Rötting, MatthiasKarrer-Gauß, Katja2015-11-202012-04-232012-04-232012-04-23urn:nbn:de:kobv:83-opus-34997https://depositonce.tu-berlin.de/handle/11303/3482http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-3185Müdigkeit am Steuer stellt im Straßenverkehr eine erhebliche Gefahr dar, von der insbesondere berufliche Langstreckenfahrer im Transportwesen betroffen sind. Systeme zur Müdigkeitserkennung sollen müdigkeitsbedingte Unfälle im Straßenverkehr verhindern. Auf Basis von Risikomodellen wurde die Befürchtung abgeleitet, Fahrer könnten ihr Verhalten in unerwünschter Weise an diese Systeme anpassen und den erstrebten Sicherheitsgewinn wieder nivellieren. Eine unerwünschte Verhaltensanpassung wäre eine Verlängerung der Fahrt trotz starker Müdigkeit des Fahrers. In der vorliegenden Arbeit geht es um die prospektive Evaluation eines Systems zur Müdigkeitserkennung im Fahrzeug, mit dem Ziel, Gestaltungsempfehlungen abzuleiten, die zur Verhaltenswirksamkeit der Rückmeldung und zur Vermeidung von Risikokompensation beitragen. Verhaltensanpassungen in Reaktion auf ein System zur Müdigkeitserkennung wurden in dieser Arbeit in einer Fahrsimulatorstudie nachgewiesen. Personen fuhren signifikant länger, wenn ein System zur Müdigkeitserkennung im Fahrzeug war und sie schätzten sich auch wacher ein. Statt einer Selbstüberschätzung scheint das System zur Müdigkeitserkennung (vor jeder Rückmeldung) aktivierend auf die Fahrer zu wirken, wie objektive Müdigkeitseinschätzungen einer Videoanalyse und Fahrleistungsdaten nahelegen. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Beobachtung durch das System eine höhere Leistungsmotivation bewirkt, gegen die Müdigkeit anzukämpfen und weiterzufahren. Der Zweck eines Systems zur Müdigkeitserkennung sollte allerdings nicht darin liegen, die Fahrer zur Weiterfahrt in übermüdetem Zustand zu motivieren. Stattdessen sollte die Systemrückmeldung den Fahrer dazu veranlassen, bei eingeschränkter Fahrtüchtigkeit möglichst umgehend anzuhalten. Bislang fehlen gesicherte Erkenntnisse, wie die Rückmeldung gestaltet sein sollte, um die Motivation zu unerwünschten Verhaltensänderungen zu minimieren. Drei weitere empirische Studien trugen dazu bei, Empfehlungen für die Gestaltung der Systeme zu formulieren. Ergebnisse zeigen, dass Berufskraftfahrer die aus der Theorie zur Risikokompensation abgeleiteten Befürchtungen unerwünschter Verhaltensanpassungen an das System bestätigen, insbesondere, wenn das System durch eine Aktivierung des Fahrers eine Weiterfahrt trotz starker Müdigkeit ermöglicht. Berufskraftfahrer bezweifeln, dass Systeme ihnen dabei helfen könnten, die Selbstüberwachung zu verbessern oder sie sogar dazu zu bringen könnten, mehr Pausen einzulegen. Sie sehen als wichtige Ansatzpunkte für eine verhaltenswirksame Rückmeldung die Einbindung sozialer Kontrolle, die Schaffung unangenehmer Umgebungsbedingungen bei einer Weiterfahrt in übermüdetem Zustand, ein erzwungenes Anhalten des Fahrzeugs im Falle extremer Müdigkeit sowie die Nutzung der Müdigkeitsbewertungen des Systems als legitime Rechtfertigung für mögliche Verspätungen gegenüber Arbeitgeber oder Kunden. Um unerwünschte Verhaltensadaptationen zu vermeiden, sollten übermüdete Fahrer die Aktivierung durch das System nicht zu einer verlängerten Weiterfahrt zweckentfremden können. Darüber hinaus finden sich Hinweise, dass von einer höheren Automatisierung auch eine stärkere Tendenz zur Weiterfahrt in übermüdetem Zustand zu befürchten ist. Bestimmte Rückmeldungseigenschaften können dabei helfen, den Fahrer zu einer baldigen Unterbrechung der Fahrt zu bewegen. Sie können unter den Kategorien Wahrnehmbarkeit, Assoziation mit Ermüdung, vermittelte Gefahr, Akzeptanz, Dringlichkeit und Wichtigkeit zusammengefasst werden. Diese Lösungsvorschläge sind zukünftig daraufhin zu prüfen, inwieweit sie tatsächlich realisierbar und wirksam sind.Fatigue while driving is a considerable danger in street traffic, particularly for professional drivers in long-distance hauling. Systems for fatigue detection try to prevent street accidents due to fatigue. Based on risk models, researchers have argued that drivers might adapt their behavior to these systems in an undesired way, possibly compensating the intended safety gain, e.g. by prolonging the driving in spite of strong fatigue. The present doctoral thesis deals with the prospective evaluation of a driver fatigue-detection system in vehicles to derive recommendations for system-feedback design and the avoidance of risk compensation. First, behavior adaptations in reaction to fatigue detection systems were verified in a driving simulator study. Results indicate a prolongation of driving time with the system and higher individual reports of wakefulness. However, subjects did not seem to overestimate themselves; it is rather that the fatigue detection system alerts drivers, as objective fatigue estimates of a video-analysis and the driving performance suggest. Thus, being observed by the system possibly creates a higher motivation to fight fatigue and to go on driving. The purpose of a fatigue detection system cannot be to motivate the driver to continue to drive. On the contrary, its feedback should bring the impaired driver to stop. Little research has been carried out so far on the matter of how feedback design can help minimize undesired behavioral changes. Three additional studies reported in this thesis helped to formulate design recommendations. Concerns about undesirable behavioral adaptations as suggested by the theory of risk compensation were confirmed by professional drivers, especially if such system enables the driver to continue driving by activation. Professional drivers doubt that systems can help them to improve their self-monitoring or even motivate them to take more breaks to rest. They see effective means for behavior modification in: social control, unpleasant environmental conditions, enforced stops, or legal protection against employers or clients. To avoid undesired behavior adaptations, there should be no possibility to use the system to continue driving. Moreover, there are indications that increasing automation leads to continued driving. Results indicate that certain feedback qualities support more immediate stops. They are summarized under the following six categories: visibility, association with fatigue, implied danger, acceptance, urgency and importance. The thesis closes by suggesting verification of these proposals concerning their technical feasibility and their efficiency in leading to the desired effects.de620 Ingenieurwissenschaften und zugeordnete TätigkeitenFahrerermüdungRisikokompensationSysteme zur MüdigkeitserkennungVerhaltensanpassungBehavioral adaptationDriver fatigueFatigue detection systemRisk compensationProspektive Bewertung von Systemen zur Müdigkeitserkennung - Ableitung von Gestaltungsempfehlungen zur Vermeidung von Risikokompensation aus empirischen UntersuchungenDoctoral ThesisProspective evaluation of fatigue detection systems - deriving recommendations for system-feedback design and the avoidance of risk compensation from empirical studies