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"Gehst du Bahnhof oder bist du mit Auto?"

Wie aus einem sozialen Stil Berliner Umgangssprache wird ; eine Studie zur Ist-Situation an Berliner Schulen 2009–2010

Marossek, Diana

Die Dissertation befasst sich mit den Ursachen der Entwicklung der meist von jungen Menschen gesprochenen Sprachvarietät in Berlin, die in städtischem Zusammenleben vor allem mit Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft und mit Migrationshintergrund entsteht und wie diese, zusammen mit den Einflüssen des bestehenden Berlinerischen, verwendet wird. Das Nebeneinander verschiedener Sprachvarietäten in ein und derselben Gesellschaft genoss in den letzten Jahren nicht nur die verstärkte Aufmerksamkeit in der Linguistik, sondern ebenso die der der Medien, wobei besonders die Entwicklungen der sogenannten ´Multiethnolekte´ im Rahmen der allgemeinen, deutschlandweiten Einwanderungsdebatte verstärkt in den Vordergrund gerückt ist. Begriffe wie ´Kiezdeutsch´ (vgl. Wiese et al. (2009): 1), ´Kanakendeutsch´ und ´Assisprache´ gehören mittlerweile zum allgemeinen Begriffsrepertoire der Öffentlichkeit bei der Sprachbeschreibung von multiethnisch geprägter Jugendsprache. Neben der allgemeinen Abwertung, die durch die verschiedenen genannten Bezeichnungen zum Tragen kommt, sind auch ein gewisses Ansehen und ein Kult um diese Art zu Sprechen entstanden. Der Süddeutsche Rundfunk stellte im Jahr 2009 einen Beitrag unter die Überschrift „Guckst du hier! Konkret- Jugendslangs zwischen Kult und Klischee“ und in den seriösen Zeitungen sind Beiträge wie „Alter isch schwör dir, isch mach dich Messer!“ (vgl. Lezcynski (2009):1) zu finden. Die Ursachen der weitestgehend von Jugendlichen verwendeten Varietät werden vor allem im städtischen Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft gesehen. Die mittlerweile in beachtlicher Anzahl existierenden Studien zur Grundthematik, die von Untersuchungen von bilingualem Spracherwerb von Kindern mit türkisch-arabischen Migrationshintergrund (u.a. Dirim (2005)), über ethnografische Analysen von Stadtteilen (u.a. Kallmeyer/Keim (1998)) bis hin zu biotischen, sprachaufnahmengestützten Langzeituntersuchungen von Kleingruppen (u.a. Cindark/Aslan (2003)) reichen, bringen jedoch immer wieder die Frage nach der Nachhaltigkeit dieser Art zu sprechen auf. Aufbauend auf die fundierten, theoretischen Erkenntnisse und Studienergebnisse der Kollegen, gibt die Arbeit eine repräsentative Einschätzung über die Entwicklungen der Sprachpraxis von Jugendlichen verschiedener Altersstufen in Berlin und eine Prognose über die Beibehaltung bzw. das Verfestigungspotential der Sprachgewohnheiten im Erwachsenenalter. Grundlage dafür bildet dabei die Alltagssprache der Hauptstädter, das Berlinerische, von dem hier vermutet wird, dass ihre Sprecher u.a. durch die grammatikalischen Besonderheiten, die mit der Mundart einhergehen, besonders prädestiniert für die Anwendung bestimmter Strukturen der multiethnischen Varietät, wie die Vermeidung der Artikulation der sogenannten Kontraktionsvermeidung, einem Zusammenzug von Artikel und Präposition, sind. Um das herauszufinden, widmet sich die Arbeit der Auswertung der Ergebnisse einer umfassenden Studie zum Sprachverhalten von Berliner Jugendlichen, die in Oberschulen aller Berliner Bezirke im Zeitraum von einem Jahr durchgeführt wurde. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, inwieweit sich Jugendliche ohne Migrationshintergrund die Sprechweisen der Migranten, also die multiethnischen Stile, angeeignet haben und diese in den verschiedenen Situationen im (Schul-) Alltag verwenden. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt, die bereits zahlreich vorhandenen theoretischen Abhandlungen zur Kernproblematik Sprachstil und Sprachverwendung beachtend, zu denen immer wieder Bezug hergestellt wird, in der Erfassung, Darstellung und Auswertung der Ist-Situation im Umgang mit den verschiedenen Varietäten an Berliner Schulen. Die notwendigen theoretischen Aspekte, besonders die Termini der auftretenden Begleitphänomene wie das der ´rituellen Beschimpfung´ und die relevanten grammatikalischen Regeln werden geklärt. Die Auswertung der Studienergebnisse findet als Einzelanalyse der Schulen, als Gruppenanalyse der einzelnen Schultypen und nach geografischer Region innerhalb Berlins statt, um möglichst viele kausale Aspekte des Sprachphänomens zu betrachten und zuverlässige Prognosen in Form von möglichen Szenarien zu tätigen.
This dissertation focuses on the causes of the development of the spoken variety mostly used by young people in Berlin who live together especially with many people of different ethnic and migrant backgrounds and on how this variety is used under the influences of the existing Berlin-variety, the “Berlinish”. In recent years the coexistence of different language varieties in a single society not only experienced an increasing attention in linguistic fields but also was focused on by the media. Particularly the developments of the so-called 'multi-ethnolects' were strongly discussed in the context of the general immigration-debate in Germany. Terms such as 'Kiezdeutsch' (cf. Wiese et al (2009): 1), 'Kanakendeutsch’ and 'Assisprache' have established themselves as colloquialisms to describe multi-ethnolectial youth language. Although these terms convey major degradation, the aforementioned way of speaking has gained a certain reputation and even an iconic status. In 2009 the “Süddeutsche Rundfunk” headlined "Guckst du hier! Konkret- Jugendslangs zwischen Kult und Klischee" (approx.: “Concrete- Youth languages between cult-status and cliché”) and amongst more serious newspapers headlines like "Alter, isch schwör dir, isch mach dich Messer "(cf. Lezcynski (2009): 1) could be read. Reasons for the said youth variety supposedly stem from people of different ethnic backgrounds living together in an urban area. The considerable number of studies on the basic subject range from investigations of bilingual language acquisition of children with Turkish-Arab migrant background (amongst others Dirim (2005)), ethnographic analysis of urban districts (amongst others Kallmeyer/Keim (1998)) to biotic record voice-based long-term studies of small groups (amongst others Cindark/Aslan (2003)) always bring up the question of the sustainability of this manner of speaking. Based on scientific findings of colleagues from all over Germany this dissertation aims to give a representative estimation of the everyday use of language of young people and, furthermore, to make a prediction concerning the perpetuation of these language habits in adulthood. The basis for this is the everyday language of Berlin, the “Berlinish”. Supposedly it is particularly well suited for the application of certain structures of multi-ethnolectial varieties because of its grammatical features. Thus, features like the so-called contraction-avoidance can occur especially well in “Berlinish”. To prove this, this work will evaluate the results of a broad study on language use of young Berlin students, which was conducted in high schools of all districts in Berlin over the period of one year. The main question focuses on the extent to which young people without a migration background have adapted the multi-ethnolectial varieties and how they use them in different situations in their everyday (school) life. The aim of this work is to examine, present and evaluate the current situation of the usage of different varieties in the schools of Berlin. In this process there will be regular references to the aforementioned theoretical essays about styles of speech and language use. Terms necessary for a complete understanding of theoretical aspects and the relevant grammatical features will be illustrated and explained. The analysis of the study results will be held as a single analysis of the schools, as a group analysis of each type of school and by geographic regions within Berlin to look at as many causal aspects of language phenomena as possible and be able to make reliable predictions in terms of potential scenarios.
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2020-02-20 15:51:07
Corrected version (access to first version disabled for legal reasons)
2015-11-20 23:40:27