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Strategischer Hasstransfer in der arabischsprachigen Rundfunkpropaganda NS-Deutschlands
Henning, Philipp; Technische Universität Berlin, Zentrum für Antisemitismusforschung (Organisation)
Die nationalsozialistische Rundfunkpropaganda auf Arabisch spielte während des Zweiten Weltkrieges eine besondere Rolle innerhalb der deutschen Auslandspropaganda. Die von NS-Seite als Gemeinsamkeiten identifizierten Feindbilder der europäischen Kolonialmächte, des Bolschewismus und des Judentums bildeten zusammen mit einer nationalsozialistischen Bewunderung für den Islam die Grundlage der inhaltlichen Ausrichtung. Die Zuständigkeiten bezüglich der Auslandspropaganda innerhalb des NS-Staates waren dabei zwischen Propagandaministerium und Auswärtigem Amt umkämpft, was zu einer teils inkohärenten Propagandastrategie führte. Zur Steigerung der Authentizität wurde großer Wert auf Muttersprachler wie den Iraker Yunus Bahri gelegt. Konzeptionell bestimmten jedoch deutsche Orientalisten und Propagandisten das Programm. Anhand der „Neu-Arabischen Stilproben“ des Arabisten Gerhard Rott lässt sich ein einzigartiger Einblick in die Arbeitsweise und Inhalte des ersten Jahres der arabischsprachigen Sendungen gewinnen. Die Rolle von arabischen Exilpolitikern im Dienst der NS-Propaganda, wie dem Mufti von Jerusalem, war dabei geringer als oftmals dargestellt. Die deutschen Sender agierten nach der vom BBC-Mitarbeiter Sefton Delmer geprägten Definition der „weißen“ und der „schwarzen“ Propaganda und verfolgten mit den Stationen Radio Berlin und „Concordia A“ unterschiedliche Strategien. Anhand der Radikalisierung des Programms und der zunehmenden Hetze gegen Juden sowie der Instrumentalisierung des Islam lässt sich veranschaulichen, wie die Dynamik des Kriegsverlaufes sowie die fortschreitende Judenvernichtung in Europa auch die deutschen Beeinflussungsversuche außerhalb Europas prägten. Abschließend wird ein Versuch unternommen, auf die Wirkung der Propaganda über 1945 hinaus in der arabisch-islamischen Welt einzugehen.
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Published in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 29 (2020), Metropol