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Zum Denken eines Dritten. Die richterliche Funktion des unendlichen Urteils in der kopernikanischen Wende

Hammer, Martin

Die hier vertretene These lautet, dass sowohl bei der Revolution des Kopernikus selbst als auch bei Kants eigener Revolution eine richterliche Funktion am Werk ist, die sich vermittels der Denklogik des unendlichen Urteils begreiflich machen lässt. Um dies zu zeigen, werde ich (1.) die Spekulation des Kopernikus darstellen, (2.) die Präsenz des unendlichen Urteils in der Wende des Kopernikus aufzeigen und (3.) die versteckte richterliche Entscheidung als Voraussetzung der Anwaltsposition, die Kant in seiner Wende des Standpunkts der Metaphysik einnimmt, ans Licht bringen. Diese Arbeit wird dabei helfen, den dritten Standpunkt des Denkens besser zu begreifen. Für ein adäquates Nachvollziehen der Transzendentalphilosophie Kants wie auch der (transzendentalen) Dialektik ist eine Kenntnis des Denkens eines Dritten unabdingbar. Das Dritte meint eine Position, die sich nicht zwischen zwei sich (scheinbar) ausschließenden, oder zumindest oppositionellen, Alternativen befindet, sondern eine Position, die über diesen sich widerstreitenden Positionen verortet ist. Dies ist eine Position, die mit der eines Richters vergleichbar ist, der ebenso nicht als Dritter zwischen zwei streitenden Parteien mediiert, sondern eine höhere Position inne hat, von der aus er als unparteiische und zugleich als entscheidende Instanz agiert, und der insofern die Vernunft (als sowohl von der Anschauung als auch von dem Verstand unterschiedenes Erkenntnisvermögen) repräsentiert.
Published in: The Court of Reason: Proceedings of the 13th International Kant Congress, 10.1515/9783110701357-045, De Gruyter