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Zwischen "Munitionen" und "Musikalien". Das Geldmuseum der Deutschen Reichsbank und die Umstrukturierung des numismatischen Lebens während der NS-Diktatur

Sbardella, Emanuele

In seiner hiermit veröffentlichten Dissertation setzt sich der Autor mit der Entstehung und dem Aufbau des Geldmuseums der Reichsbank auseinander und rekonstruiert die Mitte der 1930er Jahre angebahnte numismatische Sammeltätigkeit der Zentralbank des Deutschen Reiches. Seine historiographischen Bestrebungen gehen mit seinem Versuch einher, die untersuchten Geschehnisse epistemologisch zu deuten und in ihren kulturwissenschaftlichen Kontext einzubetten. Während die Reichsbank (wie jede moderne Zentralbank) die staatliche Währungspolitik mitgestaltet und verwaltet hat, stellt es ein Novum der NS-Zeit dar, dass sie eine Rolle und sogar eine zentrale Rolle in der öffentlichen Sammelpolitik spielte. Sobald die bis dahin numismatischen Belangen fernstehende Reichsbank den Auftrag erhielt, die enorme Menge an numismatischem Material zu verwalten, das jüdischen Sammlern und Händlern entzogen wurde, trat eine historische und zugleich wissenschaftsgeschichtliche Zäsur ein. Das Geldmuseum ‒ ein ambitioniertes Museumsprojekt (Musikalien) unter dem allgegenwärtigen Einfluss kriegsvorbereitender Rüstungspolitik (Munitionen). Die Reichsbank instrumentalisierte bewusst den kulturellen Auftrag, den die Bezeichnung Geldmuseum evoziert, um kriegswirtschaftliche Zwecke zu verfolgen: Sie erwarb und verkaufte Münzen vertriebener Juden – sie handelte mit Musikalien, es handelte sich jedoch um Munitionen.
In his dissertation the author analyses the origins and structure of the Reichsbank's Geldmuseum (Money Museum) and reconstructs the numismatic collecting activities of the Central Bank of the German Reich, that began in the mid-1930s. His historiographical endeavors go hand in hand with his attempt to interpret epistemologically the examined events and to embed them in their cultural studies context. While the Reichsbank (like every modern central bank) helped to shape and administer the state's monetary policy, it was a novelty of the Nazi era that it played a role and even a central role in public collection policy. As soon as the Reichsbank, which up until then had been remote from numismatic interests, was given the task of administering the enormous amount of numismatic material that was withdrawn from Jewish collectors and dealers, it occourred an historical and epistemological turning point at the same time. The Geldmuseum - an ambitious museum project (the "Musikalien"-side of the coin) which has been created under the omnipresent influence of war-preparing armaments policy ("Munitionen"-side of the coin). The Reichsbank deliberately exploited the cultural mission evoked by the concept of a museum in order to pursue war economic purposes.