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Investigations on MAC and Link Layer for a wireless PROFIBUS over IEEE 802.11
Willig, Andreas
Bei sogenannten Feldbussystemen handelt es sich um eine spezielle Klasse lokaler Netzwerke (LANs), die insbesondere industrielle Anwendungen im Blick hat. Diese Anwendungen zeichnen sich durch harte Echtzeit-Bedingungen aus: es müssen sicherheitskritische Nachrichten, z.B. Alarme, innerhalb einer maximalen Zeit sicher übertragen werden können. Hinzu kommt, daß Feldbussysteme vielfach in rauhen Umgebungen eingesetzt werden. Viele industrielle Anwendungen haben mobile Subsysteme, und können somit von aktuellen drahtlosen Netzwerktechnologien (wireless LANs, WLANs) profitieren, die Mobilität in natürlicher Weise unterstützen, im Gegensatz zu den bisherigen kabelgebundenen Technologien. Der IEEE 802.11 wireless LAN Standard ist derzeit die führende WLAN-Technologie. Der Standard ist ausgereift, und fertige Systeme bzw. Komponenten sind kommerziell erhältlich. Es ist daher naheliegend zu fragen, ob und wie diese Technologie für drahtlose Feldbussysteme genutzt werden kann. Eine zentrale Frage dabei ist, wie über das drahtlose Medium trotz hoher Fehlerraten und zeitvariablen Fehlerverhaltens eine möglichst gute "Echtzeit-Leistung" ("Realtime-Performance") erzielt werden kann. Der Begriff der Echtzeit-Leistung faßt gleichzeitig Zeit- und Zuverlässigkeitsaspekte der Übertragung sicherheitskritischer Daten ins Auge. Die vorliegende Dissertation bearbeitet diese Frage für den PROFIBUS, einem in Deutschland und Europa weit verbreiteten Feldbussystem. Das Fernziel, auf das hin diese Arbeit die ersten Schritte macht, ist die Integration drahtloser und verdrahteter Stationen in einem einzigen PROFIBUS LAN. Der Focus liegt hierbei auf der Mediumzugriffs- und Sicherungsschicht des OSI-Referenzmodells, wo der PROFIBUS ein Token-Passing-Protokoll auf einem Broadcast-Übertragungsmedium einsetzt, und die angeschlossenen Stationen einen logischen Ring bilden. Die vorgestellten Ergebnisse legen nahe, ein speziell auf die (Fehler-) Eigenschaften des drahtlosen Mediums zugeschnittenes Zugriffs- und Sicherungsprotokoll zu verwenden, und die existierenden Protokolle, namentlich das PROFIBUS Token-Passing Protokoll und das IEEE 802.11 Zugriffsprotokoll, nicht in Betracht zu ziehen. Das 802.11 Zugriffsprotokoll bietet keine ausreichende Unterstützung zur Implementierung der Dienste der PROFIBUS-Sicherungsschicht. Das PROFIBUS-Protokoll hingegen hat über einem fehlerbehafteten bzw. drahtlosen Medium erhebliche Probleme mit der Stabilität des logischen Rings, selbst nach Einführung geeigneter Protokollmodifikationen. Die Entwurfsentscheidung, das PROFIBUS-Zugriffsprotokoll durch ein anderes zu ersetzen, erschwert die Integration drahtloser und verdrahteter Stationen in einem PROFIBUS LAN, insbesondere unter der Randbedingung, daß der Protokollstack der verdrahteten Stationen nicht verändert werden soll. Umgekehrt ermöglicht sie aber auch die Suche nach Protokollen mit besserer Echtzeit-Leistung, als sie das PROFIBUS-Protokoll bietet. Die vorliegende Arbeit identifiziert die Klasse polling-basierter Protokolle als aussichtsreichen Kandidaten. Es wird gezeigt, daß bereits ein einfaches k-beschränktes Round-Robin Protokoll oft eine erheblich bessere Echtzeit-Leistung erzielt als das PROFIBUS-Protokoll, der Unterschied beträgt bis zu einer Größenordnung. Weiterhin werden drei Modifikationen des Round-Robin-Protokolls vorgestellt, mit denen die Echtzeit-Leistung weiter erhöht werden kann. Beim Entwurf dieser Modifikationen wurden die spezifischen (Fehler-) Eigenschaften drahtloser Medien einbezogen, wie sie sich in Messungen in einer industriellen Umgebung zeigten. Die verbesserte Echtzeit-Leistung der modifizierten Protokolle wird allerdings auf Kosten einer leicht veränderten Semantik der Dienste der PROFIBUS-Sicherungsschicht erreicht. Insgesamt gesehen liefert die vorliegende Arbeit die ersten Schritte auf dem Weg zu einem PROFIBUS-System, in welchem drahtlose und verdrahtete Stationen integriert sind.