Regulatorisch-toxikologische Maßnahmen zur Minimierung von Verbraucherrisiken in Deutschland und Europa am Beispiel von Lungenschäden durch dünnflüssige Lampenöle auf Petroleumdestillat- und Paraffinbasis

dc.contributor.advisorMaschewsky-Schneider, Ulrikeen
dc.contributor.authorHahn, Axelen
dc.contributor.grantorTechnische Universität Berlin, Fakultät VII - Wirtschaft und Managementen
dc.contributor.refereeMaschewsky-Schneider, Ulrikeen
dc.contributor.refereeKemper, Fritz Hubertusen
dc.contributor.refereeZilker, Thomasen
dc.date.accepted2013-12-13
dc.date.accessioned2015-11-20T23:31:20Z
dc.date.available2014-08-28T12:00:00Z
dc.date.issued2014-08-28
dc.date.submitted2014-06-06
dc.description.abstractVergiftungen mit flüssigen Kohlenwasserstoffen beim Menschen sind seit Anfang des letzten Jahrhunderts bekannt. In den 1950er Jahren waren diese Vergiftungen die Hauptursache für Klinikaufnahmen bei Vergiftungen mit Haushaltschemikalien im Kindesalter in den USA. Erste Hinweise auf eine Gefährdung durch dünnflüssige Lampenöle auf Petroleumdestillat- und Paraffinbasis, die Brennstoffe in Öl- oder Zierlampen waren, kamen aus Skandinavien. Hinweise auf ein besonderes Risiko für Kleinkinder ergaben sich 1989 aus dem ersten Jahresbericht der Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie, Berlin in Deutschland. Aus den Ergebnissen eines Forschungsvorhabens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur harmonisierten Dokumentation von Vergiftungsfällen konnte 1993 abgeschätzt werden, dass von allen Haushaltschemikalien speziell die attraktiven, gefärbten und parfümierten Lampenöle das höchste Gefährdungspotenzial für Kinder zwischen 1 und 3 Jahren in Deutschland hatten. Systematische Risiko-Abschätzungen für das Jahr 1995 ergaben, dass bei etwa 1.000 Anfragen zu Lampenölingestionen in den deutschen Giftinformationszentren im Zeitraum 1992-1994, jährlich mit etwa 250 bis 300 chemisch bedingten Pneumonien bei Kleinkindern zu rechnen war. Im Zeitraum 1989-2013 waren insgesamt 5 Todesfälle zu beklagen. Trotz verschiedener Risikominimierungsmaßnahmen, wie kindergesicherte Verschlüsse (ab 1992), spezielle Warnhinweise (ab 1996), einem neu geschaffenen R-Satz R 65 (ab 1996), war ein relevanter Rückgang der Fallzahlen erst zeitgleich mit einem Verbot der aspirationsgefährlichen flüssigen gefärbten und parfümierten Petroleumdestillat- und Paraffin-haltigen Lampenöle ab 01.01.1999 in Deutschland, später dann auch ab 1.07.2000 auch in der Europäischen Union (EU) zu sehen. Entgegen deutschen EU-Vorschlägen wurden die ungefärbten aspirationsgefährlichen flüssigen Petroleumdestillat und Paraffin-haltigen Lampenöle und Brennstoffe durch die Intervention der Industrie nicht verboten. Wachsende Marktanteile dieser ebenso gefährlichen Stoffe, besonders über die vermehrte Vermarktung von flüssigen Grillanzündern nach 2000, haben eine schnelle und nachhaltige Risikoverminderung in der EU zunächst verhindert. In der Folge mussten dann die aspirationsgefährlichen flüssigen Petroleumdestillate und Paraffine in ihrer Gesamtheit sowohl als Lampenöle, als auch als flüssige Grillanzünder im Rahmen von REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) erneut reguliert werden. Seit 1. Juni 2014 kann eine vollständige Risikominimierung erreicht werden, letztlich, durch ein vollständiges Verbot der aspirationsgefährlichen flüssigen Kohlenwasserstoffe im Verbraucherbereich. Unter Public Health Gesichtspunkten wird in der Dissertation der gesamte regulatorisch-toxikologische Prozess aufgezeigt, durch dessen Verlauf die neuen Erkenntnisse über die Epidemiologie der aspirationsgefährlichen flüssigen Kohlenwasserstoffe, den genauen Unfallmechanismus, die speziellen gefährlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften und die pathophysiologischen Mechanismen der Aspiration und der Aspirationspneumonie gewonnen worden. Der Erfolg der initiierten Risikominimierungsmaßnahmen konnte über ein in den Einzelheiten verbessertes Monitoring in Deutschland gemessen werden. Ein besonderer wissenschaftlicher Aspekt der Untersuchungen beim Menschen war, dass sich die frühere Einschätzung des Risikos und der Toxizität der aspirationsgefährlichen flüssigen Petroleumdestillate und Paraffine durch Tierversuche letzten Endes als falsch herausgestellt hat. Das Risiko im Standardtierversuch wurde absolut unterschätzt. Eine derartige Fehlvorhersage muss bei zukünftigen Risikoabschätzungen von Stoffen mittels Tierversuchen oder Alternativen zu Tierversuchen unbedingt vermieden werden. Im wissenschaftlichen Kontext werden in dieser Arbeit Fragen aufgeworfen, die Zielsetzungen im Sinne der neuen fünf Public Health Kerndisziplinen entsprechen. Dabei werden die Maßnahmen und Wirkungen der Regulationsmechanismen beleuchtet. Die Arbeit beschreibt den gesamten wissenschaftlichen Prozess, in dem die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen der Medizin, wie Toxikologie, Physiologie und Pathophysiologie, klinische Chemie und Statistik und physikalisch-chemische Untersuchungen zu neuen Erkenntnissen geführt haben. Im Einzelnen kann mit den Ergebnissen der Arbeit wissenschaftlich klar nachgewiesen werden, dass 1) die früheren Tierversuche und deren Bewertung unter einem falschen Versuchsansatz durchgeführt wurden, weil der Pathomechanismus der Aspiration von Flüssigkeiten bis dahin nicht ausreichend verstanden und nicht als relevanter toxikologischer Expositionsweg erkannt wurde, 2) die Todesursachen- bzw. die Krankheitsartenstatistik des Statistischen Bundesamtes aufgrund der unzureichenden ICD-Codierung das spezielle Risiko für den Menschen nicht aufdecken konnte und 3) ein ausreichendes Monitoring über Vergiftungsunfälle beim Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, welches neuartige Risiken oder Trends entdecken könnte, bisher weder etabliert noch im öffentlichen Gesundheitsbereich vorgesehen ist. Erst die Zusammenführung aller dieser Fakten in der Arbeit in Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteuren hat erstmalig eine wissenschaftliche Sicht auf die Gesamtproblematik und -prozess der aspirationsgefährlichen flüssigen Kohlenwasserstoffe gegeben und geholfen diese Stoffgruppe einer wirksamen Risikominimierung im Sinne der Public Health Wissenschaften zuzuführen.de
dc.description.abstractCases of poisoning involving liquid hydrocarbons in humans have become known since the beginning of the last century. In the 1950s, poisoning of this type constituted the main cause of hospitalization of cases of poisoning in children involving household chemicals in the USA. Scandinavia was the first region to draw attention to a risk arising from low-viscosity lamp oils based on petroleum distillates and paraffins that were used as fuels in oil lamps including ornamental lamps. For the first time in 1989, confirmed indications of a special risk for young children resulted from the first annual report of the Berlin poison emergency centre (information centre for poisoning symptoms and embryonic toxicology) in Germany. Based on the results of a research project conducted by the Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation and Nuclear Safety (BMU) and aiming at a harmonized documentation of cases of poisoning, it was possible to identify in 1993 the attractively coloured and scented lamp oils being those posing the highest risk for children aged between 1 and 3 years, among all household chemicals. The results of systematic risk assessments for 1995 suggested that for about 1000 enquiries on lamp oil ingestion recorded at the German poison information centres in the 1992-1994 period, it had to be assumed that annually, there had been between 250 and 300 cases of chemical pneumonia in young children. In the 1989-2013 period, altogether five deaths had to be deplored. In spite of a number of different risk minimization measures implemented, such as child-resistant closures (from 1992), special warnings (from 1996) and a newly established R phrase (R 65, from 1996), a relevant decrease in case numbers was only achieved after a ban on coloured and scented lamp oils containing liquid petroleum distillates and paraffins and posing an aspiration hazard had taken effect on 1 January 1999 in Germany, and on 1 July 2000 in the entire European Union (EU). Due to intervention by industry, and contrary to the German EU proposals, the ban did not include uncoloured lamp oils and fuels containing liquid petroleum distillates and paraffins posing an aspiration hazard. At first, a rapid and sustainable risk minimization within the EU was constrained by growing market shares of these similarly dangerous substances, particularly an increased marketing of grill lighter fluids from 2000. This is why liquid petroleum distillates and paraffins involving an aspiration hazard had to undergo a fresh regulation procedure both as lamp oils and as grill lighter fluids in the context of the Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (REACH). Since 1 June 2014, a complete risk minimization has eventually been achieved by a complete ban on liquid hydrocarbons involving an aspiration hazard for use in consumer products. From the angle of public health aspects, the doctoral thesis demonstrates the entire regulatory toxicological process which has resulted in new knowledge about the epidemiology of health risks from hydrocarbons posing an aspiration hazard, the accident mechanism, the special dangerous physicochemical properties and the pathophysiological mechanisms of aspiration and aspiration pneumonia. The success of the risk minimization measures implemented could be measured by means of an enhanced monitoring system in Germany. A special scientific aspect of the studies in humans consisted in the fact that the former assessment of the risk and the toxicity of liquid petroleum distillates and paraffins posing an aspiration hazard that had been made on the basis of animal experiments was eventually found to be incorrect. The risk had been absolutely underestimated in standard animal experiments. For the future, it is absolutely essential to avoid similar wrong predictions in the risk assessment of substances based on animal experiments or their alternatives. In a scientific context, this thesis has raised questions related to the objectives of the new five core disciplines of public health. In this framework, the measures and effects of regulatory mechanisms are elucidated. The thesis provides a description of the entire scientific process in which the different scientific disciplines of medicine such as toxicology, physiology and pathophysiology, clinical chemistry and statistics, as well as physicochemical studies have led to new findings. Based on the present results of this thesis, it can be clearly demonstrated in scientific terms that 1) Earlier animal studies and their evaluation had been performed with a wrong experimental approach because until then, the pathomechanism of fluid aspiration had not been sufficiently understood and not been identified as a relevant toxicological route of exposure; 2) The statistics on causes of death and the statistics on types of disease kept by the Federal Statistical Office did not permit the detection of an existing special risk due to the inadequate ICD encoding; and 3) A sufficient monitoring of cases of poisoning in humans in the Federal Republic of Germany that would have been appropriate to identify new risks or trends has neither been established nor envisaged in the public health sector so far. It was the combination and compilation of all these facts in this thesis, in collaboration with numerous actors that, for the first time, has provided a scientific perspective on the overall problem and process of liquid hydrocarbons posing an aspiration hazard and helped to subject this group of substances to an effective risk minimization in the sense of the public health sciences.en
dc.identifier.uriurn:nbn:de:kobv:83-opus4-53127
dc.identifier.urihttps://depositonce.tu-berlin.de/handle/11303/4377
dc.identifier.urihttp://dx.doi.org/10.14279/depositonce-4080
dc.languageGermanen
dc.language.isodeen
dc.rights.urihttp://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/en
dc.subject.ddc610 Medizin und Gesundheiten
dc.subject.otherLungenschädende
dc.subject.otherParaffinede
dc.subject.otherPetroleumde
dc.subject.otherPublic Healthde
dc.subject.otherToxikologiede
dc.subject.otherKerosineen
dc.subject.otherLungdamageen
dc.subject.otherParaffineen
dc.subject.otherPublic healthen
dc.subject.otherToxicologyen
dc.titleRegulatorisch-toxikologische Maßnahmen zur Minimierung von Verbraucherrisiken in Deutschland und Europa am Beispiel von Lungenschäden durch dünnflüssige Lampenöle auf Petroleumdestillat- und Paraffinbasisde
dc.title.translatedRegulatory toxicological measures to minimize consumer risks in Germany and Europeen
dc.title.translatedsubtitlelung damage due to low-viscosity lamp oils based on petroleum distillates or paraffins as an exampleen
dc.typeDoctoral Thesisen
dc.type.versionpublishedVersionen
tub.accessrights.dnbfree*
tub.affiliationFak. 7 Wirtschaft und Management::Inst. Technologie und Management (ITM)de
tub.affiliation.facultyFak. 7 Wirtschaft und Managementde
tub.affiliation.instituteInst. Technologie und Management (ITM)de
tub.identifier.opus45312
tub.publisher.universityorinstitutionTechnische Universität Berlinen

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