"Aufbruch" zwischen den Fronten? Der "Fall Scheringer" in der Werbestrategie der KPD um das nationalsozialistische Wähler- und Mitgliederpotential

dc.contributor.advisorBergmann, Werneren
dc.contributor.authorBischkopf, Alexanderen
dc.contributor.grantorTechnische Universität Berlin, Fakultät I - Geisteswissenschaftenen
dc.date.accepted2009-10-28
dc.date.accessioned2015-11-20T22:01:28Z
dc.date.available2013-02-01T12:00:00Z
dc.date.issued2013-02-01
dc.date.submitted2013-02-01
dc.description.abstractErst nachdem die KPD-Führung Anfang der 30er Jahre akzeptiert hatte, dass es der NSDAP gelungen war "ja sogar z.T. Arbeiter um sich zu scharen" (Rote Fahne, 29.06.1930) und einen Wahlerfolg nach dem anderen zu feiern, begann sie sich widerwillig der neuen innenpolitischen Herausforderung zu stellen. Bis zuletzt wurde die Notwendigkeit, sich mit der NSDAP zu befassen, grundsätzlich in Frage gestellt. Galt die Ausrichtung des antifaschistischen Kampfes auf die Nationalsozialisten, da sie die Kräfte in Nebenkriegsschauplätzen vergeuden würden, doch als kontraproduktiv. Einzige Aufgabe des Faschismus sei es schließlich, dem bedrohten Kapitalismus eine populäre Massenbasis und schlagkräftige Söldnertruppe zu verschaffen. Während die Funktionäre der NSDAP zu Marionetten in den Händen des Großkapitals degradiert wurden, erklärte sich die KPD-Führung den Anschluss von sozial deklassierten Kleinbürgern und Arbeitern, von denen in wirtschaftlichen Krisenzeiten ganz selbstverständlich ihre Linksradikalisierung erwartet worden war, mit deren gezielter Verwirrung durch eine pseudosozialistische Propaganda. Obwohl die KPD-Führung davon überzeugt war, dass mit der Liquidierung der Puppenspieler zugleich auch das Problem des Nationalsozialismus gelöst werde, meinte sie nicht auf Teile der vermeintlich revolutionären Anhängerschaft der NSDAP verzichten zu können. Diese Gruppen, von deren sozialistischen Sehnsüchten sie fest überzeugt war, sollten durch sozialpolitische Aufklärung in die Reihen der einzigen Arbeiterpartei geführt werden, die die soziale Befreiung erkämpft. Um die Fehlgeleiteten erreichen zu können, wurde als propagandistisches Einfallstor die "nationale Frage" und insbesondere die lautstarke Verurteilung nationaler Abhängigkeiten gewählt, was zu einer opportunistischen Anknüpfung an den vermuteten Zeitgeist führte. Neben gewalttätigen Auseinandersetzungen ist die Umwerbung des Wähler- und Mitgliederpotentials der NSDAP, wie die zwei Seiten einer Medaille, ein unabdingbarer Bestandteil ein und desselben Konkurrenzkampfes, im Zuge dessen der politischer Gegner zersetzt und zugleich die eigene Partei gestärkt werden sollte. Ideales Zugpferd für dieses Unterfangen war der durch den Ulmer Reichswehrprozess bekannt gewordene ehemalige Offizier Richard Scheringer. Der nationalsozialistische Hochverräter wechselte während seiner Haftzeit spektakulär die Fronten und setzt sich nun offensiv für die KPD und die bolschewistische Revolution ein. Die KPD reizte, nicht zuletzt aus Mangel an vergleichbaren Fällen, den Frontwechsel Scheringers propagandistisch aus. Sie stilisierte ihn zum Symbol und beispielhaften Vorbild eines geläuterten nationalsozialistischen Dissidenten, der durch Aufklärung (und logisch folgender Einsicht) überzeugt worden war. Unter der Ägide des parteieigenen Nachrichtendienstes wurde in Scheringers Namen die Zeitschrift "Aufbruch" herausgegeben, in deren Redaktion alle bürgerlich-nationalistischen Dissidenten, über die die KPD verfügte, zusammengefasst wurden. Der "Aufbruch" unterhielt als einzige KPD-Organisation Diskussionszirkel in verschiedenen Städten ("Aufbruch-Arbeitskreise"), die die Kontaktaufnahme zu wechselwilligen Nationalisten und Nationalsozialisten erleichtern sollten. Ihre Hauptaufgabe aber war die nachrichtendienstliche Auswertung der spärlichen Kontakte ins entgegengesetzte politische Lager. Eingangs der Arbeit wird, aus dem Blickwinkel des Konkurrenzkampfes um das selbe Wähler- und Mitgliederpotential, die Wahrnehmung und Beurteilung des erneuten Aufstiegs der NSDAP durch die KPD-Führung sowie ihre Reaktionen und die daraus folgende Generallinie untersucht. Im Anschluss wird der "Fall Scheringer" als exemplarischer Modellfall für die praktische Umsetzung untersucht. Der dritte Abschnitt der Arbeit widmet sich dem "Aufbruch" und den dazugehörigen Arbeitskreisen. Als Initiator und Träger wird kurz der Nachrichtendienst der KPD beschrieben. Neben der Schilderung der Entwicklung konzentriert sich die Darstellung auf die Strukturen des "Aufbruch"-Projekts und die Arbeitsweisen der unmittelbar beteiligten Protagonisten. Eine Inhaltsanalyse des "Aufbruchs" schließt diese Arbeit ab.de
dc.description.abstractOnly after the KPD leadership had accepted in the early 30s that the NSDAP had succeeded in winning even Workers and celebrated one election victory after another, the officials reluctantly approached the new domestic political challenge. But the need to deal with the Nazi Party was constantly called into question. Focusing the anti-fascist struggle on the NSDAP was considered as a side issue and therefor counterproductive. The KPD leadership was convinced that the sole task of fascism is to gain the threatened capitalism a popular mass base and powerful mercenaries. While officials of the NSDAP were downgraded to puppets in the hands of high finance, the KPD leadership had expected that the socially declassed petty bourgeois and workers would turn during an economic crisis to the radical left. Their annexation to the Nazi Party was explained with their confusion by pseudo-socialist propaganda. Although the KPD leadership was convinced that with the liquidation of the puppeteers the problem of Nazism would be generally resolved at the same time, the officials were still willing to win parts of the supposedly revolutionary supporters of the Nazi Party. These groups, by their socialist aspirations, the officials were still convinced, had to be guided by socio-political education in the ranks of the KPD, the single workers' party that fights for true social liberation. To reach the misguided the "national question" was chosen as propaganda gateway. In the course of this strategy the repeated vociferous condemnation of national dependencies was an opportunistic attempt to connect with the suspected zeitgeist. As regarded the two sides of the same coin, the courtship of the voters and members of the NSDAP is in addition to violent confrontation an indispensable part of the same competitive struggle. The KPD tried to decompose the political opponent and strengthen the own party at once. Ideal leading force for this endeavor was the former Reichswehr officer and NSDAP fellow-traveller Richard Scheringer, who became generally known through the Ulm Reichswehr process. Scheringer, who had tried to win other officers for Nazism and to manipulate the Reichswehr, was convicted for treason. During his detention he spectacularly changed his allegiance and supported abruptly the Communist Party and the Bolshevik Revolution. Not least due to lack of comparable cases, the communists’ propaganda exhausted Scheringers change of front. He became a symbol and exemplary model of a purified Nazi dissident, who had been convinced through enlightenment (and logically following insight). Under the aegis of the party's own intelligence service the KPD published in Scheringers name the magazine "Aufbruch" [i.e. decampment or departure]. For the editorial department the KPD concentrated all bourgeois nationalist dissidents who followed the Communist Party. The "Aufbruch" also maintained discussion circles in different cities. Their official task was to facilitate contact to change-willing nationalists and National Socialists. Their main task, however, was the intelligence analysis of the scanty contacts to the opposite political camp. The dissertation is examining the perception and evaluation of the rise of the Nazi party by the KPD leadership from the perspective of competition for the same potential of voters and members. It also describes reactions of the communist officials and the consequent general line. In the following the "case Scheringer" is examined as an exemplary model for the practical implementation. The third section of the work is devoted to the "Aufbruch" and the related working groups. As the initiator and provider the intelligence service of the KPD is also described. Besides the description of the development this part is focused on the structures of the "Aufbruch" project and the working methods of the involved protagonists. A content analysis of the "Aufbruch" concludes this work.en
dc.identifier.uriurn:nbn:de:kobv:83-opus-38438
dc.identifier.urihttps://depositonce.tu-berlin.de/handle/11303/3791
dc.identifier.urihttp://dx.doi.org/10.14279/depositonce-3494
dc.languageGermanen
dc.language.isodeen
dc.rights.urihttps://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/en
dc.subject.ddc943 Geschichte Mitteleuropas; Deutschlandsen
dc.subject.otherKPDde
dc.subject.otherNSDAPde
dc.subject.otherPropagandade
dc.subject.otherScheringerde
dc.subject.otherWeimarer Republikde
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dc.title"Aufbruch" zwischen den Fronten? Der "Fall Scheringer" in der Werbestrategie der KPD um das nationalsozialistische Wähler- und Mitgliederpotentialde
dc.title.translated"Aufbruch" between the lines? The "Fall Scheringer" in the advertising strategy of the Communist Party to win the National Socialist voters and membersen
dc.typeDoctoral Thesisen
dc.type.versionpublishedVersionen
tub.accessrights.dnbfree*
tub.affiliationFak. 1 Geistes- und Bildungswissenschaften::Zentrum für Antisemitismusforschungde
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tub.affiliation.instituteZentrum für Antisemitismusforschungde
tub.identifier.opus33843
tub.identifier.opus43612
tub.publisher.universityorinstitutionTechnische Universität Berlinen

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