den full-trainload production systems zählt, stellt das häufigste Produktionssystem dar. Er wird im Startterminal beladen und fährt ohne Änderungen an der Wagenkonfiguration und an der Ladung bis zum Zielterminal. Dort kann der Wagenzug für die Rückfahrt je nach Aufkommen gestärkt oder geschwächt bzw. weiteren Ladungsanforderungen angepasst werden. [DIOMIS 2007, S. 10] Verkehrt ein Zug ohne Anpassungen des Wagenparks immer zwischen zwei Terminals, handelt es sich um einen Shuttle. Es ist dies ein Spezialfall des Direktzugs und das zweite Mitglied der Gruppe der full-trainload production systems. Wagen werden lediglich zu Unterhaltszwecken herausrangiert. Aufgrund von Aufkommensschwankungen und häufigen Unpaarigkeiten der Richtungsaufkommen ist dieses Produktionssystem gemäß Diomis [2007, S. 11] eher selten anzutreffen. Eigene Beobachtungen zeigen jedoch, dass es immer stärkere Verbreitung findet, da die Einsparung der Rangierbehandlungen in den Terminals als großer Vorteil gesehen wird, weshalb eine möglicherweise geringere Auslastung der Züge zumindest in einer Richtung in Kauf genommen wird. Zu den less-than-trainload production systems zählen Linienzüge, Y-Shuttles, Gruppenzüge, Drehscheibensysteme, Gateway- und Megahub-Systeme. Hinzu kommen Verkehre in Kombination mit konventionellen (nicht-KV-) Zügen. Linienzüge, die bislang wenig Verbreitung gefunden haben, legen auf ihrer Fahrt vom Start- zum Zielterminal mehrere Zwischenstopps ein, an denen sie ITE aufnehmen oder abgeben. Bei Y-Shuttles werden zwei oder mehr Gruppenzüge nahe der Startterminals zu einem Zwischenstopp gebündelt und fahren dann als ein gemeinsamer Zug weiter zum Zielterminal. In umgekehrter Richtung erfolgt die Trennung nahe der Zielterminals, so dass jeweils die lange Strecke gemeinsam gefahren wird. Der Begriff Shuttle ist hier jedoch irreführend, da Definition der Alternativen 154 vielfach Änderungen an der Zusammensetzung der einzelnen Gruppen vorgenommen werden. [DIOMIS 2007, S. 11ff] Bei Gruppenzügen treffen sich zwei Züge zweier Zielterminals an einem Zwischenpunkt ihrer Routen, tauschen dort Wagengruppen aus und fahren dann zu ihren jeweiligen Zielterminals weiter. Dieses Produktionssystem hat gegenüber den 90er Jahren stark an Bedeutung verloren, da immer mehr Relationen mit Direktzügen bedient werden. [DIOMIS 2007, S. 13f] Drehscheibensysteme stellen mehr oder weniger eine extensive Form der Gruppenzüge dar. Containertragwagen und -wagengruppen vieler Startpunkte werden an einer zentralen Drehscheibe, einem Rangierbahnhof, gesammelt und zu Zügen zu einer Vielzahl von Zielen neu zusammengestellt. Das System wurde überwiegend vom Operateur Intercontainer-Interfrigo SA genutzt, welcher jedoch 2010 in die Liquidation geriet [Eurailpress 2010]. Derzeit findet das System noch Anwendung beim AlbatrosExpress-Netzwerk des Operateurs TFG Transfracht46 mit der Drehscheibe in Maschen bei Hamburg. TFG bietet jedoch inzwischen auch verstärkt Direktzüge unter Umgehung der Drehscheibe Maschen für Start-Ziel-Relationen mit ausreichend hohem Aufkommen und planbaren Mengen an, um qualitativ vor allem in Bezug auf die Transportdauer den Anforderungen des Markes noch besser zu entsprechen [Tiemann 2011, Interview] (Abbildung 6.17). Weiterhin wurde mit Nürnberg ein erstes Hinterlandhub eingerichtet [Rail Business 2012]. [DIOMIS 2007, S. 14f] Bei Gateway- und Megahub-Systemen findet im zentralen Knotenpunkt im Gegensatz zum Drehscheibensystem, wo rangiert wird, eine Umladung der ITE statt. Grob genommen unterscheiden sich Gateway- und Megahub-Systeme untereinander dadurch, dass bei Gateway-Systemen Züge von den Startterminals zum Gateway fahren und dort vollständig entladen werden, gegebenenfalls eine Zwischenlagerung der ITE erfolgt und die ITE dann im Gateway auf neue, zielreine Züge beladen werden. Beim MegahubKonzept hingegen fahren Züge von einem Start- zu einem Zielterminal mit Zwischenstopp im Megahub, wo mehrere Züge gleichzeitig eintreffen und ein direkter Austausch von ITE stattfindet. [DIOMIS 2007, S. 15ff] Während diese Systeme aus verkehrlicher Sicht von den Direkt- und Shuttlezügen abweichen, existieren aus der für das Thema der Kupplung relevanten bahnbetrieblichen Sicht keine relevanten Unterschiede – gegenüber dem Direkt- oder Shuttlezug ist beim Gateway-System jeweils nur das Start- oder Zielterminal durch das Gateway zu ersetzen, beim Megahub-System kommt ein aus Sicht des Kupplungssystems irrelevanter verkehrlicher Zwischenhalt dazu. Das durchschnittliche Gesamtgewicht von KV-Zügen in Deutschland liegt bei rund 1 050 Tonnen bei einer durchschnittlichen Länge von rund 500 Metern. Die Nettolast (ohne Eigengewicht der Container) beträgt dabei jedoch nur 384 Tonnen, was im Gegensatz zum EWV und zu Ganzzügen im Schnitt ein schlechtes Nutzlast/Totlast-Verhältnis darstellt. [BVU & ITP 2010, S. 5-44] 46 TFG Transfracht Internationale Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co KG Definition der Alternativen 155 Abbildung 6.17: TFG-Netzwerk 2006 (links [TFG 2006]) und 2012 (rechts [TFG 2012]) im Vergleich Definition der Alternativen 156 Kühltransporte im KV Ein Spezialfall im KV ist bislang der Transport von gekühlten Gütern. Hintergrund ist, dass die Kühlung lückenlos gewährleistet sein muss. Beim Lkw kann der Fahrer die Temperatur überwachen und im Bedarfsfall eingreifen. Bei der Bahn ist diese einfache und direkte Möglichkeit nicht gegeben, weshalb die Skepsis vieler Verlader von Kühlgütern gegenüber der Bahn tief sitzt [Arndt 2009, S. 58]. Über Telematiksysteme kann die Temperatur im Inneren der Kühl-ITE inzwischen jedoch fernüberwacht und gegebenenfalls auch aus der Ferne geregelt werden. Weiterhin erkennen diese Systeme z. B. ein unbefugtes Öffnen der ITE. [Schulze Isfort 2010] Zum Einsatz kommen dabei energieautarke Kühlaggregate mit Dieselgenerator, was einen entsprechenden Dieseltank direkt an der ITE bedingt. Beispiele sind hierfür eine Verbindung des Operateurs Kombiverkehr47 mit Sattelaufliegern zwischen Ludwigshafen und Budapest. Die Tanks sind unter den Sattelaufliegern angebracht und reichen für den gesamten Rundlauf, der montags in Ludwigshafen startet und Freitags dort endet [Kombiverkehr 2008]. Bei Kühl-Sattelaufliegern, die die Paneuropa-Rösch GmbH im Alpentransitverkehr Deutschland-Italien einsetzt, ist der Dieseltank hingegen in einer Einheit mit dem Kühlaggregat und dem Dieselgenerator verbunden [Arndt 2009, S. 58ff]. Als weitere Beispiele von Kühl-Sattelauflieger-Transporten im KV der Bahn können die Verbindungen der TX Logistik AG zwischen Oslo und Rotterdam sowie zwischen Padborg und Verona genannt werden [Lüttig 2010, S. 11f]. Transportgüter sind jeweils Lebensmittel (Fleisch, Fisch, Früchte) oder Pharmazeutika. Ein Beispiel für den Einsatz von speziellen Kühlcontainern stellt die Verbindung der britischen Eddie Stobart Limited zusammen mit der DB Schenker Rail AG für gekühlte Fruchttransporte von Spanien nach England dar [Railways 2010c, S. 10ff]. Allen diesen Transporten gemein ist die Verwendung von Diesel-Kühlaggregaten und TemperaturFernüberwachung [Kombiverkehr 2008] [Arndt 2009, S. 59] [Lüttig 2010, S. 8] [Saabel 2010, S. 8]. Der Einsatz von Diesel-Kühlaggregaten ist Folge einer fehlenden Bereitstellung elektrischer Energie an den Güterwagen. Es resultiert eine höhere Umweltbelastung durch die Dieselgeneratoren der Kühlaggregate selbst auf Fahrten mit elektrischer Traktion, hinzu kommt der Betankungsaufwand, zusätzliche Last für Tank und Dieselgenerator an den ITE sowie die Notwendigkeit der Beachtung der Reichweite der Tanks. Es existieren somit Überlegungen, an den Containertragwagen elektrische Energie für elektrische Kühl-Aggregate zur Verfügung zu stellen. Eine dezentrale Energieversorgung mit Dieseltanks- und -generatoren oder Achs-Generatoren (mit Energiespeichern für Stillstandszeiten) an jedem einzelnen Tragwagen bringen jedoch nur geringe Vorteile gegenüber der jetzigen Lösung. Bei einer zentralen Energieversorgung kann die Energie entweder von der Lokomotive (aus der Oberleitung) oder von einem zentralen Generator kommen, was in beiden Fällen eine Energieleitung zwischen den Wagen bedingt. Problematisch an der Nutzung der Energie über die Lokomotive ist, dass die gängigen Kühl-Aggregate nicht mit der Stromspannung und -frequenz der Zugsam47 Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co KG Definition der Alternativen 157 melschiene arbeiten, so dass eine Umrichtung stattfinden muss. Diese kann an jedem Wagen einzeln erfolgen oder zentral in der Lokomotive oder einem Umrichterwagen hinter der Lokomotive. Eine entsprechende Auf- oder Umrüstung der Lokomotiven ist aus Platzgründen und wegen der Umrichter-Kühlung schwer realisierbar, ein zusätzlicher Umrichter-Wagen verringert die nutzbare Zuglänge und führt zu einer starken Erhöhung der Totlast, was besonders bei den alpenquerenden Verkehren zu Akzeptanzproblemen führt. Dasselbe gilt für einen zusätzlichen Wagen mit zentralem Dieselgenerator. Nachteilig bei der Energieversorgung über die Oberleitung ist, dass die Oberleitung und die Lokomotive durchgängig erforderlich sind. [Saabel 2010, S. 5f] [Lüttig 2010] Die benannten Gründe führen dazu, dass überwiegend weiterhin auf die bestehende Lösung von energieautarken ITE gesetzt wird [Saabel 2010] [Lüttig 2010]. Szenarienbildung Das Szenario zum potentiellen Einsatzfeld KV sieht vor, dass ein einzelner Operateur oder mehrere einzelne Operateure des KV die neue Technik auf den von ihnen befahrenen Relationen nutzen. Dabei wird im Zweifelsfall davon ausgegangen, dass es sich um einen Operateur im klassischen Sinn handelt, der die Relationen vermarktet, jedoch nicht selbst EVU ist und den physischen Transport daher durch andere Unternehmen durchführen lässt (vor allem in Bezug auf die Traktion), der eigene oder gemietete Wagen einsetzt.48 Das Szenario erlaubt auch, dass z. B. ein Gesamt-Servicedienstleister, der die Transporte für mehrere Operateure organisiert, seinen bzw. den von ihm genutzten Fahrzeugpark umrüstet, und so direkt die Relationen von mehr als einem Operateur betroffen sind. Gewichtung der Kriterien des Kundenvorteils Der KV steht in sehr starkem Wettbewerb zum Direktverkehr auf der Straße, da an beiden Enden der Transportkette – mit Ausnahme des Seehafenhinterlandverkehrs – sowieso der Lkw zum Einsatz kommt. Die zusätzlichen Umschläge kosten Zeit, wodurch der KV für viele Transportkunden erst ab größeren Distanzen attraktiv wird.49 Eine späte Ladeschlusszeit am Versandterminal und eine frühe Bereitstellung am Empfangsterminal durch einen schnellen Schienenhauptlauf inklusive aller Tätigkeiten zur Zugvorbereitung usw. ist daher als wettbewerbsrelevant zu erachten. In einer gebrochenen Transportkette, bei der die effiziente Durchführung des Nachlaufs von der Pünktlichkeit des Hauptlaufs abhängig ist, ist auch die Bedeutung Zuverlässigkeit des Bahntransports hoch zu gewichten. So wird auch von der UIRR die Pünktlichkeit aufgrund ihrer Wettbewerbsrelevanz als eine der wesentlichen Leistungsanforderungen an die Bahnen und die Politik, die die Rahmenbedingungen für die Bahnen setzt, genannt [UIRR 2010, S. 4]. Hinzu kommt eine stark gestiegene Bedeutung der „Flexibilität in der Produktion und Anpassung an Kundenwünsche“ [UIRR 2010, S. 5]. 48 Dies ist z. B. bei der Bewertung der Komplexität relevant. So betrug die durchschnittliche Transportdistanz von KV-Sendungen bei den Mitgliedsunternehmen der Internationalen Vereinigung der Gesellschaften für den kombinierten Verkehr Schiene-Straße (UIRR s.c.r.l.) in Europa 743 Kilometer [UIRR 2010, S. 4]. 49 Definition der Alternativen 158 Hintergrund ist ein prognostiziertes instabiles Wachstum des KV-Marktes, begründet mit strukturellen Änderungen in der Weltwirtschaft nach der Wirtschaftskrise [UIRR 2010, S. 5]. Im Gegensatz zu diesen drei Qualitätskriterien sind die Ladungsanforderungen im KV allgemein als nicht besonders hoch zu erachten. Als Ladung ist hier aus Sicht der Bahn die ITE und nicht das eigentliche Gut zu sehen. An den Bahntransport werden somit minimale Anforderungen gestellt, die mit konventionellen Containertragwagen bzw. Taschenwagen für den Transport von Sattelaufliegern weitestgehend erfüllt werden. Optimierungspotentiale liegen in einer Anpassung der Wagenlänge und Tragfähigkeit auf den jeweiligen Mix an zu transportierenden ITE (in Abhängigkeit von der Größe und Masse der ITE), wie es sich das EU Projekt VEL-Wagon verschrieben hat [VEL-Wagon o. J.], sowie in der Beladetechnologie für nicht-kranbare Sattelauflieger (siehe z. B. den Lösungsansatz CargoBeamer in Cordes [2010]). Hinzu kommt, wie oben dargestellt, eine Energieversorgung für temperaturgeführte Transporte. Trotz der zuletzt benannten drei Beispiele für erhöhte Ladungsanforderungen, die jedoch jeweils nur einen Teilmarkt des KV betreffen, werden die Ladungsanforderungen im Vergleich zum SGV-Gesamtmarkt als unterdurchschnittlich angesehen und bis auf fünf Prozent abgesenkt. Die dadurch freien Prozentpunkte werden zu gleichen Teilen der Transportdauer und der Flexibilität zugeschlagen, so dass sich unverändert eine Gewichtung von 35 Prozent für die Zuverlässigkeit ergibt. Es folgen jeweils 30 Prozent für die Transportdauer und die Flexibilität und fünf Prozent für die Ladungsanforderungen. 6.3 Zusammenfassung In den vorigen beiden Unterkapiteln wurden die technischen Varianten und die potentiellen Einsatzfelder definiert, aus denen sich die zu bewertenden Alternativen zusammensetzen. Die potentiellen Einsatzfelder wurden zudem ausführlich beschrieben, um einen ausreichenden Wissenshintergrund bei der folgenden Bewertung (Kapitel 7) zu haben. Das notwendige Hintergrundwissen, dass für die technischen Varianten relevant ist, wurde bereits in den Kapiteln 3 und 4 gegeben. Neben der Basisversion, die die Kompatibilität hinsichtlich der Grundfunktionen sicherstellt, wurden sechs weitere technische Varianten zugelassen. Es sind dies die Zugbus-, die Zustandskontroll-, die ep-, die BP-, die Brems-Opt- und die MaximalVariante, deren Funktionen in Tabelle 6.2 abgebildet wurden. Zusammen mit den vier ausgewählten potentiellen Einsatzfeldern Montan, Chemie, Automotive und KV ergeben sich somit insgesamt 28 zu bewertende Alternativen. Um mögliche Unklarheiten bei der Bewertung zu minimieren, wurde weiterhin zu jedem potentiellen Einsatzfeld ein Szenario gebildet. Dieses gibt genau an, welche Annahmen bezüglich des Einsatzes der neuen Technik (welche Fahrzeuge, welche Relationen usw.) der Bewertung zugrunde gelegt werden. Ist im Folgenden weiterhin von potentiellen Einsatzfeldern die Rede, so z. B. bei der Darstellung der Bewertungsergeb- Definition der Alternativen 159 nisse, bezieht sich dies immer auf das jeweilige Szenario. Die Szenarien fassen sich wie folgt zusammen: Szenario Montan: Umrüstung der Brammen- und Coilwagen des in Deutschland monopolartigen Halters für diese Wagengattungen (DB Schenker Rail) Szenario Chemie: Umrüstung aller Chemie- und Druckgaskesselwagen im nationalen Verkehr in sowie im internationalen Verkehr mit Deutschland Szenario Automotive: Umrüstung der Wagenflotte eines oder mehrerer Automobilspediteure, die Ganzzüge fahren und ggf. Hubsysteme betreiben Szenario KV: Umstellung der Verkehre eines oder mehrerer Operateure des KV auf aMPK-Betrieb; dies kann die Umrüstung mehrerer (Teil-)Flotten von verschiedenen Wagenhaltern verursachen Mit diesen Szenarien wurden sowohl verhältnismäßig große als auch relativ kleine Szenarien gebildet. Das umfänglichste stellt das Chemie-Szenario dar, mit betrieblichen Konsequenzen an vielen Bahnhöfen und Gleisanschlüssen in weiten Teilen Europas. Im Gegensatz dazu sind das KV-Szenario und noch stärker das Automotive-Szenario, ausgehend von nur einem Operateur bzw. Spediteur, sehr klein und sehr eng umgrenzt. Das Szenario im potentiellen Einsatzfeld Montan bewegt sich diesbezüglich im Mittelfeld. Abschließend wurden bei den Beschreibungen der potentiellen Einsatzfelder die Gewichte der Kriterien des Kundenvorteils auf das jeweilige potentielle Einsatzfeld angepasst. Tabelle 6.3 fasst diese Gewichte zusammen. Kriterium Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Transportdauer 10 % 15 % 35 % 30 % Flexibilität 30 % 25 % 15 % 30 % Zuverlässigkeit 50 % 50 % 35 % 35 % Ladungsanforderungen 10 % 10 % 15 % 5% Tabelle 6.3: Zusammenstellung der vom jeweiligen potentiellen Einsatzfeld abhängigen Gewichte Kapitel 7 Durchführung der Bewertung 7.1 Bewertung Im vorliegenden Unterkapitel wird die Bewertung gemäß der aufgestellten Methodik durchgeführt. Die Bewertungsleitfäden aus Abschnitt 5.3.3 finden dabei Anwendung, ohne dass folgend bei den Einzelbewertungen ein direkter Bezug aufgeführt wird. Wie in Unterkapitel 4.2 dargestellt, bietet eine aMPK die Möglichkeit, überlange Züge zu fahren. Jedoch kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass dieser Lösungsansatz zugelassen wird oder dass die entsprechend notwendigen infrastrukturellen Anpassungen z. B. bei der Leit- und Sicherungstechnik durchgeführt werden. Insofern wird es bei der Bewertung als unsicherer Umweltzustand1 angesehen, ob überlange Züge mit aMPK möglich sind oder nicht. Durch die Zulassung dieses einen unsicheren Umweltzustands mit zwei möglichen Ausprägungen verdoppeln sich die zu bewertenden Fälle von 28 auf 56 (28 Alternativen in zwei möglichen Umweltzuständen). Um den Bewertungsaufwand dennoch im Rahmen zu halten, wird die Möglichkeit überlanger Züge nur bei den Kriterien des Systemvorteils beachtet. Dies wird inhaltlich damit begründet, dass in keinem der potentiellen Einsatzfelder – mit Ausnahme des Container-Seehafenhinterlandverkehrs als Teil des potentiellen Einsatzfelds KV – ein Eigeninteresse der aktiven Adressaten an der Nutzung überlanger Züge ausgemacht werden konnte. Der Wunsch nach längeren Zügen ist demnach fast ausschließlich systemgetrieben aufgrund einer Kapazitätsproblematik der Infrastruktur, die besonders in den Flaschenhälsen von und zu den Seehäfen greift.2 Diese Engpässe können auch als Grund für die besonderen Bestrebungen zu überlangen Containerzügen gesehen werden. Ein mögliches Eigeninteresse im KV, z. B. durch einen geringeren Ressourcenaufwand, wird somit bewusst vernachlässigt. Faktisch wird somit unterstellt, dass die aktiven Adressaten überlange Züge jeweils nur aus dem Zwang heraus nutzen würden, sonst ihre Güter nicht im gewünschten Umfang oder in der gewünschten Transportqualität über ein stark ausgelastetes Netz 1 Siehe Abschnitt 5.1.3. Siehe Unterkapitel 2.1 und dort zitierte InnoZ-Studie sowie Abbildung 2.3 mit den dort angegebenen Engpässen im Zu- und Ablauf zum Hamburger Hafen (u. a. Abschnitt Lüneburg-Uelzen) und das untere Rheintal als Zu- und Ablaufstrecke zu den Häfen in den Niederlanden (u. a. Abschnitt Emmerich-Wesel). 2 160 Durchführung der Bewertung 161 transportiert zu bekommen. Beachtet wird bei der Bewertung des Systemvorteils unter Zulassung überlanger Züge daher auch, welche Einsatzfeld-internen Widerstände überlangen Zügen gegenüber stehen können, d. h. wie groß der Kapazitätsdruck sein muss, ehe auf das Mittel der überlangen Züge zurückgegriffen wird. Erst wenn diese Widerstände überwunden sind, greifen die zu bewertenden Vorteile im Gesamtsystem. Mit der Fallunterscheidung zwischen den beiden zugelassenen Umweltzuständen ist auch jegliche Auswirkung auf den Widerstand abgedeckt. Im ersten Fall, der NichtZulassung überlanger Züge stellt sich die Frage nicht, im zweiten Fall, der Zulassung der überlangen Züge, werden diese Widerstände als bereits überwunden angesehen. 7.1.1 Kriterium 1: Strecke Führt die Innovation zu einer Erhöhung der Netzleistungsfähigkeit, ohne dass dafür zusätzliche Infrastrukturerweiterungen (drittes Gleis usw.) notwendig werden? Möglichkeiten zur Steigerung der Streckenkapazität durch fahrzeugseitige Innovationen liegen in einer Steigerung der Kapazität pro Zug durch Erhöhung Zuglänge und/oder -masse sowie in einer Angleichung der Fahrdynamik der Güterzüge an die des Personenverkehrs, um im Mischverkehr geringere Trassenverluste zu haben. Letzteres kann durch eine Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit sowie durch Erhöhung des Beschleunigungs- und Bremsvermögens erreicht werden. Hinzu kommt die Möglichkeit der Reduzierung von Verlustzeiten der pneumatischen Bremsanlage (z. B. Warten auf vollständiges Lösen aller Bremsen beim Anfahren am Signal).3 Im Szenario Montan sind längere Züge als derzeit wegen der beschriebenen Anpassungen der Zuglängen an die Dimensionen der Ladestellen nicht gewünscht. Schwerere Züge bei gleichbleibender Zuglänge erfordern eine höhere Nutzlast pro Wagen. Bei gegebener Achslast stellen die sechsachsigen Stahlwagen jedoch schon das Maximum dar. Es bleibt im Montan-Bereich also nur die Verbesserung der fahrdynamischen Fähigkeiten. Dies wird seitens der Branche derzeit nicht gefordert, bei zunehmender Trassenknappheit durch allgemeines Verkehrswachstum wird es jedoch auch zunehmend im Brancheninteresse sein. Bereits die Basisversion erlaubt ein Fahren in Bremsstellung P unabhängig von der Wagenzugmasse und der Masse einzelner Wagen. Auf die Bremsstellungen ist in Abschnitt 3.4.2 eingegangen worden. Stahlzüge, die bereits bei rund 12 beladenen Wagen die dort genannte 1600-Tonnen-Grenze für Bremsstellung P bei Güterzügen mit SK überschreiten können, dürften für eine Fahrt in Bremsstellung P demnach keine leeren Wagen im Verbund haben, die die Minimallast pro Wagen von 32 Tonnen unterschreiten. Dies ist jedoch bei üblichen sechsachsigen Brammenwagen und zweiachsigen Coilwagen der Fall. 3 Eine weitere Möglichkeit der Gesamtkapazitätssteigerung des Netzes und damit auch des Kriteriums Strecke kann sich dadurch ergeben, dass Züge mit fahrzeugtechnischen Anpassungen, im vorliegenden Fall des Kupplungssystems, Ausweichstrecken mit geringerer Auslastung befahren können, die sie z. B. ohne ein stärkeres Kupplungssystem aufgrund hoher Steigungen und einer entsprechend niedrigen Zughakengrenzlast nicht nutzen könnten. Eine Bewertung dieses Aspekts wird jedoch ohne eine Einzelfall- und Einzelrelationsbetrachtung als nicht möglich angesehen. Durchführung der Bewertung 162 Die Basisversion mit der Option HBL bietet zudem die Möglichkeit des früheren Anfahrens an einem von Halt auf Fahrt umspringenden Signal, z. B. für die Ausfahrt aus einem Überholgleis, indem die Bremszylinder aus der HBL über rein hydraulisch gesteuerte Ventile gespeist werden und sich aufgrund des höheren Drucks und des höheren Luftdurchsatzes in der HBL gegenüber der HL schneller füllen, womit sich die Bremsen schneller im gesamten Zugverband lösen [Hein 2011, Interview]. Technische Varianten, die über eine elektrische Ansteuerung der Bremse verfügen, bieten hier einen zusätzlichen Vorteil, zudem generieren sie einen Vorteil beim Einleiten einer Bremsung. Da lediglich ein Vorteil durch die Verbesserung der Fahrdynamik und nicht durch größere Zugdimensionen erzielt werden kann, werden maximal vier Punkte vergeben. Diese erhalten die Versionen mit ep-Bremse, also die ep-Variante, die Brems-OptVariante und die Maximal-Variante. Zwei Punkte erhält die Basisversion4 für die genannten Vorteile mit und ohne Zusammenhang mit der HBL. Im Szenario Chemie werden längere Züge derzeit zwar nicht gefordert, eine Umsetzung längerer – auch überlanger Züge – ist in diesem Bereich, sofern aus Gründen der Streckenkapazitäten gefordert, zumindest zwischen den Großen Chemieparks vergleichsweise leicht umsetzbar. Die großen Standorte verfügen über umfangreiche Anlagen zur Zugauflösung und -bildung sowie zur Wagensortierung, die mit betrieblichen und gegebenenfalls auch leichten infrastrukturellen Anpassungen auch überlange Züge bilden und auflösen könnten. Eine Verlängerung der Züge innerhalb des Grenzwerts von 740 Metern kann in Abhängigkeit von der zu fahrenden Strecke mit ihren jeweiligen Zughakengrenzlasten bereits ein stärkeres Kupplungssystem als die Standard-SK erfordern. So erreicht ein Zug mit 30 gefüllten vierachsigen Kesselwagen bereits bei einer Länge von 390 Metern eine Wagenzugmasse von 2700 Tonnen. Jedoch ist schon vor Bedarf eines anderen Kupplungssystems Doppeltraktion notwendig, was die Attraktivität für die Betreiber stark schmälert.5 Bei Zügen mit hohem Leerwagenanteil ist hingegen eher die Zuglängengrenze als die Lastgrenze problematisch. Ein Beispiel für beide Fälle stellt der Zug für BASF zwischen Ludwigshafen und Antwerpen dar. Während in Richtung Ludwigshafen in der Regel 4 Punkte für die Basisversion gelten hier und im Folgenden gleichzeitig als Mindestpunktzahl für alle anderen technischen Varianten, da sie auf der Basisversion aufbauen. 5 Die Zughakengrenzlast liegt allgemein über der Grenzlast der einzelnen Triebfahrzeuge in Einfachtraktion (umfangreiche Stichprobendurchsicht der Übersicht der Grenzlasten der DB Netz AG [DB Ril 491]). Da die Grenzlasten (sowohl Zughakengrenzlast als auch die Grenzlast je nach Triebfahrzeugbaureihe) streckenabhängig sind, kann hier und im Folgenden ohne Kenntnis über alle Züge eines jeweiligen Szenarios samt Streckenverlauf und aktueller Zugmasse keine konkrete Aussage darüber getroffen werden, für welchen Anteil der Züge ab welcher Zugmasse ein stärkeres Kupplungssystem als die SK notwendig wäre. Als Beispiele werden folgende Strecken herangezogen: Die zum Haupt-Nord-Süd-Korridor des SGV in Deutschland gehörende Altbaustrecke Hannover-Fulda durch das deutsche Mittelgebirge hat als niedrigste Zughakengrenzlast 1890 Tonnen auf dem Abschnitt Bebra-Cornberg. Die ebenso zu einem der Hauptgüterkorridore Deutschlands gehörende Strecke von Mannheim nach Basel hat als geringste Zughakengrenzlast 3230 Tonnen auf dem Abschnitt Gundelfingen-Freiburg im Breisgau. Die im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm vielfach diskutierte Geislinger Steige (Abschnitt Geislingen-Amstetten) hat eine Zughakengrenzlast von 1180 Tonnen (Werte jeweils bis 90 km/h gemäß Übersicht der Grenzlasten [DB Ril 491], zu einer Darstellung der Hauptkorridore des SGV siehe Lang [2009, S. 173, Bild 2]). Durchführung der Bewertung 163 die Lastgrenze greift, ist es in umgekehrter Richtung bei hohem Leerwagenanteil die Längengrenze [BASF 2009, Interview]. Chemiezüge von DB Schenker Rail erreichen im groben Schnitt 1 500 bis 1 700 Bruttotonnen bei einer Zuglänge von 400 bis 500 Metern [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview]. Weiterhin ist zu beachten, dass selbst zwischen den großen Chemieparks nicht das notwendige Aufkommen gegeben ist, um mit nennenswert längeren Zügen weiterhin die derzeitigen täglichen bzw. werktäglichen Fahrten aufrecht zu erhalten. So fahren die Systemzüge für BASF zwischen Ludwigshafen und Antwerpen sowie zwischen Ludwigshafen und Schwarzheide wie beschrieben an fünf Tagen in der Woche, bei nur einem Zug pro Tag. Auch der Chemion-Shuttle zwischen den CHEMPARK-Standorten in Leverkusen, Dormagen und Uerdingen – der im Gegensatz zu den BASF-Verkehren kurze Distanzen fährt – verkehrt fünf Mal in der Woche an den Werktagen [Bauer 2006, S. 34]. Eine Verlängerung der Züge bei Reduzierung der wöchentlichen Abfahrfrequenzen würde die Angebotsqualität somit verschlechtern. Eine Erhöhung der Zug-Kapazität bei gleichbleibender Zuglänge durch Erhöhung der Kapazität pro Kesselwagen erscheint unrealistisch6 und ist zudem nicht geboten, da eine Längenproblematik, wie oben gesehen, nur im Falle eines hohen Anteils leerer Fahrzeuge auftritt. Kapazitätsvorteile auf der Strecke durch Angleichung an die Fahrdynamik von Personenzügen gelten im Szenario Chemie analog zum Szenario Montan. Züge von 1600 Tonnen als Grenzwert für die Bremsstellung P mit SK ergeben sich bei vollen vierachsigen Kesselwagen ab rund 18 Wagen, bei einem Mischungsverhältnis voll zu leer von jeweils rund 50 Prozent bei rund 30 Wagen. Es ergeben sich somit im Szenario Chemie für den Fall des Ausschlusses überlanger Züge vier Punkte für die Basisversion, resultierend aus einer möglichen Erhöhung der Zuglänge innerhalb der 740-Meter-Restriktion sowie aufgrund der Verbesserung der Fahrdynamik durch die HBL-Option und Bremsstellung P. Zwei weitere Punkte erhalten die technischen Varianten mit ep-Bremse aufgrund der Verstärkung des Effekts der Angleichung an Personenzüge. Bei Zulassung überlanger Züge erhält die Basisversion zwei zusätzliche Punkte, da der Vorteil längerer Züge auch bei Zügen mit hohem Leerwagenanteil greift und schon die Basisversion als technischer Lösungsansatz für überlange Züge gilt (siehe hierzu Tabelle 4.1 auf Seite 68). 6 Vierachsige Chemiekesselwagen erreichen im beladenen Zustand bis zu 90 Tonnen. Damit ist die Traglast bei vier Achsen und einer maximalen Radsatzlast von 22,5 Tonnen ausgeschöpft. Eine Steigerung der Nutzlast würde somit dreiachsige Drehgestelle erfordern, was die zulässige Gesamtlast des Fahrzeugs bei gleicher Radsatzlast um 50 Prozent auf 135 Tonnen erhöht. Auch nach Abzug des Zusatzgewichts der dreiachsigen Drehgestelle (rund drei Tonnen pro Drehgestell) verbleibt ein möglicher Massenzugewinn für die Gesamte Wagenkonstruktion (ohne Drehgestelle) samt Kessel und Nutzlast von rund 47 Prozent (Beispielrechnung basierend auf einen Chemiekesselwagen des Vermieters Wascosa AG [Wascosa o. J.] und Drehgestellen von Tatravagónka a.s. [Tatravagónka o. J.]). Betrachtet man den Kesselwagen in Abbildung 6.6, ist eine entsprechende Erweiterung des Kesselvolumens unter Beibehaltung eines runden und damit stabilen Kessels sowie des Lichtraumprofils nicht zu erwarten. Erweiterungen weit unter der möglichen Ausschöpfung der neuen Gesamtmasse reduzieren hingegen die Wirtschaftlichkeit derartiger neuer Fahrzeuge aufgrund höherer Fahrzeugkosten. Durchführung der Bewertung 164 Bei den Zügen mit Fertig-Pkw im Szenario Automotive ist aufgrund des spezifisch geringen Gewichts der eingesetzten Güterwagen, insbesondere der offenen PkwTransportwagen, sowie der Ladung innerhalb der 740-Meter-Längengrenze die SK ausreichend. Auch bei den schwereren geschlossenen Wagen ergibt sich hier für die meisten Strecken kein Problem: Ein theoretischer Zug aus 26 geschlossenen Doppeleinheiten der Bauart Hccrrs** hat bei einer Wagenzuglänge von 702 Metern eine Masse von 819 Tonnen.7 Bei 12 Pkw pro Doppeleinheit und angenommenen zwei Tonnen pro Pkw würde der Wagenzug eine Gesamtmasse von rund 1450 Tonnen erreichen. Auch Steigerungen der Auslastung pro Wagen, die maximal moderat zu erwarten sind, führen somit nicht zur Notwendigkeit eines stärkeren Kupplungssystems innerhalb der derzeitigen maximalen Zuglänge. Bei der Zulassung überlanger Züge stellt sich die Frage, ob sie aufgrund der Infrastruktur an den Be- und Entladepunkten realistisch eingesetzt werden können. Neben der Frage der Tauglichkeit der Eisenbahninfrastruktur, d. h. der Gleisanschlüsse in den Automobilwerken, den Compounds und den Hafenterminals, ist es insbesondere für die Automobilhersteller nicht attraktiv, Fahrzeuge für größere Einzelsendungen zu sammeln, da hierfür entsprechender Platz notwendig ist und sich die Wege aus der Produktion zur Pufferung vor der Verladung und von dort auf den Zug im Schnitt verlängern würden, mit entsprechend höherem Personalaufwand und stärkerer zeitlicher Bündelung der notwendigen Verladeaktivitäten. Hinzu kommt eine Verlängerung der durchschnittlichen Lieferzeiten bei gleichzeitig niedrigerer Lieferfrequenz, was durch den hohen Wert der PKW in großem Umfang Kapital bindet. Wie an den dargestellten Hub-Systemen (siehe Seite 146) zu erkennen ist, ist es hingegen der Wunsch der Automobilhersteller, kürzere Züge als heute möglich zu nutzen, um weniger Fahrzeuge lagern zu müssen. Derzeit werden somit auch selten Züge über 1000 Tonnen Bruttolast gefahren [Gasser 2009, Interview]. Aufgrund des dargestellten spezifisch geringen Gewichts der Züge ist keine Mittelpufferkupplung notwendig, um ohne Einschränkungen in Bremsstellung P zu fahren. Zur besseren Angleichung der Fahrdynamik der PKW-Züge an den Personenverkehr greifen in diesem Fall daher nur die technischen Varianten mit ep-Bremse. Im Unterschied insbesondere zum Montanbereich besteht jedoch durchaus Interesse, die Transportdauer zu senken [Gasser 2009, Interview] [DVZ 2009]. Hierzu kann sowohl die Angleichung an den Personenverkehr hinsichtlich Brems- und Anfahrvermögen als auch eine mögliche Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit beitragen.8 Es ergeben sich zusammenfassend im Szenario Automotive lediglich Vorteile durch die Angleichung der Fahrdynamik an den Personenverkehr. Bei der Basisversion greift hier die HBL-Option im Sinne einer schnelleren Anfahrreaktion am Signal, bei den Varianten mit ep-Bremse greifen zusätzlich die Vorteile der gleichzeitigen Bremswirkung im ganzen Zug. Trotz des nicht notwendigen und damit nicht greifenden Vorteils der Bremsstellung P mit aMPK werden die Punkte wie im Bereich Montan vergeben, da 7 Angaben zu Hccrrs**-Wagen aus Altmann [2007] Derzeit können PKW-Transportwagen leer in der Regel 120 km/h, beladen jedoch nur 100 km/h fahren [Gasser 2009, Interview]. 8 Durchführung der Bewertung 165 aufgrund des Eigeninteresses der Branche Automotive an schnelleren Verkehren von einer schnelleren Verbreitung und damit einem schnelleren Wirkungseintritt auszugehen ist. Längere – d. h. auch überlange – Züge sind im KV insbesondere im Bereich des Seehafenhinterlandverkehrs eine angestrebte Option zur Steigerung der Kapazität auf den Zu- und Ablaufstrecken der großen Seehäfen [DB AG 2007, S. 12]. So handelt es sich bei den Versuchsfahrten der DB AG mit überlangen Zügen auf der Relation Rotterdam-Oberhausen auch um Züge des KV [Lang 2009, S. 173]. Bei einer durchschnittlichen Zugmasse von rund 2,1 Tonnen pro Meter beim KV in Deutschland9 ergibt sich innerhalb der 740-Meter-Grenze in der Regel kein Bedarf nach einem stärkeren Kupplungssystem. Bei einem 740-Meter-Zug ergibt sich mit diesem Wert eine Gesamtzugmasse von 1540 Tonnen, abzüglich Lokomotive also rund 1460 Tonnen. Dies bietet Spielraum für eine Erhöhung der Kapazität bei gleichbleibender Zuglänge, ohne dass die Zughakengrenzlast der SK beim Großteil der Strecken problematisch wird. Vorteile durch eine Angleichung der fahrdynamischen Fähigkeiten von KV-Zügen an die des Personenverkehrs ergeben sich analog zum Szenario Automotive. Für Bremsstellung P ist hier ebenso die SK ausreichend, es besteht jedoch auch ein Eigeninteresse der Branchenbeteiligten an kürzeren Transportzeiten (später Ladeschluss und frühe Bereitstellung in den Terminals). Es ergeben sich somit für das Szenario KV ohne Zulassung überlanger Züge für alle technischen Varianten die gleichen Bewertungen wie im Fall Automotive. Bei Zulassung überlanger Züge erhält die Basisversion zwei zusätzliche Punkte. Analog zum Szenario Chemie bieten die großen Hafenterminals mit den vorgelagerten Hafenbahnen unter betrieblichen und gegebenenfalls leichten infrastrukturellen Anpassungen die Möglichkeit, überlange Züge außerhalb des Netzes der DB Netz AG zu bilden. An Zwischenstationen auf dem Weg ins Hinterland können diese Züge aufgeteilt werden und so als herkömmlich lange Züge die Hinterlandterminals erreichen. Für den Bereich der Zugaufteilung sind jedoch entsprechende Infrastrukturen vorzusehen, damit die überlangen Züge während des Trennungsprozesses (bzw. des Bildungsprozesses auf dem Weg in die Häfen) keine Streckengleise blockieren, was dem Wunsch nach einer gesteigerten Streckenkapazität entgegenläuft. Tabelle 7.1 gibt eine Übersicht über die Punktevergabe des Kriteriums Streckenkapazität. Werte in Klammern beziehen sich auf den Fall der Zulassung überlanger Züge. 7.1.2 Kriterium 2: Anlagen Die Eingangsfrage stellt sich analog zum ersten Kriterium, jedoch mit dem Fokus auf Anlagen und nicht auf der Strecke. 9 Wert berechnet aus BVU & ITP [2010, S. 5-44], die ein durchschnittliches Gesamtgewicht bei KVZügen von 1 046 Tonnen bei einer Zuglänge von 502 Metern angeben, geeicht mit Daten von DB Schenker Rail für 2007. Durchführung der Bewertung Technische Variante 166 Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 2 4 (6) 2 2 (4) Zugbus-Variante 2 4 (6) 2 2 (4) Zustandskontroll-Variante 2 4 (6) 2 2 (4) ep-Variante 4 6 (8) 4 4 (6) BP-Variante 2 4 (6) 2 2 (4) Brems-Opt-Variante 4 6 (8) 4 4 (6) Maximal-Variante 4 6 (8) 4 4 (6) Tabelle 7.1: Punktevergabe des Kriteriums Kapazität Strecke Die Kapazität der Anlagen lässt sich durch eine Beschleunigung der darin ablaufenden Rangierprozesse sowie der schnelleren Zugbildung (Herstellung der Abfahrbereitschaft) positiv beeinflussen. Im Fall von Umschlaganlagen und Ladestellen kommt noch die Möglichkeit der Beschleunigung von Ladetätigkeiten hinzu. Bei den betrachteten vier Szenarien finden jedoch mit Ausnahme des KV keine Ladetätigkeiten in öffentlichen Anlagen statt. Da die betrachteten technischen Varianten jedoch keinen Einfluss auf die Umschlagtätigkeiten in den Terminals des KV haben, kommt in der folgenden Bewertung dem Aspekt der Geschwindigkeit der Ladetätigkeiten keine Bedeutung zu. Im Szenario Montan werden Brammen- und Coilganzzüge nicht in öffentlichen Anlagen behandelt, so dass sich hier kein Kapazitätseffekt ergibt. Coilwagen im EWV treten in den Knotenpunkten des Einzelwagennetzes in zu geringem Umfang auf, um dort eine positive Wirkung durch beschleunigte Kuppelfälle zwischen Wagen mit aMPK zu generieren. Lediglich in den letzten bzw. ersten Knotenpunkten vor den Stahlwerken liegen sie in einer erhöhten Konzentration vor. Dort kommen zusätzlich leere Brammenund Coilwagen, die über den EWV den Werken zur Ganzzugbildung zugestellt werden bzw. nach Entladung und Auflösung eines Ganzzuges über den EWV ihrem nächsten Einsatzort zugeführt werden, hinzu. Mit der Basisversion allein sind hier jedoch trotzdem keine allzu großen Prozessbeschleunigungen zu erwarten – vor allem, da die Fußwege von und zur Kuppelstelle nicht entfallen. Varianten mit Zustandskontrolle, die hier einen Vorteil bringen würden, wirken jedoch nur in artreinen Zügen mit aMPK aufgrund des benötigten Zugbusses, was aufgrund anderer Wagengattungen als Coilund Brammenwagen im EWV-Zu- und -Ablauf zu den Stahlwerken nicht gegeben ist. Eine entsprechende Gruppenbildung zur Trennung von aMPK- und SK-Wagen würde dem Ziel einer kürzeren Infrastrukturbelegung entgegenlaufen und den Gesamtaufwand erhöhen. Eine kapazitätsreduzierende Wirkung durch aufwändigere Kuppelfälle aMPKSK wird ebenso wenig erwartet, da das gemischte Kuppeln keinen entsprechenden zeitlichen Mehraufwand bedeutet.10 Als Resultat ergeben sich für alle technischen Varianten im Szenario Montan null Punkte. 10 Siehe Abschnitt 3.5.3. Durchführung der Bewertung 167 Für Chemie- und Druckgaskesselwagen des Szenarios Chemie, die im EWV verkehren (bzw. nach einer Fahrt in einem Chemie-Zugsystem in den EWV übergehen), gilt dasselbe wie für die Brammen- und Coilwagen. Im direkten Zu- und Ablauf zu den Chemieparks können sie zwar einen nennenswerten Anteil am gesamten Aufkommen des jeweiligen Knotenpunkts ausmachen, mögliche Vorteile durch eine aMPK mit Zustandskontrolle würden jedoch durch Wagen im Zugverband ohne aMPK und Zugbus zunichte gemacht. Vorteile in den Sortieranlagen der Chemieparks, wo nahezu ausschließlich Kesselwagen behandelt werden, werden nicht der öffentlichen Infrastruktur zugerechnet. Ein kleiner Vorteil ergibt sich jedoch bei den Systemzügen der Chemieunternehmen, die an öffentlichen Bahnhöfen Zwischenstopps einlegen, um Wagengruppen aufzunehmen oder abzugeben. Diese Zwischenstopps können bei Varianten mit automatischer Bremsprobe (die auch eine Zustandskontrolle beinhalten) beschleunigt werden. Für den letztgenannten Aspekt werden für die BP-Variante, die Brems-Opt-Variante und die Maximal-Variante zwei Punkte vergeben. Die Basisversion sowie alle anderen Varianten erhalten null Punkte. PKW-Distributionsverkehre über den EWV sind nicht Bestandteil des AutomotiveSzenarios. Öffentliche Anlagen – oder private Anlagen, bei denen jedoch freie Kapazitäten sinnvoll an Dritte vermietet werden könnten – werden im Fall der Hubsysteme für Rangiertätigkeiten genutzt. Gleichzeitig kommt diesen Anlagen jedoch auch eine Pufferund Sammelfunktion zu, was den Bedarf nach einer Prozessbeschleunigung in diesen Anlagen einschränkt. Rangier- und Sortierprozesse könnten hier durch die Zustandskontrolle beschleunigt werden, die Zugbildung durch eine automatische Bremsprobe. Aufgrund des geringen zu erwartenden Effekts wegen der sowieso gewünschten Pufferfunktion in diesen Anlagen sowie aufgrund der Tatsache, dass Verkehre über Hubs nicht zwangsläufig sind, werden hier jedoch maximal zwei Punkte vergeben, die somit nur für die technischen Varianten mit größtmöglicher Wirkung, d. h. mindestens mit automatischer Bremsprobe, gelten. Weitere reguläre Kontaktpunkte mit öffentlichen Anlagen kommen bei den Direktoder sogar Shuttlezügen der PKW-Distribution nicht vor. Insofern erhalten die Basisversion und alle Varianten ohne automatische Bremsprobe null Punkte, die technischen Varianten BP, Brems-Opt und Maximal mit automatischer Bremsprobe zwei Punkte. Mit der Ausnahme des Albatross-Netzwerks von Transfracht mit zentraler Drehscheibe in Maschen finden im KV in der Regel keine Wagensortierungen in öffentlichen Anlagen statt. Da Transfracht wie dargestellt jedoch auch zunehmend mit Direkt- und Shuttlezügen arbeitet, wird dem Spezialfall des Drehkreuzes Maschen in der Bewertung keine Beachtung geschenkt. Bei den Terminals des KV handelt es sich jedoch, wie oben bereits angedeutet, um öffentliche Anlagen. Kapazitätssteigernde Vorteile, die sich hier durch die einzelnen technischen Varianten ergeben können, sind also zu bewerten. Aufgrund des starken Aufkommenswachstums im KV sehen sich die Terminals vielfach Kapazitätsengpässen ausgesetzt, womit diesem Aspekt eine besondere Bedeutung zukommt. Eine Beschleunigung der Ladetätigkeiten kann mit den gegebenen technischen Varianten nicht erreicht Durchführung der Bewertung 168 werden, jedoch eine schnellere Freigabe der Ladegleise nach Ladeabschluss bzw. Neubelegung durch einen neuen Zug. Im Falle notwendiger Rangiertätigkeiten zur Aufteilung eines Zuges auf zwei unterzuglange Ladegleise ergeben sich bereits Vorteile durch eine aMPK mit Zustandskontrolle. Weitere Vorteile bei Rangierprozessen kommen durch die Möglichkeit zum ferngesteuerten Entkuppeln hinzu. Züge, die direkt in den Ladegleisen auf ihre Abfahrbereitschaft geprüft werden, profitieren von technischen Varianten mit automatischer Bremsprobe. Es werden somit zwei Punkte für die Zustandskontroll-Variante vergeben. Die BPVariante und die Brems-Opt-Variante, die zusätzlich über die automatische Bremsprobe verfügen, erhalten vier Punkte. Sechs Punkte erreicht die Maximal-Variante, bei der noch die Fähigkeit zum ferngesteuerten Entkuppeln hinzukommt. Durch die Zulassung überlanger Züge ergeben sich für alle Szenarien keine Änderungen. Die Übersicht aller Bewertungen findet sich in Tabelle 7.2. Technische Variante Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 0 0 0 0 Zugbus-Variante 0 0 0 0 Zustandskontroll-Variante 0 0 0 2 ep-Variante 0 0 0 0 BP-Variante 0 2 2 4 Brems-Opt-Variante 0 2 2 4 Maximal-Variante 0 2 2 6 Tabelle 7.2: Punktevergabe des Kriteriums Kapazität Anlagen 7.1.3 Kriterium 3: Ressourceneinsatz Reduziert sich durch die Innovation der bei gleicher Leistung benötigte Ressourcenaufwand bezüglich Personal, Material und Energieverbrauch, so dass die gleiche Leistung mit einem geringeren Kostenaufwand erbracht werden kann? Bei allen vier Szenarien wird nicht davon ausgegangen, dass sich mit Umlaufbeschleunigungen Einsparungen beim eingesetzten Rollmaterial ergeben. Sowohl Beschleunigungspotentiale im Rangierbetrieb als auch bei der Streckenfahrt werden in einer pauschalen Abschätzung für alle Fälle als nicht ausreichend angesehen, um bei den gegebenen Randbedingungen wie Beladezeiträumen, Transportdistanzen und Zugfrequenzen mehr Umläufe pro Zeiteinheit als bisher mit denselben Wagengarnituren zu fahren. Hinsichtlich des eingesetzten Fahrzeugmaterials bleibt die Möglichkeit der Einsparung von Rangierlokomotiven an den Endpunkten. Vorteile durch Prozessbeschleunigungen beim Rangieren sind insbesondere im Szenario Montan und noch stärker im Szenario Chemie zu erwarten. Im Szenario Montan verfügen mit den Brammen- und Coilwagen ein Großteil der Wagen in den Werkbahnen der Stahlwerke über eine aMPK, Durchführung der Bewertung 169 bei den Werkbahnen der Chemieparks des Szenarios Chemie sind es fast alle Wagen. Zudem ist im Szenario Chemie der Zugbildungs- und Zerlegeaufwand sowie der Distributionsverkehr innerhalb der Werke stärker ausgeprägt, vor allem da vielfach bis auf Einzelwagen zerteilt wird, wodurch wesentlich mehr Kupplungsvorgänge vorliegen.11 In den Szenarien Automotive und KV ist der Rangieraufwand vergleichsweise gering, womit hier auch die Einsparpotentiale klein sind. Es stellt sich demnach für die Szenarien Montan und Chemie die Frage, ob die Prozessbeschleunigungen bei einzelnen Rangiervorgängen dazu geeignet bzw. ausreichend sind, die Anzahl der in den Werkbahnen vorgehaltenen Rangierlokomotiven zu reduzieren, oder ob sich nur deren ineffektive Standzeit zwischen den schneller erledigten Rangiertätigkeiten erhöht. Zur Abschätzung dieser Fragestellung für den Chemiebereich ist die Rangiersimulation, die vom Autoren im Rahmen des Projekts FlexCargoRail zur Abschätzung des Potentials selbstangetriebener Güterwagen erstellt wurde12 , für den Fall des Vergleichs von Kupplungssystemen angepasst worden. Dabei wurde der gesamte Tagesablauf einer Rangierlok in einem Chemiepark der Bayer AG auf Basis realer Auftragsdaten in der Simulation nachgebildet und mit einem Simulationsfall unter der Annahme des Einsatzes einer halbautomatischen aMPK wie der Basisversion verglichen. Es zeigte sich, dass sich die Gesamteinsatzzeit der Lokomotive bei Einsatz der aMPK um lediglich 3,5 Prozent reduziert. Dieser geringe Zeitvorteil verteilt sich zudem über den ganzen Tag. Größere Vorteile sind zwar mit einer Erhöhung des Automatisierungsgrades wie einer Zustandskontrolle oder einem ferngesteuerten Abkuppeln zu erwarten. Aufgrund vielfältiger Fußwege entlang des Zuges, die auch unabhängig vom Kupplungssystem bestehen bleiben13 , ist jedoch auch dann nicht von einer derartigen Steigerung auszugehen, die in einem Chemiepark üblicher Größe die Reduktion der Anzahl von Rangierlokomotiven rechtfertigt. Für den Bereich Montan liegen keine entsprechenden Simulationsergebnisse oder Ablaufprogramme der eingesetzten Triebfahrzeuge vor, es ist jedoch nach den vorliegenden Informationen nicht von einer vorteilhafteren Situation auszugehen. Analog zum Aspekt der Rangierlokomotiven sind Einsparmöglichkeiten beim entsprechenden Rangierpersonal eingeschränkt, jedoch können diese immerhin noch flexibler für andere Tätigkeiten in den neuen oder verlängerten Rangierpausen eingesetzt werden, so dass einer aMPK hier vor allem mit steigendem Automatisierungsgrad bei den Kupplungsprozessen ein leichter Vorteil eingestanden wird. Personaleinsparungen sind auch in den Sortieranlagen der großen Werkbahnen möglich, wenn z. B. in den Richtungsgleisen der Ablaufanlagen nicht mehr von Hand gekuppelt werden muss bzw. im Fall des Vorhandenseins einer Zustandskontrolle eine Behandlung der dort neu gebildeten Wagenzüge vor dem Abziehen in die Ausfahrgruppe komplett entfallen kann. Aufgrund des höheren Zugzerlegungsgrades und des damit einhergehenden höheren Sortierungsaufwands bei den Chemieverkehren ist hier wieder von einem höheren Potential als beim Szenario Montan auszugehen. 11 Siehe hierzu auch die weitergehenden Erläuterungen beim nächsten Kriterium, bei dem noch einmal speziell auf die Arbeitsabläufe und -situation in Chemieparks eingegangen wird. 12 Siehe hierzu FlexCargoRail [2009, S. 77ff] und Stuhr & Dickenbrok [2009, S. 231f]. 13 Siehe auch hierzu weiterführende Erläuterungen beim nächsten Kriterium. Durchführung der Bewertung 170 Im Szenario Automotive kann sich bei Einsatz der Schiebebühne der Personaleinsatz reduzieren, wenn eine aMPK der Maximal-Variante zum Einsatz kommt, die auch selbsttägig entkuppeln kann. Hierzu müssten jedoch auch weitere Funktionen der Tragwagen automatisiert werden. Bisher ist eine Person mit dem Entkuppeln und Kuppeln der Wagen, Anpassen der Höhe der oberen Ebene, Überprüfen der Position der Ladeklappen usw. durchgängig beschäftigt. Ohne eine Automatisierung aller dieser Funktionen, was vollständig neue Wagen bedingen würde, reduziert sich lediglich der Tätigkeitsumfang, jedoch nicht die Arbeitszeit. Zusätzlich zu möglichen Prozessbeschleunigungen beim Rangieren greifen bei Integration einer automatischen Bremsprobe zudem Personalaufwands-relevante Vorteile bei der Herstellung der Abfahrbereitschaft der Züge. Dieser Aspekt gilt neben den soeben behandelten Szenarien auch bzw. insbesondere für die Szenarien Automotive und KV, da dort diese Vorgänge einen besonders hohen Anteil am Gesamtaufwand ausmachen. Weiterhin stellt sich die Frage nach der Reduzierung des notwendigen Infrastrukturaufwands für die Szenarien Montan, Chemie und Automotive. Für das Szenario KV, dessen Umschlaganlagen öffentlich sind, ist dieser Aspekt bereits beim Systemvorteil beachtet worden. Während bei den Szenarien Montan und Chemie durch die bereits behandelten Prozessbeschleunigungs-Potentiale bei Rangier- und Sortiervorgängen insbesondere in den zentralen Sortieranlagen der großen Werkbahnen und bei der Zugvorbereitung Infrastrukturbelegungszeiten durch einzelne Vorgänge reduziert und bei der Vielzahl der Vorgänge in diesen Anlagen vielfach sinnvoll für weitere Vorgänge (z. B. im Rahmen eines Aufkommenswachstums) genutzt werden können, ist bei den kleineren Anlagen im Szenario Automotive, die überwiegend aus den Ladegleisen selbst bestehen, eine vorteilhafte Nutzung möglicher freigewordener Kapazitäten durch eine kürzere Belegung dieser Gleise eher unwahrscheinlich. Im Fall großer Automobilwerke liegen zwar zum Teil auch große Werkbahnen vor, bei diesen macht die Nutzung zentraler Knoten durch die Fertigfahrzeugdistribution – vor allem, wenn die Züge zur Beladung nur wenig geteilt werden und wenn, wie in dem Szenario zulässig, nur einzelne Spediteure eine aMPK nutzen – nur einen geringen Teil der Belegungszeiten aus. Weitere Verkehre sind dort, wie z. T. bereits erwähnt, z. B. Brennstofftransporte im Falle eigener Kraftwerke (wie beim VW-Werk in Wolfsburg), Komponentenverkehre zwischen den Werken, die Belieferung mit Coils und die Schrottentsorgung [von Steimker 2009, Interview]. Es können so zwar alternative Nutzungsansprüche vorliegen, die Potentiale für Kapazitätsgewinne sind jedoch gering.14 Analog bedeutet dieses Argument ein geringeres Potential im Szenario Montan gegenüber der Chemie, da dort in den zentralen Anlagen neben den umgerüsteten Brammen- und Coilwagen noch vielfach andere Verkehre mit SK vorhanden sein werden (z. B. Transporte von Kohle, Erz, Schrott, Kalk und Sand). Möglichkeiten zur Senkung des Energieverbrauchs ergeben sich an zwei Stellen. Zum einen bei den Rangiervorgängen, wenn die Rangierprozesse beschleunigt werden 14 Aus Sicht der Automobilindustrie mag eine Kombination der Szenarien Automotive und Montan interessant sein, da beide eine Auswirkung auf ihre Anlagen hätten. Szenarien-Kombinationen werden in dieser Arbeit jedoch nicht beachtet. Durchführung der Bewertung 171 können. Während aller Prozesse rund um die Kupplungsvorgänge und zum Teil auch bei der Zugbildung laufen die Dieselmotoren der jeweiligen Rangierlokomotiven trotz Stillstands des Fahrzeugs, weshalb es aus energetischen Gründen sinnvoll ist, diese Motorleerlaufzeiten zu minimieren. Analog zu den bereits behandelten Effekten im Zusammenhang mit Rangier-Prozessbeschleunigungen greift dieser Effekt in den Szenarien Chemie und Montan – in dieser Reihenfolge – besonders stark, ebenso steigt er mit dem Automatisierungsgrad des Kupplungssystems (Basisversion – Zustandskontrolle – ferngesteuertes Entkuppeln). Zum Zweiten könnten sich Energieeinsparungen bei der Streckenfahrt durch eine bessere Regulierung der Bremse – z. B. einem schnelleren Lösen der Bremse zum Wiederbeschleunigen noch vor Stillstand des Zuges – bei Einsatz einer ep-Bremse ergeben. Dazu, ob dieser Effekt einen nennenswerten Umfang erreichen kann, liegt keine zitierfähige Literatur vor. Er wird somit bei der folgenden Punktevergabe nicht berücksichtigt.15 Die letzte zu erwähnende Möglichkeit zur Reduktion des Ressourcenaufwands ist die Reduktion von Trassenkosten durch Einsparungen von Zugfahrten bei einer höheren Auslastung der Züge. Wie bereits beim ersten Kriterium (Abschnitt 7.1.1) wird dieser Fall im Szenario Montan ausgeschlossen. Nennenswerte Effekte wären in den anderen Szenarien erst mit einer Verlängerung der Züge über den heutigen Grenzwert hinaus zu generieren (siehe hierzu ebenfalls Abschnitt 7.1.1), was jedoch bei diesem Kriterium nicht bewertet wird. Zusammenfassend ergeben sich also im Wesentlichen Möglichkeiten zur Reduktion der Rangierlokomotiv-Einsatzzeiten, wenn auch in seltenen Fällen ausreichend zur Reduktion der vorgehaltenen Lokomotiven, der Personal-Einsatzzeiten, der InfrastrukturBelegungszeiten und des Energieverbrauchs durch eine Beschleunigung von Rangierprozessen, was überwiegend in den Szenarien Chemie und Montan greift und mit steigendem Automatisierungsgrad des Kupplungssystems steigende Vorteile bringt. Hinzu kommen entsprechende Vorteile durch den Einsatz einer automatischen Bremsprobe bei allen vier Szenarien, wobei der Aspekt des Energieverbrauchs hier nur greift, wenn die Bremsprobe mit einen Dieseltriebfahrzeug erfolgt.16 Beim KV ist jedoch zu beachten, dass die Infrastruktur öffentlich ist und kürzere Belegungszeiten somit nicht im Bereich des Eigenvorteils greifen, solange die Nutzungsgebühren den Vorteil nicht widerspiegeln. Analoges gilt vor allem ebenfalls im KV, aber auch im Bereich Automotive, für Rangierlokomotiv-Einsatzzeiten samt Lokomotiv-Personal, wenn es sich dabei um einen externen Dienstleister handelt. Werden von diesen Dienstleistern die Preise aufgrund des reduzierten Aufwands gesenkt, ist dies ein besonderer Vorteil für die KV- oder Automotive-EVU, da sie nicht das Problem eines möglichen schlechteren Verhältnisses zwischen Einsatz- und Standzeit der Rangierlokomotiven haben. Daraus resultierend werden für das Szenario Chemie für die Prozessbeschleunigungen bei Rangiervorgängen der Werkbahnen zwei Punkte für die Basisversion, vier Punk15 Die in Unterkapitel 4.4 erwähnte Energieeinsparung bei Einsatz der ECP-Bremse in Nordamerika bezieht sich auf den Vergleich zur einlösigen AAR-Bremse, während die in Europa übliche Bremse nach UIC-Standard bereits mehrlösig ist. 16 Alternativen sind hier elektrische Streckenlokomotiven oder örtliche Bremsprobeanlagen. Durchführung der Bewertung 172 te für die Varianten mit Zustandskontrolle und sechs Punkte bei zusätzlichem ferngesteuerten Entkuppeln gegeben. Für das Szenario Montan wird die Bewertung etwas niedriger mit einem, zwei und drei Punkten angesetzt. Die Szenarien Automotive und KV erhalten für diesen Aspekt für die Basisversion keine Punkte, im Falle einer Zustandskontrolle werden ein und im Falle eines ferngesteuerten Entkuppelns zwei Punkte vergeben, da diese Erweiterungen im Falle unterzuglanger Ladegleise effektiv die Fußwege der Rangierer verkürzen. Allen Szenarien werden zudem für eine automatische Bremsprobe zwei Punkte gegeben, so dass sich insgesamt die in Tabelle 7.3 dargestellten Bewertungen ergeben. Technische Variante Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 1 2 0 0 Zugbus-Variante 1 2 0 0 Zustandskontroll-Variante 2 4 1 1 ep-Variante 1 2 0 0 BP-Variante 4 6 3 3 Brems-Opt-Variante 4 6 3 3 Maximal-Variante 5 8 4 4 Tabelle 7.3: Punktevergabe des Kriteriums Ressourceneinsatz 7.1.4 Kriterium 4: Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit Führt die Innovation zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitssicherheit, so dass sich dies positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt? Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Allgemeinen und damit auch der Arbeitssicherheit im Speziellen sind durch die Wahl eines mindestens teilautomatisierten Kupplungssystems sowie der damit gekoppelten Innovationen im Wesentlichen durch zwei Aspekte erreichbar. Zum einen handelt es sich um die Erleichterung des Kupplungsvorgangs selbst, zum anderen um die Reduzierung von teilweise langen Fußwegen im Gleisbereich entlang der Züge oder Rangierabteilungen, die häufig auf unebenem Untergrund wie dem Schotterbett und bei allen Wetter- und Lichtbedingungen erfolgen müssen. Der größte Effekt ist im Szenario Chemie zu erwarten. Hier ist der Zugzerlegungsund Bildungsaufwand absolut am höchsten, viele Mitarbeiter in den großen Chemieparks verbringen große Teile ihrer Arbeitszeit mit Kuppeln und der Zugvorbereitung. Bei den Kupplern in den Richtungsgleisen am Ablaufberg ist das Kuppeln und Schlauchen die einzige Tätigkeit der dort eingesetzten Mitarbeiter. Auch bei den Bedienfahrten der Ladestellen ist der Kupplungsaufwand sehr hoch. Da die Bedienfahrten in der Regel mit mehreren Wagen für verschiedene Ladestellen stattfinden, ist die jeweilige Kuppelstelle auch nur in Einzelfällen direkt zwischen der Lokomotive und dem ersten Wagen, so dass eine automatische Rangierkupplung nicht in allen Fällen hilft. Durchführung der Bewertung 173 Bereits die Basisversion bringt hier große Vorteile, ebenso bei allen weiteren Rangiertätigkeiten im Bereich der werkseigenen Sortieranlagen (Ablauf- oder Flachrangieranlagen). Es entfällt das Betreten des Berner Raums zum Einhängen des Kupplungsbügels der SK und damit das Hindurchbücken unter den Seitenpuffern. Im Bereich der Ladestellen, bei denen die Gleise vielfach eingepflastert sind, muss sich dafür besonders tief gebückt werden. Ebenso entfällt das Heben des schweren Kupplungsbügels. Da im Szenario Chemie von einer Umrüstung aller Kesselwagen ausgegangen wird, werden sich im Werksbereich kaum gemischte Kuppelfälle oder Kuppelfälle SK-SK ergeben. Verfügt die aMPK über eine Zustandskontrolle, erhöhen sich die Vorteile durch den Wegfall vieler Fußwege des Rangierpersonals insbesondere im Bereich der Sortieranlagen. So müssen bei einer Ablaufanlage die Wagenzüge vor dem Abziehen aus den Richtungsgleisen in die Ausfahrgleise überhaupt nicht mehr abgegangen werden. Im Bereich der Ladestellenbedienung entfällt ebenso der ohne Zustandskontrolle notwendige Kontrollblick auf gerade frisch gekuppelte Kupplungen. Aufgrund der Notwendigkeit, vor dem Abziehen eines Wagens aus der Ladestelle dessen Festlegung zu lösen und zu kontrollieren, ob tatsächlich alle Ladetätigkeiten abgeschlossen sind, können Fußwege zwischen Spitze und Ende des Rangierverbandes dennoch häufig nicht entfallen. Da im Bereich der Ladestellen jedoch in der Regel nicht im Schotterbett oder in sonstigem unebenem Untergrund zwischen oder neben den Gleisen gelaufen werden muss, sondern da – wie oben erwähnt – die Gleise eingepflastert sind oder sich unmittelbar daneben Fahrwege für Straßenfahrzeuge befinden, sind hier die Fußwege weniger kritisch hinsichtlich der Gefahr z. B. des Umknickens zu sehen. Zusätzliche Vorteile im Rangierbetrieb sowohl in der Ladestellenbedienung als auch in den Sortierbereichen ergeben sich durch die Möglichkeit des ferngesteuerten Entkuppelns. Das Betätigen einer Fernsteuerung stellt eine weitere Erleichterung gegenüber dem Betätigen des mechanischen Bedienhebels einer aMPK dar. Analog zum selbsttätigen Ankuppeln mit Zustandskontrolle ergeben sich dennoch vielfach Wege entlang der Rangierverbände, um die von der Rangiereinheit mit Triebfahrzeug zu lösenden Fahrzeuge sicher festzulegen. Bei der Zugbildung ergeben sich durch die Varianten mit automatischer Bremsprobe weitere Wegeinsparungen, wenn nur noch die im Rahmen der WU notwendigen Wege entlang des fertig gekuppelt und geschlauchten Zuges (eine Seite hin, andere Seite zurück) notwendig sind und mindestens ein sonst im Rahmen der Bremsprobe notwendiger zusätzlicher Gang entfallen kann. Da die größte zu erwartende Einzelwirkung dem Wegfall des beschwerlichen Kuppelns der SK zuzuordnen ist, werden bereits der Basisversion vier Punkte für einen bereits nennenswerten, jedoch noch zu steigernden Vorteil gegeben. Eine derartige Steigerung erfolgt für den Bereich des Kuppelns durch die Zustandskontrolle (plus einen Punkt) und das ferngesteuerte Entkuppeln (plus einen weiteren Punkt). Der Reduzierung der Wege bei der Bremsprobe werden zwei weitere Punkte zugesprochen. So ergeben sich im Szenario Chemie vier Punkte für die Basisversion, die Zugbus- und ep-Variante, fünf Punkte für die Zustandskontroll-Variante, sieben Punkte für die BPund Brems-Opt-Varianten und acht Punkte für die Maximal-Variante. Durchführung der Bewertung 174 Im Szenario Montan sind der Zugzerlege- und Bildungsaufwand sowie die werksinterne Sammlung und Verteilung nicht ganz so stark ausgeprägt wie im Szenario Chemie. Ladestellen werden vielfach mit Wagengruppen und nicht mit Einzelwagen bedient. Die schweren Stahlzüge sind tendenziell kürzer als die Chemiezüge, so dass in der Zugvorbereitung die Wege entlang der Züge bei der Bremsprobe und WU kürzer sind und sich hier demnach auch bei Varianten mit automatischer Bremsprobe ein leicht geringerer Effekt als beim Chemie-Szenario einstellt. Diese leichte erwartete Abschwächung der möglichen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der Arbeitssicherheit führen zum Abzug eines Punktes aller Varianten gegenüber dem Chemie-Szenario. Argumente für eine Änderung des Verhältnisses der technischen Varianten untereinander liegen nicht vor. Es werden demnach drei Punkte für die Basisversion, die Zugbus- und epVariante, vier Punkte für die Zustandskontroll-Variante, sechs Punkte für die BP- und Brems-Opt-Varianten und sieben Punkte für die Maximal-Variante vergeben. Bei den Szenarien Automotive und KV ergeben sich hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Arbeitssicherheit keine bewertungsrelevanten Unterschiede. Wegen einer vergleichsweise geringen Zerlegung der überwiegend als Direktzüge bzw. als Shuttlezüge verkehrenden Einheiten ist der gesamte Rangieraufwand relativ gering, Kupplungsprozesse stellen nur einen geringen Arbeitsanteil der entsprechenden Mitarbeiter dar. Es wird daher in Abgrenzung zu den anderen beiden Szenarien für die Basisversion nur ein Punkt vergeben. Wie bei den beiden anderen Szenarien kommt es jedoch mit der Zustandskontrolle und dem ferngesteuerten Entkuppeln zu leichten Steigerungen des Vorteils (je plus einen Punkt). Der Zugvorbereitung wir hier jedoch ein größeres Gewicht als bei den Szenarien Montan und Chemie gegeben. Die Bedeutung im Ablauf der Tätigkeiten der im Gleisbereich Beschäftigten ist relativ höher anzusehen, zudem sind die Wagenzüge vergleichsweise lang. Somit ergibt sich durch die Einsparung eines oder sogar mehrerer Wege entlang der Züge eine bedeutende Erleichterung. Es werden daher für die BP-Funktion drei zusätzliche Punkte gegeben. Es resultieren jeweils ein Punkt für die Basisversion, die Zugbus- und ep-Variante, zwei Punkte für die Zustandskontroll-Variante, fünf Punkte für die BP- und Brems-Opt-Varianten und sechs Punkte für die Maximal-Variante. Die Zusammenstellung der Punkte des Kriteriums Arbeitsbedingungen und -sicherheit findet sich in Tabelle 7.4. Technische Variante Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 3 4 1 1 Zugbus-Variante 3 4 1 1 Zustandskontroll-Variante 4 5 2 2 ep-Variante 3 4 1 1 BP-Variante 6 7 5 5 Brems-Opt-Variante 6 7 5 5 Maximal-Variante 7 8 6 6 Tabelle 7.4: Punktevergabe des Kriteriums Arbeitsbedingungen und -sicherheit Durchführung der Bewertung 7.1.5 175 Kriterium 5: Transportdauer Leistet die Innovation einen Beitrag zur Reduzierung der Transportdauer vom Versender zum Empfänger? Reduktionen der Zeit zwischen Ladeschluss im Ausgangsbahnhof bis zur Bereitstellung im Zielbahnhof können sowohl durch eine Verkürzung der Zeiten zwischen Ladeschluss und Zugabfahrt bzw. zwischen Zugankunft und frühestem Zeitpunkt für den Beginn der Ladetätigkeit als auch durch eine Verkürzung des Zeitaufwands der Zugfahrt selbst erfolgen. Vorgänge zwischen Ladeschluss und Zugabfahrt sind beispielsweise Sammel- und Sortierprozesse und sonstige Rangiertätigkeiten, wie sie z. B. bei den Werkbahnen im Chemiebereich sehr umfangreich stattfinden, sowie die Feststellung der Abfahrbereitschaft des Zuges, was z. B. die Bremsprobe beinhaltet. Zu den Prozessen zwischen Zugankunft und frühestem Zeitpunkt für den Beginn der Ladetätigkeit zählen die Zugauflösung und jegliche Rangierprozesse bis zur Bereitstellung an der Ladestelle. Auf mögliche Beschleunigungen bei diesen Prozessen ist bereits beim Kriterium Ressourceneinsatz eingegangen worden, so dass hier auf die dort aufgeführten Argumente verwiesen wird. Verkürzungen der Zugfahrten basieren auf einer Erhöhung der Durchschnittsgeschwindigkeit. Dies kann zum einen durch eine höhere Maximalgeschwindigkeit erfolgen, zum anderen können hier die Vorteile einer besseren, d. h. dem Personenverkehr ähnlicheren, Fahrdynamik helfen. Letzteres kann z. B. erfolgen, indem die Güterzüge besser in den Personenverkehr eingetaktet werden und somit weniger in Überholgleise geschickt werden müssen oder indem sie nicht ausschließlich auf die Nachtstunden mit generell langsamerem Verkehr beschränkt sind. Für die Szenarien Montan und Chemie greift hier bereits die Basisversion mit der Möglichkeit, die Züge in Bremsstellung P zu fahren, was einen positiven Effekt für die Bremsleistungsfähigkeit und damit die zulässige Maximalgeschwindigkeit hat. Darüber hinaus ergeben sich Verbesserungen mit einer ep-Bremse, was ebenso für die beiden weiteren Szenarien zutrifft. Im Szenario Montan sind die Potenziale für Verkürzungen der Fahrzeiten der Zugfahrt jedoch relativ gering. Die Brammenverkehre, die als Ganzzug verkehren, haben vergleichsweise geringe Transportdistanzen, so dass hier nur ein geringes Potential für Fahrzeitverkürzungen vorliegt. Gleiches gilt für Ganzzüge mit Warmbandcoils (siehe Abschnitt 6.2.2). Für Coilverkehre, die über den EWV abgewickelt werden, ergibt sich keine Änderung. Im Chemie-Szenario kann der Geschwindigkeitsvorteil grundsätzlich bei den Chemie-Systemzügen zwischen den Chemieparks ausgespielt werden. Diese können lange Laufweiten haben, wie beim Fallbeispiel BASF mit den Verbindungen zwischen Ludwigshafen und Antwerpen bzw. Schwarzheide mit entsprechend hohen Potentialen für die Transportzeitverkürzung. Andere dieser Systemzüge haben hingegen relativ geringe Laufweiten, wie beim Fallbeispiel von Chemion/Bayer mit den kurzen Distanzen des Shuttle-Verkehrs zwischen Dormagen, Uerdingen und Leverkusen. Hier sind die Transportzeitverkürzungspotentiale entsprechend geringer. Bei den Szenarien Durchführung der Bewertung 176 Automotive und KV greift der Geschwindigkeitsvorteil stärker aufgrund verhältnismäßig langer Laufweiten der meisten Verbindungen, der mögliche Vorteil durch Rangierprozessbeschleunigungen ist im Verhältnis dazu geringer. Es ergeben sich demnach für das Szenario Montan überwiegend Vorteile aus Rangierprozessverkürzungen und der automatischen Bremsprobe. Die Unterschiede zwischen den einzelnen technischen Varianten sind weitestgehend analog zu denen beim Kriterium Ressourceneinsatz, lediglich die Gesamtbedeutung der Effekte ist hier geringer einzuschätzen. Da dies ohne Zulassung weiterer Zwischenwerte (halbe Punkte) nicht möglich ist, müssen leichte Verzerrungen hingenommen werden. Leichte Vorteile durch die Möglichkeit schnellerer Streckenfahrten kommen zudem hinzu. Die Punktevergabe erfolgt mit einem Punkt für die Basisversion (geringe Vorteile außerhalb der Zugfahrt und geringe Vorteile bei der Zugfahrt), zwei Punkte ab der Zustandskontrolle wegen einer Erhöhung der Vorteile außerhalb der Zugfahrt, weitere Punkte für Beschleunigungen außerhalb der Zugfahrt bei Einsatz einer automatischen Bremsprobe (+1) und bei einer automatischen Entkopplung (ebenfalls +1), sowie ein weiterer Punkt für alle Varianten mit ep-Bremse wegen einer weiteren leichten Verbesserungsmöglichkeit auf der Strecke. Die resultierenden Punkte finden sich in Tabelle 7.5. Technische Variante Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 1 3 0 0 Zugbus-Variante 1 3 0 0 Zustandskontroll-Variante 2 4 0 0 ep-Variante 2 4 4 4 BP-Variante 3 5 2 2 Brems-Opt-Variante 4 6 6 6 Maximal-Variante 5 7 6 6 Tabelle 7.5: Punktevergabe des Kriteriums Transportdauer Im Szenario Chemie sind, wie schon beim Ressourceneinsatz, die Potentiale durch Rangierprozessverkürzungen und die Bremsprobe größer. Ebenso wird von vielfach längeren Distanzen ausgegangen, was die Potentiale bei Streckenfahrt erhöht. Dies wird durch eine Erhöhung um zwei Punkte für alle technischen Varianten abgebildet. Die relativen Abstände zwischen den technischen Varianten bleiben somit gleich, da für diese die gleichen Begründungen wie beim Montan-Szenario sowohl bei den Potentialen außerhalb der Zugfahrt als auch bei der Zugfahrt vorliegen. Wie beim Ressourceneinsatz erfolgt hier eine Gleichbewertung der Szenarien Automotive und KV, da auch bezüglich möglicher Effekte auf der Strecke starke Ähnlichkeiten zwischen beiden Szenarien vorliegen. Beschleunigungen auf der Strecke sind, wie bereits dargestellt, erst mit Einsatz einer ep-Bremse möglich. Nennenswerte Vorteile außerhalb der Strecke wurden schon beim Ressourceneinsatz erst ab Vorhandensein einer Zustandskontrolle gesehen. Ihre Wirkung auf die Gesamttransportdauer ist jedoch so gering anzusehen, dass hierfür an dieser Stelle kein Punkt vergeben wird. Es Durchführung der Bewertung 177 erhalten somit die Basisversion sowie die Zugbus- und die Zustandskontroll-Variante null Punkte. Die möglichen Effekte auf eine Transportzeitverkürzung durch eine mittlere höhere Fahrgeschwindigkeit werden, wie bereits angedeutet, hingegen relativ hoch eingeschätzt. Es erfolgt eine Vergabe von vier Punkten. Durch Verkürzungen des Zeitaufwandes durch eine automatische Bremsprobe werden zwei weitere Punkte vergeben, der Aspekt des automatischen Entkuppelns bei der Maximal-Variante findet analog zur Zustandskontrolle keine Beachtung. 7.1.6 Kriterium 6: Flexibilität Ermöglicht es die Innovation den Eisenbahnunternehmen flexibler auf Kundenwünsche zu reagieren? Das Problem der aus Sicht der Kunden mangelnden Flexibilität des SGV ist überwiegend auf technisch-organisatorische Gründe wie Fahrplanbindung, räumliche Einschränkungen (Netzdichte) und Verfügbarkeiten von Rollmaterial zurückzuführen, die insbesondere im Vergleich zum LKW zu längeren Vorlaufzeiten bei der Transportorganisation führen. Die Möglichkeiten, allein durch fahrzeugtechnische Innovationen in diesem Bereich Verbesserungen zu generieren, sind somit stark eingeschränkt. Ein positives Beispiel ist der Einsatz von Telematikanwendungen zur Fahrzeugortung, was den Überblick über die Fahrzeugverfügbarkeit (Fahrzeugdisposition) verbessern helfen kann [Wichelhaus 2005, S. 299] [Brennecke 2012, S. 70ff]. Entsprechende Telematiksysteme sind jedoch nicht von einer aMPK mit Zugbus oder elektrischer Energieleitung abhängig. Bei den bisherigen Anwendungsfällen haben sich wagenautarke Systeme mit Energiespeicher und eigenem Funkmodul auf Mobilfunkbasis (GSM17 oder GPRS18 ) durchgesetzt [Rieckenberg 2007, S. 632f] [Wichelhaus 2005, S. 298f]. Auch wenn an dieser Stelle somit für keine Alternative Vorteile ausgemacht werden können, ist das Kriterium Flexibilität relevant für das Thema aMPK: Da von Szenarien ausgegangen wird, die nur Teilumrüstungen des vorhandenen Güterwagenparks vorsehen, kann es zu Einschränkungen hinsichtlich der Flexibilität bei der Wagenverwendbarkeit kommen. Umgerüstete Wagen sollten nur dort eingesetzt werden, wo sie einen Mehrwert bringen, und dürfen nur dort eingesetzt werden, wo entsprechende Kenntnis über den Umgang mit den Wagen vorliegt. Es kommt somit an dieser Stelle teilweise zu negativen Effekten. Das Szenario Montan sieht gemäß der gemachten Definition die Umrüstung aller Brammen- und Coilwagen des in diesem Marktbereich monopolartigen Halters DB Schenker Rail vor. Da damit der überwiegende Teil der Wagen der betrachteten Verkehre umgerüstet ist, ist weiterhin eine hohe Flexibilität gegeben. Einschränkungen gibt es jedoch dort, wo noch Wagen anderer Halter genutzt werden, z. B. Wagen von CFL Cargo im Fall von ArcelorMittal. Zudem wird den Wagenkunden, die bisher ausschließlich DB-Kunden sind, die Möglichkeit erschwert, die genutzte Flottenstruktur über mehrere Anbieter – ggf. auch vollkommen neue – zu diversifizieren. 17 18 Global System for Mobile Communications General Packet Radio Service Durchführung der Bewertung 178 Da das Szenario Chemie von der Umrüstung (mindestens) aller Kesselwagen im Verkehr in und mit Deutschland ausgeht, ist hier keine Flexibilitätseinbuße anzunehmen. Im Gegensatz zum Chemie-Szenario ist das Szenario Automotive, bei dem nur von der Umrüstung der Wagen eines Transportanbieters oder weniger Transportanbieter ausgegangen wird, sehr klein. Dennoch wird auch hier nicht von einer Einschränkung der Flexibilität beim Wageneinsatz durch ein anderes Kupplungssystem ausgegangen. Hintergrund ist, dass die einzelnen Anbieter, d. h. die Automobilspeditionen, in der Regel ihre eigenen Autotransportwagen nutzen, d. h. sich schon heute auf einen stark abgegrenzten Wagenpark beschränken. Im Bereich des KV wird hingegen stark auf Fahrzeuge von Vermietgesellschaften zurückgegriffen. Auch wenn das Szenario KV wie das Szenario Automotive relativ klein ist und den Einsatz einer aMPK bei den Zügen nur eines Transportanbieters oder sogar nur ausgewählter Relationen eines Transportanbieters vorsieht, kommt es bei einer Teilung des von Vermietgesellschaften vorgehaltenen Wagenparks in SK- und aMPKWagen zu einer Einschränkung in der spontanen Wagenverfügbarkeit – mit möglichen Einschränkungen auf die Reaktionszeit bei einem spontanen Wagenmehrbedarf eines Wagennutzers. Aufgrund der geringen Größe des Szenarios können zwar neue Verkehre mit aMPK aufgrund mangelnder Verfügbarkeit von aMPK-Wagen nicht schnell eingerichtet werden, wegen des im Verhältnis zum Szenario sehr großen KV-Gesamtmarkts kann dieser jedoch fast ohne Einschränkungen nach wie vor reagieren. Zu den behandelten möglichen Einschränkungen hinsichtlich der Flexibilität beim Güterwageneinsatz kommt noch der Aspekt des flexiblen Einsatzes von Triebfahrzeugen hinzu. Dieser ist für alle vier Szenarien relevant. Bei den großen Szenarien ist davon auszugehen, dass auch mehr Triebfahrzeuge umgerüstet werden und vor allem, dass auch mehrere Traktionäre umgerüstete Lokomotiven vorhalten und nutzen. Bei den kleinen Szenarien sind nur wenige umgerüstete Lokomotiven notwendig, eventuell beschränkt sich daher die Umrüstungsaktivität auf einen ausgewählten Traktionär. Der flexible Zugriff auf geeignete Triebfahrzeuge ist somit bei den kleinen Szenarien Automotive und KV als problematischer anzusehen als beim mittelgroßen Szenario Montan, die geringsten Probleme sind im Szenario Chemie zu erwarten. Es wird demnach im Szenario Chemie kein nennenswerter Einfluss auf die Flexibilität gesehen (null Punkte). Im Szenario Montan wird ein leichter negativer Einfluss im Bereich der Wagen und ein etwas bedeutenderer Einfluss im Bereich der Lokomotiven gesehen, was mit minus zwei Punkten bewertet wird. Im Szenario Automotive greift nur der Aspekt der Triebfahrzeuge, dieser jedoch relativ stark, was zu einer Vergabe von minus drei Punkten führt. Im Szenario KV kommt die benannte leichte Wagenproblematik dazu und verringert die Bewertung auf minus vier Punkte. Eine Differenzierung zwischen den technischen Varianten ist nicht geboten. Durchführung der Bewertung Technische Variante 179 Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion -2 0 -3 -4 Zugbus-Variante -2 0 -3 -4 Zustandskontroll-Variante -2 0 -3 -4 ep-Variante -2 0 -3 -4 BP-Variante -2 0 -3 -4 Brems-Opt-Variante -2 0 -3 -4 Maximal-Variante -2 0 -3 -4 Tabelle 7.6: Punktevergabe des Kriteriums Flexibilität 7.1.7 Kriterium 7: Zuverlässigkeit Leistet die Innovation einen Beitrag zur Erhöhung der Zuverlässigkeit gegenüber dem Kunden, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung von Sollwerten und der frühzeitigen Information im Falle von Abweichungen? Wie bei der soeben behandelten Flexibilität sind auch bei der Zuverlässigkeit die Hauptgründe dafür, dass sie in vielen Fällen den Anforderungen der Transportkunden nicht gerecht wird, in technisch-organisatorischen Aspekten des SGV-Systems bzw. des Gesamtsystems der Eisenbahn zu suchen. Ein Beispiel ist die Potenzierung und Verbreitung von Verspätungen aufgrund der Fahrplanbindung (Finden einer neuen Trasse für den verspäteten Zug) sowie der eingeschränkten Überhol- und Ausweichmöglichkeiten. Diese führen unter Umständen dazu, dass ein Zug mit Eingangsverspätung – d. h. ein Zug, der wegen eines technischen Problems, Verzögerungen bei Ladetätigkeiten oder beim Fahrgastwechsel im Fall des Personenverkehrs, aus personellen oder anderen Gründen seine ursprünglich geplante Trasse nicht nutzen kann – im Endeffekt häufig eine wesentlich höhere Gesamtverspätung erfährt, als durch den ursprünglichen Verspätungsgrund direkt verursacht. Hinzu kommt, dass gegebenenfalls bei Zügen, die mit dem ursprünglichen Verspätungsgrund in keinem Zusammenhang stehen, ebenfalls Fahrplanabweichungen mit späteren Ankunftszeiten ausgelöst werden. Die Möglichkeiten von fahrzeugtechnischen Innovationen zur Verbesserung dieser Situation sind, in Analogie zum Kriterium Flexibilität, eingeschränkt. Eine Möglichkeit von fahrzeugtechnischen Innovationen ist es natürlich, durch eine Erhöhung der technischen Ausfallsicherheit der Fahrzeuge und der Reduktion technisch beeinflussbarer Verzögerungen bei Ladetätigkeiten die Häufigkeit von Eingangsverspätungen zu reduzieren. Informationen über eine höhere oder niedrigere Ausfallsicherheit von aMPK-Systemen gegenüber der SK liegen jedoch nicht vor. Von einer pauschalen Annahme der Steigerung der Ausfallrate mit zunehmender Anzahl technischer Komponenten wird abgesehen. Eine zweite Möglichkeit wird in der Verbesserung der fahrdynamischen Fähigkeiten der Güterzüge gesehen, wie sie schon ausführlich im Rahmen des Kriteriums Strecke diskutiert wurden. Verspätete Güterzüge könnten so auch freie Ausweichtrassen nutzen, die mit konventioneller, „schwerfälliger“ Güterzugfahrweise nicht nutzbar wären. Die Durchführung der Bewertung 180 Folge wären geringere Standzeiten in Bahnhöfen und auf Überholgleisen, die somit die Gesamtverspätungszeit weniger stark erhöhen. Wünsche der Kunden, im Fall von Verspätungen aktiv und fortlaufend informiert zu werden, können durch bessere Verknüpfungen organisatorischer Prozesse oder durch Telematikanwendungen realisiert werden. In beiden Fällen ist dafür keine der Funktionen der einzelnen technischen Varianten notwendig. Ein weiterer Punkt, der die Zuverlässigkeit betrifft, ist die Unversehrtheit der Sendung, d. h. der Schutz vor Beschädigungen. Beschädigungen im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb können aus Rangierstößen resultieren. Hinweise zu einer Veränderung dieser Situation bei Einsatz einer aMPK liegen jedoch nicht vor. Aus dem Bereich Montan ist bekannt, dass teilweise auch Beschädigungen an Coils vorgekommen sind, die durch ein Wandern der Coils in den Lademulden u. a. durch kleine ruckartige Fahrzeugbewegungen bei Streckenfahrt, z. B. bei Schienenstößen oder S-Kurven, ausgelöst wurden. Dieses Problem ist inzwischen jedoch durch in die Lademulden eingebrachte Antirutschmatten gelöst worden [Brockel 2009, Interview]. Weitere derartige Fälle in einem der vier potentiellen Einsatzfelder, bei denen sich durch eine aMPK, gegebenenfalls zusammen mit einer ep-Bremse, Verbesserungen ergeben könnten, sind nicht bekannt. Somit wird der Aspekt der Sicherheit der Ladung bei der Bewertung nicht beachtet. Es bleibt zusammenfassend als bewertungsrelevanter Aspekt nur die Verbesserung der fahrdynamischen Fähigkeiten der Züge, damit diese im Verspätungsfall besser in vorhandene Lücken im Fahrplan eingetaktet werden können. Es zählen somit für die Szenarien Montan und Chemie ab der Basisversion die Möglichkeit des Fahrens in Bremsstellung P und das schnellere Lösen der Bremse durch die HBL-Option (zwei Punkte) sowie bei den technischen Varianten mit ep-Bremse die daraus resultierenden, weiteren fahrdynamischen Vorteile (zwei weitere Punkte). Bei den Szenarien Automotive und KV ist, wie schon beim Kriterium Kapazität Strecke dargestellt, das Fahren in Bremsstellung P in aller Regel schon ohne aMPK möglich. Ihr Fahrverhalten entspricht demnach auch heute schon eher denen der Personenzüge. Insofern wird hier ab der Basisversion nur der leichte Vorteil der HBL-Option bewertet (ein Punkt) und die ep-Bremse als maßgeblich relevante Komponente herangezogen (zwei weitere Punkte). Es ergeben sich folgend die Bewertungspunkte in Tabelle 7.7. 7.1.8 Kriterium 8: Ladungsanforderungen Hilft die Innovation, den Transportvorgang in Abhängigkeit von der Beschaffenheit und den Anforderungen des Transportguts sowie den Verfahren bei der Be- oder Entladung zu verbessern? Für alle vier Szenarien ergeben sich Möglichkeiten im Zusammenhang mit einer Bereitstellung elektrischer Energie auf den Güterwagen über eine automatisch mitkuppelnde elektrische Energieleitung. Andere technische Aspekte der einzelnen Varianten kommen nicht zum Tragen. Es ergibt sich folgend also keine Unterscheidung der Bewer- Durchführung der Bewertung Technische Variante 181 Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 2 2 1 1 Zugbus-Variante 2 2 1 1 Zustandskontroll-Variante 2 2 1 1 ep-Variante 4 4 3 3 BP-Variante 2 2 1 1 Brems-Opt-Variante 4 4 3 3 Maximal-Variante 4 4 3 3 Tabelle 7.7: Punktevergabe des Kriteriums Zuverlässigkeit tung der technischen Varianten untereinander, da bei allen die Option Energieleitung gewählt werden kann. Im Szenario Montan ergibt sich ein möglicher Einsatzfall bei den geschlossenen Wagen für Kaltbandcoils, bei denen die Verdecke von Hand geöffnet und geschlossen werden müssen. Für einen Wagen sind dabei zwei Personen gleichzeitig notwendig, weshalb das Öffnen und Schließen für den dafür zuständigen Transportkunden sehr personalaufwändig ist. Bei Einsatz einer aMPK mit Energieleitung könnten die Planen- oder Haubenverdecke der Wagen mit elektrischen Antrieben ausgerüstet werden, was den benannten Personalaufwand stark reduzieren würde. Jedoch müsste zur Energieversorgung die Lokomotive während der Öffnungs- oder Schließvorgänge am Wagenzug sein oder es müsste eine elektrische Verbindung zu einer stationären Speisung hergestellt werden. [Brockel 2009, Interview] Im Szenario Chemie kann eine durchgehende Energieleitung beim Transport temperaturgeführter Güter zum Einsatz kommen. Hierbei könnten die Wagen mit einer elektrischen Temperaturmessung ausgestattet und über die Stromleitung gleichzeitig Heiz- oder Kühlaggregate betrieben werden. Dies betrifft vor allem Ganzzüge, die derzeit speziell überwacht werden, um Abkühlungs-unkritische Laufzeiten zu erreichen. Bei einer vollständigen Umsetzung der Option Energieleitung bei allen Kesselwagen könnten einzelne Wagen oder Wagengruppen mit temperaturkritischen Gütern einfach in jeden beliebigen Zug eingestellt werden. Für den Großteil der Wagen wäre die Energieleitung jedoch ohne Bedeutung, was gegen eine derartig hohe Investition spricht, weshalb dieser eher theoretisch mögliche Fall nicht in die Bewertung einfließt. Beim Szenario Automotive kommen bei einzelnen Zügen bereits durchgehende Energieleitungen vor, wie z. B. bei den geschlossenen Autotransportwagen (siehe Abschnitt 6.2.4), die für die Energieversorgung der Antriebe zur Höhenverstellung der oberen Ladeebene und zum Anheben der Fahrzeugdächer dienen. Bei einer Integration der Energieleitungen in eine aMPK würde das manuelle Verbinden der heutigen Energieleitung entfallen und damit eine Prozessvereinfachung darstellen, was jedoch Bewertungsbestandteil der Kriterien drei und vier (Ressourceneinsatz, Arbeitsbedingungen und Durchführung der Bewertung 182 -sicherheit) ist und nicht beim vorliegenden Kriterium der Bessererfüllung besonderer Ladungsanforderungen zu beachten ist.19 Im Szenario KV wäre eine durchgehende Energieleitung vor allem für den Transport von Kühlcontainern interessant, auf den in Abschnitt 6.2.5 ausführlich eingegangen wurde. Zusammenfassend ergeben sich für die Szenarien Montan, Chemie und KV lediglich leichte positive Einflüsse auf die Erfüllung besonderer Ladungsanforderungen durch eine aMPK mit der Option Energieleitung. Zum einen greifen die Vorteile jeweils nur für einen Teil der Verkehre des jeweiligen Szenarios. Zum anderen werden die Anforderungen auch ohne aMPK in der einen oder anderen Weise heute umgesetzt, wenn auch mit ärgerlichen Einschränkungen oder Nebenwirkungen (Öffnen und Schließen der Coilwagen per Hand, besonderer Überwachung temperaturrelevanter Chemie-Züge, Dieselkühlaggregate auf der sonst elektrischen Bahn). Mit aMPK mit Energieleitung ist aber auch zusätzliche Technik notwendig, die ebenfalls einen Aufwand verursacht (Elektromotoren für die Verdecke bei den Coilwagen mit zusätzlichem Gewicht und Wartungsaufwand, elektrische Heiz- und Kühlanlagen an den Chemiekesselwagen mit denselben Nachteilen, Problem der Spannungsumrichtung zwischen Zugsammelschiene und elektrischen Kühlaggregaten im KV). Im KV könnte bei den vielfach eingesetzten Shuttle-Zügen mit festem Wagenpark zudem mit vergleichsweise geringem KuppelMehraufwand auf eine von Hand zu kuppelnde Energieleitung neben der SK gesetzt werden. Zudem sind dort weiterhin die in Abschnitt 6.2.5 benannten Probleme der Umrichtung und der Energiebereitstellung ohne Lokomotive bzw. Oberleitung zu lösen. Es werden unter Abwägung dieser Aspekte vier Punkte in den Szenarien Montan und Chemie, zwei Punkte im Szenario KV und null Punkte im Szenario Automotive für jeweils alle technischen Varianten vergeben. Technische Variante Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 4 4 0 2 Zugbus-Variante 4 4 0 2 Zustandskontroll-Variante 4 4 0 2 ep-Variante 4 4 0 2 BP-Variante 4 4 0 2 Brems-Opt-Variante 4 4 0 2 Maximal-Variante 4 4 0 2 Tabelle 7.8: Punktevergabe des Kriteriums Ladungsanforderungen 19 Umgekehrt bedeutet dies, dass bei Wagen, die derzeit schon eine manuell zu kuppelnde Energieleitung haben, die Integration der Energieleitung in die aMPK zwingend notwendig ist, damit die bei den Kriterien drei und vier festgestellten und zur Bewertung herangezogenen Vereinfachungen bei Rangierprozessen tatsächlich greifen können und nicht durch die Notwendigkeit einer nachträglich von Hand zu kuppelnden Energieleitung zunichte gemacht werden. Durchführung der Bewertung 7.1.9 183 Kriterium 9: Verfügbarkeit Ist die Innovation bei einem angestrebten kurzfristigen Einführungsbeginn von maximal fünf Jahren aller Voraussicht nach technisch verfügbar und zugelassen? Die Verfügbarkeit ist einzig und allein von der technischen Variante abhängig, Unterschiede zwischen den potentiellen Einsatzfeldern ergeben sich hier nicht. Die Basisversion ist mit der C-AKv bereits am Markt verfügbar und allgemein zugelassen. Einem Einsatz an anderen Fahrzeugen als bislang steht faktisch nichts im Wege [DB Schenker Rail 2008-2010, Interview] [Faiveley 2008-2010, Interview]. Sie erhält somit die maximale Punktzahl von acht Punkten. Die Integration eines Zugbusses des Systems FEBIS in die C-AKv ist bereits vorgesehen. Hier ist jedoch davon auszugehen, dass ein aktuellerer Standard zu finden ist, der jedoch sicherheitsrelevant, d. h. mit einer routinemäßigen Überprüfung auf Fehler und Ausfälle ausgestattet sein muss. Durch diese leichte Einschränkung erhalten alle technischen Varianten mit Zugbus zwei Punkte Abzug gegenüber der Basisversion. Die Zugbus-Variante erhält somit sechs Punkte. Die Zustandskontrolle ist ein sicherheitsrelevanter Aspekt. Eine ungewollte Zugtrennung an der vermeintlich gerade gekuppelten Stelle ist in jedem Fall zu vermeiden. Als Kommunikationsmedium zwischen den am Kupplungsvorgang beteiligten Kupplungen und dem Triebfahrzeug liegt der soeben besprochene Zugbus vor. Hinzu kommt jedoch eine Sensorikeinheit, die unter den rauen Bedingungen im SGV wie Witterungseinflüssen und Verschmutzungen unter keinen Umständen ein vollständiges Einkuppeln signalisieren darf, wenn dieses nicht vorliegt. Der umgekehrte Fall oder eine Fehlermeldung wie „Zustand nicht erkannt“ führt zu keiner Gefährdung, mindert jedoch den Vorteil der Innovation. Da entsprechende Systeme, die ein optisches Überprüfen vor Ort überflüssig machen, im Personenverkehr im Einsatz sind, erfolgt für die Zustandskontroll-Variante lediglich eine moderate negative Bewertung von minus zwei Punkten. Die ep-Bremse ist als nicht sicherheitsrelevante Bremse bereits verfügbar. Die epBremse nach UIC-Standard kann gemäß UIC-Merkblatt 541-5 zwar auf das Bremsgewicht angerechnet werden, die tatsächliche Sicherheitsrelevanz bei schwereren und längeren Zügen, als sie ohne ep-Bremse möglich wären, ist jedoch anzuzweifeln (siehe Untekapitel 4.4). Mit den EVA-Ventilen des FEBIS-Projekts liegt jedoch auch hierfür ein Lösungsansatz vor (siehe ebendort). Insofern erhält auch die ep-Bremse und damit direkt die ep-Variante eine moderate negative Bewertung von minus zwei Punkten. Im Personenverkehr finden automatische Bremsproben vielfach Anwendung. Auch für den SGV liegt, wie in Unterkapitel 4.5 dargestellt, ein praktikabler Lösungsansatz vor, der sich jedoch noch nicht im Zulassungsprozess befindet. Grundlegende Hindernisse sind dafür jedoch nicht bekannt [Luther 2011, Interview]. Es wird somit ebenso eine Bewertung von minus zwei Punkten herangezogen. Für die BP-Variante, die neben einer automatischen Bremsprobe über die Zustandskontrolle und somit mehrere nicht zulassungsreif verfügbare Komponenten innehat, werden minus vier Punkte vergeben. Durchführung der Bewertung 184 Die Brems-Opt-Variante vereinigt mit der Zustandskontrolle, der ep-Bremse und der automatischen Bremsprobe drei kritische Komponenten. Für die Bewertung ergeben sich minus sechs Punkte. Bei der Maximal-Variante kommt – neben den Komponenten der Brems-Opt-Variante – das ferngesteuerte Entkuppeln hinzu. Trotz Herstelleraussagen, dass diese Komponente theoretisch relativ einfach an der Kupplung umzusetzen sei [Faiveley 20082010, Interview], wird der Aspekt der sicheren und praktikablen Auswahl der Trennstelle innerhalb einer Wagengruppe und die Sicherheit gegenüber Falsch- oder Fehlauslösungen trotz entsprechender Systeme im Personenverkehr als nicht trivial angesehen (siehe Abschnitt 3.4.6, letzter Absatz). Die Maximal-Variante erhält daher die niedrigste Bewertung von minus acht Punkten. Die Gesamtübersicht zur Verfügbarkeit findet sich in Tabelle 7.9. Technische Variante Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 8 8 8 8 Zugbus-Variante 6 6 6 6 Zustandskontroll-Variante -2 -2 -2 -2 ep-Variante -2 -2 -2 -2 BP-Variante -4 -4 -4 -4 Brems-Opt-Variante -6 -6 -6 -6 Maximal-Variante -8 -8 -8 -8 Tabelle 7.9: Punktevergabe des Kriteriums Verfügbarkeit 7.1.10 Kriterium 10: Komplexität Wie groß ist der Aufwand, um das notwendige Personal für die neue Technologie bzw. das Verfahren zu schulen? Wie groß ist der Kreis der einzuweisenden bzw. zu schulenden Personen? Wie viele Unternehmen und Standorte sind einzubinden? Der Aspekt der Komplexität ist stärker als die meisten anderen Kriterien von der jeweiligen Szenarienbildung, die zu jedem potentiellen Einsatzfeld erfolgte, abhängig. Die Bewertung erfolgt somit auch in erster Linie auf Basis der Szenarien und nur in geringerem Umfang in Abhängigkeit von den technischen Varianten. Die notwendige Einweisung und regelmäßige Schulung eines großen oder schwer abgrenzbaren Personenkreises an verschiedenen Orten und mit verschiedenen Firmenzugehörigkeiten gegenüber einem kleinen Personenkreis an zwei oder drei Firmenstandorten eines einzigen Unternehmens beschreibt eine wesentlich größere Komplexitätsspannweite, als sie durch den Unterschied einer Schulung zum Umgang mit einer höher technisierten Version gegenüber der Basisversion zu erwarten ist. Es erfolgt daher zunächst eine Bewertung auf Grundlage der Szenarien mit den Grundbewertungspunkten und den geraden Zwischenwerten, zur Einbindung der technischen Varianten und ihrer Differenzierung untereinander werden dann die weiteren (ungeraden) Zwischenwerte hinzugezogen. Durchführung der Bewertung 185 Im Szenario Chemie ist ohne Frage von einer großen, schwer abgrenzbaren zu schulenden Personengruppe auszugehen, viele Unternehmen und Standorte sind dabei einzubinden. Neben den großen Chemieparks sind die Gleisanschlüsse der Lieferanten und Kunden betroffen, auch wenn diese sehr klein sind. Aufgrund des hohen Nutzungsanteils des EWV und der Internationalität der Verkehre müssen an zahlreichen Knotenpunkten der Einzelwagensysteme verschiedener Länder Vorkehrungen zum Umgang mit aMPKWagen getroffen werden. Allein bei den als Fallbeispiele dargestellten Zugsystemen von BASF und Chemion sind eine Reihe von EVU eingebunden. Hinzu kommen mehrere Wagenhalter, da die Kesselwagen in der Regel Waggonvermietgesellschaften gehören. Als Grundwert aus der Szenarienbetrachtung ist für das Szenario Chemie daher eindeutig die schlecht-möglichste Bewertung von minus acht Punkten zu vergeben. Im Szenario Montan ist der eingesetzte Wagenpark wesentlich besser umgrenzt als in der Chemie. Es liegen nur sehr wenige Halter vor, Bestandteil des zu bewertenden Szenarios sind sogar nur die Wagen der DB AG. Insofern sinkt hinsichtlich dieses Aspekts die Komplexität leicht. Neben den Anschlussbahnen der großen Stahlwerke sind jedoch auch die Gleisanschlüsse von Walzwerken oder von Endkunden betroffen. Aufgrund der Wagengestellung über den EWV und der Nutzung des EWV für Coiltransporte zu Endkunden in ganz Europa sind jedoch auch im Szenario Montan viele Knotenpunkte der europäischen EWV-Netze einzubinden. Für den Fall der Knotenpunkte in Deutschland handelt es sich beim Betreiber der Anlagen immerhin um dasselbe Unternehmen, dem auch die eingesetzten Wagen gehören. Es ergibt sich somit wie bei der Chemie eine sehr hohe Komplexität, in Abgrenzung zur Chemie werden aufgrund der beschriebenen leichten Vorteile jedoch lediglich minus sechs Punkte vergeben. Im Szenario Automotive ist die Komplexität hingegen wesentlich geringer. Einzubinden sind lediglich die Standorte und Relationen der beteiligten Autospediteure. Die betroffenen Standorte, das Wagenmaterial und die Organisation der Verkehre finden sich bei den Auto-Speditionen vielfach in einer Hand. Hinzu kommen jedoch noch die Verladestellen in den Automobilwerken und gegebenenfalls weitere Standorte Dritter, wie die Hafenterminals. Insgesamt hält sich die betroffene Standortanzahl jedoch im engen Rahmen. Knotenpunkte des EWV sind nur in Ausnahmefällen betroffen. Ein weiterer Punkt sind jedoch die EVU als Traktionsdienstleister, die ihre Fahrzeuge anpassen müssen und dafür entsprechend lange Vertragslaufzeiten benötigen, um für sich die Investition und die Einschränkungen des freizügigen Einsatzes ihrer Fahrzeuge zu rechtfertigen. Dieser Punkt gilt natürlich auch für die zuvor behandelten Szenarien Montan und Chemie, fällt dort jedoch nicht so stark ins Gewicht. Zudem würden die Traktionsdienstleister ihre Entscheidung dort nicht wegen eines einzigen Kunden bzw. weniger Kunden treffen müssen. Weiterhin sind die Rangierdienstleister an Endpunkten der Verbindungen betroffen, die auch eine Kompatibilität ihrer Triebfahrzeuge mit aMPK-Wagen sowie deren Bedienung durch das Personal sicherstellen müssen. Diesen Aspekten folgend wird eine Szenarien-bedingte Grundbewertung von vier Punkten vergeben. Im Szenario KV ist die Komplexität etwas höher als im Szenario Automotive, jedoch längst nicht so kritisch wie bei den Szenarien Montan und Chemie. Die Zahl der betei- Durchführung der Bewertung 186 ligten Akteure liegt über dem Automotive-Bereich. Betroffen sind Operateure und EVU (soweit nicht in einem Unternehmen vereinigt), Terminalbetreiber und dortige Rangierdienstleister sowie Wagenvermietgesellschaften. Die Anzahl der von einem Operateur bedienten Relationen ist in der Regel höher als im Automotive-Szenario, so dass allein dadurch die Anzahl der beteiligten Standorte steigt. Für die Wagenvermietgesellschaften sinkt die Möglichkeit des freizügigen Einsatzes ihrer Fahrzeuge für verschiedene Kunden, wenn sie einen Teil oder alle Fahrzeuge umrüsten. Für sie werden somit lange Mietvertragslaufzeiten für aMPK-Wagen eine Bedingung sein. Die Grundbewertung ohne Beachtung der technischen Varianten liegt somit bei null Punkten. Es erfolgt nun eine Betrachtung der Unterschiede zwischen den technischen Varianten. Bei der Basisversion muss der grundsätzliche Umgang und das grundsätzliche Verständnis des Einsatzes einer aMPK vermittelt werden. Dies ist sicherlich auch bei den darauf aufbauenden Varianten der größte Schritt. Zusätzlicher Aufwand für den Zugbus ist als marginal zu betrachten, auch die zusätzliche Einweisung für die Zustandskontrolle wird keine übermäßig großen Änderungen mit sich bringen. Hier muss im Wesentlichen mit den Geräten zur Zustandsanzeige in Form von Mobilgeräten oder fest im Triebfahrzeug montierten Geräten umgegangen werden. Die automatische Bremsprobe und die ep-Bremse stellen eigene thematische Schwerpunkte dar, die zusätzlich zum eigentlichen Umgang mit einer aMPK zu vermitteln sind. Anpassungen der jeweiligen Regelwerke werden vonnöten sein, bei einer softwareunterstützen Bremsgewichtsberechnung müssen bei der ep-Bremse auch hier Änderungen eingearbeitet und kommuniziert werden. Bei der Brems-Opt-Variante, die beide Komponenten enthält, addiert sich dieser Aufwand, es handelt sich in beiden Fällen jedoch immerhin um das Bremssystem. Weiterer Aufwand kommt bei der Maximal-Variante durch das ferngesteuerte Entkuppeln hinzu, was einige betriebliche Änderungen mit sich bringen kann. Hinzu kommt, dass an verschiedenen Standorten, an denen die Wagen regelmäßig auftauchen, auch das Knowhow vorhanden sein sollte, zumindest kleinere Reparaturen an der Kupplung und den Zusatzkomponenten durchzuführen. Hier steigt der Aufwand natürlich mit der Anzahl und der Komplexität zusätzlicher Komponenten. Zur Abgrenzung der technischen Varianten werden daher die zuvor bestimmten Szenarien-abhängigen Grundwerte im Fall der Basisversion, der Zugbus- und der Zustandskontroll-Variante um einen Punkt erhöht, im Fall der ep- und BP-Variante gleich belassen, im Fall der Brems-Opt-Variante um eins und im Fall der Maximal-Variante um zwei verringert. Im Fall des Chemie-Szenarios können entsprechende Verringerungen nicht mehr stattfinden. Die resultierende Punktebewertung zeigt Tabelle 7.10. 7.1.11 Kriterium 11: Erprobbarkeit Kann die neue Technik mit verhältnismäßig geringem Aufwand (Anzahl umzurüstender Wagen, Änderungen in der Betriebsorganisation usw.) unter möglichst realitätsnahen Bedingungen erprobt und hinsichtlich ihrer Alltagstauglichkeit und ihres Nutzens geprüft werden? Durchführung der Bewertung Technische Variante 187 Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion -5 -7 5 1 Zugbus-Variante -5 -7 5 1 Zustandskontroll-Variante -5 -7 5 1 ep-Variante -6 -8 4 0 BP-Variante -6 -8 4 0 Brems-Opt-Variante -7 -8 3 -1 Maximal-Variante -8 -8 2 -2 Tabelle 7.10: Punktevergabe des Kriteriums Komplexität Wie der Bewertungsleitfaden für die Erprobbarkeit (Tabelle 5.7) zeigt, bezieht sich dieses Kriterium zum einen auf den Test der jeweiligen technischen Komponente auf ihre Alltagstauglichkeit. Relevant ist hier z. B. der Nachweis einer geringen Ausfallrate bei allen möglichen Wetterbedingungen und den auch im späteren Regelbetrieb zu erwartenden betrieblichen Situationen. Der zweite Teilaspekt bezieht sich darauf, ob die erhofften Vorteile tatsächlich im erwarteten Umfang greifen. Im Szenario Montan reicht für die Erprobung der Alltagstauglichkeit die Umrüstung einer relativ kleinen Wagengruppe, die fest auf einer Test-Relation gehalten werden kann. Es geht für diese Wagen dann der freizügige Fahrzeugaustausch im Wagen-Pool verloren. Gegebenenfalls ist es sogar sinnvoll, die Wagen als Pendel verkehren zu lassen, d. h. auch die Rückrichtung als Ganzzug zu gestalten und nicht den EWV zu nutzen. Zum Testen der Basisversion reichen sehr wenige Wagen, z. B. zwei oder drei, wobei die Sicherheit und Aussagekraft der Testergebnisse mit einer höheren Anzahl ansteigt. Sofern nur wenige Wagen einer Zuggarnitur umgerüstet werden und diese Garnitur zur Be- und Entladung regelmäßig geteilt wird, sollten die Wagen so einsortiert werden, dass die Trennung per aMPK erfolgt. Ansonsten können auch regelmäßige TestKupplungsvorgänge durchgeführt werden, die betrieblich an sich unnötig sind. Zum ausführlichen Testen der Varianten, die auf einem Zugbus basieren, ist die Umrüstung eines ganzen Zuges stärker anzuraten, jedoch sind die Züge im Montanbereich relativ kurz, was den Aufwand stark einschränkt. Es ist jedoch auch möglich, bei der Zustandskontroll-Variante nur wenige Wagen wie bei der Basisversion zu nehmen. Solange im Testbetrieb diese Funktion nur erprobt und nicht sicherheitsrelevant ist, kann die Zustandsmeldung über ein provisorisches Funkmodul an einem der betroffenen Wagen zu einem Handgerät des Rangierers oder zum Triebfahrzeug gesendet werden. Bei Fehlfunktionen muss dann entsprechend ausgewertet werden, ob sie an dem zu testenden System oder an dem Funksystem liegen. Nicht getestet werden kann auf diese Weise jedoch, ob der spätere Kommunikationsweg zum Triebfahrzeug, der Zugbus, sicher funktioniert. Auch die automatische Bremsprobe könnte derart mit geringem Aufwand untersucht werden. Die umgerüsteten Wagen testen sich dabei selber und geben die Ergebnisse über Durchführung der Bewertung 188 den Zugbus zu einem Wagen, der diese dann sendet. Parallel findet, wie bei allen nicht umgerüsteten Wagen im Zugverband, die konventionelle Bremsprobe statt. Für den sinnvollen Test einer sicherheitsrelevanten ep-Bremse wird die Umrüstung eines gesamten Zuges vorausgesetzt. Im Szenario Chemie wird es als relativ einfach eingeschätzt, eine spezielle Relation von einer Ladestelle in einem Chemiepark zu einer Ladestelle in einem anderen Chemiepark zu finden, auf der eine Gruppe von Wagen zu Testzwecken fest gehalten werden kann. Durch die Bedienung der Ladestellen kommt es zu Rangierprozessen, bei denen die Funktionen der Basisversion und der Zustandskontrolle ausreichend getestet werden können. In den Zugbildungsanlagen der Chemieparks werden diese Gruppen dann jeweils in einen Zug mit ansonsten konventionellen Wagen eingestellt. Die Testmöglichkeiten der automatischen Bremsprobe sind dann analog zum Szenario Montan, sofern dort nicht der ganze Zug umgerüstet wird. Für den Test einer ep-Bremse können Relationen herangezogen werden, auf denen Ganzzüge für nur ein Produkt gefahren werden, wie zum Beispiel die Flüssigschwefel-Ganzzüge, die von den Lieferanten direkt zu BASF in Ludwigshafen verkehren [BASF 2009, Interview]. Im Szenario Automotive, bei dem vielfach Shuttlezüge gefahren werden, kann einer dieser Züge oder eine Wagengruppe daraus für die Tests herangezogen werden. Analog zu den vorigen Szenarien reduzieren wenige umgerüstete Wagen den Aufwand, jedoch werden mögliche Fehler oder anfällige Bauteile auch nicht so schnell ausgemacht. Faktisch das Gleiche gilt für das Szenario KV. Nach der Betrachtung der Prüfungsbedingungen für die Alltagstauglichkeit folgt nun die Betrachtung der notwendigen Bedingungen für die Ermittlung bzw. Bestätigung des Nutzens. Zunächst folgen zwei Aspekte, die für alle potentiellen Einsatzfelder gelten. Effekte bei der Streckenfahrt benötigen grundlegend keine weiteren Tests über die der Funktionsfähigkeit der dafür einzusetzenden Systeme hinaus. Sobald aus den oben genannten Tests die neuen fahrdynamischen Eigenschaften der Züge bekannt sind, können alle weiteren Effekte durch Fahrplansimulationen ermittelt werden. Ob im realen Betrieb tatsächlich wie erhofft schnellere Trassen an die entsprechenden Züge vergeben werden, ob sie im Verspätungsfall tatsächlich „besser“ behandelt werden20 usw. wird sich in allen potentiellen Einsatzfeldern mit Sicherheit erst langfristig zeigen, da sich entsprechende Prozesse zur Behandlung solcher Züge z. B. durch die Transportsteuerung des EIU erst einspielen müssen. Aussagekräftige Untersuchungen bezüglich der Arbeitsbedingungen und -Sicherheit sind ebenso wenig in einem kurzen Zeitraum durchführbar. Ein mögliches Sinken der Unfallzahlen und der Arbeitsausfalltage ist fundiert nur langfristig in einem aMPKRegelbetrieb ermittelbar, ebenso eine erhoffte Erhöhung des Alters bei Früh-Verrentung wegen arbeitsbedingter körperlicher Leiden. Der Nutzen im Szenario Montan lässt sich kaum mit einem Umrüstungsgrad unterhalb des Zielzustandes des Szenarios überprüfen. Die Überprüfung der erhofften Ressourceneinsparungen durch beschleunigte Rangierprozesse setzt ein artreines Kuppeln 20 Siehe Kriterium Zuverlässigkeit. Durchführung der Bewertung 189 mit automatischen Kupplungen voraus. Insbesondere verbleibende gemischte Kuppelfälle würden den Versuch einer Nutzenbewertung mit nur wenigen Testfahrzeugen stark erschweren. Im Szenario Chemie stellt sich die Situation prinzipiell ähnlich dar, verstärkt durch komplexere Sortier- und Zustellprozesse in den Chemieparks als bei den Stahlwerken. In den Szenarien Automotive und KV, bei denen die Rangiervorgänge wesentlich weniger komplex sind und zudem vielfach maximal die Teilung eines Zuges beinhalten, der in gleicher Weise wieder zusammengesetzt wird, können auch die Nutzeneffekte praktisch mit einem oder wenigen umgerüsteten Zügen getestet werden. Je nach zu untersuchender technischer Variante ist zudem eine Teilumrüstung eines Zuges, wie bei den Untersuchungen zur Alltagstauglichkeit, ausreichend. Unter Zusammenfassung beider Aspekte – Prüfung auf Alltagstauglichkeit und Nutzenüberprüfung – gemäß des Bewertungsleitfadens für die Erprobbarkeit (Tabelle 5.7) werden die in Tabelle 7.11 angegebenen Punkte vergeben. Technische Variante Potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Autom. KV Basisversion 4 2 6 6 Zugbus-Variante 3 1 5 5 Zustandskontroll-Variante 3 1 5 5 ep-Variante 2 0 4 4 BP-Variante 2 0 4 4 Brems-Opt-Variante 2 0 4 4 Maximal-Variante 2 0 4 4 Tabelle 7.11: Punktevergabe des Kriteriums Erprobbarkeit 7.2 Zusammenfassung und Darstellung der Bewertungsergebnisse Es werden zunächst die Ergebnisse unter Beachtung aller betrachteten Aspekte dargestellt (Abschnitt 7.2.1), bevor auf Variationen durch Herausnahme des Systemvorteils und der Verfügbarkeit eingegangen wird (Abschnitt 7.2.2). Es folgt die Betrachtung weiterer Gewichtungsänderungen (Abschnitt 7.2.3) und die Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse (Abschnitt 7.2.4). 7.2.1 Allgemeine Ergebnisdarstellung Tabelle 7.12 stellt die Gesamtnutzwerte aller 28 Alternativen im Vergleich dar. Es handelt sich somit um die gesuchte Zielmatrix der vorliegenden Arbeit (vgl. Tabelle 1.1 auf Seite 5). Die Werte in Klammern entsprechen dem Fall der Zulassung überlanger Züge. Abbildung 7.1 stellt die Werte der Tabelle in Diagrammform dar. Es zeigt sich, dass die einfache Basisversion sowie die Zugbus-Variante im Vergleich zu den anderen Durchführung der Bewertung Technische Variante 190 potentielles Einsatzfeld Montan Chemie Automotive KV Basisversion 1,95 2,18 (2,35) 2,90 2,15 (2,32) Zugbus-Variante 1,49 1,72 (1,89) 2,44 1,69 (1,86) Zustandskontroll-V. 0,11 0,46 (0,62) 1,03 0,35 (0,52) ep-Variante 0,18 0,42 (0,59) 1,41 0,60 (0,77) BP-Variante -0,08 0,36 (0,52) 1,18 0,48 (0,64) Brems-Opt-V. -0,13 0,45 (0,62) 1,41 0,65 (0,82) Maximal-Variante -0,45 0,39 (0,55) 1,07 0,38 (0,54) Tabelle 7.12: Übersicht über alle Gesamtnutzwerte (ausgefüllte Zielmatrix) technischen Varianten unabhängig vom potentiellen Einsatzfeld sehr gut abschneiden. Für den Fall des potentiellen Einsatzfelds Montan liegt der Gesamtnutzwert mit Ausnahme der beiden benannten technischen Varianten sowie der Zustandskontroll- und der ep-Variante sogar im negativen Bereich. Es soll an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung gerufen werden, dass die technischen Varianten in den Diagrammen von links nach rechts tendenziell in ihrem Technisierungsgrad und Funktionsumfang zunehmen. Ausnahmen sind die ep-Variante, die im Gegensatz zu der links davon stehenden Zustandskontroll-Variante über keine Zustandskontrolle verfügt, sowie die BP-Variante, die zwar wieder über eine Zustandskontrolle verfügt, jedoch nicht über eine ep-Bremse (siehe Tabelle 6.2). Dass die höher technisierten Varianten einen geringeren Nutzwert als die einfache Basisversion aufweisen, mag zunächst erstaunen. Betrachtet man jedoch die Teilnutzwerte des relativen Vorteils in Abbildung 7.2 und des Widerstands in Abbildung 7.3 im Einzelnen, zeigt sich, dass der relative Vorteil erwartungsgemäß mit steigendem Technisierungsgrad und Funktionsumfang wächst, jedoch durch entsprechend steigende Widerstände – und somit sinkende Widerstandswerte – überkompensiert wird (man beachte die unterschiedlichen Skalierungen der Ordinatenachse zwischen den einzelnen Diagrammen). Im Diagramm des relativen Vorteils ist gut zu erkennen, dass dem Zugbus für sich allein kein Vorteil zugesprochen wurde. Die Zugbus-Variante hat hier somit über alle potentiellen Einsatzfelder die gleichen Werte wie die Basisversion. Der Widerstand nimmt durch die Verfügbarkeitsfrage jedoch leicht zu, womit diese technische Variante schon an dieser Stelle als nicht sinnvoll deklariert werden kann. Bei der Zustandskontroll-Variante ist zu erkennen, dass – ausgehend von der Basisversion oder der Zugbus-Variante – der Widerstand einen sehr großen Schritt in negativer Richtung macht, während der relative Vorteil längst keinen entsprechenden Schritt in positiver Richtung aufweist. So kommt es auch, dass beim Gesamtnutzwert die Zustandskontroll-Variante aus dem groben Trend des von links nach rechts sinkenden Gesamtnutzwerts nach unten herausfällt. Während – von links nach rechts – von der Basisversion bis zur ZustandskontrollVariante über alle potentiellen Einsatzfelder der gleiche (sinkende) Trend beim Gesamt- Durchführung der Bewertung Abbildung 7.1: Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts Abbildung 7.2: Ergebnisdarstellung des relativen Vorteils Abbildung 7.3: Ergebnisdarstellung des Widerstands 191 Durchführung der Bewertung 192 nutzwert vorliegt und es von dort zur ep-Variante für alle mit Ausnahme des nahezu konstant bleibenden potentiellen Einsatzfelds Chemie wieder steigt, ist von der ep- bis zur Maximal-Variante kein einheitlicher Trend mehr zu erkennen. Es muss hier also nach den potentiellen Einsatzfeldern unterschieden werden, weshalb nun zunächst allgemein auf die Verhältnisse der potentiellen Einsatzfelder untereinander eingegangen wird. Das potentielle Einsatzfeld Chemie erreicht beim relativen Vorteil über alle technischen Varianten die höchsten Bewertungen, jedoch gleichzeitig die jeweils schlechteste Bewertung beim Widerstand. Das potentielle Einsatzfeld Automotive schafft es somit trotz durchgängig weitaus geringerer Werte beim relativen Vorteil, wo es jeweils an zweiter oder dritter Stelle vor oder hinter dem potentiellen Einsatzfeld Montan liegt, aufgrund der geringsten Widerstände mit z. T. sehr großem Abstand den ersten Rang beim Gesamtnutzwert bei allen technischen Varianten einzunehmen. Das potentielle Einsatzfeld KV liegt beim relativen Vorteil bei allen technischen Varianten auf dem letzten Platz, aufgrund vergleichsweise niedriger Widerstandswerte – jeweils an zweiter Stelle hinter dem Automotive-Bereich – kommt es in der Gesamtbewertung jeweils noch auf den zweiten oder dritten Rang. Trotz allgemein relativ hoher Werte beim relativen Vorteil (Plätze zwei und drei) kommt das potentielle Einsatzfeld Montan aufgrund hoher Widerstandswerte (durchgängig dritter Platz) beim Gesamtnutzwert durchgängig auf den letzten Platz. Es fällt weiterhin bei der abgetrennten Betrachtung des relativen Vorteils auf, dass in den potentiellen Einsatzfeldern Montan und Chemie schon bei den einfachen technischen Varianten (Basisversion bis Zustandskontroll-Variante) ein beachtlicher Zusatznutzen generiert werden kann, der sich mit höherem Funktionsumfang zudem noch nennenswert steigert. Die potentiellen Einsatzfelder Automotive und KV weisen hingegen erst ab der Integration einer ep-Bremse oder einer automatischen Bremsprobe nennenswerte Teilnutzwerte auf, die sich ab dort analog zu den anderen beiden potentiellen Einsatzfeldern durch Kombination der Funktionen weiter erhöhen. Zurück zum Vergleich der ep- , BP- und Brems-Opt-Variante: Es zeigt sich, dass die ep-Variante für alle potentiellen Einsatzfelder eine bessere Bewertung erhalten hat als die BP-Variante. Hervorzuheben ist jedoch, dass sich die Brems-Opt-Variante, die die spezifischen Funktionen der ep- und der BP-Variante vereint, nicht von diesen abhebt. Lediglich bei den potentiellen Einsatzfeldern Chemie und KV sind minimale Vorteile der Brems-Opt-Variante auszumachen, beim potentiellen Einsatzfeld Automotive ist die Bewertung identisch mit der ep-Variante. Beim potentiellen Einsatzfeld Montan erhält die Brems-Opt-Variante sogar die schlechteste Bewertung. Es zeigt sich also, dass bei der Hinzunahme der ep-Bremse zur BP-Variante bzw. der Hinzunahme der Zustandskontrolle und der automatischen Bremsprobe zur ep-Variante die Widerstände so stark zunehmen, dass die Zunahme der Vorteile keine nennenswerte positive Auswirkung auf den Gesamtnutzen hat. Zuletzt ist festzuhalten, dass auch die Maximal-Variante über alle potentiellen Einsatzfelder relativ schlecht abschneidet. In den potentiellen Einsatzfeldern Montan und Chemie erhält sie die schlechteste Bewertung, wobei dies beim potentiellen Einsatzfeld Durchführung der Bewertung 193 Montan wesentlich deutlicher ausfällt, da allgemein mit Ausnahme der Basisversion und der Zugbus-Variante im potentiellen Einsatzfeld Chemie alle technischen Varianten sehr eng beieinander liegen. Bei den potentiellen Einsatzfeldern Automotive und KV ist nur die Bewertung der Zustandskontroll-Variante ähnlich schlecht wie die der Maximal-Variante. Auch hier summieren sich die Widerstände der einzelnen Komponenten demnach stärker als ihre Vorteile. Abbildung 7.4 zeigt, dass sich durch die Zulassung überlanger Züge keine relevanten Änderungen am Gesamtnutzen ergeben. Das Diagramm entspricht von den flächig gefüllten Balken dem in Abbildung 7.1, der zusätzliche Nutzen durch überlange Züge ist durch eine gestreifte Verlängerung der Balken gekennzeichnet. Abbildung 7.4: Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts unter Zulassung überlanger Züge Es zeigt sich, dass der zusätzliche Vorteil bei den potentiellen Einsatzfeldern Chemie und KV nicht ausreicht, um dem führenden potentiellen Einsatzfeld Automotive bei irgendeiner technischen Variante den ersten Platz streitig zu machen. Durch den gleichen Anstieg der Bewertung bei beiden potentiellen Einsatzfeldern und über alle technischen Varianten ändert sich auch nichts im Verhältnis der beiden potentiellen Einsatzfelder untereinander oder in der Reihenfolge der technischen Varianten. Bevor im Folgenden auf Variationen der Ergebnisse durch Änderungen der Kriteriengewichtungen eingegangen wird, sollen kurz die Optionen betrachtet werden. Die HBL-Option ist beim ersten Kriterium, der Streckenkapazität, bei allen Alternativen angenommen worden. Der Einfluss der Option auf die Bewertung ist jedoch minimal, teilweise unter einem Bewertungspunkt. Für das Gesamtergebnis hat diese Option somit so gut wie keine Bedeutung. Die Option der Energieleitung wurde ebenfalls bei allen Alternativen als gegeben angesehen. Relevant war dies bei der Bewertung der Ladungsanforderungen. Beim potentiellen Einsatzfeld Automotive ging dieser Aspekt jedoch nicht in die Bewertung ein, da für den betrachteten Spezialfall schon heute eine Elektroleitung vorliegt und somit im Bereich der Ladungsanforderungen kein zusätzlicher Vorteil entsteht. Mit einem Gewicht von ein bis drei Prozent je nach potentiellem Einsatzfeld und einer Vergabe von maximal vier Punkten ist auch diese Option nicht Durchführung der Bewertung 194 entscheidungsrelevant. Die Frage nach der Option Crash-Elemente floss nicht in die Bewertung mit ein, sie ist einfach als eine Voraussetzung für den Einsatz einer aMPK bei Gefahrgütern anzusehen. 7.2.2 Variation der Ergebnisse (Systemvorteil und Verfügbarkeit) Abbildung 7.5 zeigt den Gesamtnutzen unter Herausnahme des Systemvorteils, wie es bereits in Abschnitt 5.1.4 festgelegt wurde. Die Gewichtung in erster Ebene zwischen dem relativen Vorteil und dem Widerstand wurde dabei nicht angepasst, so dass dem Unternehmensvorteil eine höhere Bedeutung zukommt (vorher 60 % * 80 % = 48 %, nun 60 % * 100 % = 60 %). Die Frage der Zulassung überlanger Züge spielt in dieser Darstellung keine Rolle, da überlange Züge generell nur beim Systemvorteil beachtet wurden. Die Änderungen gegenüber dem Gesamtnutzen mit Systemvorteil in Abbildung 7.1 Abbildung 7.5: Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts unter Herausnahme des Systemvorteils sind gering. Bei der Basisversion „schiebt“ sich das potentielle Einsatzfeld Montan an das des KV heran, gleichzeitig kann sich das potentielle Einsatzfeld Chemie leicht von dem des KV abheben. Unter anderem infolge des Aufbauens der weiteren technischen Varianten auf der Basisversion macht sich dies vor allem auch bei der Zugbus- und der Zustandskontroll-Variante bemerkbar. Auch bei den höher technisierten Varianten kann das potentielle Einsatzfeld Chemie von dieser Gewichtungsänderung profitieren. Bei der BP-Variante kommt es so auch zu einer Änderung der Reihenfolge der potentiellen Einsatzfelder, wo nun das potentielle Einsatzfeld Chemie an zweiter Stelle liegt. In Abbildung 7.6 ist die Verfügbarkeit herausgenommen, der Systemvorteil hingegen wieder eingebunden. Wie zuvor bei der Herausnahme des Systemvorteils wird hier die Gewichtung in erster Ebene nicht angepasst. Der Aspekt der Einführung kommt somit direkt auf eine Gewichtung von 40 Prozent (zuvor 20 Prozent), so dass allein die Komplexität eine Endgewichtung von 28 Prozent erhält. Der mögliche Effekt überlanger Züge ist direkt in dieses Diagramm integriert. Es fällt sofort auf, dass die Bewertungen der einfacheren technischen Varianten bei den potentiellen Einsatzfeldern Montan Durchführung der Bewertung 195 und Chemie ins Negative geraten. Dies liegt daran, dass bislang eine positiv bewertete Verfügbarkeit gemäß des Bewertungsleitfadens in Tabelle 5.5 (Seite 114) einen hohen (und somit negativ bewerteten) Einführungswiderstand kompensiert hat. Festzuhalten ist, dass nun jedoch mit steigendem Technisierungsgrad der Gesamtnutzen tendenziell wächst und dass nach wie vor das potentielle Einsatzfeld Automotive über alle technischen Varianten die beste Gesamtbewertung erhält. Abbildung 7.6: Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts unter Herausnahme der Verfügbarkeit Kombiniert man die letzten beiden Effekte (Herausnahme des Systemvorteils und der Verfügbarkeit, ohne Darstellung) steigert sich sogar die Dominanz des potentiellen Einsatzfelds Automotive. Weitere nennenswerte Effekte ergeben sich nicht. 7.2.3 Sensitivitätsüberprüfungen Es hat sich nun an verschiedenen Stellen gezeigt, dass der Widerstand mit sehr hohem Gewicht in die Bewertungen eingeht und mögliche Vorteile der höher technisierten Varianten zunichtemacht. Da jedoch gerade die Gewichtung in erster Ebene zwischen dem relativen Vorteil und dem Widerstand kaum argumentativ begründbar und somit in einem gewissen Rahmen beliebig ist, sollen hier folgend Variationen zunächst dieser Gewichtung vorgenommen werden. Schwerpunkt der Variationen ist somit eine Verringerung der Bedeutung des Widerstands, der Vollständigkeit halber findet jedoch auch eine Erhöhung statt. Die Variationen erfolgen jeweils in zehn-Prozent-Schritten und sind in den Abbildungen 7.7 bis 7.9 dargestellt. Die Effekte überlanger Züge sind wieder getrennt erkennbar integriert. Bei der weiteren Erhöhung des Widerstands verstärkt sich das Bild der starken Abgrenzung in der Gesamtbewertung zwischen Basisversion und Zugbus-Variante auf der einen und den wesentlich schlechter bewerteten weiteren technischen Varianten auf der anderen Seite. Bei diesen gut bewerteten Varianten kommt es zu einer Reihenfolgenänderung zwischen den Plätzen zwei und drei, indem das potentielle Einsatzfeld Chemie hinter das des KV zurückfällt. Das potentielle Einsatzfeld Automotive bleibt Durchführung der Bewertung 196 Abbildung 7.7: Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts mit veränderter Gewichtung in erster Ebene (relativer Vorteil 50 %, Widerstand 50 %) Abbildung 7.8: Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts mit veränderter Gewichtung in erster Ebene (relativer Vorteil 70 %, Widerstand 30 %) Abbildung 7.9: Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts mit veränderter Gewichtung in erster Ebene (relativer Vorteil 80 %, Widerstand 20 %) Durchführung der Bewertung 197 über alle technischen Varianten führend, erreicht bei der Maximal-Variante jedoch nur noch einen sehr geringen positiven Wert. Bei einer niedrigeren Gewichtung des Widerstands kommt es hingegen zu einer starken „Aufholjagd“ auf die Wertungen des potentiellen Einsatzfelds Automotive. Schon ab einer Gewichtung von 70 zu 30 Prozent für den relativen Vorteil zieht das potentielle Einsatzfeld Chemie unter Beachtung der Zulassung überlanger Züge bei fünf technischen Varianten an den Bewertungen des vorher führenden potentiellen Einsatzfelds Automotive vorbei – und zwar bei den drei einfachsten Varianten, der BP- und der Maximal-Variante. Bei einer Gewichtung von 80 zu 20 Prozent liegt das potentielle Einsatzfeld Chemie bereits bei allen technischen Varianten vorn, auch ohne Beachtung überlanger Züge. Es profitiert daneben von der Minder-Gewichtung des Widerstands – wie schon nach Betrachtung der Widerstandswerte in Abbildung 7.3 zu erwarten war – das potentielle Einsatzfeld Montan. Es schafft es jedoch nur bei den einfachen Varianten, nämlich der Basisversion und der Zugbus- und Zustandskontroll-Variante, sich mit nahezu identischen Werten zum potentiellen Einsatzfeld Automotive auf den zweiten Platz vorzuschieben. Während bei der Gewichtung von 70 zu 30 Prozent noch die Basisversion bei allen vier potentiellen Einsatzfeldern die besten Bewertungen erhält, ändert sich dies bei der weiteren Senkung der Widerstands-Bedeutung. Bei allen potentiellen Einsatzfeldern ergibt sich dann von links nach rechts im Diagramm eine fallende Bewertung von der Basisversion bis zur Zustandskontroll-Variante und ab dort wieder steigend bis zur Brems-Opt-Variante. Während beim potentiellen Einsatzfeld Chemie der Anstieg bis zur Maximal-Variante weitergeht, bleiben die Werte der anderen drei potentiellen Einsatzfelder zwischen den letzten beiden technischen Varianten nahezu unverändert. Auffällig ist daran, dass diese potentiellen Einsatzfelder demnach kaum vom automatischen Entkuppeln in der Maximal-Variante profitieren. Lediglich beim potentiellen Einsatzfeld Montan kann dieser Anstieg nach rechts nicht den Wert der Basisversion übersteigen; die Brems-Opt- und die Maximal-Variante haben ungefähr dasselbe Niveau wie die Basisversion. Die potentiellen Einsatzfelder Chemie, Automotive und KV erreichen ab der Brems-Opt-Variante höhere Werte. Zwei weitere Gewichtungsvariationen bzw. ihre Auswirkungen auf das Gesamtergebnis werden folgend lediglich verbal dargestellt. In Abschnitt 7.2.2 ist die Bedeutung des Systemvorteils bereits auf null Prozent abgesenkt worden – mit nur geringfügigen Änderungen am Gesamtergebnis. Geht man den umgekehrten Weg und erhöht die Bedeutung des Systemvorteils auf Kosten der Bedeutung des Unternehmensvorteils (50 zu 50 Prozent statt 20 zu 80 Prozent in der zweiten Ebene für den Systemvorteil), ergeben sich ebenfalls eher geringe Änderungen, die das Gesamtbild nicht gravierend beeinflussen. Im Wesentlichen gewinnt das potentielle Einsatzfeld KV hinzu. Bei der Basisversion sowie der Zugbus- und ZustandskontrollVariante kommt es dann eindeutig auf den zweiten Platz, so dass es diesen nun über alle technischen Varianten hinter dem potentiellen Einsatzfeld Automotive inne hat. Im Vergleich der ep- mit der BP-Variante gewinnt erstere über alle potentiellen Einsatzfel- Durchführung der Bewertung 198 der leicht an Bedeutung, während die BP-Variante über alle potentiellen Einsatzfelder, mit Ausnahme des Automotive-Bereichs, bei dem sie weitestgehend gleichbleibt, leicht zurückgeht. Als letzte Einzelvariation wird auf das Gewichtungsverhältnis zwischen dem Eigenund dem Kundenvorteil (dritte Ebene) eingegangen. Erhöht man die Bedeutung des Kundenvorteils, der schon vorher höher als der Eigenvorteil gewichtet wurde, um 20 Prozentpunkte auf 80 Prozent, so sind die Auswirkungen auf die Basisversion und die Zugbus-Variante vernachlässigbar. Bei allen weiteren technischen Varianten mit Ausnahme der ep-Variante verschlechtern sich die Werte bei allen potentiellen Einsatzfeldern, insbesondere jedoch bei Montan und Chemie. Die ep-Variante bleibt weitestgehend konstant. Beim umgekehrten Weg, der Absenkung der Bedeutung des Kundenvorteils zugunsten des Eigenvorteils, gewinnen hingegen insbesondere die Bewertungen der potentiellen Einsatzfelder Montan und Chemie hinzu. Betrachtet man eine Gewichtung von 60 Prozent für den Eigen- und 40 Prozent für den Kundenvorteil, was eine Umkehrung der vorigen Werte darstellt, so ist das potentielle Einsatzfeld Montan nur noch bei der Maximal-Variante im negativen Bereich. Die Auswirkungen auf die Basisversionund die Zugbus-Variante sind wieder vernachlässigbar, ebenso bei einer weiteren Erhöhung der Bedeutung des Eigenvorteils auf 80 Prozent. Dann verringert sich jedoch der Vorsprung dieser beiden Varianten gegenüber den anderen Varianten merklich, insbesondere der BP-, Brems-Opt- und Maximal-Variante, er bleibt jedoch noch eindeutig. Der Vorsprung des potentiellen Einsatzfelds Automotive verringert sich bei diesen drei technischen Varianten stark, bleibt aber mit Ausnahme der Maximal-Variante, wo das potentielle Einsatzfeld Chemie unter Beachtung der überlangen Züge nahezu gleichzieht, bestehen. Als letzte Variation werden mehrere Gewichtungsänderungen zusammengeführt. Die Bedeutung des Widerstands wird dabei auf 20 Prozent herabgesetzt und die Verfügbarkeit ganz aus dem Widerstand herausgenommen. Des Weiteren wird die Bedeutung des Systemvorteils in der zweiten Ebene auf 50 Prozent erhöht. Die Gesamtgewichtungen der zweiten Ebene ergeben sich somit wie folgt: Systemvorteil und Unternehmensvorteil jeweils 40 Prozent, Einführung 20 Prozent. Diese Variationen folgen dem Leitbild einer langfristig angestrebten Umrüstung. Dem Widerstand ist dabei, wie in Abschnitt 5.3.2 angedeutet, eine sinkende Bedeutung beizumessen, da widerstandshemmende Maßnahmen langfristig eingeleitet werden können. Bei entsprechend vorangetriebenen technischen Entwicklungen stellt sich auch die Frage nach der Verfügbarkeit nicht mehr, ein entsprechender „Strafwert“ für derzeit nicht verfügbare technische Varianten wird obsolet. Beim erwarteten steigenden Auslastungsgrad des Schienennetzes bis hin zur Überlastung auf bedeutenden Streckenabschnitten gewinnt der Systemvorteil stark an Bedeutung, während die Bedeutung des Unternehmensvorteils und der darin definierten Qualitätskriterien des Kundenvorteils an Bedeutung verlieren. Bei einer analog zu erwartenden Auslastungsentwicklung im Durchführung der Bewertung 199 Straßennetz gilt überspitzt formuliert für die Transportkunden das Motto: „Hauptsache meine Güter kommen irgendwie irgendwann an.“21 Abbildung 7.10: Ergebnisdarstellung des Gesamtnutzwerts mit Gewichtungsänderungen im Sinne einer langfristigen Umrüstung Das Ergebnisdiagramm findet sich in Abbildung 7.10. Es zeigt sich nun die eingangs erwartete Zunahme des Gesamtnutzens mit Zunahme des Technisierungsgrades und des Funktionsumfangs der technischen Varianten. Aus dieser von links nach rechts laufenden Steigung fällt lediglich die BP-Variante heraus, die mit Ausnahme des potentiellen Einsatzfelds KV niedrigere Gesamtnutzwerte als die ep-Variante erhält. Beim potentiellen Einsatzfeld Chemie sind hier die Gesamtnutzwerte nahezu gleich hoch. Geht man von dem Fall der Nicht-Zulassung überlanger Züge aus, so liegt das potentielle Einsatzfeld Automotive wieder bei allen technischen Varianten vorn. Nimmt man in einem langfristigen Szenario mit starker Netzauslastung hingegen die Zulassung überlanger Züge an, liegen alle potentiellen Einsatzfelder, mit der Ausnahme des weit dahinterliegenden potentiellen Einsatzfelds Montan, nahe beieinander. Bei der gewählten Gewichtung haben die Kriterien Komplexität und Erprobbarkeit mit 14 und sechs Prozent dieselben Gewichtungen wie im anfänglichen Gewichtungszustand. Verringert man diese durch eine weitere Reduktion der Widerstandsgewichtung auf zehn Prozent (ohne Darstellung), da man bei einer langfristigen Einführungsplanung auch von einer Reduktion dieser Widerstände ausgehen kann, so liegt mit dann sieben Prozent für die Komplexität und drei Prozent für die Erprobbarkeit das potentielle Einsatzfeld Chemie bei allen technischen Varianten auch ohne die Zulassung überlanger Züge vorn. Bei Zulassung überlanger Züge liegt zudem das potentielle Einsatzfeld KV vor dem des Automotive-Bereichs. Die steigende Tendenz bei zunehmendem Funktionsumfang bleibt bestehen. Neben den hier dargestellten Variationen der Gewichtungen sind weitere durchgeführt worden, deren Darstellung den angemessenen Umfang überschreiten würde und die keine besonderen neuen Erkenntnisse bringen. Zusammen mit den hier dargestellten Gewichtungsänderungen wird die Durchführung einer vollständigen Sensitivitätsanaly21 Siehe zur prognostizierten Auslastung der Infrastrukturen Unterkapitel 2.1. Durchführung der Bewertung 200 se somit als erfolgt angesehen. Weiterhin wurde in den vorigen Abschnitten bereits verteilt auf die Plausibilität der Gesamt- und einzelner Teilergebnisse eingegangen, ohne dass dies explizit als Teil einer Plausibilitätsprüfung hervorgehoben wurde. Ergebnisse, die auf den ersten Blick verwundern mögen, sind erläutert worden. Sachverhalte, die aus Plausibilitätsgründen die Methode oder einzelne Bewertungen in Frage stellen, haben sich nicht ergeben. Es wird daher auch auf einen zusammenfassenden Abschnitt zur Plausibilitätsprüfung verzichtet. 7.2.4 Zusammenfassung Mit der in Kapitel 5 aufgestellten und in Kapitel 6 für die Kriterien des Kundenvorteils verfeinerten Gewichtung mit hoher Bedeutung des Widerstands werden die höchsten Bewertungsergebnisse im potentiellen Einsatzfeld Automotive erzielt. Dieses Ergebnis bleibt auch über verschiedene Gewichtungsänderungen ab der zweiten Ebene relativ stabil bestehen. Beste technische Variante ist dabei unter Beachtung der Verfügbarkeit die Basisversion. Zu beachten ist dabei jedoch, dass der ermittelte relative Vorteil beim potentiellen Einsatzfeld Automotive vergleichsweise gering ist. Gerade bei den einfachen technischen Varianten, somit auch der Basisversion, ist der Teilnutzwert des relativen Vorteils vernachlässigbar gering. Die größten relativen Vorteile sind hingegen im potentiellen Einsatzfeld Chemie zu erwarten. Hier wirken jedoch gleichzeitig die höchsten Widerstände, was den Gesamtnutzwert für dieses potentielle Einsatzfeld stark drückt. Durch Änderung der Gewichtung in erster Ebene zwischen dem relativen Vorteil und dem Widerstand lässt sich die Dominanz des potentiellen Einsatzfelds Automotive beim Gesamtnutzwert brechen. Bereits bei einer Änderung der Gewichtungen um 10 Prozentpunkte auf 70 zu 30 Prozent für den relativen Vorteil liegt das potentielle Einsatzfeld Chemie beim Gesamtnutzwert bei über der Hälfte der technischen Varianten vor dem zuvor führenden potentiellen Einsatzfeld Automotive (bei Zulassung überlanger Züge). Bei einer Gewichtung von 80 zu 20 Prozent ist letzteres durchgängig auf den zweiten oder sogar dritten Platz abgerutscht. Hieran zeigt sich als eine der Haupterkenntnisse die besondere Bedeutung der schon zuvor als kritisch erkannten Gewichtung zwischen dem relativen Vorteil und dem Widerstand in erster Ebene. Vergleichsweise geringe Änderungen führen zu starken Veränderungen des Gesamtergebnisses. Direkt verbunden mit diesem methodischen Problem ist ein inhaltliches Dilemma, das die Bewertungsergebnisse deutlich aufzeigen: Bei den Alternativen, bei denen der erwartete relative Vorteil groß ist, ist auch der Widerstand groß. Dieser Sachverhalt lässt die Gewichtung in erster Ebene zum „Zünglein an der Waage“ werden. Auf den Umgang mit dieser Situation und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, wird im folgenden und letzten Kapitel, dem Fazit, eingegangen. Durchführung der Bewertung 7.3 201 Kritik Auf eine Kritik hinsichtlich dessen, was die eingesetzte Methode leisten kann, wurde bereits in Unterkapitel 5.4 direkt nach der Methodenerstellung eingegangen. Zudem wird dies im abschließenden Fazit im folgenden Kapitel noch einmal aufgegriffen. Im vorliegenden Unterkapitel wird sich daher auf einzelne kritisch zu betrachtende Aspekte beschränkt, die sich bei der Durchführung der Methode ergeben haben. Ein kritischer Punkt ist die Abhängigkeit der Bewertungsergebnisse von den Szenarien. Die Szenarien dienten dazu, eine eindeutige Bewertungsgrundlage zu schaffen. Eine abweichende Szenarienbildung kann somit zu anderen Bewertungsergebnissen für ein und dasselbe potentielle Einsatzfeld führen. Als Beispiel kann das potentielle Einsatzfeld Montan genannt werden, wo z. B. alternativ zum genutzten Szenario eine Aufteilung der Pools für Coilwagen in einen mit aMPK und einen mit SK hätte gewählt werden können. Die zu bewertende Komplexität wäre dann gesunken, da viele Kunden weiterhin ausschließlich SK-Wagen in ihren Gleisanschlüssen hätten. Gleichzeitig wäre aber die Flexibilität der freien Verwendbarkeit der Wagen gesunken sowie der Vorteil beim Rangieren in den Stahlwerks-Werkbahnen, da dort der verbleibende Anteil an SK-Wagen höher als im angenommenen Szenario wäre. So lassen sich verschiedene Szenarien-Änderungen erdenken, deren Wirkungen auf die Gesamtbewertung des jeweiligen potentiellen Einsatzfelds nicht sofort in allen Details zu überblicken sind. Ohne explizite Erwähnung sind jedoch einige mögliche Änderungen abgeschätzt worden, wobei insbesondere die Szenarienaspekte variiert wurden, die bei der vorliegenden Bewertung in besonderem Maße zu Widerständen oder zu gedämpften Vorteilen führten. Derartige Szenarienanpassungen, die zu nennenswert besseren Bewertungsergebnissen führen würden, wurden nicht ausgemacht. Wichtig ist somit zusammenfassend vor allem, bei der Ergebnisbetrachtung den Zusammenhang zu den Szenarien nicht zu ignorieren. Des Weiteren ist festzuhalten, dass die strikte Trennung von gestellten Anforderungen (Frage 1 mit Eingang in die Gewichtung, siehe Unterkapitel 5.4) und den Möglichkeiten der jeweiligen Technik (Frage 2) in einigen Fällen eine große Herausforderung darstellte. Es ergab sich dort ein schmaler Abwägungsgrad, ob ein sachlicher Aspekt der Gewichtung oder der Bewertung zuzuordnen ist. Diese Problemstellung trat mehrfach bei der Bewertung der Ladungsanforderungen auf. Es ergab sich dort, dass die Anforderungen allgemein relativ gering sind, bei einzelnen Spezialanwendungen jedoch weitaus höher liegen – wie es beim potentiellen Einsatzfeld Chemie bei der Temperaturführung, beim potentiellen Einsatzfeld Montan bei den elektrisch angetriebenen Planenverdecken und beim potentiellen Einsatzfeld KV mit der Stromversorgung für Kühlcontainer der Fall ist. In diesen Fällen wurde die Höhe des Gewichts der Ladungsanforderungen tendenziell niedrig gelassen, d. h. die jeweilige spezielle Anforderung hat die allgemeine Bedeutung des Kriteriums nicht angehoben. Solange bei der jeweils zu bewertenden Technik weiterhin nur eine Bessererfüllung des Spezialfalls ausgemacht werden konnte (und keine allgemeine Anhebung weiterer Ladungsanforderungen), wurde auch dort die Bewertungsskala nicht nach oben Durchführung der Bewertung 202 ausgeschöpft, da der Vorteil nur eine spezielle Ladungsanforderung an einem gewissen Teil der Verkehre im jeweiligen Szenario betrifft. Auf den Aspekt, dass die Spezialanforderung und die technische Möglichkeit nur einen Teilbereich des jeweiligen Szenarios erfassen, wurde somit über beide Wege eingegangen. Eine abschließende Beurteilung, ob damit eine zu starke oder zu geringe Abwertung dieser Spezialeffekte eintritt, ist nicht treffbar. Erinnert werden soll auch noch einmal daran, dass die Zulassung überlanger Züge nur beim Systemvorteil beachtet wurde. Es ist demnach nicht bewertet worden, welche negativen Effekte sich durch den Einsatz überlanger Züge z. B. beim Kundenvorteil ergeben könnten. Ein Beispiel dafür ist, dass sich die Transportdauer unter Einrechnung vor- und nachgelagerter Prozesse wie der Bündelung des Transportguts für einen überlangen Zug erhöhen könnte. Es ist jedoch bereits festgehalten worden, dass die Nutzung überlanger Züge aller Voraussicht nach nur unter einem vom Netz ausgehenden Kapazitätszwang erfolgen würde. Bei den zu bewertenden Auswirkungen auf die Netzkapazität beim ersten Kriterium ist eine mögliche Verweigerungs- oder Verzögerungshaltung einzelner potentieller Einsatzfelder gegenüber der Nutzung überlanger Züge direkt beachtet worden und in die Punktvergabe eingeflossen. Es findet somit quasi Beachtung, dass der Leidensdruck durch ein überlastetes Netz bei einigen potentiellen Einsatzfeldern höher sein muss, ehe die aus Netzsicht erhoffte Reaktion der Kapazitätssteigerung pro Zug erfolgt. Nicht beachtet werden konnte jedoch die tatsächlich zu erwartende Wirkung von Kapazitätssteigerungen pro Zug durch Erhöhung der Zuglänge oder -masse auf die Netzkapazität. Zu ermitteln wäre dafür in aufwändigen Detailuntersuchungen für alle potentiellen Einsatzfelder, wie viele Züge eine derartige Kapazitätserweiterung pro Zug einsparen würde und wo diese Züge zuvor verkehrten, d. h. über Netzabschnitte mit hoher Auslastung oder solchen, wo die Kapazitätsfrage auch auf lange Sicht wenig relevant ist. Analog gilt dies für Kapazitätseffekte durch Angleichung an das Fahrverhalten von Personenzügen. So sind – bei gleicher Anforderungsgewichtung über alle potentiellen Einsatzfelder – lediglich die technischen Möglichkeiten bewertet worden. Ein potentielles Einsatzfeld mit großen technischen Möglichkeiten hat demnach eine höhere Bewertung erhalten als eines mit vergleichsweise geringen, selbst wenn die tatsächliche Gesamtwirkung unter Beachtung aller genannten Aspekte beim zweiten gegebenenfalls höher ist. Bei der Bewertung des Kriteriums Ressourcenaufwand hat sich weiterhin gezeigt, dass dieses Kriterium unter Beachtung aller Ressourcen eines Transportablaufs sehr umfänglich wird. Zu beachten sind beispielsweise der notwendige Personalaufwand, der Fahrzeugeinsatz, die genutzte Infrastruktur (eigene oder in Form von Trassenentgelten), der Energieaufwand usw., welche jeweils von verschiedenen Faktoren abhängig sind, wie z. B. von Veränderungen des Zeitaufwands einzelner Prozessschritte des gesamten Transportvorgangs oder energetischer Effekte in Abhängigkeit von Zuglänge und -anzahl, um nur zwei Beispiele zu nennen. Diese aggregierte Anzahl von Einflussfaktoren bei einem einzigen Bewertungskriterium ist bei einer ausschließlich qualitativen Bewertung sicherlich als grenzwertig anzusehen, da sie ohne weitere Dekomposition Durchführung der Bewertung 203 schwer zu überschauen ist. Eine weitere Dekomposition dieses Kriteriums in weitere Teilkriterien unter Beibehaltung eines rein qualitativen Ansatzes wird als nicht zielführend angesehen, da Gewichte zwischen Teilkriterien (z. B. Fahrzeuge, Personal, Energieund Trassenpreise) nicht plausibel festzulegen wären. Ein Lösungsansatz ist hier, die auf den Ressourcenaufwand einwirkenden Effekte ausführlich zu analysieren und alle Ressourcen vor und nach Einwirken dieser Effekte zu monetarisieren, um den Vorher-Nachher-Vergleich auf quantitativer Basis bewerten zu können. Die gewählte Methode der Nutzwertanalyse erlaubt diese Erweiterung, da sie ein Nebeneinander von qualitativ und quantitativ bewerteten Kriterien zulässt. Der Umfang der vorliegenden Arbeit erlaubt derartig tiefgreifende Untersuchungen jedoch nicht. Sie sind gemäß der Zielstellung der Arbeit weiterführende Schritte zur Verfeinerung der Ergebnisse für einzelne, durch die jetzt vorliegenden Ergebnisse ausgewählte Alternativen. Der letzte Kritikpunkt bezieht sich auf den Ansatz, die Bewertungsleitfäden bei den Kriterien des Widerstands darauf basieren zu lassen, dass ein gewisser Grundwiderstand gegenüber Innovationen der Normalfall ist. Somit wurden diesem Grundwiderstand null Punkte zugeordnet. Der Vorteil ist, dass die Skala von -8 bis +8 Punkte voll ausgeschöpft werden kann und nicht nur von -4 bis null Punkten geht. Als Nachteil ergeben sich jedoch die bei der Betrachtung der Ergebnisse vor allem bei den Variationen aufgetretenen unerwarteten Nulldurchgänge des Gesamtnutzwerts bei einzelnen Alternativen, die eine Auswertung erschweren. Als Beispiel sind die potentiellen Einsatzfelder Montan und Chemie zu nennen, bei denen z. B. die Basisversion beim Gesamtnutzwert unter Beachtung aller Kriterien ein positives Ergebnis erzielt, während sie nach Herausnahme der Verfügbarkeit in den negativen Bereich rutscht. Hintergrund sind hier die hohen positiven Verfügbarkeitswerte. Ein Fehler in den Ergebnissen ergibt sich dadurch jedoch nicht. Kapitel 8 Fazit Eine ausführliche Darstellung der Bewertungsergebnisse ist bereits in Unterkapitel 7.2 erfolgt, ebenso ist dort eine Zusammenfassung dieser Ergebnisse gegeben worden. In Unterkapitel 8.1 werden die wesentlichen Erkenntnisse daraus noch einmal aufgegriffen und aufgezeigt, welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. Abschließend wird in Unterkapitel 8.2 die Leistung der vorliegenden Arbeit resümiert. 8.1 Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Als erstes ist festzuhalten, dass sich unabhängig von einer Aussage über die beste Alternative die problematisch hohe Bedeutung der Gewichtung zwischen dem relativen Vorteil und dem Widerstand als eine der Haupterkenntnisse der Nutzung der entwickelten Bewertungsmethodik ergibt. So ist der größte relative Vorteil beim potentiellen Einsatzfeld Chemie zu erwarten, wo sowohl große Vorteile bei den Rangierprozessen in den großen Werkbahnen der Chemiewerke und Chemieparks als auch im Bereich der Streckenfahrten greifen. Vor allem die Größe des Szenarios und der vielfältige Übergang der Güterwagen in den EWV treiben im zugrunde gelegten Szenario den Widerstand jedoch so weit nach oben, dass es in der Gesamtbewertung – bei der eingangs gewählten Gewichtung zwischen relativem Vorteil und Widerstand – deutlich hinter das wesentlich kleinere Szenario Automotive zurückfällt. So findet sich im potentiellen Einsatzfeld Automotive auch die Alternative mit der höchsten Bewertung überhaupt. Die zugehörige technische Variante ist die Basisversion. Der relative Nutzen dieser Alternative ist jedoch so gering, dass von der angestrebten Eigeninitiative der Adressaten des potentiellen Einsatzfelds nicht ausgegangen werden kann. Insofern kann diese Alternative trotz höchster Bewertung nicht einfach als Lösung des Problems proklamiert werden. Des Weiteren führt die hohe Bedeutung des Widerstands dazu, dass mit der Basisversion nicht nur im Fall der benannten besten Alternative, sondern auch bei den anderen potentiellen Einsatzfeldern die einfachste technische Variante die beste Bewertung erhält. Die Aussage daraus ist demnach, dass die geringste Änderung zum Status quo noch die beste ist – auch wenn sie nur den geringsten relativen Vorteil bringt. 204 Fazit 205 Das legt die Vermutung nahe, dass die Beibehaltung des Status quo noch besser ist. Dieser Fall ist nicht in das Alternativenspektrum der Bewertung aufgenommen worden, kann jedoch problemlos an dieser Stelle nachgeholt werden. Da sich der relative Vorteil auf den Vergleich zur SK bezieht, ist er bei Beibehaltung der SK durchgängig auf null Punkte zu setzen. Ebenso sind null Punkte für die Einführungskriterien zu vergeben. Lediglich die Verfügbarkeit erhält den maximalen Wert von acht Punkten. Es ergibt sich so ein Gesamtnutzwert von 1,6 Punkten unabhängig vom potentiellen Einsatzfeld. Der Blick in Tabelle 7.12 oder auf Abbildung 7.1 zeigt, dass die Basisversion bei allen potentiellen Einsatzfeldern leicht höhere Werte erreicht. Bei den potentiellen Einsatzfeldern Chemie, Automotive und KV gilt dies auch für die Zugbus-Variante, bei der jedoch bereits erkannt wurde, dass sie keinen erhöhten relativen Vorteil gegenüber der Basisversion bringt. Mit einer einfachen Reduzierung des Widerstands-Gewichts ist das Problem nicht gelöst. Man erreicht dadurch zwar Ergebnisse, die aussagekräftiger sind, deren Wahrheitsgehalt jedoch nicht zwangsläufig höher ist. Es bleibt das allgemeine und bereits erwähnte Dilemma, dass grundsätzlich mit wachsendem relativen Vorteil auch der zu erwartende Widerstand wächst. Im Endeffekt ist somit eine kurzfristig angestrebte Umrüstung in Teilbereichen des SGV aus Eigeninteresse der jeweiligen Akteure unrealistisch, da entweder der relative Vorteil zu gering oder der Widerstand zu hoch ist. Wendet man daher den Blick vom Eigeninteresse der Akteure auf die Sicht eines Staates oder der EU1 und setzt voraus, dass diese im Sinne einer effektiven Ressourcennutzung – insbesondere in Bezug auf die vorhandene Infrastruktur – den Einsatz einer aMPK als grundlegend sinnvolles Ziel anerkennen, so lässt sich aus den Ergebnissen ein zweckmäßiger politischer Schritt ableiten: die Durchführung bzw. Vorgabe widerstandshemmender Maßnahmen. Nun stellt sich die Frage, durch welche Maßnahmen von politischer Seite die Widerstände im Sinne des Bewertungsverfahrens gesenkt werden können. Ein möglicher Ansatz ist die Vorgabe, dass alle EVU, die EWV-Systeme betreiben, zur SK kompatible aMPK-Wagen in gleicher Weise wie SK-Wagen über ihre Systeme zu transportieren haben, d. h. zu gleichen Kosten bei gleichen Laufzeiten und gleicher Flexibilität. Aus Sicht des Gesamtsystems bleibt so der Grad der Komplexität erhalten. Es ist aufgrund der Forderung nach gleicher (örtlicher) Flexibilität sogar eine Erhöhung möglich, da diese Forderung gegebenenfalls zu Vorbereitungen an Knotenpunkten des EWV-Systems für aMPK-Wagen führt, die bei ausschließlicher Fokussierung auf ausgewählte Routen eines primären aMPK-Einsatzfalls gar nicht notwendig wären. Aus der Sicht des einzelnen potentiellen Nutzers einer aMPK, der auf den EWV angewiesen ist, sinkt die Komplexität hingegen deutlich. Er muss dann nur noch dort Vorbereitungen treffen, wo er direkt zuständig ist (z. B. an den von ihm genutzten Fahrzeugen 1 Bezüglich der Blickwinkel, aus denen die Ergebnisse dieser Arbeit in Abhängigkeit der eingesetzten Bewertungsmethode betrachtbar sind, sei an dieser Stelle noch einmal auf die letzten Absätze aus Unterkapitel 5.4 verwiesen. Fazit 206 und in den Gleisanschlüssen), komplizierte Abstimmungen für jede neue Relation seiner aMPK-Wagen im EWV würden jedoch für ihn entfallen. Er kann sich dann darauf verlassen, dass der Transport seiner Wagen in gleicher Weise gewährleistet ist wie zuvor. Beim vorliegenden Vergleich der vier potentiellen Einsatzfelder Montan, Chemie, Automotive und KV würde eine derartige Maßnahme, die aus Sicht der Politik kostenneutral ist, vor allem die Widerstände bei den ersten beiden reduzieren. Eine für den Staat oder die EU zumindest im Erfolgsfall ebenfalls kostenneutrale Maßnahme ist die Übernahme von Bürgschaften für Erprobungsbetriebe. Plant ein Unternehmen eine Umrüstung und führt dazu zunächst einen Erprobungsbetrieb durch, durch den es aufgrund unerwarteter Sachverhalte zu Ergebnissen kommt, die eine Rückumrüstung veranlassen, kann sich das Unternehmen dabei seinen Kostenaufwand für den Erprobungsbetrieb zumindest teilweise erstatten lassen. Auch wenn im Bewertungsverfahren finanzielle Aspekte nicht direkt bewertet wurden, würde damit aus Sicht eines potentiellen aktiven Adressaten die Bedeutung des Widerstands-Kriteriums Erprobbarkeit sinken. Ein weiterer möglicher Schritt ist eine stärkere Förderung der Entwicklung der technischen Varianten, womit die Verfügbarkeitsfrage an Bedeutung verlieren würde. Es handelt sich bei diesen Maßnahmenvorschlägen jedoch entweder um Zwangsmaßnahmen oder um Maßnahmen mit Kosten (bzw. Bürgschaften) der öffentlichen Hand, was beides eingangs bei dieser Arbeit nicht angestrebt wurde. Die Idee war hingegen eine kurzfristige Umrüstung aus Eigeninteresse der aktiven Adressaten mit eigenen Mitteln. Alternativ zur Aufgabe der Aspekte „(ausschließliches) Eigeninteresse“ und „eigene finanzielle Mittel“ steht die Aufgabe des Aspekts der Kurzfristigkeit, was das „Zukunftsszenario“, das mit Abbildung 7.10 gegeben wurde, in den Vordergrund rückt. Diese Interpretation der Ergebnisse steht dennoch nicht gänzlich im Widerspruch zu der vorigen, die den Fokus stärker auf die Sicht des Staates oder der EU gerückt hat, da deren mögliches Motiv für ein Engagement für eine aMPK, d. h. die Gefahr einer Infrastrukturüberlastung aller Verkehrsträger, im Zukunftsszenario gleichfalls die Begründung für die hohe Bedeutung des Systemvorteils liefert. Als erste Empfehlung ist daraus abzuleiten, den großen Sprung zu wagen und eine hochtechnisierte technische Variante wie die Brems-Opt- oder die Maximal-Variante als langfristiges Ziel anzustreben. Zumindest als initialer Einsatzfall, gewissermaßen als vergleichsweise kleiner „Versuchsballon“, bietet sich hier das potentielle Einsatzfeld Automotive an. Aufgrund der in diesem Gewichtungsszenario hohen Bedeutung des Kriteriums der Streckenkapazität ist es zur Fundierung der ermittelten relativen Verhältnisse zwischen den potentiellen Einsatzfeldern Chemie, Automotive und KV jedoch anzuraten, durch Detailuntersuchungen die tatsächlich zu erwartenden Kapazitätswirkungen auf das Netz festzustellen, wie es bereits in Abschnitt 7.3 dargestellt wurde. Die bereits heute hohe Bedeutung des KV und das weiterhin zu erwartende überdurchschnittliche Aufkommens- und Leistungswachstum in diesem potentiellen Einsatzfeld [ITP/BVU Fazit 207 2007, S. 12] lässt hier eine relative Erhöhung des Gesamtnutzwerts gegenüber den anderen potentiellen Einsatzfeldern erwarten. Es lässt sich somit abschließend zusammenfassen: Erkenntnis Nr. 1: Die kurzfristige Einführung einer technischen Variante mit hohem Technisierungsgrad und Funktionsumfang ist aufgrund hoher Widerstände unrealistisch. Erkenntnis Nr. 2: Eine technische Variante mit geringem Funktionsumfang wie die Basisversion bringt ohne gesteigerte Beachtung möglicher Kapazitätsvorteile auf dem Netz nur in den potentiellen Einsatzfeldern mit hohem Rangier- und Sortieraufwand in großen Werkbahnen, wie sie bei der Chemie und im Montanbereich vorliegen, nennenswerte Vorteile. Insbesondere aufgrund des hohen Nutzungsgrads des EWV und einer umfänglichen Quellen- und Senkenanzahl bei diesen potentiellen Einsatzfeldern sind hier die Widerstände jedoch besonders hoch. Erkenntnis Nr. 3: Bei langfristiger Betrachtung unter der Annahme einer zunehmenden Kapazitätsproblematik auf dem Netz zeigen die hochtechnisierten Varianten mit hohem Funktionsumfang wesentliche Vorteile gegenüber den einfachen wie der Basisversion. Voraussetzung dafür ist jedoch eine langfristige Einführungsplanung, was in Form einer Mindergewichtung des Widerstands neben der besonderen Kapazitätsbedeutung ein Grund für dieses Ergebnis ist. Es ergeben sich die folgenden Handlungsempfehlungen für weitere Untersuchungsschritte: Empfehlung Nr. 1: Detaillierte Untersuchung der Möglichkeiten und Auswirkungen der regelmäßigen sowie der sporadischen Nutzung des EWV mit aMPK-Wagen (insbesondere in Bezug auf obige Erkenntnis Nr. 2) Empfehlung Nr. 2: Detaillierte Untersuchung der Möglichkeiten, durch Änderung der Rahmenbedingungen von politischer Seite die Widerstände zu reduzieren (insbesondere in Bezug auf obige Erkenntnis Nr. 2) Empfehlung Nr. 3: Detaillierte Untersuchungen zur Untermauerung der erhofften Wirkungen auf die Netzkapazität durch Erhöhungen der Kapazitäten pro Zug in den einzelnen Szenarien (insbesondere in Bezug auf obige Erkenntnis Nr. 3) Empfehlung Nr. 4: Detaillierung der mit dieser Arbeit gewonnen Erkenntnisse durch Quantifizierung (im Wesentlichen Monetarisierung) einzelner Nutzenkriterien wie des Ressourceneinsatzes sowie unter Einbeziehung neuer Erkenntnisse gemäß der Empfehlungen Nr. 1 bis 3 Als allgemeine Einführungsstrategie resultiert schlussendlich die Empfehlung, unter Beachtung der vorigen Punkte zunächst in einem kleinen, homogenen Bereich wie Automotive einen umfänglichen Pilotbetrieb zu etablieren, bei dem die Funktionen der hochgerüsteten technischen Varianten ihre langfristige Alltagstauglichkeit unter Beweis Fazit 208 stellen müssen. Nach Beseitigung möglicher Kinderkrankheiten ist als zweiter Schritt das „Ausrollen“ der auf Grundlage des Pilotbetriebs zu wählenden Variante einer aMPK auf den Chemiebereich durchzuführen, um dort die erwartungsgemäß großen Vorteile zu generieren und davon zu profitieren. 8.2 Resümee Die vorliegende Arbeit hat eine umfassende Zusammenstellung zum Thema Kupplungen für den SGV gegeben. Die ausführliche Auflistung und Beschreibung der gebräuchlichsten Systeme sowie derjenigen Systeme, die die verschiedenen Einführungsversuche in Deutschland kennzeichnen, bietet der interessierten Fachöffentlichkeit die Möglichkeit, sich gezielt zu informieren. Dies ist insofern relevant, als vielfach zwar eine Meinung zum Thema der automatischen Kupplung vorliegt, das Hintergrundwissen dazu jedoch häufig sehr gering ist. In vielen Gesprächen hat sich gezeigt, dass Sachverhalte teilweise vermischt werden – so z. B. der Unterschied zwischen einer MPK und einer reinen Zugkupplung oder die Frage nach der Kompatibilität zur SK.2 Darüber hinaus wurde mit den Beschreibungen weiterer fahrzeugtechnischer Innovationen für den SGV im vierten Kapitel eine ausführliche Übersicht über deren Funktionen und Möglichkeiten und den jeweiligen Entwicklungsstand gegeben. Es ist eine umfassende qualitative Methodik auf Basis der Nutzwertanalyse zur Auswahl sinnvoller Innovationen im SGV erstellt und für den Fall von Kupplungssystemen, z. T. in Kombination mit weiteren fahrzeugtechnischen Innovationen, angewendet worden. Im Prozess einer Innovationsbewertung mit den vier Schritten Grobauswahl, Feinauswahl, Konzepterprobung und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung3 ist diese Methodik für die Feinauswahl angelegt. Eine Monetarisierung einzelner Bewertungskriterien sieht sie somit grundlegend nicht vor. Durch die Wahl der Nutzwertanalyse, die ein Nebeneinander von qualitativ und quantitativ bewerteten Untersuchungskriterien zulässt, können mit dem Ziel einer vertieften Untersuchung, die z. T. schon einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorgreift, jedoch einzelne Kriterien auch monetär bewertet werden. Mit der fertigen Methode liegt nun eine strukturierte Zusammenfassung aller bei der Innovationsbewertung im SGV relevanten Kriterien vor, wie sie bislang frei zugänglich und für jeden nutzbar nicht vorhanden war. Zusammen mit der Erarbeitung der Methodik für den vorliegenden Anwendungsfall und der anschließenden Durchführung sind jedoch auch ihre Grenzen aufgezeigt worden. Als Beispiel ist die Subjektivität der Kriteriengewichtungen zu nennen, was sich insbesondere bei der Gewichtung der Hauptkriterien relativer Vorteil und Widerstand bemerkbar gemacht hat. Da die Gesamtnutzwerte der einzelnen Alternativen hochgradig sensibel auf eine Variation dieser Gewichtung reagieren, ist eine eindeutige und undiversifizierte Ergebnisaussage schwer möglich. Hier wurde daher aufgezeigt, wie die 2 Diese Aussage bezieht sich weder ausschließlich noch zwangsweise auf die Gespräche, die im Interviewverzeichnis benannt sind. 3 Siehe Abschnitt 5.1.5. Fazit 209 Ergebnisse aus verschiedenen Blickwinkeln und für verschiedene Umrüstungszeiträume zu interpretieren sind. Ein weiteres Beispiel ist die Komplexität einzelner Kriterien, die – wie im Fall der Streckenkapazität – ohne tiefgreifende Detailuntersuchungen auch qualitativ nur schwer zu bewerten sind. Hier mussten bei der Nutzung der Methode aus Aufwandsgründen entsprechende Abstriche gemacht werden; die für eine Fundierung der so erreichten Ergebnisse notwendigen Detailuntersuchungen finden sich somit in den Handlungsempfehlungen für weitere Forschungsschritte. Insgesamt hat sich die entwickelte Methodik mit ihrer anforderungsgetriebenen Ausrichtung und ihrer starken Strukturierung jedoch als mächtig und gut anwendbar erwiesen. Ihre Verwendung für andere Innovationsuntersuchungen im SGV kann daher, gegebenenfalls mit leichten fallbezogenen Änderungen oder Ergänzungen, allgemein angeraten werden. Literaturverzeichnis [AAR M-205-00] Association of American Railroads (AAR, 2000): AAR Manual of Standards and Recommended Practices, Couplers and Freight Car Draft Components. Coupler Yokes Test Requirements, Specification M-205-00. Revised (last) 2000. [AAR M-211-00] Association of American Railroads (AAR, 2000): AAR Manual of Standards and Recommended Practices, Couplers and Freight Car Draft Components. Purchase and Acceptance of AAR-approved Couplers and Coupler Yokes for Freight Service, Specification M-211-00. Revised (last) 2000. [Aberle 2009] Aberle, Gerd (2009): Transportwirtschaft. 5. Auflage. München. 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[Bensch 2008] Jörg Bensch, ehemaliger Leiter Entwicklung Kupplungen bei Faiveley Transport Remscheid GmbH. Persönliches Interview am 04.11.2008 in Bautzen sowie telefonisches Interview am 22.12.2008. Thema: Entwicklung und Eigenschaften der C-AKv sowie allgemeiner und internationaler Überblick zum Thema Mittelpufferkupplungen. [BLG 2009] Michael Reiter, Leiter Steuerung/Planung; Heiko Quaas, Leiter Operation Landside; Henning Mester (alle BLG Logistics, BLG AutoTerminal Bremerhaven GmbH und Co. KG). Persönliche Gespräche am 12.08.2009 in Bremerhaven. Thema: Automobilverkehre zum AutoTerminal Bremerhaven, möglicher aMPKEinsatz. [Brockel 2009] Frank Brockel, Eisenbahnbetrieb, Leiter Dienstleistungsentwick- lung/Logistik, Eisenbahn und Häfen GmbH. Persönliches Interview am 10.07.2009 in Duisburg sowie Telefoninterviews am 14.08.2009 und 06.03.2012. Thema: Eisenbahnverkehre zur Ver- und Entsorgung der Stahlwerke der ThyssenKrupp AG, möglicher aMPK-Einsatz. [Bruckmann 2010] Dr. Dirk Bruckmann, Schweizerische Bundesbahnen SBB Cargo AG, Netzbedarf und Regulation. Telefoninterview am 14.10.2010. Thema: Einsatz funkferngesteuerter Schiebelokomotiven in der Schweiz. [DB Schenker Rail 2008-2010] Diverse Gespräche (persönlich und telefonisch) mit verschiedenen Mitarbeitern der DB Schenker Rail GmbH und der DB Schenker Deutschland AG im Rahmen des Projekts InnoCoupler. xxxv Interviewverzeichnis xxxvi [Engelmann 2009] Dr. Jens Engelmann, Deutsche Bahn AG, Systemverbund Bahn Beschaffung (Minden). Persönliches Interview am 01.04.2009 in Minden. Thema: Entwicklung und Einführungsversuch der Z-AK seitens der DB AG. [Faiveley 2008-2010] Diverse Gespräche (persönlich und telefonisch) mit verschiedenen Mitarbeitern der Faiveley Transport Witten GmbH im Rahmen des Projekts InnoCoupler. [Fleischmann 2009] Martin Fleischmann, Leitung Flottenmanagement Montan, DB Schenker Rail Deutschland AG. Persönliches Interview am 18.06.2009. Thema: Montanverkehre bei der DB Schenker Rail Deutschland AG und möglicher Einsatz einer aMPK. [Gasser 2009] Hartmut Gasser, Geschäftsführung, Mosolf Automotive Railway, sowie Vorstandsvorsitzender im Netzwerk Privatbahnen e.V. Persönliches Interview am 16.12.2009 in Frankfurt am Main. Thema: Automobil-Verkehre und möglicher aMPK-Einsatz sowie Mineralölverkehre. [Harder 2009/2010] Uwe Harder, VPS Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter, Eisenbahnfahrbetriebe, Bereich Fernverkehr. Telefoninterviews am 28.08.2009 und 30.08.2010 sowie persönliches Interview am 23.11.2010 in Salzgitter. Thema: Einsatz der AK 69 bei den Verkehrsbetrieben Peine-Salzgitter sowie Eisenbahnverkehre zur Ver- und Entsorgung der Stahlwerke, möglicher aMPK-Einsatz. [Hein 2011] Carsten Hein, Beratender Ingenieur im Eisenbahnwesen. Persönliches Interview am 23.03.2011. Thema: Einsatz einer aMPK im SGV. [Hennlein 2009] Uwe Hennlein, Bahnbetrieb, Leiter Instandhaltung, ArcelorMittal Eisenhüttenstadt. Telefoninterview am 02.09.2009. Thema: Einsatz der AK 69 bei der Belieferung des ArcelorMittal-Stahlwerks Eisenhüttenstadt mit Eisenerz. [Hessel 2009] Christoph Hessel, Consulting und Projektmanagement Eisenbahn. Zuvor Bombardier Transportation, Mitarbeit am EU-Projekt Modlink/Eucoupler. Persönliches Interview am 29.05.2009 in Berlin. Thema: Anforderungen an automatische Elektrokupplungen. [Hillmann 2009] Reinhard Hillmann, Leiter Technischer Kundendienst, VTG Deutschland GmbH. Persönliches Gespräch am 20.01.2009 in Hamburg. Thema (u. a.): Einführung einer MPK aus Sicht eines Waggonvermieters. [Jordi 2010] Gerhard Jordi, Schweizer Electronic AG, Leiter Business Unit Funksysteme. Persönliches Gespräch am 22.09.2010 am Stand der Schweizer Electronic AG auf der InnoTrans 2010 in Berlin. Thema: System für Mehrfachtraktion LocCom102 RS. [Kölling 2010] Matthias Kölling, Deutsche Bahn AG, Vorstandsressort Technik, Systemverbund und Dienstleistungen - Technik, Bremsbetrieb und Kupplungen; Fachautor der Richtlinie 91501 „Bremsen im Betrieb bedienen und prüfen“. Interviewverzeichnis xxxvii Persönliches Gespräch am 12.11.2010 in Leipzig und nachfolgender Emailverkehr. Thema: Sicherheit bei erhöhtem Bremsgewicht bei der ep-Bremse nach UIC-Merkblatt 541-5 sowie Bremsprobe nach VDV-Schrift 757/Richtlinie der DB AG 91501. [Kumm 2009] Helmut Kumm, DB Schenker, Schenker Automotive RailNet GmbH. Persönliches Interview am 21.09.2009 in Hannover. Thema: Zwischenwerksverkehre in der Automobilindustrie. [Langlotz 2010] Thomas Langlotz, Fährhafen Sassnitz GmbH. Telefoninterview am 13.09.2008. Thema: Breitspurverekhre über den Fährhafen Sassnitz (Mukran). [Luther 2011] Doris Luther, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Schienenfahrzeuge der TU Berlin. Persönliches Interview am 23.09.2011 in Berlin. Thema: Projekt zur automatisierten Bremsprobe im Schienengüterverkehr. [Maestrini & Geissler 2011] Emilio Maestrini, Director Rail System Department, UIC; Hans-Jürgen Geissler, Senior Advisor Rolling Stock, Technology and Research Department, UIC. Persönliches Interview am 22.09.2011 in Paris. Thema: Aktuelle Bestrebungen der UIC bezüglich automatischer Kupplung, Kuppelstangen und Bremstechnik. [Marg 2011] Johannes Marg, Transpetrol GmbH. Telefoninterview am 18.04.2011 sowie persönliches Interview am 12.05.2011 auf der Transport+Logistic 2011 in München. Thema: Mineralölverkehre, MPK für den Güterverkehr allgemein. [März 2009/2011] Michael März, DB Schenker Rail, Bauartverantwortlicher 150, 151, 152. Telefoninterviews am 30.09.2009 und am 17.01.2011. Thema: Aktueller Einsatz der AK 69 bei der DB. [Munder 2009] Dirk Munder, Chemion Logistik GmbH, Eisenbahnbetriebsleiter. Persönliches Interview am 09.07.2009 in Dormagen. Thema: Potenzieller Einsatz einer automatischen Kupplung im Chemieverkehr. [Prätorius 2009] Mario Prätorius, Betriebsingenieur Eisenbahnbetrieb, EKO Transportgesellschaft mbH. Persönliches Interview am 30.11.2009 in Eisenhüttenstadt und nachfolgender Emailverkehr. Thema: Eisenbahnverkehre zur Versorgung des ArcelorMittal-Stahlwerks Eisenhüttenstadt, möglicher aMPK-Einsatz. [Redeker & Lohr 2009] Manfred Redeker, Geschäftsführung, Eisenbahn und Häfen GmbH; Stefan Lohr, Bereich Technik, Leitung Eisenbahnwagen Werkstätten, Eisenbahn und Häfen GmbH. Persönliches Interview am 24.06.2009 in Duisburg. Thema: Eisenbahnverkehre zur Ver- und Entsorgung der Stahlwerke der ThyssenKrupp Steel AG, möglicher aMPK-Einsatz. [SBB Infrastruktur 2010] Telefongespräch und nachfolgender Emailverkehr mit Mitarbeitern der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, Infrastruktur, Verträge und Trassenverkauf. September 2010. Interviewverzeichnis xxxviii [Tiemann 2011] Björn Tiemann, Director Purchasing, TFG Transfracht Internationale Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co. KG. Persönliches Interview am 13.04.2011 (im Rahmen eines Projekttreffens). Thema: Verkehrsstruktur von TFG. [von Steimker 2009] Jörg von Steimker, Logistik Standort Wolfsburg, Werkeisenbahn, Volkswagen AG. Telefonisches Interview am 30.06.2009 sowie persönliches Interview am 03.09.2009 in Wolfsburg. Thema: Eisenbahnverkehre der Volkswagen AG, Schwerpunkt von/nach Wolfsburg, möglicher Einsatz einer aMPK. [Zoch 2009] Klaus Zoch, DB Schenker BTT GmbH, Leiter Branchenteam Düngemittel. Persönliches Interview am 23.09.2009 in Leipzig. Thema: Chemieverkehre, speziell Düngemittelverkehre. Seitens der im Interviewverzeichnis aufgeführten Personen liegt folgende Erklärung zur Verwendung personenbezogener Daten vor: „Hiermit erkläre ich mein Einverständnis, dass Herr Helge Johannes Stuhr als Beleg für die mit mir geführte Kommunikation im Interviewverzeichnis seiner Dissertation meinen vollständigen Namen sowie meine Unternehmenszugehörigkeit samt Funktion aufführt. Die Angaben beziehen sich auf den Zeitpunkt des Gesprächs/der Gespräche bzw. des Schriftwechsels. Mir ist bekannt, dass die Dissertation und somit meine Daten online veröffentlicht werden. Eine Bestätigung, dass die von mir getätigten Aussagen durch Herrn Stuhr in seiner Dissertation wahrheitsgemäß wiedergegeben werden, tätige ich hiermit nicht. Weiterhin ist mir bewusst, dass die offiziell im Rahmen des Promotionsvorhabens gedruckte sowie digital veröffentlichte Dissertation bei einem Widerruf dieser Erklärung nach der Veröffentlichung nicht mehr verändert werden kann. Allgemein sind bereits gedruckte und im Umlauf befindliche Exemplare der Dissertation nicht rückwirkend zu ändern. Die über die Online-Publikationsstelle der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin veröffentliche Fassung der Arbeit bleibt unwiderruflich bestehen und frei zugänglich. Ebenso stehen Kopien der Dissertation auf Servern Dritter (z.B. von Suchmaschinen usw.), die diese selbsttätig anlegen, außerhalb des Einflusses von Herrn Stuhr. Bei einer Neu-Veröffentlichung ist ein etwaiger Widerruf zu beachten.“ Anhang A Historische Entwicklung Im vorliegenden Abschnitt wird ein historischer Abriss zur Entwicklung und Durchsetzung von Kupplungen im Eisenbahnverkehr gegeben. Nach einer kurzen Darstellung der Entwicklungen in den USA, in Japan und Russland liegt der Fokus auf Deutschland und Mitteleuropa. Die Reihenfolge der Darstellungen richtet sich dabei nach der Chronologie einer flächendeckenden Einführung einer MPK. Auf eine Darstellung der einzelnen Kupplungstypen selbst, d. h. auf ihre technischen Eigenschaften, ihre heutige Verbreitung usw., ist in Kapitel 3 eingegangen worden. A.1 Vereinigte Staaten von Amerika (USA) In den USA setzte sich zunächst die Link and Pin-Kupplung als Regelausführung bei Schienenfahrzeugen durch (Abbildung A.1). Es handelte sich dabei um eine nicht selbsttätige MPK. Demnach wurden die Zug- und Druckkräfte über diese Kupplung übertragen, zur Bedienung musste jedoch ein Rangierer beim Kuppelvorgang zwischen die Wagen treten. [Schmidt 1965a, S. 427] Abbildung A.1: Link and Pin-Kupplung (Abbildung entnommen aus [Thompson 1925, S. 236], dortige Quellenangabe „H. G. Proud on “The American Railways”, Scribners, 1889.“) Die hohen Unfallzahlen und der hohe Zeitaufwand beim Kuppeln führten dazu, dass sich die Interstate Commerce Commission des Kupplungsthemas mit dem Ziel annahm, xxxix Anhang A xl die Link and Pin-Kupplung durch ein besseres System zu ersetzen [Thompson 1925, S. 235f]. Vorschläge für eine neue Kupplung gingen bei ihr zur Genüge ein, jedoch keine zufriedenstellenden, wie aus ihrem dritten Jahresreport 1889 hervorgeht: „Although some thousands of couplers have been patented, the difficulty has not been to choose among good ones, but to find any good one.“1 [Thompson 1925, S. 236] Zuvor hatten einige Bundesstaaten Alleingänge gestartet und vorgegeben, dass alle neuen Fahrzeuge mit selbsttätigen Kupplungen ausgestattet werden müssen. Vorangegangen war Connecticut im Jahr 1882, es folgten Massachussetts 1884, Michigan 1885 und New York 1886. 1889 legte New York zudem für alle seine Bahnen fest, dass deren Wagen bis November 1892 vollständig auf eine selbsttätige Kupplung umgerüstet sein müssen. [Thompson 1925, S. 236] Diese Teilumrüstungen führten dazu, dass eine Mischung von verschiedenen selbsttätigen Kupplungen neben der alten Link and Pin-Kupplung zum Einsatz kamen, wodurch sich die Sicherheit der Bahnbediensteten beim Kuppeln eher noch verschlechterte. Nach Angaben der oben benannten Commission waren 1890 rund 25 500 von knapp 27 000 Personenverkehrswagen auf selbsttätige Kupplungen umgerüstet, jedoch nur rund 75 000 von 920 000 Güterwagen. Insgesamt waren es über 38 verschiedenen Formen von selbsttätigen Kupplungen, der Großteil davon nach Janney oder Miller. [Thompson 1925, S. 236ff] Die hohen Unfallzahlen – im Jahr 1893 11 700 Personenunfälle, davon 433 mit Todesfolge – veranlassten schließlich im benannten Jahr den Kongress, per Gesetz die vollständige Umstellung auf eine automatische Kupplung bis zum 01.01.1898 vorzugeben [Schmidt 1965a, S. 427] [Schroeter 1973, S. 229]. Die nach E. W. Janney benannte Kupplung wurde von ihm bereits gegen 1870 erfunden, also rund 20 Jahre vor der gesetzlichen Verpflichtung zur Einführung einer selbsttätigen Kupplung.2 Es handelt sich um eine selbsttätige, nicht starre Klauenkupplung mit beweglicher Klaue (siehe Abschnitt 3.2.2) [Schmidt 1965a, S. 427f]. Ihr Prinzip wurde durch die Kommission befürwortet, jedoch nicht ihre spezifische Ausführung. Dadurch vermied es die Kommission, einer Person oder einer Firma ein Monopol zukommen zu lassen. 1887 wählte die Master Car Builders’ Association die Kupplung als verticel plane coupler zum Standard [Thompson 1925, S. 238]. Aufgrund der oben benannten gesetzlichen Vorgaben, deren Frist bis zum 01.08.1900 [Schroeter 1973, S. 229] verlängert werden musste, gelangte so die Janney-Kupplung vor inzwischen über 100 Jahren großflächig zum Einsatz. 1 „Obwohl tausende von Kupplungen patentiert wurden, lag die Schwierigkeit nicht darin, eine aus vielen guten Lösungen zu wählen, sondern überhaupt irgendeine gute Lösung zu finden.“ (eigene sinngemäße Übersetzung) 2 Über das genaue Jahr sind widersprüchliche Angaben zu finden. Schroeter [1973, S. 229] nennt das Jahr 1870, Wagner & Fasking [1997, S. 210] nennen hingegen das Jahr 1877 als Erfindungsdatum. In Holbrook [1947, S. 290] ist sogar von einem ersten Patent der Janney-Kupplung von 1868 die Rede, sowie von einem verbesserten Patent von 1873. Anhang A A.2 xli Japan In Japan wurde der Beschluss zur Einführung einer selbsttätigen Mittelpufferkupplung der amerikanischen Bauart Janney im Jahr 1918 gefasst, um die Schrauben- bzw. Kettengliederkupplungen zu ersetzen. Diese Kupplungsbauart, die in Kombination mit Seitenpuffern zum Einsatz kam, wies die Besonderheit auf, dass jeder Wagen an einem Ende die Schrauben- und am anderen die Kettengliederkupplung hatte. Hieraus resultierte ein erschwerter Betriebsaublauf, da die Wagen zum Kuppeln gegebenenfalls extra gedreht werden oder die Kupplungen an beiden Enden vertauscht werden mussten. [Schmidt 1965a, S. 430] Sieben Jahre dauerten die Vorbereitungen, bis es im Jahr 1925 zu einer Simultanumstellung kam, bei der innerhalb weniger Tage die neuen Kupplungen montiert wurden. Während der Vorbereitungszeit wurden u. a. die Untergestelle aller Fahrzeuge für die neue Kupplung vorbereitet. Anschließend wurden bei den Güterwagen die Kupplungen unter den Langträgern aufgehängt, so dass sie zum Umstellungstermin für jeden Wagen zur Verfügung standen. Für Lokomotiven und Reisezugwagen wurden sie auf bestimmten Bahnhöfen gelagert. [Schmidt 1965a, S. 430] Insgesamt waren 3205 Lokomotiven, 8544 Reisezugwagen sowie rund 52 000 Güterwagen umzurüsten. Die Arbeiten erfolgten zunächst in allen Direktionen mit Ausnahme von Kyushu, einer Insel im Süden Japans. Die Umrüstungen an den Reisezugwagen und den Lokomotiven fanden innerhalb weniger Tage während regulärer Stillstandszeiten der Fahrzeuge statt. Für die Umstellung der Güterwagen ruhte der SGV für einen Tag, mit der Ausnahme weniger Züge mit leicht verderblichen Gütern. Knapp 35 000 Güterwagen wurden an dem Tag von rund 11 000 Arbeitern umgerüstet. Die Umstellung auf Kyushu folgte wenige Tage später. [Schmidt 1965a, S. 430] A.3 Eisenbahnen der UdSSR In den Jahren 1929 bis 1931 wurden in der damaligen UdSSR verschiedene Kupplungsbauarten getestet. Wie in Zentral- und Westeuropa waren die Fahrzeuge zu dem Zeitpunkt standardmäßig mit einer Schraubenkupplung und Seitenpuffern ausgerüstet. Bei den Versuchen schnitt eine Kupplung der Bauart Willison am Besten ab. Diese Bauart wurde 1916 in den USA entwickelt [Wagner & Fasking 1997, S. 210]. Nach Anpassungen auf russischer Seite an die Verhältnisse der sowjetischen Bahnen war sie bereits bei einem Preisausschreiben im Jahr 1928 prämiert worden. Im Rahmen der Versuche erfolgten noch mehrfach Änderungen an der Verriegelungseinrichtung der Kupplung. Unter der Bezeichnung „SA 3“ wurde sie ab 1935 stückweise eingeführt, indem sie zuerst bei allen neuen Fahrzeugen – zusätzlich zu den Seitenpuffern – montiert wurde. [Schmidt 1965a, S. 431f] Aufgrund des Zweiten Weltkrieges kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Umstellung, so dass diese erst 1957 beendet werden konnte. Alte Wagen wurden umgerüstet oder während der Umstellungsphase ausgemustert. [Schmidt 1965a, S. 432] Anhang A xlii Die progressive Umstellung machte ein gemischtes Kuppeln zwischen Wagen mit und ohne neue Kupplung notwendig. Zur Druckübernahme wurden dazu weiterhin die Seitenpuffer gebraucht, die somit erst nach der Umstellungsphase demontiert werden konnten. Die Einrichtungen zur Übernahme der Zugkräfte beim gemischten Kuppeln sind in Abbildung A.2 dargestellt. Folgende Erläuterungen werden dazu aus Schmidt [1965a, S. 431f] wortgetreu übernommen: „Das gemischte Kuppeln , d. h. das Kuppeln mit den vorhandenen Fahrzeugen mit Schraubenkupplung, geschah während der Umstellungszeit auf zweierlei Weise [. . . ]: a) Beim Rangieren und in Zügen auf kurze Entfernungen wurde der Kupplungsbügel des mit Schraubenkupplung ausgerüsteten Nachbarfahrzeuges über das Horn des Kopfes der selbsttätigen Kupplung gehängt. b) Ferngüterzüge wurden als Zweigruppenzüge gebildet. Dabei waren die Wagen mit selbsttätigen Kupplungen an der Zugspitze und die mit Schraubenkupplungen am Zugschluss eingestellt. Beide Zugteile wurden mit Doppelschakenketten miteinander verbunden. Die Doppelschakenketten wurden während der Übergangszeit auf den Lokomotiven mitgeführt.“ Abbildung A.2: Einrichtungen zum gemischten Kuppeln während der Einführungsphase der MPK [Schmidt 1965a, S. 432] Für die Bildung der Zweigruppenzüge wurden, je nach den örtlichen Gegebenheiten der Bahnhofsanlagen, verschiedene Verfahren angewendet [Potthoff 1977, S. 144]3 . A.4 Deutschland und Europa Die ersten Ansätze zur Einführung einer AK gehen in Deutschland bis auf die 1870er Jahre zurück. Lange Zeit stand die Findung einer technischen Lösung im Vordergrund. 3 Ausführliche Beschreibungen ausgewählter, in der Übergangsphase bei den sowjetischen Eisenbahnen eingesetzter Verfahren zur Zweigruppenzugbildung sind in ebendiesem Werk ab S. 142 dargestellt. Anhang A xliii So wurde beispielsweise noch vor der Erfindung der Willison-Kupplung die JanneyKupplung in Europa erprobt, jedoch ohne zufriedenstellende Ergebnisse. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Thema einer automatischen Kupplung durch den zwischenzeitlich gegründeten Internationalen Eisenbahnverband (UIC) wiederaufgenommen, ausgelöst durch die 5. Internationale Arbeitskonferenz im Jahr 1923. Maßgebend war der Sicherheitsaspekt der Eisenbahnbediensteten. Ergebnis eines Sonderausschusses war jedoch, dass erstens auch mit der Schraubenkupplung die Sicherheit der Bediensteten noch erhöht werden kann und zweitens eine Umstellung – simultan oder progressiv – nicht wirtschaftlich realisierbar sei. [Schmidt 1965a, S. 428f] Im Jahr 1948 war es der Binnenverkehrsausschuss der Europäischen Wirtschaftskommission, der die Frage nach einer selbsttätigen Kupplung wieder aufwarf. Wesentliche Ergebnisse eines von der UIC angeforderten Berichts besagten, dass eine Umrüstung nur bei allen aneinandergrenzenden Eisenbahnnetzen gleichzeitig vorstellbar sei. Vordringlich war zu jener Zeit jedoch der Wiederaufbau und die Beseitigung der Kriegsschäden, so dass durch die Bahnen die Bereitschaft fehlte, die Vorkriegsuntersuchungen zu dem Thema fortzuführen. [Schmidt 1965a, S. 432] [Molle & Friedrichs 1992, S. 218]. Unter dem Einfluss des wirtschaftlichen Aufschwungs in den 1950er Jahren wurde das Kupplungsthema mit dem Ziel einer Produktivitätssteigerung im Schienengüterverkehr wieder interessant. 1961 wurde von der UIC festgelegt, dass die automatische Kupplung zur russischen SA 3 direkt kompatibel sein muss. Im selben Zeitraum wurden diesbezüglich Kontakte zur OSShD aufgenommen und schließlich eine „Gemeinsame Gruppe UIC/OSShD Selbsttätige Kupplung“ gegründet, um die Kompatibilität der auf beiden Seiten entwickelten Systeme zu gewährleisten. Diese Zusammenarbeit mündete 1975 in der Bereitstellung einer betriebstüchtigen Kupplung unter der Bezeichnung AK69e (UIC) bzw. Intermat (OSShD), die neben zwei Luftleitungen eine Elektroleitung automatisch mitkuppeln kann (siehe Abschnitt 3.2.4). Zu diesem Zeitpunkt wurden die Zeitpläne für eine Umstellung schon mehrfach verschoben. Die Bereitschaft der europäischen Bahnen zur Einführung der Kupplung sank weiterhin, als immer deutlicher wurde, dass die aufzuwendenden Kosten für die Umstellung nicht wirtschaftlich zu rechtfertigen und keine zufriedenstellende technische Lösung für das gemischte Kuppeln in der Übergangsphase vorhanden war. Als die Kupplung 1975 technisch zur Verfügung stand, war ihre Einführung somit bereits gescheitert. Lediglich in Deutschland ist sie im Schwerlast-Erzverkehr in den Regelbetrieb gekommen und ist es auch heute noch.4 Geblieben ist von dieser Entwicklung jedoch, dass alle Neubaufahrzeuge seit 1965 für den Einbau einer automatischen Zug-Druck-Kupplung geeignet sind. [Schmidt 1965a, S. 432] [Schmidt 1965b, S. 481ff] [Molle & Friedrichs 1992, S. 218ff] „Entsprechend den Beschlüssen der leitenden Organe der UIC werden seit dem Jahr 1965 alle Neubaufahrzeuge nach Gesichtspunkten gebaut, die dem späteren Einbau der AK und den ihr eigenen Forderungen Rechnung tragen. Diese Vorbereitung der Neubauwagen auf zwei Kupplungssysteme (Schraubenkupplung und AK) erfordert zusätzliche konstruktive Elemente 4 Siehe Abschnitt 3.2.4. Anhang A xliv im Untergestell der Fahrzeuge. Dies hat während des Vorbereitungszeitraumes zusätzliche Investitionen je Fahrzeug und während der Nutzungszeit dieser Fahrzeuge zusätzliche Energiekosten der Zugförderung sowie eine verminderte Lastgrenze zur Folge.“ [ORE 1986, S. 6f] 1986 wurde vom Forschungs- und Versuchsamt des Internationalen Eisenbahnverbandes (ORE) ein Bericht zur Reduzierung der Herstellungskosten der automatischen ZugDruck-Kupplung abgeschlossen. Darin kam das ORE zum Schluss, dass die Herstellungskosten der Kupplung bei einem „Verzicht auf bestimmte derzeit gültige Bedingungen des Lastenheftes für die AK (UIC-Merkblatt 522)“ [ORE 1986, S. 29] deutlich gesenkt werden könnten. Trotzdem konnte ihr bei einer Untersuchung basierend auf dem Produktionsbild der Deutschen Bundesbahn keine Wirtschaftlichkeit beschieden werden. Nicht beachtet wurden jedoch sogenannte „Imponderabilien“, d. h. monetär nicht bewertbare Einflussgrößen, wie beispielsweise die Humanisierung der Arbeitsplätze, die Leistungssteigerung der Rangierbahnhöfe, die Erhöhung der Laufsicherheit oder die Wirkung der Transportbeschleunigung auf den Kunden. [ORE 1986, S. 29 und Anlage 5] Seit Mitte der 1980er Jahre wurde von der Deutschen Bundesbahn und der Firma Knorr-Bremse AG die Idee einer automatischen Zugkupplung (Z-AK, siehe Abschnitt 3.2.5), die für die Druckübertragung weiterhin die Puffer benötigt, forciert. Es handelte sich somit nicht mehr um eine Gemeinschaftsentwicklung der europäischen Bahnen, sondern um eine nationale Entwicklung mit dem Ziel der nachträglichen internationalen Übernahme. Ansatzpunkt der Entwicklung war, durch eine Reduzierung der Ansprüche an die Kupplung (nur Zugkräfte, keine Erhöhung der Lasten, keine Kompatibilität zur SA-3) die Herstellungskosten zu reduzieren. Neben der Integration einer GZK sollte so der Einführungswiderstand gegenüber der AK69e/Intermat gesenkt werden. Die Entwicklung wurde in den 1990er Jahren abgeschlossen, die Einführung sollte 1999 beginnen. Die anfangs gesetzten Stückpreis-Zielkosten konnten jedoch bei Weitem nicht eingehalten werden, so dass auch dieses Vorhaben nicht zum Erfolg führte. [Engelmann 2009, Interview] [Molle & Friedrichs 1992, S. 223f] A.5 Fazit Ein wesentlicher Unterschied zwischen einigen der gelungenen Umrüstungen und der bislang nicht gelungenen Umrüstung in Europa ist, dass die Schraubenkupplung immer weiter perfektioniert wurde, während z. B. in den USA und Japan vor der Umstellung noch primitivere Kupplungen mit weitaus größeren Nachteilen im Einsatz waren [UIC 1965, S. 5]. Weiterhin lassen sich unterschiedliche Hauptgründe für die jeweiligen Umrüstungen finden. Während in den USA die zuvor mangelnde Arbeitssicherheit als maßgebend anzusehen ist, standen augenscheinlich in Japan die Reduzierung des Rangier- und Zugbildungsaufwands und in der UdSSR die Erhöhung der Zugdimensionen im Vordergrund. Anhang B Ergänzende Abbildungen und Tabellen B.1 Prognose der Transportleistung Prognose Zeitraum Straße Schiene Gesamt Acatech 2002-2020 1,20% 2,46% 2,01% ITP/BVU 2004-2025 2,81% 2,41% 2,59% InnoZ 2005-2030 0,96% 2,64% 1,33% Progtrans 2005-2030 2,26% 2,33% 2,12% WorldTrans 2008-2025 1,18% 1,83% 1,23% Ifmo 2009-2030 1,95% Tabelle B.1: Erwartete Zunahme der Transportleistung in Deutschland der Verkehrsträger Straße und Schiene sowie aller Verkehrsträger (gesamt) im Vergleich (Prozent pro Jahr; eigene Darstellung mit Daten aus Acatech [2006], ITP/BVU [2007], InnoZ [2009], Ickert u. a. [2007] (Progtrans), Verkehrsrundschau [2011] (World Transport Report 2010/2011 der Progtrans AG), Ifmo [2010], z. T. zitiert aus [Leerkamp u. a. 2011, S. 7]) xlv Anhang B B.2 xlvi Freizuhaltende Räume min 400 min 2000 min 400 min 300 SO Stoßebene der ganz eingedrückten Puffer Abbildung B.1: Freizuhaltende Räume an den Fahrzeugenden gemäß Anlage 11 (zu §25) der EBO (Angaben in Millimetern; eigene Darstellung gemäß Thoma, Pätzold & Wittenberg [1996, S. 306]) Anhang B B.3 xlvii Segmentierung des Güterverkehrsmarkts Tabelle B.2: Aufteilung der Logistikähnlichkeit der Güter des Gütertransports [Schmidt & Kille 2008, S. 64] Anhang C Bewertung Die Tabellen C.1 bis C.4 stellen für je eines der potentiellen Einsatzfelder die Bewertungen aller technischen Varianten zusammen. Zudem werden dort neben dem Gesamtnutzwert die Teilnutzwerte der Kriterien in zweiter und in erster Ebene der Kriterienstruktur angegeben. Die Werte für den Fall der Zulassung überlanger Züge sind in den Tabellen zur Wahrung der Übersichtlichkeit nicht enthalten. xlviii 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ressourcen Arbeitsbed./Sicherheit Transportdauer Flexibilität Zuverlässigkeit Landungsanforderungen Verfügbarkeit Komplexität Erprobbarkeit 6% 14% 20% 3% 14% 9% 3% 10% 10% 4% 8% gewichtung Gesamt- 12% 2 Anlagen 20% Verfügbarkeit Einführung 60% 20% Unternehmensvorteil 40% 100% relativer Vorteil Widerstand Gesamtnutzwert Gruppierung in erster Ebene 48% Systemvorteil Gruppierung in zweiter Ebene 1 lfd. Nr. Strecke Bezeichnung Kriterium 1,95 2,85 1,35 -2,30 8,00 1,34 1,40 4 -5 8 4 2 -2 1 3 1 0 2 Basis 1,49 1,70 1,35 -2,60 6,00 1,34 1,40 3 -5 6 4 2 -2 1 3 1 0 2 Zugbus 0,11 -2,30 1,72 -2,60 -2,00 1,80 1,40 3 -5 -2 4 2 -2 2 4 2 0 2 Zustand 0,18 -2,80 2,16 -3,60 -2,00 2,00 2,80 2 -6 -2 4 4 -2 2 3 1 0 4 ep -0,08 -3,80 2,41 -3,60 -4,00 2,66 1,40 2 -6 -4 4 2 -2 3 6 4 0 2 BP -0,13 -5,15 3,22 -4,30 -6,00 3,32 2,80 2 -7 -6 4 4 -2 4 6 4 0 4 Brems-O Bewertung der technischen Varianten -0,45 -6,50 3,58 -5,00 -8,00 3,78 2,80 2 -8 -8 4 4 -2 5 7 5 0 4 Max Anhang C xlix Tabelle C.1: Übersichtstabelle der Bewertungen im potentiellen Einsatzfeld Montan 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ressourcen Arbeitsbed./Sicherheit Transportdauer Flexibilität Zuverlässigkeit Landungsanforderungen Verfügbarkeit Komplexität Erprobbarkeit 6% 14% 20% 3% 14% 7% 4% 10% 10% 4% 8% gewichtung Gesamt- 12% 2 Anlagen 20% Verfügbarkeit Einführung 60% 20% Unternehmensvorteil 40% 100% relativer Vorteil Widerstand Gesamtnutzwert Gruppierung in erster Ebene 48% Systemvorteil Gruppierung in zweiter Ebene 1 lfd. Nr. Strecke Bezeichnung Kriterium 2,18 1,85 2,41 -4,30 8,00 2,31 2,80 2 -7 8 4 2 0 3 4 2 0 4 Basis 1,72 0,70 2,41 -4,60 6,00 2,31 2,80 1 -7 6 4 2 0 3 4 2 0 4 Zugbus 0,46 -3,30 2,96 -4,60 -2,00 3,00 2,80 1 -7 -2 4 2 0 4 5 4 0 4 Zustand 0,42 -3,80 3,24 -5,60 -2,00 3,00 4,20 0 -8 -2 4 4 0 4 4 2 0 6 ep 0,36 -4,80 3,79 -5,60 -4,00 3,89 3,40 0 -8 -4 4 2 0 5 7 6 2 4 BP 0,45 -5,80 4,62 -5,60 -6,00 4,58 4,80 0 -8 -6 4 4 0 6 7 6 2 6 Brems-O Bewertung der technischen Varianten 0,39 -6,80 5,18 -5,60 -8,00 5,27 4,80 0 -8 -8 4 4 0 7 8 8 2 6 Max Anhang C l Tabelle C.2: Übersichtstabelle der Bewertungen im potentiellen Einsatzfeld Chemie 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ressourcen Arbeitsbed./Sicherheit Transportdauer Flexibilität Zuverlässigkeit Landungsanforderungen Verfügbarkeit Komplexität Erprobbarkeit 6% 14% 20% 4% 10% 4% 10% 10% 10% 4% 8% gewichtung Gesamt- 12% 2 Anlagen 20% Verfügbarkeit Einführung 60% 20% Unternehmensvorteil 40% 100% relativer Vorteil Widerstand Gesamtnutzwert Gruppierung in erster Ebene 48% Systemvorteil Gruppierung in zweiter Ebene 1 lfd. Nr. Strecke Bezeichnung Kriterium 2,90 6,65 0,39 0,00 1,60 0,07 0,17 6 5 8 0 1 -3 0 1 0 0 2 Basis 2,44 5,50 0,39 0,00 1,20 0,07 0,17 5 5 6 0 1 -3 0 1 0 0 2 Zugbus 1,03 1,50 0,71 0,00 -0,40 0,26 0,17 5 5 -2 0 1 -3 0 2 1 0 2 Zustand 1,41 1,00 1,68 0,00 -0,40 0,67 0,34 4 4 -2 0 3 -3 4 1 0 0 4 ep 1,18 0,00 1,97 0,00 -0,80 0,94 0,24 4 4 -4 0 1 -3 2 5 3 2 2 BP 1,41 -1,35 3,26 0,00 -1,20 1,55 0,41 4 3 -6 0 3 -3 6 5 3 2 4 Brems-O Bewertung der technischen Varianten 1,07 -2,70 3,58 0,00 -1,60 1,74 0,41 4 2 -8 0 3 -3 6 6 4 2 4 Max Anhang C li Tabelle C.3: Übersichtstabelle der Bewertungen im potentiellen Einsatzfeld Automotive 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ressourcen Arbeitsbed./Sicherheit Transportdauer Flexibilität Zuverlässigkeit Landungsanforderungen Verfügbarkeit Komplexität Erprobbarkeit 6% 14% 20% 1% 10% 9% 9% 10% 10% 4% 8% gewichtung Gesamt- 12% 2 Anlagen 20% Verfügbarkeit Einführung 60% 20% Unternehmensvorteil 40% 100% relativer Vorteil Widerstand Gesamtnutzwert Gruppierung in erster Ebene 48% Systemvorteil Gruppierung in zweiter Ebene 1 lfd. Nr. Strecke Bezeichnung Kriterium 2,15 5,25 0,08 2,50 8,00 -0,25 1,40 6 1 8 2 1 -4 0 1 0 0 2 Basis 1,69 4,10 0,08 2,20 6,00 -0,25 1,40 5 1 6 2 1 -4 0 1 0 0 2 Zugbus 0,35 0,10 0,52 2,20 -2,00 0,15 2,00 5 1 -2 2 1 -4 0 2 1 2 2 Zustand 0,60 -0,40 1,27 1,20 -2,00 0,89 2,80 4 0 -2 2 3 -4 4 1 0 0 4 ep 0,48 -1,40 1,73 1,20 -4,00 1,51 2,60 4 0 -4 2 1 -4 2 5 3 4 2 BP 0,65 -2,75 2,92 0,50 -6,00 2,65 4,00 4 -1 -6 2 3 -4 6 5 3 4 4 Brems-O Bewertung der technischen Varianten 0,38 -4,10 3,36 -0,20 -8,00 3,05 4,60 4 -2 -8 2 3 -4 6 6 4 6 4 Max Anhang C lii Tabelle C.4: Übersichtstabelle der Bewertungen im potentiellen Einsatzfeld KV