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Modellprädiktive, kinetosearme Längs- und Querführung automatisiert fahrender Kraftfahrzeuge
Gallep, Jochen
Durch den Einsatz automatisiert fahrender Kraftfahrzeuge soll der Straßenverkehr zukünftig sicherer, effizienter und komfortabler gestaltet werden. Wichtige Voraussetzungen dafür sind zum einen eine leistungsfähige Fahrzeugführungsregelung mit einer hohen Regelgüte bei gleichzeitiger Echtzeitfähigkeit und zum anderen die Vermeidung von Kinetose (Reisekrankheit), welche durch sich ändernde Sitzanordnungen oder Passagiertätigkeiten in automatisiert fahrenden Fahrzeugen verstärkt auftreten kann. In den letzten Jahren wurde deshalb die Entwicklung moderner modellprädiktiver Regelungsansätze (MPC) zur Fahrzeugführung vorangetrieben, wie auch erste Untersuchungen zu Kinetose beim automatisierten Fahren durchgeführt. Die Komplexität des Optimierungsproblems als Teil des MPC stellt dabei weiterhin eine Hürde im Rahmen der Einführung entsprechender Ansätze dar. Darüber hinaus sind bisher noch keine Ansätze bekannt, welche Kinetose effektiv auf der Fahrzeugführungsebene reduziert.
Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt zum einen auf der Verwendung von linearen, parameterveränderlichen MPC-Prädiktionsmodellen zur Fahrzeugführungsregelung und zum anderen auf der Generierung kinetosereduzierender Führungsgrößen. Zur Führungsregelung wird als zentraler veränderlicher Parameter die Fahrzeuggeschwindigkeit variiert und damit die Dynamik des Prädiktionsmodells dem aktuellen Fahrzustand angepasst. Das sich dabei ergebende konvexe Optimierungsproblem weist eine reduzierte Komplexität auf und kann auf seriennahen Fahrzeugsteuergeräten in Echtzeit gelöst werden. Fahrversuche mit einem skalierten Fahrzeug zeigen ein stabiles und vorausschauendes Führungsverhalten in einem weiten Geschwindigkeitsbereich bei gleichzeitig reduzierter Rechenlast. Zur Beeinflussung des Kinetosezustandes der Passagiere wird ein Sollwertgenerator vorgestellt, welcher die Amplituden der kinetosekritischen, horizontalen Längs- und Querbeschleunigungen des Fahrzeugs in Abhängigkeit des aktuellen Kinetosezustandes der Passagiere reduziert. Anhand von Simulationsstudien wird die Leistungsfähigkeit des gewählten Ansatzes aufgezeigt.
Automated vehicles are supposed to make road traffic safer, more efficient and more comfortable in the future. Important prerequisites for this are, on the one hand, a real-time capable high performance vehicle guidance system, and, on the other hand, the avoidance of kinetosis (motion sickness), which can increase due to changing seating arrangements or passenger activities in automated vehicles. In recent years, the development of modern model predictive control approaches (MPC) for vehicle guidance has therefore been advanced, as well as first studies on kinetosis during automated driving. The complexity of the optimization problem of the MPC continues to be a challenge during the introduction of such approaches. In addition, no approaches are known yet that effectively reduce kinetosis at the vehicle guidance level.
The focus of this work is on the one hand on the use of linear, parameter-variable prediction models for vehicle guidance control and on the other hand on the generation of reference signals to mitigate motion sickness. For the vehicle guidance control, the vehicle speed is varied as a central variable parameter in order to adapt the dynamics of the prediction model to the current driving state. The resulting convex optimization problem has a reduced complexity and can be solved in real-time on automobile control units. Driving tests with a scaled car show a stable and forward-looking reference tracking behavior in a wide speed range with a reduced computing load. To influence the motion sickness status of the passengers, a setpoint generator is presented, which reduces the amplitudes of the motion sickness critical, horizontal longitudinal and lateral accelerations of the vehicle depending on the current motion sickness status of the passengers. Simulation results show the effectiveness of the chosen approach.