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Nachweisverfahren für historische Stützen aus Grauguss

Heyde, Stefan

Für historische Gussstützen, die vielfach noch in alten Gebäuden aus der Zeit um 1900 zu finden sind, gibt es derzeit keine gültige Norm, nach der die Tragfähigkeit unter Berücksichtigung der Stabilität nachgewiesen werden kann. In den heute nicht mehr gültigen Regelwerken aus Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts erfolgte der Nachweis über eine globale Begrenzung der maximalen Druckspannungen, womit alle traglastmindernden Einflüsse abgedeckt waren. Es ist aber bekannt, dass Materialeigenschaften und Geometrie der Stützen einer großen Streuung unterliegen und daher für eine realistische Bestimmung der Tragfähigkeit beide Einflussgrößen individuell zu berücksichtigen sind. Zudem sind bislang keine Maßnahmen strukturiert untersucht worden, die Tragfähigkeit von Gussstützen nachträglich zu verbessern. Zur Klärung der Fragen wurden Traglastversuche durchgeführt, in denen Gussstützen und mit selbstverdichtendem Beton ausbetonierte Gussstützen planmäßig exzentrisch belastet wurden. Die zwischen Beton und innerer Oberfläche der Gussstütze ansetzbare Verbundspannung wurde vorab anhand von Push-Out-Versuchen bestimmt. Für die Nachrechnung der Versuche wurde ein detailliertes FEM-Volumenmodell verwendet, in dem die reale Geometrie der Stützen berücksichtigt wurde. Die Materialarbeitslinien wurden anhand der aus Druck- und Zugproben gewonnenen Spannungs-Dehnungsbeziehungen exakt berücksichtigt. Die Berechnung erfolgte damit geometrisch und materiell nichtlinear. Anhand der guten Übereinstimmung zwischen Versuch und Berechnung konnte gezeigt werden, dass durch das FEM-Modell und die gewählten Randbedingungen eine realistische Simulation des Tragverhaltens erfolgen kann. Um allgemeingültigere Aussagen zum Tragverhalten zu bekommen, wurden auf Grundlage dieses kalibrierten Rechenmodells Parameterrechnungen für zentrisch und exzentrisch gedrückte Stützen und ausbetonierte Stützen durchgeführt und die Ergebnisse in dimensionslosen Tragspannungsdiagrammen aufgetragen. Für unterschiedliche Lagerungs- und Belastungsbedingungen konnten Abminderungsfaktoren hergeleitet werden, die diese Fälle auf den Fall der zentrisch belasteten Stütze zurückführen beziehungsweise die vereinfachte Berechnung im Format eines Ersatzstabverfahrens ermöglichen. Durch eine statistische Auswertung der verfügbaren Material- und Geometrieparameter konnte zusätzlich die Größe des anzusetzenden Teilsicherheitsbeiwerts festgelegt werden. Ebenso konnte prinzipiell gezeigt werden, welche Auswirkung das Ausbetonieren auf die Traglast der Stützen hat. Durch die Untersuchungen wurde aber auch deutlich, dass eine vereinfachte Behandlung der ausbetonierten Gussstützen nach den aktuellen Regelwerken für den Verbundbau nicht möglich ist. Historische Gussstützen sind Unikate. Trotzdem soll durch diese Arbeit ein Beitrag dazu geleistet werden, die Nachweispraxis für solche Stützen aus Sicht des Ingenieurs zu vereinheitlichen und damit zu vereinfachen.
For historical cast iron columns which are still often found in old buildings from the time around 1900, there is currently no up to date code or practice available to determine the load-carrying capacity considering stability effects. In older rules global limitations of stress for compression due to working loads were used to cover all effects reducing the capacity of these columns. However, it's known that the greatly varying material properties and the actual imperfect geometry of the columns would need to be taken into consideration for a realistic determination of the load-carrying capacity. Besides up to now, no investigations have been conducted to improve the load-carrying capacity of cast iron columns retrospectively. To clarify these questions tests were made with eccentrically loaded cast iron columns and concrete filled cast iron columns. Additionally the shear connection between the concrete and the internal surface of the column was determined by push-out tests. A detailed FEM model with three-dimensional elements was used to confirm the tests taking into account the real geometry and the specific material behaviour. These calculations have been performed geometrically and materially nonlinear. Because of the good correspondence between tests and results of the calculations it was possible to show that the calculation model provides a realistic simulation of the real behaviour. To get more general valid estimates of the load-carrying capacity, various parameters were investigated using this calibrated FEM model. The results were shown in nondimensional diagrams. For different bearing conditions and loadings, it was possible to determine coefficients which can be applied to the basic case of the centrically loaded column. With these coefficients it is possible to treat this columns in the form of the well-known interaction formulae for beam-columns. Furthermore a partial safety factor was determined by statistical evaluation of the available measurement data . In principle it was also possible to show which consequences the concreting has on the load-carrying capacity of the cast iron columns. However, it also became clear that a simplified treatment of the concreted cast iron columns is not possible according to the modern design rules for composite structures. Historical cast iron columns are unique structural members. Nevertheless, it is aimed to standardise and simplify the design of these members with this work from the point of view of the structural engineer.