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Struktur-Funktionsbeziehungen der Na+/K+-ATPase anhand elektrophysiologischer Untersuchungen C-terminaler und Migräne-assoziierter Mutationen

Spiller, Susan

Die Na+/K+-ATPase ist ein Transmembranprotein, das die Gradienten für Na+ und K+ über der Zellmembran aufrecht erhält, indem sie drei Na+-Ionen ins Extrazelluläre und zwei K+-Ionen ins Intrazelluläre unter Verbrauch von ATP transportiert, was von elementarer Bedeutung für die Zellfunktion ist. Eine verminderte Funktion des Enzyms durch Mutationen in der katalytischen α-Untereinheit kann zu neurologischen Erkrankungen führen; wie die familiäre hemiplegische Migräne Typ 2 (FHM2), die durch Gendefekte der vorwiegend in Gliazellen exprimierten α2-Isoform zurückzuführen ist. Anhand der Röntgenkristallstruktur wurde deutlich, dass einige der bisher identifizierten FHM-Mutationen in Bereichen liegen, deren funktionelle Relevanz noch nicht eindeutig aufgeklärt wurde. In dieser Arbeit wurden FHM-Mutationen untersucht, die sich an möglichen Interaktionsstellen zwischen der katalytischen α- und der regulatorischen β-Untereinheit befinden. Der Schwerpunkt lag aber auf Mutationen im C-terminalen Bereich der α-Untereinheit, wobei nicht nur auf FHM-Mutationen fokussiert wurde, sondern auch auf Mutationen von Aminosäureresten, die eine wichtige Rolle beim Ionentransport spielen könnten. Zwischen den beiden C-terminalen Resten (Tyr1019, Tyr1020) und der mutmaßlichen dritten Na+-Bindungsstelle befindet sich eine durch polare und geladene Reste gebildete intrazelluläre Kavität. Nach neueren Erkenntnissen könnte diese Kavität einen intrazellulären Zugang für Na+-Ionen oder auch H+-Ionen bilden. Durch ihren elektrogenen Transportzyklus kann die Na+/K+-ATPase elektrophysiologisch untersucht werden. In dieser Arbeit wurde die Zwei-Elektroden-Spannungsklemm-Technik an Oozyten des südafrikanischen Krallenfrosches Xenopus laevis angewendet, um Details im Reaktionszyklus der Na+/K+-ATPase aufzuklären, vor allem hinsichtlich der Frage, wie der C-Terminus den intrazellulären Zugang zur dritten Na+-Bindungsstelle für Protonen reguliert. Des Weiteren sollten Kenntnisse über die Interaktionen zwischen der β- und der α-Untereinheit erlangt und funktionelle Mechanismen, die zur Ausbildung einer hemiplegischen Migräne (HM) führen, besser charakterisiert werden. Für einige HM-Mutanten wurde in dieser Arbeit nachgewiesen, dass sie nicht in die Plasmamembran gelangen (Y1009X, L994del und G855R). Weitere HM-Mutationen (G900R, E902K und K1003E) zeigten keine funktionellen Abweichungen. Die Mutante R1007W, die kürzlich sowohl mit dem Auftreten von FHM2 als auch von Epilepsie in Verbindung gebracht werden konnte, wies eine niedrigere apparente K+-Affinität auf, was für die Ausbildung einer Migräne physiologisch relevant sein könnte. Die hier gewonnenen Daten zu Mutationen an mutmaßlichen Interaktionsstellen mit der β-Untereinheit gaben allerdings keine Informationen darüber, ob und wie diese Interaktionen gestört sein könnten. In Abwesenheit von extrazellulärem Na+ und K+ zeigt die Na+/K+-ATPase ouabainsensitive, einwärtsgerichtete Leckströme, die bei negativen Potentialen stark vom extrazellulären pH abhängig sind. Der Mechanismus dieser von Protonen getragenen Ströme ist bisher nicht verstanden. Die hier untersuchten C-terminalen Mutationskonstrukte ΔYY, R937L, R937S, D999H und R1002Q zeigten pH-abhängig große ouabainsensitive Leckströme, auch in Na+-haltigen Lösungen, die aber durch K+ inhibiert wurden. Diese Aminosäurereste stehen im Verdacht, an einem C-terminalen Zugangskanal für Protonen zur dritten Na+-Bindungsstelle beteiligt zu sein. Daher wurden die Leckströme unter verschiedenen ionischen Bedingungen untersucht. R937S und R937L vermittelten diese Ströme in beide Richtungen mit pH-abhängigen Umkehrpotentialen. Die Auswertung dieser Leckströme deutete auf einen passiven, protonenselektiven Transportmechanismus hin, der jedoch einen Konformationswechsel des Enzyms erfordert. Unter K+-freien Bedingungen vermittelt die Na+/K+-ATPase einen elektrogenen Na+/Na+-Austausch. Die Untersuchung der daraus resultierenden transienten Ströme enthält Informationen zum Mechanismus dieses Na+-Transports. Bei den Konstrukten ΔYY, R937S, D999H und R1002Q war die Spannungsabhängigkeit der Kinetik des Na+/Na+-Austauschs erheblich verändert. Die Ergebnisse ließen den Schluss zu, dass der Na+-okkludierte Zustand und der Zugang von Na+ zu diesem Zustand bei diesen Konstrukten destabilisiert sein könnte. Des Weiteren untermauern diese Daten die These, dass die dritte Na+-Bindungsstelle intrazellulär für Protonen zugänglich ist und dass dieser Zugang durch den C-Terminus kontrolliert wird. Auch zeigte sich, dass Arg937 durch die Wechselwirkung mit den C-terminalen Tyrosinen und Arg1002 die Zugänglichkeit für Protonen von beiden Seiten der Membran kontrolliert. Wie sich dieser Zugang mechanistisch gestalten könnte, wurde anhand von Daten aus anderen Mutationsstudien und molekulardynamischen Simulationsstudien diskutiert.
The Na+/K+-ATPase is a transmembrane protein that exports three Na+ ions out of the cell in exchange for two K+ ions per hydrolyzed ATP molecule to maintain the respective concentration gradients that are essential for the survival of animal cells. Impaired function of the Na+/K+-ATPase because of mutations in the catalytic (α-)subunit can cause severe neurological diseases like the familiar hemiplegic migraine type 2 (FHM2). Patients with FHM2 have mutations in the α2 isoform of the Na+/K+-ATPase which is predominantly expressed in muscle cells and astrocytes. The crystal structure of the protein revealed that some FHM mutations are located in regions whose functional role has not been identified yet. In this work, several FHM mutations on possible interaction sites between the catalytic α subunit and the regulatory β subunit were investigated. Moreover, this thesis was focused on the C-terminal region of the α subunit not only by investigation of FHM mutations but also by analyzing mutated amino acid residues that may play a key role in ion transport. Between the C-terminal residues (Tyr1019 and Tyr1020) and the putative third Na+ binding site is an intracellular cavity that is lined by several polar and charged residues. Recent studies suggest that this cavity could form an intracellular pathway for Na+ ions, or more likely for H+ ions which could play a functional role in the reaction cycle of the Na+/K+-ATPase. Because of its electrogenic transport cycle, Na+/K+-ATPase constructs can be analyzed by electrophysiological methods. In this work, the two-electrode voltage-clamp technique (TEVC) was used on oocytes of the African clawed frog, Xenopus laevis, to gain information about structural and mechanistic details in the reaction cycle of the human Na+/K+-ATPase α2 subunit with regard to the question how the C-Terminus controls the intracellular access for protons to the putative third Na+ binding site. Furthermore, the objective was to characterize the interactions between the β and α subunit, and to clarify functional mechanisms that trigger the development of hemiplegic migraine (HM). HM mutants that could not be characterized electrophysiologically were shown to be impaired in their targeting to the plasmamembrane (Y009X, L994del und G855R). Further HM mutants (G900R, E902K und K1003E) showed no changes in function compared to the wildtype enzyme under the experimental conditions. The R1007W mutation that was identified in patients with FHM2 and epilepsy caused a reduced apparent K+ affinity, which could be physiologically relevant for the development of migraine. For mutations regarding the putative interaction sites between the β and α subunit, no definit informations could be obtained about the questions if and how the interactions are disturbed by the mutations. In the absence of extracellular Na+ and K+, the Na+/K+-ATPase shows ouabain-sensitive, inwardly rectified leak currents at negative potentials, which depend on extracellular pH. The mechanism of these proton carried currents has not been understood so far. The C-terminal mutated constructs analyzed in this work ΔYY, R937L, R937S, D999H and R1002Q showed large pH-dependend ouabain-sensitive leak currents even in Na+ buffers, which were inhibited by K+. These mutated residues are suggested to be part of a C-terminal pathway for protons to the third Na+ binding site. Therefore, the leak currents were investigated unter different ionic conditions. R937S and R937L mediated these currents in both directions with pH dependend reversal potentials. The analysis of leak currents indicate a passive, proton selective transport mechanism which involves a conformational change of the enzyme. In addition to electrogenic Na+/K+ pump current during the transport cycle, the Na+/K+-ATPase mediates an electrogenic Na+/Na+-exchange under K+-free conditions. The examination of the resulting transient currents gives informations about the mechanism of the Na+ transport. For the constructs ΔYY, R937S, D999H and R1002Q, the voltage-dependend kinetics of the Na+/Na+-exchange were significantly changed. These results led to the conclusion that the Na+-occluded state and the access of Na+ to this state could be destabilized. In addition, the results support the hypothesis that the third Na+ binding site is accessible for protons and that the intracellular entry is controlled by the C Terminus. Furthermore, it could be concluded that Arg937 controls the accessibility for protons from both sides of the membrane by interacting with the C-terminal tyrosines Tyr1019, Tyr1020 and Arg1002. The possible mechanisms of the intracellular access and of the proton transport are discussed by means of other mutational studies and molecular dynamic simulation studies.