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Hilfesuchverhalten im Kontext von Partnergewalt gegen Frauen. Sekundärdatenanalyse der Repräsentativbefragung "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland"

Brzank, Petra

Fak. 7 Wirtschaft und Management

Partnergewalt gegen Frauen ist wegen seines Ausmaßes und seiner Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen ein gravierendes Public Health-Problem. Die sozioökonomischen Folgen für die Einzelnen als auch für die Gesamtgesellschaft sind beträchtlich. Zur Unterstützung von Frauen, die Partnergewalt erlitten haben, wurde in Deutschland ein Beratungs- und Zufluchtsnetz etabliert. Empirisch evident trägt psychosoziale Unterstützung zur Minderung der negativen Folgen von Partnergewalt auf die mentale Gesundheit der Opfer bei. Obwohl die Unterstützungsangebote bekannt sind, sucht nur ein im Vergleich zum Ausmaß geringer Teil der Betroffenen Hilfe. Internationale Studien haben die Komplexität der Einflussfaktoren auf das Hilfesuchverhalten der Frauen aufgezeigt. Ein besseres Verstehen des Hilfesuchens und seiner Umstände kann die Anpassung des bestehenden Unterstützungsangebotes an die Bedürfnisse der Frauen fördern. In 2004 wurde die Repräsentativbefragung “Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland” vom Bundesministerium Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht. Mehr als 10.000 zufällig ausgewählte Frauen im Alter von 16 bis 85 Jahren wurden anonym mit einem detaillierten Fragebogen zu ihren Gewalterfahrungen interviewt. Die vorliegende Sekundärdatenanalyse dieser Daten fokussiert auf die Einflussfaktoren, die die Opfer von Partnergewalt (n=1.730) dazu motivieren, Hilfe zu suchen. In einem komplexen Modell wurden die potentiell beeinflussenden Faktoren wie Soziodemografie, Gesundheitsstatus, personale und soziale Ressourcen, multiple Gewalterfahrung und Partnergewaltschwere, Mitbetroffenheit von Kindern, Substanzmittelkonsum und Kenntnis des Unterstützungsangebotes untersucht. Die univariate Deskription beschreibt die Studienpopulation im Vergleich zur Gesamtpopulation der Primärstudie (N=10.118), bivariate Korrelationen und multivariate Regressionen dienen der Konstruktanalyse. Ein Strukturgleichungsmodell beschreibt die möglichen Kausalpfade zwischen Variablen und Konstrukten im Hinblick auf das Hilfesuchverhalten der betroffenen Frauen. Die multivariaten Regressionsanalysen zeigen etliche Einflussfaktoren auf das Hilfesuchverhalten: Das Mitverantwortlichkeitsgefühl für die Gewalthandlungen hindert Frauen an einer Hilfesuche, während der Konsum von Psychopharmaka und die Partnergewaltschere, Kindesmisshandlung und eine höhere Verletzungszahl eher zu einer Inanspruchnahme von Hilfe und Unterstützung führt. In der Kausalpfadanalyse wird die Hilfesuche vornehmlich primär positiv von der Schwere der Gewalt und von multiplen Gewalterfahrungen in Kindheit und Erwachsenenalter bestimmt. Aus diesen Ergebnissen werden Verbesserungsvorschläge und Ansätze für Sekundär- und Primärprävention in der Gesundheitsversorgung abgeleitet.
Intimate Partner Violence against women (IPVAW) is considered an important public health issue. In order to support victims, a network of advocacy and shelters has been established in Germany. Advocacy and counselling can help to reduce the sequelae of IPVAW on victims’ health. Although support possibilities are available, few women seek help. International studies highlighted the complexity of help-seeking related factors. A better understanding of the helpseeking circumstances can be useful to adapt support programmes to meet the needs of victims. In 2004 the representative survey “Health, Well-Being and Personal Safety of Women in Germany” was published by the Federal Ministry of Family, Seniors, Women and Youth. More than 10.000 random sampled women, aged 16 to 85 were interviewed anonymously with a detailed questionnaire. Based on this data, the secondary analysis focuses on the circumstances that bring victims of IPV (n=1.730) to seek help from the health sector or advocacy. The potential factors like social demographics, health status, personal and social ressources, multiple violence expierence and IPV, involement of children, substance abuse and the knowledge of the help services were analysed in a complex model. Univariate frequency description compares the study sample with the primary study sample (N=10.118), bivariate correlations and regressions show important factors related to the theoretical constructs in the context of helpseeking. Finally a structural equation modell is applied to describe the possible pathways between variables and constructs and their influence on the help-seeking behaviour of victimised women. Regression analysis reveal: Likelihood of support utilization was decreased by feelings of co-responsibility for IPV-attacks however was increased by consumption of psychotropics, IPV-severity, childhood abuse and higher injury numbers. In the structural equation model the IPV-severity had the main influence on the outcome “helpseeking” and a path between childhood abuse via IPV-severity to helpseeking could be found. Recommendations for policy and service improvement as well as approches for secondary and primary prevention in the health care were derived from these findings.